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RANE Twelve Test

Mit dem Twelve bringt Rane erstmalig einen via High-Torque-Motor angetriebenen MIDI-Controller auf den Markt, der sich beim Auflegen mit Serato DJ Pro wie ein Plattenspieler anfühlen soll. Als Zielgruppe visiert der amerikanische Hersteller – wie schon beim Seventy-Two – die Turntablisten an, die sich damit zumindest haptisch treu bleiben wollen. Durch die Kommunikation des Laufwerks mit Serato DJ Pro über das MIDI-Protokoll bietet das Gerät weitere digitale Vorteile, wie das Triggern von Hotcues und das Ansteuern von bis zu vier Decks. Vergleichbare Modelle sucht man momentan vergeblich.

01_Rane_Twelve_Teaser


Aber bereits vor einigen Jahren griff Numark, die schon zuvor mit dem Controller-Modell NS7 erste Erfahrungen mit motorgetriebenen Jogwheels sammelten die Idee mit dem V7 auf, der sich damit jedoch nicht durchsetzen konnten. Von der Optik einem CD-Player ähnelnd, fehlte es dem V7 einfach an Coolness. Die bringt Rane mit dem Twelve jetzt nicht nur als Marke, sondern auch mit der verblüffenden Plattenspieler-Ästhetik ins Spiel. Sie pokern hoch, vor allem beim Preis von fast 1000 Euro, der auch deutlich über dem des vergleichbaren Hybrid-Plattenspieler Reloop RP-8000 liegt, der Cues, Loops und Samples einer beliebigen DJ-Software triggert. Stellt sich für den folgenden Test die Frage, inwiefern sich der Kauf des Rane Twelve tatsächlich rechnet.

Details

Fotostrecke: 4 Bilder Der Karton spricht an …

Entsprechend seinem Namen definiert sich der motorbetriebene MIDI-Controller durch den 12-Zoll großen Aluminiumteller. Die konische Form samt darauf angeordneten Stroboskop-Spiegeln wie auch seine versenkte Position in der Plattentellermulde zitieren den Look des Klassikers Technics SL-1210 MK2. Für Laufruhe sollen das Platter-Gewicht von 2,2 kg und die Kautschukdämpfung an der Unterseite sorgen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Kautschukdämpfung des Plattentellers

Wie auch der Seventy-Two trägt der Twelve Ranes Handschrift an den Seiten und dem Front-Panel in Form eines großen auffälligen Logos als weißes Relief. Zudem gleicht er vom Finish und von den Tiefenmaßen dem Mixer, mit dem er förmlich eine Einheit bildet. Der Motor-Schalter mit der Stroboskoplampe, die Start/Stopp-Taste und die Geschwindigkeitstasten für 33 und 45 Umdrehungen/Minute kommen dagegen vom Denon DJ VL12 Prime, der wie Rane auch der Inmusicbrands-Familie angehört. Auf einen zweiten Start/Stopp-Schalter links unten vom Plattenteller verzichtet Rane leider. Schade, denn Platz wäre genug. 
Da sich die Benutzeroberfläche an der von Turntablists bevorzugten Hochkantposition des Plattenspielers orientiert, befinden sich alle weiteren Funktionen oberhalb des Tellers. Links nehmen der Touchstrip mit Cue-Mode-Schalter und vier Deck-Auswahl-Taster ihren Platz ein. Rechts schließt sich der gedämpfte, in der Nullstellung leicht einrastende, 10 cm lange Pitchfader(Range: +/-8, 16, 50 %). Eine Besonderheit ist der beleuchtete Pfeil links und rechts vom Geschwindigkeitsregler.

Fotostrecke: 4 Bilder Rane auf allen Seiten

Die Rückseite zeigt die Buchse für das Kaltgerätekabel nebst Netzschalter, dazu noch einen USB-Port und den Umschalter für das Start-Drehmoment zwischen High (5,0 kg/cm) und Low (3,2 kg/cm). Da leider an eine Anschlussmulde nicht gedacht wurde, ragen alle Kabel sehr weit heraus. Für die übliche Aufstellung des Controllers stellt es kein Problem dar. Wer aber die Pitch-Position rechts vom Plattenteller favorisiert und den Twelve um 90 Grad dreht, der muss aufgrund der sperrigen Kabel mit einer großen Lücke zwischen Mixer und Twelve leben.
Zum Lieferumfang des Twelve gehören neben dem Chassis und dem Plattenteller eine Slipmat aus sehr weichen Filz. In der Mitte der beigelegten Vinyl-Platte ist ein Spindeladapter mit Spindelschraube vormontiert, um die Platte mit dem dazugehörigen Inbusschlüssel am Dorn festzuzurren. Netz- und USB-Kabel, das fünfsprachige Benutzerhandbuch, die Sicherheitshinweise und Garantieinformationen, dazu ein paar Rane-Sticker komplettieren das Paket.

Fotostrecke: 2 Bilder Das ist alles dabei
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Praxis

Zunächst ist der zweiteilige Controller zu montieren. Dazu führt man den schweren Plattenteller in den Dorn der Basis ein. Drüber legt man die tuchartige Filzmatte samt Vinylplatte, die anschließend mit dem Schlüssel am Dorn befestigt wird. Das ist nötig, damit die Platte alle Bewegungen direkt und ohne Driften auf die Spindel, somit auch auf die Software überträgt.
Die Platte flutscht mit der Slipmat wirklich gut über den Teller, wobei es zum Beispiel mit den Butter-Rugs noch besser geht. Wahlweise tauscht man auch die Vinyl-Platte aus, wobei der Spindel-Adapter und Positionssticker anzubringen sind.
Da sich der Twelve ausschließlich Serato DJ Pro unterwirft, dient mein 15-Zoll-MacBook Pro, Baujahr 2016, mit der aktuellsten Version der Software als Wirt. Er setzt weiterhin einen zertifizierten DJ-Controller, Mixer, Interface oder das Serato Club-Kit einschließlich davon unterstützter Hardware voraus. Bei dem recht stolzen Preis des Twelve wäre ein kostenloses Upgrade von der Light-Version oder eine Club-Kit-Lizenz in meinen Augen angebracht.
Als komfortabelste Serato DJ Pro Hardware-Lösung bietet sich der Mixer Rane Seventy-Two an, da er zwei USB-Ports exklusiv für den Twelve reserviert. Auch der Mixars Duo verfügt über einen Dual USB-Hub. Alternativ schließt man die Twelves jeweils an einen USB-Port des Laptops an.
Da der MIDI-Controller nur über eine USB-Schnittstelle verfügt, ermöglicht er leider kein Durchschleifen zweier Twelves. Serato DJ Pro erkennt den angeschlossenen und am Backpanel eingeschalteten Twelve automatisch als MIDI-Controller und dieser ist auch im Setup gelistet und bestätigt. Der eingeschaltete Motor bestätigt mit der rot blitzenden Stroboskoplampe wie auch mit der zunächst in gedämpften grün umrandeten Start-Stopp-Taste seine Bereitschaft. Beim Drücken der Start-Taste leuchtet diese kräftig auf. Der Plattenteller legt sofort mit dem höchstmöglichen Drehmoment von 5 kg/cm förmlich einen Kick-Start aus dem Stand hin. Wer es sanfter mag, der wählt am rückseitigen Drehmomentschalter Low, womit er aber spürbar unterhalb vom Technics-Niveau fährt.

Audio Samples
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Rane Twelve Start Stopp Low

Robust gegen Stöße

Mit dem Twelve und Seventy-Two fühlt sich das Setup wie die Kommandobrücke eines Flaggschiffs an. Übersichtlich, hochwertig und vor allem massiv. Sein entsprechendes Gewicht kommt der Unempfindlichkeit gegen Stöße zu Gute. Die Füße halten die Stellung dazu starr, schlucken aber keine Vibrationen. Wozu auch, wenn es nur um eine per Sensor digital übertragene Drehbewegung geht.

Workflow

Der Twelve fährt generell stets im internen Modus von Serato DJ Pro. Ist dem Twelve eines der vier bereits abspielenden Decks zugewiesen, dreht sich sofort der Plattenteller. Stimmt dessen momentane Pitchfader-Position nicht mit dem Deck im Serato DJ Pro überein, zeigt mir der Twelve die notwendige Korrekturrichtung per Pfeil an. Solange der Pfeil aufleuchtet, reagiert der virtuelle Pitch-Control der Software nicht auf Tempoänderungen am Controller. Bei einem Match hingegen erlöscht der Pfeil und der Fader übernimmt die Kontrolle.
Der Touchstrip zeigt wahlweise die aktuelle Spielposition im Track an, um eine gewünschte Stelle schnell aufsuchen zu können. Oder ich triggre damit die acht belegten, farblich RGB-illuminierten Cuepoints. Das geht auf der harten Oberfläche erstaunlich gut und ohne Latenz von der Hand. Obwohl die Trigger-Fläche nur durch die LEDs markiert ist, trifft man den jeweiligen Hotcue präzise.
Mit einem Deck aufzulegen, kam für mich bisher nie in Frage. Zu riskant, die Decks im Arbeitseifer zu vertauschen. Jedoch mit dem Twelve geht das sehr intuitiv und übersichtlich von der Hand, auch weil die jeweilige Deck-Taste aufleuchtet. Die Pfeiltasten am Pitch-Control bestätigen zudem auch nochmals, dass ein neues Deck in der Mache ist, sofern die Pitch-Position nicht übereinstimmt.
Egal, welcher Modus gerade bei welchem Deck aktiv ist, beim Switchen zwischen den Decks merkt sich der Twelve den jeweils gewünschten Mode des Touchstrips. Befindet sich ein Deck im Abspielmodus, läuft der Teller. Beim Wechsel auf ein anderes inaktives Deck stoppt er hingegen sofort. Eine weitere sehr gute Gedankenstütze, um beim ständigen Wechsel zwischen mehreren Decks die Übersicht zu behalten. Letztlich ist der Twelve damit eine durchdachte und effiziente One-Player-Lösung, wenn man:

  • sich das Geld für einen zweiten Player sparen möchte
  • es nur begrenzten Platz am DJ-Pult gibt
  • als Rechtshänder ein Handicap mit der Bedienung des linken Players hat

Gleichlauf

In dieser Disziplin punktet der Rane Twelve abermals. Denn es gibt keinerlei Gleichlaufschwankungen mit einhergehender BPM-Toleranz und folglich auseinanderlaufende Blenden. Ist ein Tempo am Pitch-Control eingestellt, verharrt das Deck auf diesem. Bei wirklich identischen BPM-Zahlen zweier Tracks kommt der Mix ohne Korrekturen am Plattenteller aus. Die Kehrseite des Ganzem: Legt man mit nur einem Twelve auf, wechselt von einem Deck zum anderen und fängt adhoc die laufende Platte auf oder triggert einen Hotcue des aktiven Decks, spüre ich eine kurze Verzögerung, eh Serato DJ Pro darauf reagiert.

Haptik

Sowohl ultraschnelle kurze Moves als auch vibrierende Sounds überträgt der Controller sehr real. Lediglich im Vergleich mit analogem Vinyl, selbst zu Serato DJ Pro als DVS, fehlt mir das allerletzte Quäntchen Direktheit. Dennoch kommt der Twelve als motorisierter Controller dem Plattenspieler-Feeling momentan am nächsten. Für Drops ist der auf High-Torque eingestellte Plattenteller prädestiniert. Mit ihm manuell die Phase zweier Tracks im Mix zu korrigieren, erfordert jedoch schon einen  gewissen Kraftaufwand. Beim schwächeren Drehmoment läuft der Teller deutlich langsamer an und bremst bei etwas mehr ausgeübten Druck auf den Teller. Ein stufenlos einstellbares Drehmoment wäre die optimale Lösung gewesen. Rane verzichtete leider auch auf die individuelle Bremsenanpassung. Denn für mein Empfinden stoppt der Teller vor allem mit High-Torque einfach zu schnell und stark. Öfters pendelt er sogar durch den abrupten Stopp ein paar Mal hin und her.

Unter extremen Lautstärke- beziehungsweise Staubsituationen auf wackligen Bühnen bietet der Twelve eine sichere Controller-Lösung für Scratch-Enthusiasten. Da aber der Twelve ausschließlich auf Serato DJ hört und vor allem Turntablists anspricht, wird er sich trotz seiner überzeugenden Features vermutlich nicht als Standard-Setup in der DJ-Kanzel etablieren. Letztlich bleibt es wohl wie mit jedem anderen ausgefallenen Controller-Modell einem selbst überlassen, ob man mit seinen eigenen Twelves zum Gig anreist.

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Fazit

Rane erweitert mit dem Twelve sein Portfolio um einen per High-Torque-Motor angetriebenen MIDI-Controller mit solider Bauweise und massivem Stahlgehäuse. Als Serato DJ Pro Accessoire respektive Add-on setzt das Gerät einen zusätzlichen DJ-Controller, Mixer oder ein Interface voraus. Im Zusammenspiel mit der Software überzeugt der Twelve mit einer treuen Übersetzung sämtlicher Bewegungen am Plattenteller. Mit dem Steuern von vier Decks im Wechsel, Needle-Drop per Touchstrip, Triggern der Hotcues und Gleichlauf ohne jegliche Schwankungen, fährt der Testkandidat reichlich Punkte ein. Das temporär auftretende, mehrmalige Pendeln nach dem Stoppen des Plattentellers und sein üppiger Preis hingegen dämpfen die Euphorie ein wenig. Wer sich den Twelve leistet, wird von diesem einzigartigen Konzept und der ansonsten ausgezeichneten Qualität aber sicher nicht enttäuscht. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • robustes, sehr hochwertiges Stahlgehäuse
  • massiver, gedämpfter Aluminium-Plattenteller
  • übersichtliches Design in Plattenspieler-Ästhetik
  • Quarz-Lock gesteuerter Direktantrieb
  • ansteuern von bis zu vier Decks
  • in zwei Stärkestufen einstellbarer High-Torque
  • keine Gleichlaufschwankung
Contra
  • hoher Preis
  • Plattenteller pendelt mitunter beim Stopp nach
  • keine inkludierte Serato DJ Pro/Club-Kit Lizenz
Artikelbild
RANE Twelve Test
Für 679,00€ bei
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