Rane Sixty-Two Test

Pünktlich zur NAMM überraschte Rane Besucher und Fachpresse mit der Ankündigung neuer DJ-Mixer, namentlich Sixty-One, Sixty-Two und Sixty-Two-Z. Nun haben die ersten Testmodelle die bonedo-Redaktion erreicht. Mein heutiger Kandidat ist der Rane Sixty-Two, seines Zeichens Zweikanal-Battle-Mixer mit Scratch Live zertifiziertem Audio-Interface, 32-Bit-Signalverarbeitung und eingebauten MIDI-Controllern. Im Gegensatz zum eher puristischen Bruder Sixty-One soll der Sixty-Two mit seiner Funktionsvielfalt eine Universal-Lösung für den kreativ arbeitenden digitalen DJ darstellen. Er unterstützt zwei Scratch Live-Decks und den Sample-Player SP6, verbindet bis zu vier Platten- oder CD-Spieler, stellt einen zusätzlichen Aux-Eingang, eine Effektschleife und vier USB-Playback-Kanäle bereit.


Zu seinen weiteren Spezialitäten gehören Dreiband-Kill-Equalizer, Q-Peak-Meter und patentierte magnetische Fader mit Curve-Control und Reverse-Option. Das integrierte Interface macht eine externe Rane SL-Box obsolet. Rund zwei Dutzend zusätzlich verbauter MIDI-Controller erlauben den Zugriff auf Serato´s Softwarefunktionen wie Loops oder die Musikverwaltung direkt von der Mixeroberfläche. An jedem Kanal stehen Hoch- und Tiefpassfilter mit einstellbarer Resonanz bereit. Der Mixer verzichtet zudem nicht auf eine kleine Auswahl an DSP-basierten Effektprogrammen. Besonders interessant: Zwei USB-Buchsen ermöglichen den simultanen Anschluss zweier Notebooks. Das macht auf dem Papier zunächst einmal mächtig Eindruck. Eindrucksvoll ist jedoch auch der Preis, denn dieser liegt bei stattlichen 2498 Euro (UVP). Womit klar sein dürfte, dass Ranes neues Baby nicht in jede „Wald- und Wiesenbutze“ einziehen wird, sondern sich an Clubinhaber, Profi-DJs und, sagen wir mal, allgemein investitionsfreudige Anwender richtet. Wer bereit ist, noch einen Hunni draufzulegen, kann ein limitiertes Modell designed by „Z-Trip“ Shepard Fairey (Sixty-Two-Z) erwerben, das ein anderes Farbdesign und einen bunten Kabelsatz mitbringt. Der Sixty-One zieht mit einer UVP von 1799 Euro ins Rennen, verzichtet jedoch auf MIDI-Controller und den integrierten Effektprozessor. Zum Testzeitpunkt ist auch noch der TTM-57-SL zu einem Listenpreis von 2192 Euro erhältlich. Er kann eine zentrale Sektion zur Steuerung von Video-SL oder DJ-FX für sich verbuchen. Nach oben hin rundet der Rane Sixty-Eight aus 2010 für 3964 Euro (UVP) das Portfolio ab. Er wendet sich primär an Vierdeck-Artisten.

DETAILS

Die Verpackung ist wieder einmal Understatement pur: ein simpler, brauner Karton. Einzig durch Rane´s kleine Schriftzüge und eine Handvoll Aufkleber gibt er einen dezenten Hinweis darauf, welches „Biest“ wohl in seinem Inneren lauern mag. Zuerst fördere ich aber ein englisches Operator-Manual, eine ebenfalls englische Schnellstart-Anleitung sowie die Unterlagen zur Produktregistrierung zutage. Wie es sich für ein Plug-and-Play-Paket gehört, finde ich darüber hinaus einen Satz Timecode-Medien in Vinyl- und CD-Form sowie den Installations-Datenträger für Scratch Live 2.4. Außerdem kommen noch zwei USB-Strippen, ein Kaltgerätekabel und nicht zu vergessen, der Star des Abends zum Vorschein.  
Die „harte Ware“ sitzt in einem Metallgehäuse, das auf mich einen widerstandsfähigen Eindruck macht. Ein Trockenlauf über die Bedienelemente zeigt solides Ingenieurshandwerk, wenngleich die gummierten Potis und Encoder für meinen persönlichen Geschmack etwas zu klein geraten sind und die Buttons ziemlich hart auslösen. Auf der Oberfläche machen es sich insgesamt 24 Drehregler, fünf Encoder, drei Fader, zwei Drehschalter und 46 Tasten bequem. Wie es um deren MIDI-Funktionalität bestellt ist, werden wir im Praxisteil beleuchten. Das beigelegte Benutzerhandbuch bescheinigt ein gängiges Clubmaß von 36 x 27 x 11 Zentimetern, und dass der Kandidat mit einem Gewicht von 6,5 Kilogramm daherkommt, wobei 2,1 Kilo auf Kartonage und Zubehör entfallen.

Fotostrecke: 2 Bilder

Frontpanel
Am Frontpanel sind drei Potentiometer positioniert, die sich der Justierung der Kurvencharakteristik sämtlicher Flachbahn-Regler verschrieben haben. Sie sind im Vergleich zu manch anderem Mixer angenehm groß, griffig und feinfühlig. PGM1, PGM2 (die Kanalfader) und der Crossfader dürfen stufenlos zwischen schnellöffnend und allmählichem Kurvenanstieg betrieben werden. Ferner ist jedem Modell ein Reverse-Schalter zur Umkehrung der Blendrichtung zugeordnet. Der Abstand der Regler zueinander ist komfortabel. Trotzdem finde ich es etwas schade, dass ich sie nicht versenken kann. Würde auch Sinn machen, wenn man die Channelfader lediglich einmalig einstellen möchte und danach nur noch an der Crossfader-Curve schraubt.

Große Potis eröffnen feinste Kontrolle über die Flankensteilheit aller Fader.

Wo zwei Notebooks angeschlossen werden können, da braucht es natürlich auch zwei Kopfhörerausgänge. 6,3mm- und Mini-Klinke heißt die Devise – somit ist gewährleistet, dass zwei Protagonisten im Team am Mixer arbeiten können. Einen Pegelabfall beim Anschluss zweier Kopfhörer konnte ich nicht ausmachen, jedoch ist die Miniklinkenbuchse etwas wackeliger geraten  als der 1/4 Zoll-Jack. Was den Sound angeht, präsentiert sich dieser kristallklar und ohne hörbare Verzerrungen. Er könnte allerdings lauter sein, denn in lauten basslastigen Umgebungen könnte man schon geneigt sein, bis an den Anschlag zu gehen. In Serato´s Support-Foren wurde aufgrund mehrerer Nachfragen angekündigt, den Pegel eventuell über ein Firmware-Update zu boosten.
Bootylicous
In die PA, Club- oder Studioanlage geht’s via XLR-Outputs (Main), der Booth-Out liegt als 6,3-Millimeter-Klinke vor. Dazu gesellt sich ein Session-Output als Stereo-Cinch. Digitale Ausgänge sind nicht mit an Bord. Meinen Eindruck nach der ersten Mixsession möchte ich an dieser Stelle gleich vorwegnehmen: Der Sixty-Two kann ein absolut hohes Soundniveau für sich verbuchen. Gläserne Höhen treffen auf ausgewogene Mitten und druckvolle Bässe. Von meiner Seite gibt es hier keinerlei Anlass zur Kritik. Unter den Ausgängen befinden sich die beiden USB-Ports und die Schleife zum Einbinden externer Effekt-Geräte, standesgemäß als Send/Returns mit jeweils zwei 6,3-Millimeter-Mono-Klinkenbuchsen.

Anschlussfreudiges Backpanel: da bleiben kaum Wünsche offen.

Rein geht’s über vier Stereo-Cinch-Paare, wobei jeder der Signalwege über Phono-Preamps verfügt, die einen natürlichen, sehr sauberen Klang generieren. Es können also insgesamt bis zu vier Plattenspieler angeschlossen werden, was für Scratch-Teams sicherlich eine willkommene Option darstellt, selbst wenn das Pult nur zwei Mixer-Kanäle anzubieten hat und die Deckzuweisung bei vier Turntables im DVS-Betrieb in der Software umgeschaltet werden muss. Schließlich findet sich rechts unten noch eine XLR-Klinke-Kombo-Buchse ein, die wahlweise Geräte mit Line-Pegel oder dynamische Mikrofone annimmt, welche dann auf der Mixer-Oberfläche ausgesteuert werden.

Audio Samples
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Phono Preamps Rane 62 Phono Preamps Pioneer DJM 900 Nexus Phono Preamps Denon X600

Mixeraufbau
Schauen wir uns nun einen Kanalzug im Detail an. Der linke Channel trägt die Bezeichnung PGM1, der rechte PGM2. Für die Quellenauswahl ist ein Drehschalter verantwortlich, wobei PGM 1 Zugriff auf die Stereo-Eingänge 1 und 2 hat sowie einen der beiden USB-Ports ansprechen kann. PGM2 nimmt sich entsprechend der Eingänge 3 und 4 nebst USB an. Jeder Kanal ist mit einem Dreiband-Kill-EQ ausgestattet, der das jeweilige Frequenzband (Hi, Mid, Low) vollständig absenken oder um sechs Dezibel aufbohren kann. Die Aufholverstärkung wird mit dem Level-Knopf eingestellt und von einer achtstufigen LED-Kette in Ampelfarben visuell aufbereitet (1x rot, 2x gelb, 5x grün). Was mich angeht, hätten es ruhig einige Lämpchen mehr sein können – Platz wäre jedenfalls ausreichend vorhanden. Die maximale Aufholverstärkung beträgt laut technischen Angaben 15 dB. Die hier gewählte Skalierung von 0 bis 10 lässt daher am Set ad hoc keinerlei Rückschlüsse auf die tatsächlichen Pegel oder dB-Werte zu. Zu meinem Bedauern sind weder Channel- noch Masterlevel-Meter skaliert. Die Equalizer packen musikalisch zu, denn der gewählte Arbeitsbereich ermöglicht harte Cuts und sanfte Boosts, da der EQ im negativen Bereich stärker zupackt als nach oben.

Absolut begrüßenswert ist das Panning-Poti zum Verschieben des Stereo-Panoramas – schade nur, dass der Sample-Player keines mit auf den Weg bekommen hat. Auch das Kanal-Filter macht einen potenten Eindruck. Gegen den Uhrzeigersinn gedreht wird ein Tiefpass zugeschaltet, in der anderen Richtung wird ein Hochpass aktiviert. Zudem ist die Resonanz in den Software-Preferences regulierbar – dazu im Anschluss ein paar Hörproben. Abgerundet wird jeder Bus durch den FlexFX-Button zum Zumischen der hardwareseitigen Effektprogramme oder externer Gerätschaft.

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Equalizer Cut u0026 Boost Kanalfilter High Resonance Kanalfilter Mid Resonance Kanalfilter Low Resonance

Die Mikrofongruppe links oben ist mit dem obligatorischen Level-Knopf und einem High-Low-EQ ausgestattet. Er geht in einem Rahmen von Kill bis plus sechs Dezibel zu Werke. ON fügt das Signal der Summe zu, eine Monitoring-Funktion für das Mikrofon ist bedauerlicherweise nicht gegeben. „Over“ schaltet die Ducking-Funktion ein. Ihre voreingestellte Absenkung liegt bei 10 dB. Praktischerweise verbaut Rane in der Mikrofonsektion ein siebenstufiges Pegelmeter, sodass ihr potentiellen Clipping-Gefahren mutig ins Antlitz blicken könnt. Auch die Möglichkeit, mit den FlexFX auf den Sound losgehen zu dürfen, gefällt mir. An dieser Stelle vermisse ich jedoch den Live-Feed vom SL3. Obendrein ist es schade, dass man seine Gesangseinlagen nicht direkt auf eine Sample-Bank aufzeichnen kann. Stattdessen gilt es, im Soft-Recorder das Mic-Signal als Aufnahmequelle zu definieren und dann die Wav/Aiff-Datei in den Sample-Player zu laden. Das wäre sicherlich auch intuitiver umzusetzen.

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Mic Rane 62

Der USB-Aux-Regler auf halblinker Position pegelt das Signal der USB-Playback-Kanäle 5/6, respektive des SP6 Sample-Players ein. Das Summensignal der Sample-Slots kann durch ein in der Resonanz regulierbares Hi-Low-Kombifilter gejagt werden. Zusätzlich lässt sich der FlexFX-Bus zumischen. Das gefällt.

Rechts außen ist die Master-Sektion beheimatet. Sie punktet mit separaten Justierungen für Master-, Booth- und Session-Out. Eine vielleicht etwas kurze, aus sieben Elementen bestehende LED-Kette informiert über den Post-Fader-Pegel der Summe, ist jedoch komplett unabhängig von der Stellung des Master-Potis und somit von der tatsächlichen Ausgangslautstärke. Ein durchaus existenzberechtigtes Konzept, lässt sich ein potenzielles Summen-Clipping doch vor der Ausgabe erkennen. Obendrein ist es dann so ziemlich egal, welchen der drei ihr persönlich als Master-Out verwendet. Ich hätte mir an dieser Stelle jedoch eine optionale Umschaltung gewünscht.  
Die Abhöre befindet sich auf der Halbrechten und hat den obligatorischen Lautstärkeregler samt Cuemix-Poti im Schlepptau, der zwischen dem Vorhörsignal gemäß zugeschalteter Cue-Tasten und dem Master stufenlos blendet. Ferner gibt es eine Split/Cue-Taste zur Verteilung auf die linke und rechte Kopfhörerseite.

Faderkino
Bei einem Scratch-Mixer kommt der Fader-Sektion eine besondere Bedeutung zu. Sie gibt sich in der Regel puristisch und aufgeräumt. Bei den verbauten Einheiten handelt es sich um kontaktlose magnetische Modelle mit einer Länge von 45-Millimetern. Sie liegen frei, sodass man einen uneingeschränkten Zugriff hat, ohne dass lästige Bauteile im Weg stehen. Sämtlichen drei Vertretern kann ich ein leichtgängiges, uneingeschränkt scratchlastiges Gleitverhalten attestieren. In Cut-Stellung öffnen sie innerhalb des ersten Millimeter Regelweges.  
Der Austausch der Fader lässt sich im Verschleißfall ziemlich unkompliziert bewerkstelligen, indem zunächst die drei Faderkappen und im Anschluss die Faderpanel-Platte abgenommen wird, wofür zuvor die sechs Halteschrauben zu lösen sind. Zwei weitere Schrauben lösen den Fader selbst und im Anschluss wäre noch der Kontaktschuh vorsichtig abzuziehen. Nach Einbau eines neuen Flachbahners empfiehlt Rane die automatische Rekalibrierung. Dazu ist der Sixty-Two auszuschalten, alle Fader in die Zentralposition zu bewegen und das Pult bei gedrückten PGM1Cue und PGM2Cue erneut einzuschalten. Durch einmaliges Aufblinken der Cues wird die korrekte Kalibrierung bestätigt. Sollten sie dreimal flashen, müsste die Mittenstellung überprüft und der Vorgang erneut durchgeführt werden.

Auf zu neuen Scratch-Attacken!

PRAXIS

Inbetriebnahme
Nun gilt es, den Sixty-Two mit dem lokalen Equipment zu verbinden. In meinem Fall wären dies zwei Vestax-PDX-2300 MK2 sowie zwei Vestax-CDX-05. Das ist schnell erledigt, denn sämtliche Anschlüsse am Mischpult sind eindeutig gekennzeichnet. Dann wird das Kaoss-Pad an die Effektschleife angeschlossen und die beiden Testrechner mit den USB-Ports verbunden. Letztlich gilt es noch, die Anlage über XLR anzufahren. Wir werden in diesem Artikel nicht den kompletten Umfang von Scratch Live besprechen können (einen vollständigen Testbericht findet ihr hier), sondern konzentrieren uns in erster Linie auf das Zusammenspiel mit dem Pult.  
Um in den Genuss der computergestützten Funktionen oder besser gesagt der Serato Scratch Live (SSL) Session zu kommen, muss ich zunächst meine Version 2.3 auf die mitgelieferte 2.4 Updaten. Diese Fassung lässt sich ebenfalls von der Herstellerwebsite laden. Die MAC-Datei ist keine 15 MB groß und im Handumdrehen installiert. Anders als zur Veröffentlichung des Sixty-Eight vor zwei Jahren gehören ASIO- und CORE-Treiber für 3rd-Party-Programme bereits zum Auslieferungszeitpunkt dem Lieferumfang an. Sonderlorbeeren gibt es dafür nicht, denn das sollte man bei einem Mixer, der die 2000 Euro Grenze knackt, erwarten können. Arbeitet der User mit Scratch Live, kommt stattdessen ein proprietäres Protokoll zum Einsatz. Da beide USB-Ports voneinander unabhängig sind, ist es möglich, auf einem Rechner mit dem Serato-Protokoll zu arbeiten, wohingegen auf dem anderen Notebook ASIO- oder Core-Treiber zum Einsatz kommen. Dazu später noch ein paar Worte.
Das integrierte USB-Audiosystem bietet vier USB-Stereo-Playouts:
1. Linkes virtuelles Deck L/R
2. Rechtes virtuelles Deck L/R
3. SP6-Sample-player 
4. DJ FX-Return L/R

sowie sechs USB-Stereo-Records:  
1. PGM1 Record L/R
2. PGM2 Record L/R
3. Linkes DVS L/R
4. Rechtes DVS L/R
5. DJ-FX-Send L/R
6. Main-Mix-Record L/R

Timecode-Handling
Serato packt insgesamt vier Kontrollmedien ins Paket, und zwar zwei Timecode-Vinyls CV02 und zwei Serato Kontroll-CDs. Die Seiten sind im One-Minute-Split Verfahren angelegt. Seite A beinhaltet 10 Unterteilungen a eine Minute Spielzeit bei 33 RPM für insgesamt 10 Minuten Dauer, Seite B-Seite bietet insgesamt 15 Splits (45 RPM A=7:24 Minuten/B= 11:07.) Die verwendete Signalfrequenz beträgt ein Kilohertz. Page A verfügt zudem über einen Selektions-Track. Mithilfe dieser Scrollzone browst der DJ durch seine virtuellen Plattenkisten. Möchte er lediglich zum nächsten Track der Playlist wechseln, genügt es, die Platte umzudrehen. Vor der ersten Session ist darauf zu achten, dass der Timecode bei 0% Pitch eingemessen und kalibriert wird. Das Trägersignal für den Silberling können registrierte User übrigens von der Website herunterladen und brennen. Praktisch, wenn der optische Datenträger irgendwann den Geist aufgibt oder bei einem Gig vergessen wird.

Performance
Der nächste Punkt auf der Tagesordnung heißt Performance mit Scratch Live. Die beiden Testsysteme sind ein Hewlett Packard Core i5 mit Windows 7 und vier Gigabyte RAM sowie ein 2,26 GHz MacBook mit Mac OS X Lion mit gleich viel Arbeitsspeicher. Ich habe mit dem ineinander Drehen einiger MP3-Tracks bei 5ms Latenz begonnen und die Verzögerung schrittweise heruntergefahren. Auf dem Windows-PC konnte ich mit drei Millisekunden arbeiten, ohne dass es zu Audio-Aussetzern kam. Auf dem Mac war es mir sogar möglich, auf zwei Millisekunden runterzuschalten. Das Vinyl-Feeling beim Mixen und Scratchen ist dementsprechend als täuschend echt einzustufen. Als Nächstes bestücke ich den Sample-Player, um Audioschleifen und One-Shots abzufeuern. Obendrein habe ich die integrierten Software-FX eingesetzt. Natürlich schlägt dabei die Auslastungsanzeige etwas weiter nach rechts aus, jedoch gelangt sie weder in den roten Bereich, noch treten Audioaussetzer auf. Schön.

Ursprünglich sollte noch das Bridge-Plugin zum Einsatz kommen, was nach Erfahrungen mit dem SL3 oder Sixty-Eight etwas schwieriger für alle Beteiligten zu stemmen ist, denn schließlich wird mit Ableton Live ein zweites Programm gestartet. Doch leider funktioniert die bidirektionale Kommunikation der Programme zum Testzeitpunkt noch nicht in vollem Umfang. ATS (Ableton Transport Protokoll) ist möglich, Mixtape nicht – wir verzichten daher fürs Erste auf den Testlauf. Komplette Bridge-Unterstützung ist zwar für ein zukünftiges Update nicht ausgeschlossen, aber genaue Aussagen oder Termine stehen noch nicht fest. Ich finde das ehrlich gesagt sehr schade.
Recording
Wollt ihre eure Mixsession für die Nachwelt festhalten, bietet der Rane Sixty-Two unterschiedliche Recording-Ansätze. Ganz klassisch lässt sich das Master-Signal am Session-Ausgang abgreifen. Zum Beispiel mit einem SD- oder Minidisk-Recorder. Vorteil dieser Methode: Kommen auch echte Schallplatten zum Einsatz oder spielen zwei Deejays simultan auf zwei Notebooks, wird die komplette Mixsession aufgezeichnet. SD-Card-Recorder mit hochwertigen Wandlern können das Signal mit 24 Bit Auflösung und 96 kHz digitalisieren, sodass die aufgezeichnete Datei professionellen Ansprüchen gerecht werden kann.
Eine andere Vorgehensweise: Scratch Live besitzt eine integrierte Recording-Funktion, mit der sich eine Performance je nach Betriebssystem als Wav- oder AIFF-Datei mitschneiden lässt. Das Zielformat beträgt maximal 24 Bit und 48 kHz. Aufgezeichnet werden die Scratch Live-Decks, Soft-Effekte und der Sampleplayer. Einen Live-Feed zum Einschleifen externer Audiosignale auf ein Deck kann SSL 2.4 aktuell nicht bieten. Ferner ist es logischerweise nicht möglich, ein Team-Battle mit der internen Recording-Funktion aufzuzeichnen. Alternativ zum Mastermix kann der DJ einen der Einzel-Eingänge abgreifen, zum Beispiel wenn er Schallplatten digitalisieren möchte. Zwar kann der Sixty-Eight nicht mit der 96-Kilohertz-Samplingrate des SL4-Interface mithalten, aber 24 Bit und 48 kHz sollten den Großteil der Anwender zufriedenstellen können.
Eine weitere Möglichkeit der Aufzeichnung und nicht destruktiven Nachbearbeitung sollte eigentlich durch das Bridge-Plugin gegeben sein. Hierbei zeichnet Ableton (zum Beispiel beim R68 oder TTM-57SL) Titelwechsel, Regler- und Fader-Bewegungen in einer Live-Datei auf, die im Anschluss editiert und exportiert werden kann. Allerdings muss der DJ hierfür im Besitz einer Ableton-Vollversion sein. Lite, APC oder Intro werden nicht unterstützt. Doch wie bereits erwähnt ist  Mixtape-Recording aktuell noch nicht möglich. Auch bleibt abzuwarten, inwieweit Loops, Sampler, FX und Co im Falle einer Implementierung eingesetzt werden können.  
MIDI-Controller-Sektionen
Wie auch schon beim Sixty-Eight sind auf den Außenflanken Bedienelemente für Loops und die Library angebracht. Jede Zeile startet aber zunächst mit dem SP6-Button. Wer sich nun fragt, warum das so ist, dem sei gesagt, dass dieser Button dafür Sorge trägt, dass die mittleren SP6-Bedienelemente auf den richtigen USB-Port geroutet werden. Bedeutet: Sollten zwei Jockeys gemeinschaftlich angestöpselt sein, einer am PGM1 mit USB-A und einer am PGM2 mit USB-B, dann kann derjenige, der die Taste SP6 betätigt, über die Bedienelemente des Samplers verfügen. Praktisch.

Danach folgt ein Browser-Encoder mit Push-Funktion, welche den aktuell markierten Titel in das zugehörige Deck befördert. Die übergeordnete Back-Taste schaltet zwischen Crates und Playlisten um, so dass an dieser Stelle keine Mausaktion erfolgen muss. Dann schließt sich der Schleifenbaukasten mit manuellem und automatischem Modus an (grün=manuell, orange=Auto-Loop). Der Encoder steuert bei Auto-Loops die Schleifengröße, Roll löst die gleichnamige Roll-Funktion aus. Nachstehend die Unterschiede.

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Manual Loop Correction Auto Loop Loop Roll

Mit dem SP-6 lässt sich die Mixsession mit zusätzlichen Sounds aufpeppen. Das kann zu Remix-Einlagen führen, mancher Protagonist nutzt die Player für Breaks, ein anderer wiederum für Jingles. Die Zeiten der Hardware-Sampler scheinen passe. Vor allem, wenn man sich vor Augen ruft, dass die maximale Länge einer Audiodatei im SP6 nicht beschnitten ist, wie man es vielleicht von anderen Hard- oder Softwarekonzepten kennen mag. Maximal sechs Sound-Schnipsel gelangen per Drag & Drop auf ihre Plätze. Warum das Beladen nicht von der Hardware aus geschehen darf, ist mir unverständlich. Das können (Software-)Konkurrenten besser. Als Abspielmodi stehen „One-Shot“ und „Loop“ zur Verfügung, wobei erwähnt werden sollte, dass geloopte Samples nicht, auch nicht optional, beatsynchron ablaufen, was ich persönlich bedauerlich finde. Samples dürfen auf PGM1 und PGM2 geroutet werden, was in Anbetracht von zwei Kanälen für mich weniger infrage kommt. Als dritte Option steht der Weg direkt auf den Master frei, wobei ich in diesem Fall gern einen LED-Pegelmeter am AUX gesehen hätte. Jeder Sample-Slot hat einen eigenen Pitch-Schieber, dazu Pitchbend-Buttons und einen zuschaltbaren Keylock. Geladene Audiodateien dürfen hinsichtlich ihrer Lautstärke in der Software einzeln angepasst werden, jedoch sind für keine der zuvor geschilderten Software-Funktionen passende Steuerelemente am Mixer positioniert. Die Lautstärke des Kanals wird somit am AUX global eingestellt. Wer die Einzelplätze pegeln will, muss dies via MIDI-Controller erledigen. Ob ein Tone-Regler zur Frequenzregulierung, wie etwa Bass/Höhen-Absenkung nötig wäre, muss jeder selbst wissen. Das Filter leistet hier schon ganz gute Dienste.

Die mittlere Button-Zeile operiert nicht nur im Sample-Modus, sondern auf Wunsch alternativ im Hotcue-Mode. Dann stehen für jedes Deck fünf Markierungen bereit. Leere Plätze werden zunächst grün beleuchtet, bis durch Betätigen einer Taste ein Hotcue in Scratch Live angelegt wird. Die Taste illuminiert ab sofort orange und kann den soeben erstellten Punkt durch erneutes Betätigen anfahren. Eine Lösch-Taste zum Freischaufeln der Bank konnte ich am Sixty-Two leider nicht ausmachen. Auch können die Marker nicht ohne weiteres von der Hardware aus überschrieben werden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Eingaben nicht quantisiert werden und sich die Cues nicht vom Rechner beat-synchronisiert zum Takt des Musikstückes jugglen lassen. Alles passiert in Echtzeit, natürlich mit der originalen Ohr-zu-Hand-Latenz des Deejays, (sollte diese vorhanden sein). Im Sample-Modus hingegen bedient jede Seite drei Slots, links stehen Tasten zum Ansteuern der Samplebänke A und B, rechts entsprechend C und D bereit. Bei einem Wechsel der Samplebank wird der Abspielvorgang eines Samples unterbrochen.

Fotostrecke: 3 Bilder Samplecue

Integrierte Effektsektion
Es gibt Deejays, die schwören auf Hardware-FX. Besonders, wenn sie zwischendurch mit echten Schallplatten arbeiten oder einfach die Ressourcen des Computers schonen wollen. Der Zweiundsechziger zieht mit sechs eingebauten Klangverformern ins Rennen, wobei Filter, Flanger, Phaser und Echo im Gegensatz zu Reverb und Robot zu den BPM synchronisierbar sind. Sie werden über Direktzugriffstasten eingeschaltet, was gegebenenfalls den Synchro-Modus startet. Bevor sie auf den Tanzflur prasseln, müssen sie allerdings noch mit der Taste „On“ scharfgeschaltet werden. Bleibt diese deaktiviert, bietet sich so die Möglichkeit, den Effekt im Vorfeld auf dem Kopfhörer zu prüfen (Cue-Button). Perfekt.  
Das zentrale Display zeigt den Namen des aktuellen Effektes, den Beat Multiplier, das Timing und die Sync-Quelle mit gelber Schrift auf schwarzem Grund an. Es ist sehr kontraststark, für meinen Geschmack hätten sowohl Screen als Schrift trotzdem etwas größer gewählt sein dürfen. Auf gut einen Meter Abstand ist aber alles im Lot. Getweakt wird mittels „Time“, „Beat“ und „Depth“. Entpuppt sich letztgenannter Regler als Dry/Wet, steuert der Push-Encoder „Time“ den Zeitparameter frei in Millisekunden. Beat ist als Joystick ausgelegt und schaltet (bei den Sync-FX) durch eine Werteskala von 1/8 bis 32 Beats.

Fotostrecke: 3 Bilder EFX TimeBeatTap

Der Mixer kann seine Effektprogramme zum Teil mit Modulationszyklen von 1/16 bis 32 Beats zur Clock des Taktgebers synchronisieren. Es ist nicht möglich, die Geschwindigkeit eines externen Zuspielers (CD/Turntable) auszulesen. In diesem Fall ist manuelles Klopfen und somit ein gutes Gefühl für den Beat angesagt. Hält der DJ „Tap“ niedergedrückt und dreht währenddessen am Encoder, erhöht er das Tempo schrittweise um 1 BPM. Grundsätzlich wird der letzte Effekt-Multiplikator für jeden einzelnen Typus automatisch abgespeichert. Der Beat-Multiplier hat sofortige Auswirkungen auf das Effekt-Timing. Beim manuellen Justieren der Effektzeit wird der Multiplier auf den nächstgelegenen Wert eingestellt. Abweichungen im Timing werden durch kleine Pfeile symbolisiert. Tempoänderungen bei einem Vertreter haben Auswirkungen auf alle Effekte.  
Die Effekt-Programme spielen auf ordentlichem Niveau. Beim Abstimmen sollte man ruhig mit Bedacht zu Werke gehen, denn in meinen Augen haben subtilere Überlagerungen im Set oftmals eine bessere Wirkung. Leider ist es nicht möglich, mehrere FX-Routinen auf einmal abzufeuern – es darf immer nur eine aktiviert werden. Der Übergang zum nächsten Typus geschieht nahtlos und unmittelbar. In den Preferences finden sich zudem einige Feintuning-Optionen für die integrierten „Klangverwurster“. Am besten entnehmt ihr diese einem Screenshot in Kombination mit den angefügten Audiodateien.

Audio Samples
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LP-Sync Hi LP-Sync Low Flanger Pos FB Flanger Neg FB Echo Hold Echo

Sicher, mit sechs Klassikern, die hardwaremäßig lediglich in einem Parameter getweakt werden dürfen, kann ich Rane keinen Innovationspreis überreichen – aber das muss ja vielleicht an dieser Stelle auch gar nicht sein. Schließlich hat Scratch Live ja ein ausgewachsenes Arsenal an „Sound-Shreddern“ im Angebot, die sich, wenn man es komplexer möchte, zum Teil mit vier steuerbaren Attributen schmücken. Und schließlich „heiratet“ man mit dem Rane 62 auch Scratch Live und umgekehrt.  
Sehr positiv zu erwähnen ist das FlexFX-Routing. Es erlaubt harte, softe und externe EFX in Reihe zu schalten, was nahezu unbegrenzte Kombinationen ermöglicht, die auf allen Kanälen gleichzeitig eingreifen können. Die logische Schlussfolgerung: Auf dem Mikrofon ein Hardware-Echo, am PGM1 ein Hardware-Robot geht nicht. Ein Hardware-Echo auf der Voice, ein Scratch Live-FX auf dem Deck indes geht wohl. Und es ist obendrein möglich, Scratch Live-Effekte als USB-Insert zu nutzen. Sollte ich das Thema „Lorbeerkranz“ doch noch einmal überdenken? Die Flexibilität, die durch die Kombination aus Mixer-, Soft-FX und Effektschleife gegeben wird, ist irgendwie doch ein großes Lob wert und macht das spärliche Angebot der DSP-FX wett.

Flex FX

Video-SL
Das Thema Video-SL möchte ich an dieser Stelle ganz kurz abhandeln. Video-SL wird von Scratch Live 2.4 und dem Sixty-Two nicht mehr unterstützt. Als Alternative bot mir der Plugin-Tab ein kostenloses Update auf Serato Video an. Diese ist aktuell noch im Beta-Stadium, funktioniert aber im Punkt Fader-Linking auch mit dem Sixty-Two.  
Software-FX
Scratch Live kann mit 32 Superknob-FX und insgesamt 14 klassischen Effekt-Typen aufwarten, die teilweise zusätzlich mit unterschiedlichen Presets bestückt sind. Von Haus aus ist es nicht möglich, mit dem Zweiundsechziger Soft-FX abzufeuern, weil die Bedienelemente auf Sampler, Loops und Cues gemappt sind. Aufgrund des Hardwarelayouts, mangelnder zusätzlicher Drehregler, fehlender Software-Modifier und der Tatsache, dass bereits nativ belegte Controller nicht konfiguriert werden dürfen, würde ich daher zu einem weiteren MIDI-Controller raten. So etwas, wie dem Stanton SCS3D, Natives Kontrol X1, Allen&Heaths Xone:1D oder dem Vestax VFX1. Letztgenannter ist zwar eigentlich für Serato-Itch gebaut worden, wird aber mittlerweile von SSL nativ unterstützt und bringt ein passendes Overlay zur Steuerung eines (Superknob-) FX mit Time-Parameter und Dry/Wet gleich mit. Seit der Erstauslieferung in 2009 ist der Preis für das Board von 222 Euro Street um mehr als die Hälfte gefallen, einen Test findet ihr an dieser Stelle. Der VFX bräuchte eigentlich nur an einen freien USB-Port angestöpselt werden, und ich sollte in gewohnter Manier ohne Mapping sofort mit den Software-FX loslegen können. Doch die Praxis sieht leider etwas anders aus. Mit dem Update auf 2.4 funktionieren nämlich elementare Steuerbefehle des Kontrollbretts nicht mehr, wie etwa die Deck-Zuweisung oder die Effekt-Auswahl. So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt. Nach der Brücke und Video-SL nun auch noch der VFX. Mann oh Mann, Serato. Da wurde wohl mit einer sehr heißen Nadel gestrickt. Rane ist dies selbstverständlich nicht anzulasten.

Audio Samples
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SSL FX Double Entry SSL FX FazeTrazzor SSL FX Repeater SSL FX Reverser SSL FX Searoller

Wer Zugriff auf sämtliche zwölf Attribute pro Effektbank (zwei Mal drei Stück) haben möchte, muss sich eine individuelle Lösung mappen. Ein potenzieller, preiswerter Kandidat (50 Euro) hierfür wäre der LPD8 mit seinen vier Befehlssätzen. Nur müsste der DJ mit diesem Gerät umschalten. Genug Drehregler, um nicht switchen zu müssen, bietet Livid´s CodeMe, jedoch ist das Gerät mit 399 Euro Street für einen Nischen-Controller ziemlich kostenintensiv. Wer ein iPad hat und sich nicht vor Touch-Controllern und Wireless-MIDI fürchtet, könnte vielleicht mit MIDI-Deck oder MIDI-to liebäugeln.

Potenzielle Kandidaten für Effektgewitter und mehr

Solisten- und Partnerwerk
Spielt man mit Scratch Live zu zweit am Sixty-Two, kann man sich die vorhandenen beiden Decks teilen. Die Rechner kommunizieren während des Betriebes miteinander – ausschlaggebend sind die USB-Schalterstellungen. Sollte einer der Akteure Deck A von seiner Seite des Mixers aus belegen, steht der entsprechende Ausgabekanal für seinen Partner nicht mehr zur Verfügung, bis der USB-Schalter in Stellung B gebracht wurde. Legen die Protagonisten abwechselnd auf, ist der Arbeitsraum am Pult recht komfortabel. Im Teambetrieb erweisen sich die separaten Browse- und Loop-Abteilungen an den beiden Außenrändern des Mischpultes als durchaus effizient, denn so kann jeder an seinem Notebook Vorbereitungen treffen, bevor er sich wieder ins Geschehen einklinkt. Schade finde ich allerdings, dass die Kopfhörerausgänge nicht getrennt regelbar sind. Da hätte man ruhig zwei unabhängige Vorverstärker anpeilen können. Naja, vielleicht hilft ja auch ein Headphone mit eigener Lautstärke-Regelung weiter.  
Multiclient ASIOCore
Besonders interessant: Dank Multiclient ASIO- und Core-Treibern ist es möglich, unterschiedliche Softwareprogramme auf den verschiedenen Rechnern zu fahren. In der Praxis bedeutet dies, dass DJ-Teams am Rane-Mixer uneingeschränkt arbeiten können, selbst wenn einer mit Scratch-Live auflegt und der andere zum Beispiel mit Virtual-DJ und Timecodes. Das Verfahren ist das gleiche. Die USB-Schalterstellung bestimmt den Audio-Stream und die Zuordnung der seitlichen MIDI-Controller, der SP6-Knopf entscheidet über die mittlere Buttonleiste. Aktuell müssen die Steuerbefehle per pedes angelegt werden, weil es auf der Serato/Rane-Webpräsenz erwartungsgemäß keine fertigen Konfigurationsdateien für Mixvibes, VDJ, Traktor und Konsorten gibt. Von Haus aus taktet das Rane-USB-Interface laut Treiber-Panel auf dem MacBook unter Verwendung der Core-Driver bei 12 ms ein, beim Windows Core i5 auf 8ms. Da gilt es natürlich, die Latenzen an die eigene Hardwareumgebung anzupassen. Bei einem Testlauf mit Traktor-Pro und Ableton Standalone stellte sich heraus, dass die MIDI-Funktionalität des Sixty-Two auf dem Test-PC und einem weiteren Windowsrechner nicht gegeben war. Der Mischer ließ sich nicht als MIDI-Controller auswählen. Auf dem Mac hingegen tauchte er anstandslos im MIDI-Panel auf, und das anschließende Mapping war kein Problem.

Fotostrecke: 6 Bilder Klare Sache…

Doch nicht nur für das DJ-Studio ist der Sixty-Two ein interessanter Partner. Auch für die Inhaber der globalen Beschallungs-Tempel ist er eine reizvolle Option. Vorausgesetzt, die Bookings arbeiten primär mit Vinyl, CD oder Scratch Live. In der Regel hat der DJ ja sein eigenes (Rane-) Interface im Gepäck, um es mit dem Clubmixer zu verkabeln. Diese Arbeit kann er sich beim Sixty-Two sparen. Er braucht lediglich seine Software zu booten und ab dafür. Der fliegende Wechsel zwischen nachfolgenden Deejays ist somit ebenfalls gewährleistet. Auch Protagonisten, die mit Mixvibes- oder Virtual-DJ-Timecodes auflegen, können dank der offenen Softwarearchitektur der beiden Programme Ranes USB-Audiolösung nutzen. Spielt ein Akteur mit Traktor Scratch Pro, muss er seinen Dongle indes wie gehabt mitbringen und sich verkabeln.
Was einem zu denken gibt
Nun habe ich eine gute Woche mit dem Sixty-Two verbracht. Einerseits begeistert mich die hervorragende Audio-Qualität, das flexible USB-Port-, Sampler-, und FlexFX-Routing, der Scratch Live Zugriff direkt vom Mixer und die die Dual-Notebook-Option. Die Arbeit mit dem Teil macht richtig Laune. Auf der anderen Seite finde ich es unangebracht, dass nach einem Update auf das erforderliche Scratch Live 2.4 einige Funktionen nicht mehr unterstützt werden. Mein VFX1 und Video-SL läuft nicht mehr. Ich muss stattdessen (wenngleich auch nur vorerst) mit einer Beta von Serato Video Vorlieb nehmen. Auch, dass aktuell kein Live-Feed möglich ist, will mir nicht so richtig in den Kopf. Das Bridge-Plugin funktioniert gleichfalls nur noch zur Hälfte. Es riecht ein wenig nach Baustelle und Schnellschuss. Im Einzelfall gilt es also, bei einer Neuanschaffung den persönlich erforderlichen Funktionsumfang mit der aktuellen Rane-Mixer-Palette abzugleichen. Schließlich ist jedes Gerät ein Spezialist für sich und 2200 Euro Straßenpreis sind nicht aus der Portokasse bezahlt.
Bevor es nun ans Fazit geht, möchte ich noch betonen: Als Hersteller von Mischpulten und Interfaces kann ich Rane wegen der geschilderten Software-Angelegenheiten nicht den schwarzen Peter zuschieben, weshalb die Schlusswertung trotz der zwingend nötigen Programm-Updates insgesamt sehr positiv ausfällt.

FAZIT

Wieder einmal hat es Rane geschafft, mich mit einem Scratch Live Mixer zu überraschen. Der Sixty-Two zeigt sich als wahres Multitalent, denn er unterstützt bis zu vier Plattenspieler oder CDJS, zwei Notebooks und zwei Scratch Live-Decks sowie den Sample-Player SP6. Die Anzahl der Schnittstellen zur Außenwelt ist beträchtlich, XLR, Klinke, Cinch, Master, Booth und Session, was will man mehr. Ferner hat der Kandidat Send/Return-Wege und einen integrierten Effektprozessor mit flexiblem FlexFX-Routing unter der Haube. Die Performance mit Scratch Live und der analoge sowie digitale Workflow sind sehr ansprechend. Auch was den Klang angeht, liegt der Sixty-Two auf Clubmixer-Spitzenniveau. Das gilt für den kristallklaren druckvollen Playout, die rauscharmen Mikrofonwege, die sauberen Phono-Preamps und die mächtigen Kombi-Filter mit einstellbarer Resonanz. Der Kopfhörerausgang ist transparent und zerrfrei, könnte aber ein paar dB mehr vertragen. Dennoch ist er ein Battlemixer für den Profi, fürwahr.
Es gibt aber auch Aspekte, die mich nachdenklich stimmen. Zum Beispiel die Bugs (VFX1, Windows-MIDI) und die noch fehlenden Funktionen Bridge, Feed und VSL in der Software. Zu denken geben mir ferner die Notwendigkeit eines weiteren MIDI-Controllers zur adäquaten Steuerung der Soft-FX und separater Samplepegel sowie der insgesamt doch recht hohe Anschaffungspreis.
Club-Betreiber und Profi-Deejays, die mit den angesprochenen Punkten leben können und nicht mit einem Auge auf das Bankkonto schielen müssen, bekommen mit dem Rane-Sixty-Two eine professionelle Universal-Lösung mit sehr guter Audioqualität für viele denkbare Einsatz-Szenarien an die Hand. Zudem sind Performance und der Spaßfaktor sehr hoch.

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