Producer Loops Future Pop Vol 5, Experimental Dubstep Vol 6, Urban Minimal Vol 3 Test

Producer Loops Future Pop Vol 5, Experimental Dubstep Vol 6 und Urban Minimal Vol 3 im bonedo.de-Test: Wenn man – wie jetzt im Augenblick gerade ich – auf einige Dekaden der technologischen und inhaltlichen Entwicklung im Bereich der Musikproduktion zurückblicken kann, dann erscheinen einem in der Retrospektive manche Diskussionen früher Jahre fast schon albern, um nicht gar zu sagen naiv. Was war das nicht damals für ein irrsinniger Aufstand, als man dank des Ensonique Mirage-Samplers urplötzlich eine Frauenstimme ein zartes „Ha“ hauchen hörte (das, wenn es auch nur eine Quinte höher oder tiefer ging, schnell zur lustigen Mickey Mouse oder zum furchterregenden Borg wurde). Ganze Ausflugsgruppen von Sängerinnen besuchten mich damals, um die neue Konkurrenz für den Background-Gesang einem kritischen Hörtest zu unterziehen.

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Producer Loops Future Pop Vol 5, Experimental Dubstep Vol 6, Urban Minimal Vol 3


Nun, keine von den damaligen Besucherinnen ist aufgrund dieses einsekündigen 8-Bit-Samples arbeitslos geworden und gute Background-Vocals sind auch heute noch ein gefragtes Element in jeder aufwendigen Produktion. Wem am Ende aber der harsche Wind der Digitalisierung und die entsprechend verkürzten Produktionszeiten in Verbindung mit engen Budgets so richtig forsch ins Gesicht wehte, waren die Produzenten selbst, die dieses Teufelswerk zu bedienen hatten. Glücklich können sich heute die Musikdienstleister schätzen, deren Kunden, ob Werbeagenturen oder Multimedia-Produktionsfirmen, ein sattes Budget und einen wohldimensionierten Zeitrahmen mitbringen, damit sich der feine Herr Musikus im Studio einschließen und ein Layout von Grund auf neu entwickeln kann. Der Normalfall aber ist oft, dass der Kunde im Grund schon vor Ort und sofort ein passendes musikalisches Konzept geliefert haben möchte. Nicht selten ist dabei die Exklusivität zweitrangig. Schnell soll es gehen, passen muss es und billig soll es sein. Ach ja, und auch das Wort GEMA wird besonders in Agenturkreisen (leider) nicht immer gerne und selbstverständlich ausgesprochen. Was allerdings hauptsächlich einem schlimmen Informationsdefizit geschuldet ist, denn die ordnungsgemäß lizenzierte Verwendung GEMA-angemeldeter Musik ist in der Regel weitaus günstiger als man glaubt. Aber das ist ein anderes Thema. Als überaus praktisches und kostengünstiges Medium haben sich hier sogenannte Construction-Kits erwiesen. Ein Konzept, was im Kern über die klassische Sampling-CD weit hinausgeht. Denn während auf der Sampling-CD in der Regel Audioschleifen oder Samples von Einzelinstrumenten unterschiedlichster Couleur versammelt sind, die erst noch in „Handarbeit“ zu einem Arrangement zusammengefügt werden müssen, beinhaltet das Construction-Kit bereits alle Spuren, die den endgültigen Track ausmachen. Also komplette, mehrtaktige Sequenzen, die nur noch in einzelne Audiospuren gezogen und kopiert werden müssen und gewissermaßen ein Zwischending aus Mehrspurprojekt und Stem-Master bilden. Klar, dass sich dies dann auch in idealer Weise dazu eignet, in Grenzbereichen zwischen Produktion und DJ-Performance genutzt zu werden. Denn gerade Traktor Pro und seine Remix-Decks laden natürlich zum Echtzeit-Arrangieren förmlich ein.

Details

Genau aus solchen Construction-Kits bestehen die hier zum Test antretenden Sample-Packs von Producer Loops. Zeitgemäß werden diese nicht mehr auf physischem Datenträger angeboten, sondern ausschließlich als Zip-Download direkt aus dem Online-Shop heraus. Die Nummerierung der Packs verrät, dass es sich hierbei jeweils um fortlaufende Reihen handelt, die kontinuierlich ergänzt und oft als Bundles zusammengefasst werden. So beispielsweise „Future Progressive Trance Bundle (Vols 1-3)“. Wer häufig und oft die einzelnen Ausgaben einer Serie kauft, dürfte sich hier wahrscheinlich gut zurechtfinden, für den Gelegenheits-Sample-Shopper ist die Vielzahl der unterschiedlichen Nummern und Editionen dagegen etwas verwirrend. Der grundsätzliche Gedanke dahinter ist dagegen fraglos klug und folgerichtig. Statt nämlich immer „zu warten“ bis ein komplettes, „großes“ Track-Bundle fertig ist, veröffentlichen Producer Loops die jeweils immer circa fünf, sechs Stücke umfassenden Track-Pakete in schneller Reihenfolge, gewissermaßen „studiofrisch“ und mit verhältnismäßig moderatem Preis (meist irgendwo im Bereich zwischen 20 und 50 Euro). Und gerade der Faktor Schnelligkeit ist speziell im Geschäft mit Material, das für den Tanzboden gedacht ist, natürlich nicht unerheblich. Denn wer weiß schon, ob beispielsweise die zerhackte Sinuston-Melodie, die gerade der ultrahippe Tanzbefehl in allen Diskotheken von Ibiza bis Berlin ist, nicht im kommenden Monat schon zum staubigen Retro-Fundus gehört. 

Die Hierarchie in allen Samplepacks ist im Grunde gleich.
Die Hierarchie in allen Samplepacks ist im Grunde gleich.

Sound

Alle Loops der Construction-Kits sind durch die Bank als weitgehend „ausproduziert“ zu bezeichnen. Sprich: Die Einzelspuren haben hörbar den klassischen Dreisprung-Parcours aus Equalizer, Dynamik und Effekten durchlaufen, wurden dann exportiert und entsprechend geloopt (wobei ich jetzt einfach mal davon ausgehe, dass die entsprechenden Loops direkt aus der DAW heraus generiert wurden, da diese Vorgehensweise einfach naheliegend ist). Besonders deutlich hörbar wird dies im Fall von Future Pop 5, wo die Stücke durchgängig mit einer modern klingenden Sidechain-Kompression versehen wurden und entsprechend auch die Einzel-Loops munter vor sich hin „pumpen“. Aus Produzenten-Sicht ist man hier natürlich schnell versucht zu sagen „Na, die Subgruppe mit Sidechain-Kompressor hätte ich mir schnell auch selber bauen können“. Auf der anderen Seite entspricht es in letzter Konsequenz natürlich dem Construction Kit-Gedanken, dass alles ausnahmslos wirklich „verzehrfertig“ ist, also ins Arrangement gezogen werden kann und dort funktioniert. Erfreulicherweise ist es dann auch tatsächlich so, dass der Käufer, bedient er sich genau der Demo-Loops des entsprechenden Songs, eins zu eins beim klanglichen Ergebnis des Demo-Songs landet. Das ist nicht selbstverständlich, denn nicht selten wird hier von den Herstellern bei der Produktion der Demos noch ein wenig Mastering-Glanz und Dynamik appliziert.

Clap-Sound in „Urban Minimal 3“: Intakte Transienten, vernünftige Dynamik – damit lässt sich arbeiten.
Clap-Sound in „Urban Minimal 3“: Intakte Transienten, vernünftige Dynamik – damit lässt sich arbeiten.

Stil/Kreativität

Grundsätzlich lässt sich für alle hier angetretenen Construction-Kits festhalten, dass der avisierte stilistische Korridor weitgehend getroffen wurde. Je nachdem, wie weit man mit den gegebenen Schleifen kreativ umgeht, lassen sich daraus mindestens zwei, wenn nicht gar mehr klar unterscheidbare Songparts bauen. Dabei haben natürlich alle Vertreter, gerade auch im Bereich der elektronischen Tanzmusik, mit der Grundproblematik zu kämpfen, dass Sounds und Elemente ab dem Zeitpunkt, wo sie „stiltypisch“ geworden sind, mit einem Verfallsdatum versehen sind. Am stärksten zeigt sich das im Reigen der hier probegehörten Libraries bei „Future Pop“. Die typische Sidechain-Kompression in Verbindung mit den Pulswellen-Bässen ist im gleichen Maße, wie sie markant daherkommt, auch von einer geringeren Frischhaltezeit bedroht. Future Pop ist dann aber auch das Sample-Pack, welches meiner Meinung nach mit größter Zielgenauigkeit den Kern aktueller Chart/Dance-Produktionen trifft, wie die folgenden Demos beweisen.

Audio Samples
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PLFPV5 01 120 Dmaj PLFPV5 02 128 Bmin PLFPV5 03 128 Gmin PLFPV5 04 128 Gmin PLFPV5 05 128 Dmin

Weitaus tentativer mäandert dagegen „Urban Minimal 3“ durch die Musiklandschaft, was sich schon am wesentlich breiter gestreuten Tempo-Bereich (120–154 BPM) zeigt. Hier wollte der ausführende Produzent wohl gleichzeitig dem Dancefloor und dem kopfnickenden EDM-Hörer gerecht werden. Im Ergebnis wirkt das auf mich stellenweise ein bisschen ziellos oder wie man als norddeutscher Herzblut-Produzent zu sagen pflegt: „Es fehlen die Cohones“. Aber keine Regel ohne Ausnahme, denn auch hier empfehlen sich einzelne Klangepisoden durchaus für höhere Aufgaben. So konnten mir persönlich beispielsweise der niedliche, bitgecrushte und formantgefilterte Lead-Sound mit dem kleinen Table-Stop-Effekt des ersten Stückes genauso gut gefallen, wie die plastikspielzeughaft klapperige Clap des letzten Tracks.

Audio Samples
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UM3 01 128 C# UM3 02 136 Amin

Wesentlich besser als das in meinen Augen unästhetisch anmutende Cover (wie übrigens bei fast allen der Sample-Packs) gefällt mir der musikalische Inhalt von Experimental Dubstep 6. Zwar vermisst man auch hier stellenweise ein wenig den krediblen „Schmutz“, der musikalische Ideenvorrat lässt aber keinen Zweifel daran, dass sich der Produzent mit dem klangvollen Namen „Jeff Rhodes“ hörbar Mühe gegeben hat, frische, unkonventionelle Dubstep-Tunes zu entwickeln, die ohne plakatives Formant-Gewobbel auskommen.

Audio Samples
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ED6 Kit 01 ED6 Kit 02 ED6 Kit 03 ED6 Kit 04 ED6 Kit 05

Praxis

So viel Audiofutter und ein Problem: Wo gehört nun was hin. Zugegeben dauert in den meisten Fällen keine fünf Minuten, bis man die weitgehend eindeutig beschrifteten Dateien eines Songs in die DAW gezogen und eine funktionierende mehrtaktige Schleife gebaut hat. Aber spätestens wenn es darum geht, die „ausklingenden“ Audioschleifen hinzu zu holen oder die B-Teile der Demo-Songs nachzubauen, wünscht man sich, dass sich auch fertige Arrangements für die gängigen DAWs wie Cubase, Logic und Live, die die vorhandenen Audiofiles referenzieren, in den Ordnern befinden würden. Auch und besonders, wenn es schnell gehen muss. Und das ist nun einmal die oberste Pflicht solcher Construction-Kits. Richtig gut hätte ich es gefunden, wenn die Schleifen auch ein Mapping für die Remix-Decks von Traktor mit auf den Weg bekommen hätten. Geringer Aufwand, hoher Mehrwert. Hierfür ziehe ich in der Summe einen halben Punkt ab, denn es wäre wirklich ein sehr vertretbarer Mehraufwand der von Producer Loops hierfür zu leisten wäre, aber im Verhältnis einen merklich höheren Praxisnutzen zur Folge hätte.
Dass das geht und das entsprechende Know-how bei Producer Loops vorhanden ist, zeigt die Library „Late Night Jazz 1“ aus gleichem Haus, wo sämtliche Audioschleifen in hervorragend arrangierten, mehrspurigen Cubase-Projekten zusammengefasst wurden. Das ist dann eigentlich auch – erfreulicherweise – der einzige wirkliche Kritikpunkt. Besonders lobenswert in technischer Hinsicht ist die Tatsache zu werten, dass die Lautstärken innerhalb der Kits stimmig und ausgewogen sind. Nicht selten trifft man bei solchen Libraries nämlich auf den Lapsus, dass die einzelnen Loops in Bezug auf Lautheit und Dynamik nachbearbeitet oder schlicht Normalisiert wurde, was für sich genommen erfreulich ist, im Arrangement aber dazu führt, dass die gesamte Mischung nicht mehr stimmt. Nicht so im vorliegenden Fall – hier passt alles meist bis auf wenige Dezibel Differenz wunderbar zusammen. Ein halber Pluspunkt dafür.

Fotostrecke: 2 Bilder Zieht man sich die Loops direkt in ein Traktor-Remix-Deck, bleiben nicht viele Spalten für aufwendige Arrangements.

Einen nicht ganz so umfangreichen, im Kern aber ähnlichen Aufwand wie die Producer-Fraktion müssen DJs betreiben, die Producer Loops Construction-Kits in Form feuerbereit bestückter Remix-Decks in ihre Performance einzubauen gedenken. Hier gilt es nämlich, im Vorfeld die Einzelspuren in sinnvoll aufeinander aufbauende Clips zusammenzufassen. Denn packt man sich beispielsweise Kick, Snare und Hi-Hat in die ersten drei Spalten eines Remix-Decks, verbleibt nur noch ein freier Slot für weitere Klangschnipsel, was definitiv zu wenig für die unterhaltsame Ausgestaltung eines Stückes ist. Besser fährt man damit beispielsweise Drums (Slot 1), Bass (Slot 2), Pads (Slot 3) und FX (Slot 4) in einer DAW zu logisch aufeinander aufbauende Einzel-Clips zusammenzufassen und damit dann das Remix-Deck zu beladen. Wer´s genauer wissen möchte, hier ist ein Workshop dazu. 

Fazit

Ein gerechtes Fazit im Bereich Sampling-Libraries zu ziehen, stellt sich regelmäßig als weitaus schwieriger heraus, als beispielsweise bei einem DJ-Controller. Denn während man beim Letztgenannten eindeutig urteilen kann, ob und wie was funktioniert, ist das im Fall der weichen Audioware eine höchst subjektive Auslegungsfrage. Gerade wenn es um die Frage der Stilistik geht. Wer weiß schon mit absoluter Sicherheit zu sagen, welcher Beat und welcher Sound morgen immer noch (oder schon wieder) angesagt ist und welcher bereits in die akustische Restmülltonne gehört. Ich halte mich also zunächst mal an die überprüfbaren Fakten und hier fällt primär die hohe Output-Frequenz der kleinen, preislich überschaubaren Einzelpacks von Producer Loops positiv auf. Der schnelle Online-Distributionsweg in Verbindung mit der freien Formatwahl (Rex, Refill, Wav/Aiff-Audio) passt goldrichtig in das schnelllebige Tagesgeschäft bei der Werbemusik und Filmvertonung, dürfte aber gleichzeitig auch für semi-professionelle Bedroom-Producer und manchen DJ attraktiv sein, die sich mit überschaubarem Kostenaufwand ein bisschen Sample-Futter besorgen wollen. Positiv ist dabei auch zu werten, dass alle Tracks des jeweiligen Packs auf der Website vorhörbar sind und sich diese Demos mittels der Packs problemlos eins zu eins nachbauen lassen. Der Käufer bekommt also wirklich das, was er bezahlt hat und kauft nicht Tonnen von Samples, die er eigentlich gar nicht braucht oder will. Technisch und formal ist an den Packs, bis auf das Fehlen von vorgefertigten Arrangements für die gängigen DAWs oder im DJ-Kontext für Traktor Remix-Deck-Sets, nichts auszusetzen. Benennung der Dateien, Ordnerhierarchien und Sample-Beschnitt geben jedenfalls keinen Anlass zu größerer Kritik. Zudem verdient die Tatsache ein Lob, dass die Schleifen in Relation zueinander stimmig gemischt sind. Musikalisch und klanglich wird hier innerhalb der entsprechenden Stilistik sauber ausproduziertes Material geliefert, das meistens das tut, was es innerhalb des Arrangements soll. Bisweilen ist das sogar richtig clever und inspiriert. Persönlich hätte ich mir stellenweise noch ein Quäntchen mehr Patina innerhalb der Sounds gewünscht, die allerdings lässt sich im Zweifel auch noch mit ein bisschen tontechnischer Trickserei applizieren. Kurz gesagt liefern Producer Loops mit ihren Eigenproduktionen durch die Bank praxistaugliche, in sich stimmige und weitgehend inspirierte Construction-Kits in klanglich ordentlicher Qualität zu einem angemessenen Preis. Wer aufgrund der Demos das Gefühl hat, das Material für seine Produktion gewinnbringend einsetzen zu können, macht im Ergebnis hier nichts verkehrt.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Multiformat-Download ohne Aufpreis
  • Solide Klangqualität
  • Dynamikreserven weitgehend vorhanden
  • Trennung in überschaubare Packs
  • Zeitgemäßes, stilechtes Sounddesign
Contra
  • Keine Demo-Arrangements inkludiert (beispielsweise für Cubase, Live, oder Traktor)
Artikelbild
Producer Loops Future Pop Vol 5, Experimental Dubstep Vol 6, Urban Minimal Vol 3 Test
Producer Loops Future Pop Vol 5, Experimental Dubstep Vol 6, Urban Minimal Vol 3
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von Numinos

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