Pioneer XDJ-RX2 Test

Praxis

Standalone

… das ist das primäre Einsatzziel des XDJ-RX2 und daher möchte ich mich diesem Thema zuerst widmen. Standalone heißt hier, Musik vom USB-Stick spielen zu können und externe Zuspieler über das Mischpult einzubinden, ganz klassisch Phono und Line, dazu einen weiteren Player (aber keinen Computerkanal oder USB-Send-Return wie beim 450-er) via Aux-Input. Dies könnte beispielsweise ein DJS-1000 als Sample-Schleuder sein, ein dritter Mediaplayer, ein iPad mit Spotify-Mucke oder was auch immer ihr bevorzugt. Interessant hier: Der Aux lässt sich in zwei Schritten um 6 oder 12 dB verstärken, falls das Endgerät etwas zahmer ist. Eine Klangregelung hätte in meinen Augen auch nicht geschadet. Platz genug wäre da.
Ich habe schon erste Stimmen gehört, die meinten: Das wäre doch ein interessantes Teil für zuhause, wo ich kein teures Nexus2-Setup benötige. Die Plattenspieler kann ich dann gleich daneben parken. Stimmt, doch leider kann man mit dem XDJ-RX2 trotz integriertem USB-Audiointerface und Phono/Line-Inputs nicht mit rekordbox dvs arbeiten. Schade. Sicher, man würde noch die zusätzliche Lizenz für 99 Euro und die beiden Timecode-Platten zu je rund 20 Euro benötigen, aber zumindest die Option „aufzurüsten“ wäre ja schon toll gewesen, zumal sämtliche der neuen Mixer dieses Feature innehaben, selbst das 349 Euro Pult DJM-250 MK2 – und das bringt gleich noch die Lizenzen mit. Hier können wir (bis auf Weiteres noch) die Milch aus der „Eierlegenden Wollmilchsau“ streichen.
Sicher, der XDJ-RX2 kann auch mit Musikdateien auf einem USB-Stick umgehen, die zuvor nicht mittels Pioneers Software am Rechner analysiert wurden. Dann gibt’s aber weder Waveforms mit Grid noch Autosync oder Quantisierung. Folglich heißt es, mit den Bordmitteln rein nach Gehör beatzumatchen. Komfortabler hingegen ist …

Rekordbox 5

… das seitens Pioneer auch unter der Haube wieder optimiert worden ist. Dank Multicore-Processing geht die Berechnung des Datenbestandes halbwegs flott vonstatten. Mein Bonedo.de Kollege Marcus Schmahl hat sich in diesem Hands-on mit dem aktuellen Workflow und der Performance beschäftigt. Außerdem hat er einige praktische Tipps zum Playlisten-Management unter rekordbox für euch parat, hier zu finden. Zwar ist dies kein Software-Test, der folgt in Kürze, doch was ich mir für die nächsten Nachkommastellen von rb5 wünschen würde, wäre unter anderem ein rekursiver Ordner-Import, erweiterte Import-Features für Librarys von DJ-Software, falls man das System wechselt oder auch eine Datenbankanbindung für Cover-Art. Ebenso ist die Neuzuordnung „vermisster“ Tracks verbesserungswürdig.
Habt ihr schließlich den Musikbestand analysieren lassen, Playlisten gebaut, Titel getaggt, Cue-Punkte und Hotcues gesetzt et cetera, stehen euch diese Daten nach dem Export auf euer USB-Medium am XDJ-RX2 zur Verfügung und der Zugriff auf die Musikbibliothek gestaltet sich äußerst komfortabel. Das Einlesen der Tracks (MP3, AAC und dazu Wave und AIFF bis 48 kHz/24 Bit, kein Hi-Res, kein FLAC) vom USB-Stick und von der SSD geht zügig vonstatten. Navigiert wird mittels Push-Encoder, der auch für das Zoomen in die Wellenform und das Verschieben des Taktrasters herhalten kann. Das Beatgrid kann via Encoder und Utility Mode eingestellt werden. Reset setzt das Taktraster zurück, Snap to Cue platziert den Aufschlagtakt am aktuellen Cuepoint.
In die Decks lädt bekanntes Load-Tastenduo, es folgt das CDJ-Quartett aus Back, Track-Tag für die Tag-Liste, Track-Filter mit Key, Rating, BPM, Color und eigenen Kriterien sowie Shortcuts wie beim 2000er, dazu Sprungfunktionen, Empfehlungen für Tracks gleicher Tonart, die Cuepoint-Liste für in rekordbox erstellte Memory Cues. Es gibt eine History-Liste für maximal 999 Titel, die mindestens eine Minute gelaufen sind, Tag-Listen können via Utility-Mode in Playlisten umgewandelt werden und dergleichen. Außerdem lässt sich eine Bildschirmtastatur zur inkrementellen Suche nutzen. Dazu nachstehend einige Bilder.

Fotostrecke: 6 Bilder XDJ-RX2 Display

Auf dem Screen werden detaillierte Informationen zu beiden Decks und den Beat-FX ausgegeben. Bei den Effekten werden Name, Kanal, Tempo und Timing, für die Player die aktuelle Wiedergabe-Position, die Tonart, BPM und Pitchwert, Quantisierung und Sync-Status, Hotcues et cetera angezeigt. Die Track-Preview im unteren Bereich ist berührungsempfindlich – grob spulen also bitte hier per Fingerzeig. Schade eigentlich, dass man auf diese Art in der Browser-Ansicht nicht swipen/scrollen/laden kann. Ein zoombarer Wellenausschnitt pro Player ist selbstverständlich auch vorhanden. Das Farbschema kann von blau nach RGB wechseln.
Die Suchfunktionen und Filter sind äußerst komfortabel. Mal abgesehen vom fehlenden Klicken der Tastatur und einer gewissen, aber nicht störenden Trägheit des Touchscreens – fast, als wenn man am Rechner arbeitet. Und mit acht Zeilen Tracks kommt man ziemlich gut zurecht, wie ich finde.
Das „On-Air-Display“ ist erstaunlicherweise nicht am Teller auszumachen, sondern nur am Screen. Dafür wird der Vinylmode mit einem blauen Leuchtring am Teller identifiziert. Auch vom Track-End-Flashing fehlt am Handrad jede Spur. Praktisch dagegen: Load Lock und Needle Lock (deaktiviert Browsen per Finger in der unteren Wellenform) schützen vor versehentlichen Aktionen.
Der Mixer kommt mit einem musikalischen Boost von 6 dB daher, der Cut reicht von -26 bis Kill, je nach Vorauswahl. Die Kanaleffekte sind anwenderfreundlich parametrisiert und der Parameterregler gewährt Feinschliff. Mit den Beat-FX hat man eine zweite Armada am Start, die klanglich überzeugt. Auch die Cue-Tasten sind endlich da, wo sie hingehören. Das Gerät wirkt wie aus einem Guss und der Workflow ist gelungen. Jetzt noch den Aux um USB erweitern und die Pro DJ-Link Netzwerkbuchse wieder zurück – ach so, die meisten haben keinen LAN-Anschluss mehr am DJ-MacBook? Okay, dann halt via USB. Machen wir das Fass doch gleich mal etwas weiter auf.

Viel Raum, toller Sound und gute Haptik
Viel Raum, toller Sound und gute Haptik

Der XDJ-RX2 als MIDI-Controller

Ein Thema, dessen Umsetzung mir beim Vorgänger nicht so zugesagt hat. HID/Display-Unterstützung für Traktor und Serato ist erwartungsgemäß auch diesmal nicht an Bord, dafür ist jedoch der rekordbox dj „performance mode“ ziemlich gut gelungen. Mit Aktivieren des MIDI-Mode schaltet der Testkandidat vom RX2-Mixer-Modus auf den MIDI-Mixer-Modus um, etwaige Einstellungen sind dann in den Preferences der DJ-Software vorzunehmen. Das Audiointerface arbeitet mit 44,1 kHz und 24 Bit.
Nach einer Bestätigung der beiden MIDI-Decks via Load-Tasten erscheint auf dem Bildschirm die rekordbox Library des MacBooks. Cover-Art, Track-Infos, Cues und Loops, Wellenformen, alles wird auf dem Screen visualisiert und man darf nun die erweiterten Features nutzen, von Sampler über Pad-FX, ja sogar Videosteuerung, so man Besitzer der entsprechenden Lizenz ist. Hier allerdings sind die Eingriffsmöglichkeiten via Display (noch) sehr dürftig. Crossfader-FX und die Aktivierung von Text, Bild und Webcam, beispielsweise. Aber weder Touch-FX noch Deck-Einstellungen lassen sich via Bildschirm vornehmen, so wie es beim DDJ-RZX der Fall ist. Schade.
Was die Steuerung der Performance-Modi angeht, weicht die Belegung der über das GUI konfigurierbaren Pads vom Standalone-Modus ab. Das ist gewöhnungsbedürftig. So liegen bei den Slips die Beat Jumps, bei den Beat Jumps der Sampler. Ein Sampler-Volume-Regler fehlt. Auf den Beatloops findet man hier die Pad-FX, was ein wenig über den Umstand hinwegtröstet, dass es keine klassische FX-Sektion auf 12 Uhr gibt. Platz genug wäre da, aber das ist nun einmal dem Standalone-Konzept geschuldet und mit den zusätzlichen CFX und Beat-FX ist ja einiges am Start. Außerdem via Shift zugänglich sind der Keyboard-Mode und das Key-Shifting. Und wer es darauf anlegt, kann ja einen weiteren MIDI-Controller wie den DDJ-XP1 oder ein Modul eines anderen Herstellers über USB einbinden, dem sich weitere Kommandos unterjubeln lassen. In der Summe ist Pioneer hier der Spagat geglückt, wie ich finde – nur für Video würde ich mir noch die Decks dazu wünschen. Warten wir ab, was die Zukunft bringt.

Smartphone

Musik auf dem Smartphone lässt sich durch eine direkte Verbindung über einen der beiden oberseitigen USB-Ports in den Mix integrieren. Im Test gelang es mir zwar nicht, Samsung Android-Devices aufgrund des Fehlercodes „Unknown Device“ zu konnektivieren, dafür aber das iPhone mit der App rekordbox: Automatisch erkannt, Musikzugriff kein Problem, Browsing und Waveforms – alles da und man kann von beiden Geräten aus Tracks in die Decks schubsen und das visuelle Status-Update erfolgt innerhalb von 2-3 Sekunden. Vorbildlich gelöst, allerdings hätte Pioneer an eine anschraubbare Ablage fürs Tablet/Smartphone denken können.

Fotostrecke: 6 Bilder XDJ-RX2 und…

Alle für einen und einer für alle

Es ist schon erstaunlich, wie gut der Pioneer-Kosmos ineinander verzahnt ist. Ob man vom Stick spielt, den Laptop dazu nimmt oder gar ein Smartphone anbindet: Alles lässt sich miteinander mischen und – mit Ausnahme des rekordbox performance mode – untereinander synchronisieren. Auch nahtlose DJ-Handover sind hier wahrlich kein Problem, nicht zuletzt auch aufgrund der beiden USB-Ports oben. Ich muss zugeben, der XDJ hat mich im Test aufgrund seines unkomplizierten, intuitiven Workflows wieder einmal in seinen Bann gezogen, wie auch schon das erste Modell.

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