Synth-Sounds mit der Gitarre produzieren? MIDI-Spuren mit der Gitarre aufzeichnen? Bis jetzt hielten sich die meisten Gitarristen aus den unterschiedlichsten Gründen vornehm zurück, wenn es darum ging, in die Domäne der Keyboarder einzudringen. Aber vielleicht ändern einige nun Ihre Meinung? Schuld daran könnte Peterson sein, eine amerikanische Firma, die vielen Gitarristen nicht unbedingt geläufig sein dürfte. Ihr Gründer Richard Peterson startete schon vor über 60 Jahren mit der Entwicklung und dem Bau von elektronischen Kirchenorgeln und trug im Laufe der Jahre mit vielen Innovationen zur Entwicklung moderner Tasteninstrumente bei. Ein Hauptfeld bis heute sind aber seine Stimmgeräte, mit deren Bau er 1948 begann und mit denen er bis heute als Spezialanbieter konkurrenzlos ist.
Diese Kompetenz war auch Grundlage für die Entwicklung eines neuartigen MIDI-Konverters, der unter dem Namen Sonuus G2M die Gitarrenwelt revolutionieren soll. Laut Hersteller können Gitarristen mit ihrem Lieblingsinstrument jetzt externe Module wie Expander oder Keyboards ansteuern und echte Synth-Sounds generieren. Aber auch analoge Gitarrentöne ins MIDI-Format übertragen, ohne dabei ihre Instrumente mit speziellen Tonabnehmern, sogenannten „hexaphonischen Pickups”, aufzurüsten zu müssen.
Wenn es tatsächlich funktionieren sollte, wären die Vorteile einer solchen Blackbox unübersehbar, denn die Hex-Pickups von Roland und Axon kooperieren nur mit kompatiblen und kostspieligeren 13-Pin-Systemen wie Roland GR-20 oder Axon-AX 100. Der G2M aber soll mit einem einfachen MIDI-Kabel jeden herkömmlichen Synthesizer ansprechen können.Viele Gitarristen lehnen den Hex-Pickup außerdem ab, weil er die rechte Hand in ihrer Performance behindern kann, da er zwischen Steg und dem Bridge Pickup der E-Gitarre montiert wird und sich dann dort auch nicht so schnell wieder entfernen lässt. Und jetzt soll es auf einmal ganz ohne „Hexerei“ gehen und auch noch preiswert?
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DETAILS
Ein Kinderspiel ist die Inbetriebnahme des G2M, denkt man an die relativ aufwendigen Maßnahmen, die der Ein- und Aufbau des Hex-Pickups mit entsprechender Kontrollereinheit erforderlich macht. Man verkabelt ihn wie ein Effektgerät mit einem Gitarrenkabel, die Verbindung zur Synthesizerwelt übernimmt ein normales MIDI-Kabel und ein Volumenregler sorgt für den richtigen Pegel. So einfach, denn der G2M braucht weder Schalter noch Potis. Ob sich die digitale Welt so problemlos mit einer Gitarre erschließen lässt, das werden wir hoffentlich jetzt erfahren. Wenn ja, wäre dies eine Sensation.
Vier LEDs geben dem Benutzer des Konverters alle erforderlichen Rückmeldungen. Der G2M ist betriebsbereit, wenn der Klinkenstecker des Gitarrenkabels in die Eingangsbuchse (Guitar) gesteckt wird und eine grüne Power-LED aufleuchtet. Auf der anderen Seite wird der G2M per MIDI-Kabel mit einem Synthesizer oder einem Computer mit Sequenzerprogramm verbunden. Zur Kontrolle der MIDI-Aktivität dient eine gelb blinkende LED. Wird eine Gitarrensaite angeschlagen, blinkt die MIDI-LED und zeigt an, dass MIDI-Daten gesendet werden. Eine rote LED (Nummer 3) leuchtet permanent, wenn das Eingangssignal zu hoch ist, das sich per Volumenregler an der Gitarre anpassen lässt. Die rote Clip-LED-Anzeige sollte bei normaler Spielweise nur gelegentlich leuchten, denn dann ist sichergestellt, dass der volle Dynamikumfang im MIDI-Format ankommt. Es ist auch möglich, den Eingangspegel am G2M anzuheben, wenn der Ausgangspegel der Gitarre zu niedrig ist, indem man den kleinen Boost-Schalter umlegt.
Ein Netzgerät wird nicht benötigt, denn der G2M wird von einer 9V-Blockbatterie angetrieben. Um dieser ein langes Leben zu ermöglichen, sollte das Klinkenkabel entfernt werden, wenn das Gerät nicht im Einsatz ist, denn dann wird auch der Energieverbrauch gestoppt. Die Batterie arbeitet unter diesen Umständen relativ lange. Die Gesamtspielzeit soll immerhin 60 Stunden betragen. Rechtzeitig, bevor sie „den Geist aufgibt“, leuchtet die rote Low-Battery LED. Mit dem Wechsel der Batterie kann man sich aber dann noch Zeit lassen, denn der G2M läuft mit leuchtender LED noch mehrere Stunden „auf Reserve“ weiter.
Der mit dem G2M verkabelte Synthesizer muss allerdings auch optimal verstärkt werden. Mit einem normalen Gitarrenamp erhält man kein hochwertiges Ergebnis. Für alle Synth-Sounds wäre eine neutrale Verstärkung mit einer Gesangsanlage oder Keyboardverstärker ideal. Am besten eignen sich (aktive) 2-Wege-Monitore mit Höchtönern. Wird der G2M an einem PC mit MIDI-Adapter betrieben, können die im PC vorhandenen Software-Synthesizer verwendet werden. Passende Anwendungs-Software, also Sequenzer-Programme, gibt es in allen Preiskategorien und vor allem jede Menge Freeware im Netz.
Die Stimmung der Gitarre kann mit dem integrierten Stimmgerät für Standard-Tuning ständig überprüft werden. Die Power-LED-Anzeige wird dabei zur Tuning-Anzeige umfunktioniert. Wird ein Ton gespielt, pulsiert die Power-LED und erzeugt ein auf- und abschwellendes Licht. Je weiter man sich vom korrekten Ton entfernt, desto schneller blinkt die Anzeige, je näher man ihm kommt, desto langsamer wird sie. Sobald die LED-Anzeige weniger als einmal pro Sekunde aufleuchtet, ist die Saite korrekt gestimmt. Vielleicht erscheint diese Art des Gitarrenstimmens etwas ungewöhnlich und „unorthodox“, aber schon nach kurzer Eingewöhnungszeit erweist sie sich als sehr effektiv, denn der Gitarrist braucht sich auf nur einen Indikator zu konzentrieren. Sollen die Signale eines magnetischen oder piezoelektrischen (Akustikgitarre) Pickups gleichzeitig genutzt werden, kann man die MIDI-Thru Klinkenbuchse des G2M zum Beispiel mit einem zweiten Gitarrenverstärker verbinden. Mit einem Umschalter, der nicht im Lieferumfang enthalten ist, könnte man dann zwischen beiden Amps hin- und herschalten. Wem das alles zu aufwendig ist, der kann den G2M auch als Notationshilfe einsetzen, denn im Prinzip kommuniziert er mit jedem Sequenzerprogramm.
Aber wie steht es mit der Latenzzeit des Systems? Damit gemeint ist die Zeitverzögerung, die zwischen dem Anschlag der Saite und der Wiedergabe des Signals verstreicht – eine Eigenart, die Systeme dieser Art mit sich bringen und die früher so groß war, dass so manches wohlgemeinte Spiel zu einem abenteuerlichen Eiertanz degenerieren konnte. Die Latenzzeit, die der G2M produziert, soll zwischen 16 und 53 Millisekunden betragen, was für eine Anwendung dieser Art erstaunlich kurz erscheint.
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Beim Test wurde der G2M mit mehreren Synthesizern und Modulen verbunden. Grundsätzlich kann man sagen, dass bei neuen Geräten die Latenzzeit erheblich kürzer war, sodass sich auch ein relativ natürliches Spielgefühl einstellte. Die hohen Töne wurden nach dem Anschlag etwas schneller und die tiefen Töne etwas langsamer übertragen. Zu meiner Überraschung gab es aber im direkten Vergleich mit einem Roland GK-3, einem soliden Hex-Pickup, den ich auf einer Fender installiert habe, zumindest subjektiv nur geringe Unterschiede. Wer hätte das erwartet? Das totale Ende der „Latenzzeit“ ist aber generell noch nicht in Sicht. Im Studio, wo es auf Präzision ankommt, heißt es trotzdem auszuprobieren, die Latenzzeiten während der Einspielung zu berücksichtigen und vor dem Beat zu spielen.
Wenn man mit einem Sequenzerprogramm arbeitet, können Unsauberkeiten und Triggerfehler (dazu später mehr) durch Quantisieren oder Verschieben beseitigt werden. Zum Glück können MIDI-Daten auf jede denkbare Art manipuliert werden, falls einmal etwas daneben geht. Dynamik- und Pitchbend-Informationen können ebenfalls gesendet und empfangen werden. Ernüchternd ist es für den Gitarristen, wenn er erfährt, dass der MIDI-Konverter nur monophon arbeitet und somit nur einzelne Töne digitalisieren kann. Sämtliche Zusammenklänge wie Power Chords, Dreiklänge oder auch überlappende Single-Notes werden vom G2M leider nicht unterstützt. Dieses Verhalten resultiert aus der Tatsache, dass jede Saite nicht separat über einen geteilten Tonabnehmer (Hex-Pickup) abgenommen werden kann. Das, was soeben noch als Vorteil gepriesen wurde, wirkt sich jetzt doch nachteilig aus.
Vielleicht kann man auf der Bühne und im Studio ja auch mit der monophonen Situation arbeiten. Problematischer waren jedoch die Triggerprobleme, die allzu oft zu Störungen führten. Wenn man die Saiten mit der rechten Hand abdämpft, hatte man etwas mehr Glück. Auch bei Tonüberlappungen, die es beim Single-Line-Spiel zwangsläufig gibt – beispielsweise sukzessiv gespielte Töne mit kleinem Barré – konnte der G2M sich oft nicht entscheiden, welchen von beiden Tönen er digitalisieren soll, sodass es zu Interferenzen kam. Schnelle Tonfolgen mag der G2M auch nicht und quittiert sie schon mal mit „Erkennungsproblemen“. Aber auch professionelle teuere Systeme vergreifen sich schon mal im Ton, dennoch ist die Fehlerquote beim G2M eindeutig höher.
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Aber wie sieht es aus, wenn man den Konverter als Notationshilfe nutzt?
Tatsächlich wurden auch die meisten Single-Notes brav midifiziert. Allerdings musste man auch wieder zur Maus greifen und viele Fehler korrigieren. Nachteile ergaben sich außerdem aus der monophonischen Arbeitsweise des G2M. Wer seine Gitarrenmusik notieren will, muss sämtliche Akkordstrukturen mühselig mit der Maus nacharbeiten. Es sei denn, man produziert Musik, die gänzlich auf Akkordstrukturen verzichtet. Da Gitarristen oft nicht nur akkordisch denken, sondern auch Harmonie erleben wollen, kann man sich Gitarrenmusik ohne Zusammenklänge eigentlich nur schwerlich vorstellen. Eine professionelle Lösung ist das nicht.
Auch wenn es an dieser Stelle jedem klar sein sollte, muss man dennoch erwähnen, dass der G2M einen Soundgenerator, ein Soundmodul, ein Synthesizer oder ein Keyboard mit integriertem Soundmodul braucht.
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FAZIT
Die Idee ist sensationell, aber bei der Umsetzung gibt es Defizite. Der G2M ist noch keine professionelle Lösung für Gitarristen, die sich midifizieren wollen und einen hohen Anspruch haben. Bei der Digitalisierung des analogen Signals produzierte die Blackbox zu viele Interferenzen. Mit der monophonen Arbeitsweise kann man gut leben, wenn man Geige oder Saxofon spielt, der Gitarrist kann sich aber nur temporär mit der Situation abgeben. Die Latenzzeiten der Blackbox sind akzeptabel, aber ein professioneller Hex-Pickup arbeitet im Moment noch sicherer und eben polyphon. Ich würde den G2M zurzeit eher noch als ein Spielzeug betrachten, mit dem man allerdings viel Spaß haben kann.
Unser Fazit:
3 / 5
Pro
Geringe Latenzzeit (gute Ansprache)
Übertragung von Pitchbend-Information und Dynamikdaten
He prinzipiell scheint das doch aber mal gar keine so schlechte Idee zu sein! Man denke nur mal über den Gitarrenrand hinaus - so ein Gerät ließe sich bei jedem hinreichend leise klingenden Soloinstrument als Midikonverter einsetzen. Z.B. an einem mit angeflanschtem Mikro abgenommenem Kazzoo - da hat man alle Hände frei und spielt dann eben (eine gute Summ-Intonation vorausgesetzt) entweder Alt-Sax oder Trompete.... dafür kann man den G2M doch sicher eher gebrauchen.
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Hendrik Schulz sagt:
#1 - 26.09.2017 um 06:34 Uhr
He prinzipiell scheint das doch aber mal gar keine so schlechte Idee zu sein!
Man denke nur mal über den Gitarrenrand hinaus - so ein Gerät ließe sich bei jedem hinreichend leise klingenden Soloinstrument als Midikonverter einsetzen. Z.B. an einem mit angeflanschtem Mikro abgenommenem Kazzoo - da hat man alle Hände frei und spielt dann eben (eine gute Summ-Intonation vorausgesetzt) entweder Alt-Sax oder Trompete.... dafür kann man den G2M doch sicher eher gebrauchen.