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Ortofon Concorde Q.Bert-S Test

Der Concorde Q.Bert-S von Ortofon ist ein Komplett-Tonabnehmer, der sich speziell an Scratch-DJs und Turntablists wendet. Entwickelt wurde das System, das zum empfohlenen Preis von 123 Euro zu haben ist, in Kooperation mit DJ Q-Bert vom DJ-Kollektiv „The Invisible Scratch Pickles“. In Hip Hop-DJ-Kreisen und unter Scratch-Artisten gilt er weltweit als absolute Ikone.

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Der Hersteller verspricht ein System mit hoher Spurgenauigkeit und einem enormen Output. Als Scratch-Tonabnehmer muss er sich u. a. gegen einige potente Rivalen durchsetzen. Da wären zunächst der ebenfalls aus dem Hause Ortofon stammende Concorde S-120 zum Preis von 169 Euro sowie der CS-1 von Numark, der für 96 Euro angeboten wird. Shure liefert dabei den einzigen Kontrahenten zur Headshell-Montage, den M44-7 für 71 Euro.

Wir sind der Frage auf den Grund gegangen, ob die Zusammenarbeit der dänischen Traditionsfirma mit der amerikanischen Turntable-Koryphäe wirklich fruchtbar war oder der Q:Bert-S vielleicht doch nur ein Tonabnehmer unter vielen ist. 

DETAILS

Verpackt ist unser Testkandidat in einer handlichen Box aus Pappe mit passend geformten Kunststoffeinlagen. Natürlich wird auch dieser Tonabnehmer inklusive Abtastnadel und praktischer Nadelschutzkappe geliefert. Darüber hinaus gibt es einen Gummiüberzug für den Griff sowie zwei Faltblätter mit den technischen Daten und Informationen zur Montage. Leider ist das Ganze ausschließlich in Englisch gehalten und unvollständig, denn es fehlen Tipps zur richtigen Justage der Tonarmhöhe.
Der relativ dünne und abbruchgefährdete Griff ist natürlich auch bei diesem Concorde-Modell ein Thema. Erfreulicherweise wird der Umstand, dass er außerdem zu glatt und rutschig ist, durch den im Lieferumfang enthaltenen Gummiüberzug gut kompensiert. Ebenfalls typisch für die Concorde-Serie ist eine, durch den Überhang von 52 mm, perfekte Abstimmung auf die Laufwerke von Technics.
Neben der hervorragenden Verarbeitung sollten meiner Ansicht nach insbesondere die Kontakte positive Erwähnung finden. Sie sind vergoldet und stellen durch ihre abgerundete Oberfläche einen störungsfreien Betrieb sicher. Top! 

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PRAXIS

Nun ist es aber Zeit für Mix- und Scratch-Action. Also den Tonabnehmer auf meinen Technics 1210 MKII montiert, alle Parameter richtig justiert und ab geht die Post!   
Die technischen Infos empfehlen einen Auflagekraftbereich von 2 – 4 Gramm. Ich beginne also beim Minimalwert. Den ersten Teil der Prüfung besteht mein Proband mit Bravour. Auch bei einer sehr lauten 12 Inch kommt die Nadel nicht ins Straucheln und sorgt für eine unverzerrte Wiedergabe. Zudem sind bereits jetzt schnelle Basic-Scratches und Backspins in regulärer Geschwindigkeit möglich. Reine Mix-DJs finden also schon ab dieser geringen Auflagekraft beste Voraussetzungen zum Cueing und Abwerfen der Platten vor. Komplexe Scratches und schnelle Backspins kommen allerdings erst ab etwa 3 Gramm ohne Springen der Nadel aus.   
Da der Nadelträger von Q.Bert-S relativ weich aufgehängt ist, beginnt das gesamte System beim Hin- und Herbewegen der Platte ein wenig zu „schwimmen“. Dadurch bedingt entstehen tieffrequente Signalanteile. Für einen regulären Tonabnehmer läge deren Pegel sicher noch im Rahmen. Vor dem Hintergrund, dass es sich hier um ein System handelt, das eigentlich speziell für die scratchende Zunft entwickelt wurde, schneidet es zumindest in dieser Disziplin nicht wie erwartet ab.
Der Gesamteindruck des Kandidaten von Ortofon entspricht überraschenderweise eher dem eines guten Club- bzw. Mix-Tonabnehmers. In Sachen Scratching bieten andere Systeme (teilweise auch die hauseigenen) gleiche oder sogar bessere Eigenschaften. 

Die Angabe, dass Q.Bert-S ein Tonabnehmer mit einer sehr hohen Ausgangsspannung ist, kann ich bedenkenlos unterschreiben. Unser Prüfling war nur etwa ein halbes dB leiser als die besten dieser Kategorie, der Numark CS-1 und der Concorde S-120. Unter Berücksichtigung des sphärischen Nadelschliffs ist die Höhenwiedergabe des Systems als überraschend plastisch zu beschreiben. Den in der Marketing-Kampagne beworbenen Bass kann ich indes in dieser Form nicht ausmachen. Er ist zwar präsent und durchaus kraftvoll, doch wirken mir die Subanteile weniger definiert als etwa die Mitten. Diese stellen sich klanglich warm und sehr differenziert dar. Zusammengefasst ergibt sich ein warmer und durchsetzungsfähiger Sound, der zu einer Platzierung im oberen Bereich des Teilnehmerfeldes führt.

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Audio Samples
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Ortofon Concorde Q. Bert-S

ZWEITE MEINUNG

(Daniel Wagner, Technics 1210 MKII, UREI 1603)
Bei dem vorliegenden Tonabnehmer handelt es sich um ein Komplett-System aus Ortofons Concorde-Serie mit den üblichen bekannten Schwächen und Stärken. Der Nadelträger ist relativ stabil, der Griff wenig griffig und prinzipiell abbruchgefährdet. Es wird aber ein Gummiüberzug mitgeliefert, um wenigstens dem erstgenannten Problem wirksam entgegentreten zu können. Zur Verwendung kommt ein sphärisch geschliffener Diamant. Die Kontakte sind wirklich hervorragend verarbeitet und der Überhang mit 52 mm ideal auf die Disco-Laufwerke der Marke Technics abgestimmt. So weit, so gut. Q.Bert-S wird als Scratch- und Battle-Tool beworben, wobei auf Ortofons DJ-Site ausdrücklich auf die Basswiedergabe hingewiesen wird. Wir können also auf ein Scratch-williges, basslastiges DJ-System hoffen, was der folgende Test zeigen soll.  Der Arbeitsbereich hinsichtlich der Auflagekraft wird mit 2 bis 4 Gramm angegeben, empfohlen werden 3. Ich beginne also mit 2 Gramm, die direkt für einen angenehmen Mix-Workflow sorgen. Für Basic-Scratches und Backspins ist keine höhere Auflage nötig! Für schnelle Backspins nutze ich 3 Gramm, in Verbindung mit welligem Vinyl sogar 3,3 Gramm. Der Sound des Systems überrascht mich wirklich. Er ist ausgewogen, sehr räumlich und wohldefiniert. Die Wärme bei Gary Raffertys „Baker Street“ ist fast schon rührend. Toll!
Nur den beworbenen Bass kann ich nicht hören. Er ist zwar kräftig, aber nicht übermäßig betont. Im Gegenteil, er fügt sich schön in das gesamte Klanggeschehen ein. Demnach ist Ortofons Q.Bert-S für mich nicht unbedingt das Scratcher-Ass, aber auf jeden Fall ein System, das bei minimaler Auflagekraft einen definierten und warmen Sound und einen amtlichen DJ-Workflow gewährleistet und das bei einem Preis, den man wohl gut verschmerzen kann.

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FAZIT

Überraschenderweise entpuppt sich der Q.Bert-S von Ortofon nicht wie erwartet als das ultimative System für Turntablists und Scratch-DJs, sondern eher als sehr solider Tonabnehmer für Mix- und Club-DJs. Dafür sprechen der hohe Ausgangspegel und der ausgewogene Gesamtsound, auch wenn die Basswiedergabe vielleicht nicht die ist, die ich erwartet hatte. In Sachen Mixing wird dieser Tonabnehmer den Anforderungen absolut gerecht. Schon bei der Minimalauflagekraft ergibt sich ein praxistauglicher DJ-Workflow. Falls der Schwerpunkt allerdings auf Scratching und Turntablism liegt, bietet der Markt günstigere Alternativen, wie z.B. Ortofons Concorde S-120.
Ich kann somit den Q.Bert-S allen Einsteigern und Profis empfehlen, die sich zu den Mix- und Club-DJs zählen und auf einen warmen und ausgewogenen Sound stehen. Auch audiophile Anwender sollten durchaus einen Blick riskieren. 

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Features/ Technische Daten
  • Bauart Komplett-Tonabnehmer mit SME-Bajonettverschluss
  • Ausgangsspannung 11 mV
  • Kanalbalance >1,5 dB
  • Kanaltrennung >22 dB
  • Frequenzgang 20 – 18.000 Hz
  • Nadeltyp Spherical
  • Auflagekraftbereich 2,0 – 4,0 g (20 – 40 mN)
  • Auflagekraft 3,0 g (30 mN)
  • Gleichspannungswiderstand 1.680 Ohm
  • Interne Induktion 920 mH
  • Lastwiderstand empfohlen 47 kOhm
  • Belastungskapazität empfohlen 200 – 400 pF
  • Tonabnehmergewicht 18,5 g
  • Ersatzstylus Q.Bert S
  • Preis 123,00 Euro UVP
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