„Fünf Jahre auf dem Buckel und frischer denn je“ geht es mir durch den Kopf, als Traktor Scratch Pro 2 in der Testredaktion eintrifft – mitsamt dem Audio-10-Interface, einer überarbeiteten grafischen Benutzeroberfläche und neuen Features. Seit dem Release im Frühjahr hat die Berliner Software bereits das dritte Codelifting in Form von Bugfixes, Performance-Updates und Zusatzfunktionen verpasst bekommen. Zeit für Bonedo, dem DVS-Giganten auf den Zahn zu fühlen.
Bevor wir uns ins Programm stürzen, möchte ich zunächst positiv festhalten, dass Native Instruments den Funktionsumfang aufstockt, ohne die Preisschraube weiter nach oben zu drehen. Denn Traktor Scratch Pro 2 schlägt wie das vorausgegangene Bundle mit einer UVP von 599 Euro im Fachhandel auf. Doppeldecker Scratch Duo pendelt sich wie gehabt bei 349 Euro UVP ein. Sicherlich ist dies kein Taschengeld und im Handel sind bereits digitale Vinyl-Systeme für knapp die Hälfte der Kohle zu erstehen. Doch die DJ-Zugmaschine ist zumindest das preiswerteste Produkt in der Timecode gesteuerten Profiliga. Dort hat auch Konkurrent Serato seine Pakete erst kürzlich einer Frischzellenkur unterzogen und schickt sie mit neuen RANE-Interfaces ins Rennen. Nämlich SL2 (UVP 499 – Test hier) und SL4 (UVP 1099 – Test hier). Der Kampf um den Thron im DVS-Olymp erbrennt von Neuem. Und dies erfreut die Redaktion, denn Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, was letztlich dem Anwender zugute kommt.
Anzeige
DETAILS
„Traktor Scratch Pro“ – das bedeutet traditionell Vollausstattung. Also erstmal tief im Karton gewühlt, der sich im Übrigen optisch kaum von seinem Vorgänger unterscheidet. Er fördert so ziemlich alle Utensilien ans Tageslicht, die man benötigt, um seine Turntables, den Mixer und den Laptop ins Geschehen einzubinden und abzurocken. Im Detail sind dies: eine hybride Windows-Mac-Installations-Disc, je zwei Timecode-CDs und Timecode-Vinyls, das Audio-10-Interface mit externem Netzteil und Adapterstücken, sechs Stereo-Cinch-Kabel und ein Bogen Aufkleber. Ferner ein Faltblatt mit Tastatur-Shortcuts für deutsche und amerikanische Layouts sowie ein fünfsprachiges Benutzerhandbuch und ein 10 Dollar Gutschein (entspricht etwa drei Songs) für den Online-Shop Beatport.
Audio-Interface
Das Audio-10 Interface sitzt in einem robusten Aluminiumrahmen, dessen Oberfläche von einem harten, durchsichtigen Kunststoff gegen äußere Schadeneinwirkungen geschützt wird. Sämtliche Anschlussbuchsen sitzen fest im Gehäuse. Das Spreekind ist sehr solide und sauber verarbeitet und vermittelt einen widerstandsfähigen Gesamteindruck. Ich hege keine Zweifel, dass es wie sein Vorgänger dem rauen DJ-Alltag standhält. Apropos Vorgänger: Stellt man das Audio 8 daneben, fällt sofort auf, dass unser Kandidat ein wenig in die Breite gegangen ist. Wie es der Name schon andeutet, hat er um zwei Ausgänge zugelegt und ist daher mit 950 Gramm bei Maßen von 45 x 192 x 144 mm geringfügig schwerer ausgefallen. Im Zuge des Re-Designs erfolgten einige Änderungen hinsichtlich der Auslegung und Anordnung mancher Schnittstellen sowie der Signalflussanzeigen auf der Oberfläche.
Der Hauptkanal 1/2 befindet sich nun an der Frontseite neben dem regelbaren Mikrofoneingang, welcher sich nicht mehr im XLR-Format präsentiert, sondern als 6,3 Millimeter-Klinkenbuchse. Nach vorn gewandert sind ebenfalls die Standard-MIDI-I/O-Buchsen. Im DJ-Controller-Segment verlieren sie durch das USB-MIDI-Protokoll zwar zunehmend an Relevanz, werden dennoch zurecht von Native Instruments weiterhin implementiert. Das ist leider bei Konkurrenzprodukten nicht immer der Fall. Apfel-Jockeys (bis auf das 2700 Euro Spitzenmodell haben MacBooks lediglich zwei USB-Ports verbaut), die bei Verwendung eines Audio-10 mit einem Kontrol-X1 und einer NI-Maschine ansonsten bereits ein USB-HUB nutzen müssen, können ein Lied davon singen. Deejays, die mit einem Faderfox Baureihe-Zwei (kein USB-MIDI) durch die Clubs ziehen, sind sicherlich ebenfalls dankbar.
Man stelle sich vor: Gerade wurde ein fetter Einkauf neuer MP3-Tracks getätigt. Und dummerweise ist gerade einer dieser Tage, wo es draußen wieder einmal schüttet wie Sau und man keine Lust hat, mit dem Rad oder den Öffentlichen ins Studio oder den Proberaum zu fahren. Nee, man möchte sich lieber im heimischen, stillen Kämmerlein vergraben und ohne viel Aufhebens, gemütlich am Schreibtisch, bei einer schönen Tasse Tee dem frischen Tongut lauschen. Oder vielleicht ein paar Mixe testen oder eine Playliste vorbereiten – sei es mit oder ohne Controller. Ist es da nicht klasse, wenn das mobile Audio-Interface einen Ausgang für den Kopfhörer besitzt (was ja leider nicht die Regel in der DVS-Oberliga darstellt)? Was mich angeht: Ich finde das klasse. Standardmäßig liegt hier beim Audio-10 das Signal des ersten Kanals an. Direktes Input-Monitoring der vorderseitigen Eingänge ist ebenfalls gestattet, selbst ohne Trecker- oder USB-Verbindung.
Sämtliche Taster am Audio-10 sind etwas größer geraten als am 2006-er Modell und die neuerdings gummierten, geriffelten Potikappen zeigen sich griffiger als ihre konischen glatten Vorgänger. Eine Suche nach dem Button für den Input-Modus von Channel A und B (Timecode-/Vinyl-/CD-Phono, Software-Lock) kann ich mir sparen. Er fiel dem Rotstift zum Opfer und die nötigen Einstellungen sind nun über das Softwarepanel zu setzen. Das macht Sinn, denn um den Vollzugriff auf alle Einzelkanäle zu gewährleisten, wären vier separate Taster (für gemischte CD/TT-Setups) nötig. Ob man die wirklich am Gerät haben will, sei mal dahingestellt.
Digitale Ausgänge gibt es nach wie vor nicht. Dafür haben die Berliner ihrem jüngsten Spross sage und schreibe vier Phono-Preamps mit auf den Weg gegeben. Bestimmt auch ein Grund, warum eine USB-Stromspeisung nicht mehr möglich ist, sondern das externe Netzteil zur Pflichtverbindung gehört.
Die Rückseite ist sehr stringent aufgebaut, weil sämtliche für das DVS relevante I/Os klassisch nebeneinander geparkt sind. Schön. Ein Fingerzeig Pro-Turntable! Neben dem USB- und Netzteil-Anschluss finden wir am Backpanel noch einen Kabelhalter und eine Erdungsschraube – was ich als etwas knapp bemessen finde, will man tatsächlich vier Plattenspieler anschließen.
Unten drunter bleibt es bei vier Gummi-Stoßfängern, kommen wir also zur Oberflächengestaltung. Neben den obligatorischen Lämpchen für USB und Power gibt es Licht für ein- und ausgehende Signalströme (Mikrofon, Main, A, B, C, D), die Through-Funktion (Phono/Line) und die Monitoring-Quelle. Sämtliche LEDs sind nun deutlich größer und heller ausgefallen. Sie schalten auf rot, wenn der DJ übersteuert, blinken aber nicht mehr separat für die einzelnen Monokanäle, sondern mit einem Summenlämpchen. Dies erschwert ein wenig die Fehlersuche, weil man sonst auf einen Blick erkennen konnte, ob ein Kabelstrang abgeraucht ist. Doch wozu haben wir zwei Ohren mit auf die Reise durch die digitale DJ-Landschaft mitbekommen. Schade ist es zudem um die Pegelmeter-Anzeige für das Mikrofon.
Software
Damit der Trecker ans Laufen kommt, gilt es zunächst das mitgelieferte TSP2 von CD zu installieren, über das Service-Center zu aktivieren und dann mit dem Download-Update 2.03 überzubügeln, welches mächtige 377,5 MB durch die Glasfaser-Leitungen pumpt. Umständlich, dass der Käufer seine Seriennummer nicht online registrieren, den Download ausführen und den ersten Installationsprozess einsparen kann.
Bevor der Mac mit dem Kopiervorgang beginnt, darf ich festlegen, ob ich aktualisierte Hardwaretreiber für potentiell vorhandene, relevante NI-Gerätschaften gleich mit auf die Platte schaufeln will. Das ist eine echte Erleichterung gegenüber den Einzelinstallationen. Unsere Test-Mac nimmt die ganze Rutsche und landet bei 758,6 MB notwendigem freien Festplattenspeicher. Der Installationsprozess dauert genau eine Kaffeepause lang. Bis gleich
Was haben wir auf unseren Testsystemen nicht schon alles bei Software-Upgrades und Updates erlebt – bis hin zu physisch gelöschten Audiodateien beim Abbruch eines Aktualisierungsvorganges. Mal sehen, wie es hier so läuft.
Bei der Erstinstallation fragt Traktor höflich, ob es eine Kopie der Benutzerdateien anlegen darf. Grundsätzlich keine schlechte Idee. Settings, Playlisten, Stripes, Transients, History und die bestehende Musikbibliothek werden dabei kopiert und können zum Teil unmittelbar verwendet werden. Allerdings bleiben somit bei jedem kleineren Update Moorleichen zurück, die es dann manuell zu löschen gilt. Warum? Weil jedes Mal ein neuer Ordner (2.01/2.02/2.03 usw.) angelegt wird. Ein Vorteil: Entscheidet sich der DJ gegen die Kopie, hat er sozusagen einen sauberen Benutzerordner. Potentielle Änderungen in Traktor Pro 2 sind nicht mehr rückwärts kompatibel zu Traktor Pro 1. Aber wofür kauft man sich denn schließlich ein Upgrade? Um das alte Programm zu ersetzen.
Der Setup-Wizard ist ein wirklich praktischer Gefährte, vor allem wenn der DJ mit unterschiedlichen Setups im Club, im Studio oder im viel zitierten Bedroom arbeitet. Und wenn das eigene Equipment aus nativ unterstützten Produkten besteht. Dazu gehört Natives hauseigene Steuer- und Audio-Palette, aber auch DJ-Controller und zertifizierte Mixer von Drittherstellern wie Allen & Heath, Pioneer, Denon, Numark oder Vestax. Mit wenigen Klicks steht die Konfiguration. Wer unterschiedliche Aufbauten benutzt, speichert seine Präferenzen in eine tsi-Datei und lädt sie bei Bedarf über die Import-Funktion in den Preferences. Die nachfolgende Grafik zeigt, was ihr dabei alles exportieren könnt.
Nach zehn Jahren Traktor-Observierung bin ich nach wie vor froh, dass die Entwickler auch in dieser Fassung am grundsätzlichen Layout festhalten und dieses in punkto Kontrast und Übersichtlichkeit erneut zulegen konnte. Abgesehen von der Implementierung neuer Zugpferde (mehrfarbige Wellenformen, Sampledecks, Loop-Recorder) gibt es einige kosmetische Änderungen. So wurde beispielsweise der Info-Button durch den Autopiloten, respektive Cruise-Mode ersetzt und dort, wo sonst die Master-Sektion zu finden war, zeigt sich der besagte Loop-Recorder. Aus diesem Grunde wandern Master, Cue und Cuemix, die ja hauptsächlich für Controller-DJs relevant sind, auf die Höhe des Crossfaders (rechts).
Bei den Deck-Ansichten sind zu den Modi Full, Mini und Advanced noch Small und Micro dazugekommen. Zudem kann der DJ zur Beobachtung des Steuer-Vinyl-Signals neben den Timecode-Messer (Scope) und dem rotierenden Teller (Platter) jetzt auch lediglich den kleinen Seitenstreifen aus dem Scope anzeigen lassen – was aber lange nicht so genau ist wie die Kreisanzeige. Ähnlich wie bei Serato Itch sind mit Tempo- und Beat-Sync zwei unterschiedliche Synchronisations-Methoden implementiert. Tempo bringt die BPM auf den gleichen Wert, Beat legt zusätzlich noch die Takte übereinander (Auto-Sync dehnt oder staucht jetzt über volle 100 Prozent). Über die neue Form der Wahlfreiheit werden sich Beatjuggler und Scratcher sicherlich besonders freuen. Automatische Beat-Synchronisation ist selbstverständlich nicht jedermanns Sache. Doch auch, wer seine Songs manuell einpitcht, hat durch das Phasenmeter und die BPM-Anzeige Anhaltspunkte, die ihn schnell auf die Zielgerade bringen. Am Ende bleibt etwas mehr Zeit für die Trackauswahl, Effekte oder ein Schwätzchen in der Kanzel.
Tempobezogenes
Hatte der DJ bei TSP1 fünf verschiedene Pitch-Auflösungen zur Auswahl, protzt der Nachfolger mit satten 14 Stufen. Die kleinste Einheit ist nicht mehr bei Turntable typischen acht Prozent angesetzt, sondern es geht bereits bei zwei Prozent los. Dann folgen vier, sechs, acht und so weiter. Grazilen Tempoanpassungen steht von dieser Seite also nichts im Weg. Aber:
Der angezeigte BPM-Wert springt oder sagen wir besser er zittert zeitweise im Hundertstel BPM-Bereich, was ich nicht als problematisch empfinde, da ich persönlich bei Verwendung eines DVS-Systems nach Gehör mische und die BPM vielleicht als Näherungswert nutze. Auf den letzten Metern werden die Lauscher aufgestellt, genau hingehört und das Ding reingemacht. Dabei stört mich das BPM-Geflacker nicht wirklich. Wem es jedoch auf die Augen schlägt, der kann die Anzeige auf Stable-BPM umstellen (Preferences -> Decks -> Deck Heading -> Top Row -> Stable BPM) und erhält fortan den Mittelwert aus dem letzten Zeitintervall. Im Forum hat es ein wenig Wirbel um die rasende BPM-Anzeige gegeben, weil die Stable-BPM den Nutzern von Scratch Duo nicht zur Verfügung stehen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Zudem bringt das neue Update etwas Ruhe in den Tempomaten.
Einige Änderungen finden sich auch in den Preferences wieder, etwa in den Audio-Settings oder im Routing. Dazu kommen auch gänzlich neue Einträge, zum Beispiel für den Loop-Recorder oder ein Samples-Verzeichnis. Die Produkte Kontrol S1 und X1 lassen sich ebenfalls auf zwei separaten Seiten kalibrieren und konfigurieren. Für den X1 hält ein automatisches Sample-Deck-Mapping Einzug, welches allerdings (noch) auf die Decks C/D limitiert ist. Ein alleiniger sechzehnfacher Sample-Marathon mit zwei X1-Geräten und Synchronisation zur Master-Clock ist aktuell noch nicht möglich. Wir warten also ab.
Schön, dass sich Native Instruments endlich dazu durchringen konnten, den M3U-Export inklusive Copy-Funktion zu implementieren. Damit ist es nun etwas einfacher, eine Titelfolge in ein anderes Programm zu übernehmen, wie etwa iTunes und somit natürlich auch den iPod. Yeah. Importiert man die Liste in ein anderes DJ-Programm, bleiben vorhandene Tags wie BPM erhalten. Allerdings ist es natürlich nötig, eine Analyse für Peak und Beatgrid-Daten durchzuführen. Etwas schade finde ich, dass nach wie vor lediglich Ogg-Vorbis Streaming an einen Broadcast-Server möglich ist, sodass auf diesem (oder auf dem Laptop selbst) noch ein zusätzlicher Stream-Transcoder laufen muss. Zeit für etwas Praxis.
Anzeige
PRAXIS
Im Praxistest kommen zwei unterschiedliche Rechner-Architekturen zum Einsatz. Laptop eins ist ein Core i3-Marke Lenovo, Nummer zwei ist ein 2009-er MacBook. Für den direkten Vergleich muss das Audio 8 als Referenz herhalten. Ich muss gestehen, nachdem ich heute (28.07) auf der Serato Website gelesen habe, dass es erhebliche Probleme mit Rane, Scratch Live und MacOSX Lion gibt, bin ich wirklich gespannt darauf, wie sich die Traktor-Kompatibilität für Apfel-Jünger nach der Umstellung auf das neue Betriebssystem darstellt. Laut NI gibt es zum Testzeitpunkt Abstürze bei 64-Bit-Programmen und -Plug-ins. Da Traktor aber ein 32-Bitter ist, sollten diese Probleme nicht auftreten. Ich denke, mein Produktivsystem wird dennoch mindestens bis zum Jahreswechsel mit 10.6 arbeiten. Kabelsalat
Schon beim Verkabeln gibt es einen großen Unterschied zum A8. Statt der dick ummantelten Multicores kommen nun Cinch-Kabel zum Einsatz. Das A10 verfügt nämlich über eine Through-Funktion.
Die guten Seiten: Für den Praxisablauf bedeutet dies zunächst erstmal weniger Gewicht in der Tasche, weil Standard-Strippen einfach weniger wiegen. Die Kosten für Ersatzleitungen (Multicore: 29 Euro für zwei Decks) fallen zudem sogar drastisch. Beim Anstöpseln im Club bleiben die Phono-Anschlüsse am Mischpult frei. Auch gilt es zu bedenken, dass viele aktuelle Club-Mixer nicht mehr über vier Phono-Kanäle verfügen. Zumindest waren an meinen letzten Test-Modellen von Pioneer oder Denon beispielsweise maximal drei Entzerr-Vorverstärker integriert. Über den Line-In lassen sich dennoch vier Signale einspielen – auch Schallplatten.
Der Nachteil an dieser Lösung: Die Schutzisolierung gängiger Kabel ist dünner als die der Multicores. Auch ist es nicht mehr möglich, wie am A8 durch simples Umlegen eines Switch direkt am Mischpult auf den Phono-Eingang zu schalten. Zum Mixen einer CD oder Schallplatte ist der Griff zur Maus und ein Ausflug ins Software-Control-Panel unabdingbar. Das ist sicherlich nicht jedermanns Ding, aber für mich persönlich spielt das ehrlich gesagt nicht so eine große Rolle. Der nicht als MP3 erhältliche Schallplatten-Bestand (im Übrigen der Großteil der Sammlung) ist zwar nicht komplett digitalisiert worden und wird es wohl in absehbarer Zeit auch nicht – besondere Schätzchen haben jedoch den Schritt ins digitale Zeitalter vollzogen. Ein Gemischtbetrieb liegt kaum noch vor. Für meinen Kollegen Dave, der sein Set mit Disco Rare-Vinyls und MP3-Dateien spielt, mag dies etwas anders sein. Aber auch nur auf den ersten Blick, denn für ihn ist es nicht erforderlich, mit Sampledecks, Softwaredecks und einem Turntable-Quartett am Set aufzulaufen. Ihm reichen genrebedingt zwei Phonos und zwei MP3-Decks. Also eigentlich alles in Butter.
Wird das Interface erstmalig angeschlossen, schaltet es automatisch auf Through (2x Phono, 2x Line). Diese Einstellung ist bei Bedarf im Kontroll-Panel zu ändern. Das Konfigurationsprogramm bietet einen abschließbaren Start-up-Mode, indem sich für jeden der vier Einzelkanäle festlegen lässt, ob Audio-Through bei erneutem Anschluss aktiviert sein soll. Und falls ja, welche Vorverstärkerstufe (CD oder Phono) zum Einsatz kommt. Oder ob stattdessen die Trägersignale von Timecode-CDs/Vinyls anliegen. Zum Start-up gesellt sich eine zweite Einstellungsseite für den aktuellen Status quo.
Im Clubeinsatz kann der DJ also in aller Seelenruhe Kanal nach Kanal, respektive Turntable nach Turntable anstöpseln. Später, wenn der Laptop eingeschaltet ist und das eigene Set gestartet wird, schaltet er die benötigten Channels um. Schade ist in diesem Zusammenhang vielleicht, dass es nach wie vor nur einen USB-Anschluss am Interface gibt und nicht wie am RANE SL4 gleich zwei. Gerade für nachfolgende DJs oder Battles wäre es eine interessante Option zum doppelten Interface, zum Scratch zertifizierten Vierkanal-Mixer oder zur Patchbay. Aber im Grunde benötigt jeder DJ natürlich ein eigenes Interface. Klang
Der Sound an den Ausgängen ist transparent und macht ordentlich Druck. Die 24 Bit A/D- Wandler leisten ganze Arbeit, was sich in einem authentischen Klang, zum Beispiel bei den Phono-Preamps wiederspiegelt. Der Mikrofonvorverstärker zeigt ein sehr geringes Eingangsrauschen und klingt natürlich. Unterm Strich kann ich dem Audio10 einen ausgezeichneten Sound attestieren, dem sich der clubtaugliche, laute, zerrfreie und glasklare Kopfhörer-Ausgang anschließt. Auch wenn es minimale Abweichungen in den technischen Spezifikationen gibt: Was nun die Qualität im Vergleich zum Vormodell angeht, konnte ich auf den Monitoren mit bloßem Ohr keinen prägnanten Unterschied zwischen den beiden Geräten festzustellen.
Latenz
Etwas anders sah das beim Thema Verzögerungszeiten aus. Unser Traktor-System wurde mit je zwei „normalen“ Timecode gesteuerten DVS-Decks und zwei Sample-Decks konfiguriert. Da meine lokale Musikbibliothek in 44,1 kHz oder 48 kHz vorliegt, habe ich mir den Test mit 88 bzw. 96 kHz geschenkt.
Los ging’s mit den Core-Treibern von NI auf der niedrigsten Stufe bei 64 Samples. Die Gesamtlatenz bei 44 kHz beträgt dann 3,5 ms (1,5 Millisekunden Processing – 2 Millisekunden Output), bei 48 kHz sind es 3,3 Millisekunden (1,3 Millisekunden Processing, 2 Millisekunden Output). Zum Vergleich zeigt die Audio 8 im ersten Fall 6,6 Sekunden an, im zweiten Fall 7,7 Sekunden. Wobei dort die Ausgangslatenz mit 5,3 und 6,2 Millisekunden ausschlaggebend für die signifikant erhöhte Verzögerungszeit ist. Hier kann ich auch gleich das erste Highlight vermerken, denn ich brauche die A10 auf dem MacBook nicht „heraufzustufen“. Die Session läuft störfrei, keine Spur von Knacksen. Auf dem PC wurden die gleichen Einstellungen vorgenommen, was bei 64 Samples unter Verwendung der aktuellen NI ASIO-Treiber zu einer Gesamtlatenz von 5,9 ms bei 44 kHz (1,5 Millisekunden und 4,4 Millisekunden) und bei 48 kHz zu 5,7 ms führte (1,3 Millisekunden und 4,4 Millisekunden). Von Audio-Aussetzern weit und breit nichts zu hören.
Vinyl-Feeling und CPU-Last
Das Vinyl-Feeling ist nicht nur wegen der Platten auf dem Teller, sondern viel mehr auch wegen der vorhin angesprochenen geringen Verzögerungszeit als täuschend echt zu bewerten. Sowohl sehr schnelle, also auch sehr langsame Bewegungen werden von der Software korrekt interpretiert. Die Aktualisierung des Pitch geschieht in gefühlten Sekundenbruchteilen. Um einzuschätzen, wie ressourcenschonend (oder auch nicht) die Programmierer ans Werk gegangen sind, haben wir der CPU ordentlich was zu futtern gegeben. Zwei Decks mit Synchronisation und Key-Correction, zwei Sampledecks mit je vier beladenen Slots, zwei Effekt-Einheiten und der Loop-Recorder sollten den Trecker in die Knie zwingen. Erstaunlicherweise zeigte sich die Auslastungsanzeige ziemlich unbeeindruckt von meinen Aktionen. Lediglich beim ersten Aufruf einer Funktion, wie etwa dem Loop-Recorder, gab es für ein Mikro-Sekündchen Ausschlag nach rot, um dann wieder kaum wahrnehmbar und grün ganz am linken Ende der Skala zu verharren.
Analysator
Für die Analyse (BPM, Wellenform, Transienten) von knapp 3500 Titeln auf dem Mac benötigte Traktor etwa sieben Stunden. Gerade bei durchgängigen elektronischen Beats ist die Berechnung ziemlich zuverlässig. Bei einigen Teilnehmern aus den Stilrichtungen Hip-Hop, Rock oder Latino – wie der Test mit dem West Street Mob oder Jorge Ben zeigte – prognostizierte der Beatcounter eine doppelt so hohe Geschwindigkeit, wie sie tatsächlich vorlag. Nichts Neues, aber störend, müssen doch die „über 140 oder unter 80 BPM“ Songs einem erneuten Check unterzogen werden, was in meinem Fall schließlich für ein richtiges Resultat sorgte. Wer Titel spielt, die in sich über die Laufzeit unterschiedliche Tempi aufweisen, ist es wahrscheinlich gewohnt, seine Songs manuell zu „gridden“, also Obacht beim Update und der Neuanalyse. Effekte
Die Effekt-Sektionen sind auf 32 Vertreter in maximal vier Effekteinheiten angewachsen, die im Gruppen-Modus mit einem regelbaren Parameter oder im Solo-Modus mit drei steuerbaren Attributen arbeiten können. Neu hinzu gekommen sind Tape Delay, Ramp Delay, Bouncer und Auto Bouncer. Mit Update 2.03 wurden das Ramp-Delay und das Tape-Delay noch einmal überarbeitet. Und so klingen die Neuankömmlinge:
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Tape DelayRamp DelayBouncerAuto Bouncer
Die softwareseitige Audio Through-Funktion in der Bedienoberfläche nennt sich nun Live-Input. Zugeführte Signale können durch die Mangel der Effekt-Sektionen und Equalizer gedreht werden. Allerdings baut Traktor im Gegensatz zu manchem Mitbewerber keine Wellenformübersicht für das eingespielte Signal auf. Kontrol X1 an Sampledecks
Der Traktor Kontrol X1 hat ein natives Mapping für die Sampledecks spendiert bekommen. Das müssen wir natürlich antesten. Im Vorfeld sollte erwähnt werden, dass Traktor mit Native Instruments Konsolen über das proprietäre NHL-Protokoll kommuniziert, welches Daten nominal 30 mal schneller als MIDI überträgt. Dabei übernimmt der X1 folgende Funktionen.
Die untere Hälfte: Sollten noch keine Soundschnipsel in die Sample-Slots geladen sein, lassen sich diese mit einem Tastendruck auf einen Button der linken Controller-Spalte befüllen, und zwar in der voreingestellten Länge des übergelagerten Decks (Shift-Funktion: Löschen). So entnommene Samples haben daher eine maximale Länge von 32 Beats. Der zweite Button triggert das Sample an (Shift-Funktion: Select). Die Potis steuern Slot-Filter, die zugehörigen Buttons schalten das Kombifilter ein. Der nachfolgende Encoder ist für die Lautstärke (Shift: Gain) des rechten oder linken Kollektivs verantwortlich, der nächste fungiert als Sample-Cutter, respektive zum Einstellen der Sample-Länge (Shift: Bend und Sync). Ich muss sagen, damit lässt sich ziemlich intuitiv arbeiten, allerdings vermisse ich die Möglichkeit, die Lautstärke der Plätze einzeln anzupassen. Auch gefallen mir, was die Sample-Schleuderei angeht, MASCHINE oder S4 mit ihren größeren Schaltflächen etwas besser. Zudem passierte es mir im Test einmal, dass ich den X1 im Software-Setup rekalibrieren musste, weil die beiden Encoder auf der rechten Seite ausgestiegen waren. Seltsam. Links war nämlich alles tutti. Im DVS-Verbund macht der X1 neben dem Mischer dennoch eine gute Figur und garantiert für einen intuitiven Workflow. Loop-Recorder Der Loop-Recorder zeichnet Audioschnipsel (auch Overdubs) mit einer Länge von 4, 8, 16 oder 32 Takten auf, die über den Size-Regler einzustellen sind. Record, Play und Del(ete) starten die selbsterklärenden Vorgänge. Das Lautstärkenverhältnis zwischen Sample und Master bestimmt der Dry-Wet-Regler. Per Drag-Drop lässt sich der Zyklus in einen Sample-Slot befördern.
Der Loop-Recorder ist unter Traktor Scratch Pro am externen Mischer etwas anders einzusetzen, als beispielsweise am S4 im internen Mixing-Mode, wo der beschallende Protagonist eine Aufnahmequelle frei definieren kann (Main, Cue, External, Aux). Statt dessen muss der Schleifen-Toaster mit einem Eingangssignal verschaltet werden, das er aus dem Output des Mixers bezieht. In der Regel wird dies der Record-Out sein, da Master und Monitor ja schon mit der Haupt- und der Kanzelanlage verbunden sind. Von diesem Record-Out geht es in die vorderen Eingänge des A10. In den Traktor-Preferences ist der Eingang Input-FX-Send (EXT) entsprechend auf die Kanäle 1-2 zu routen. Nun zeichnet der Loop-Recorder das Master-Signal auf. Besonders praktisch sind unter diesem Aspekt Mischpulte, an denen sich Einzelkanäle über den Monitorweg selektiv ausspielen lassen – doch diese Option hat mein DJM-600 nicht zu bieten. Besonders viel Spaß kommt zudem auf, wenn noch ein Effektgerät wie das Kaoss-Pad 3 zwischen Mixer und Interface sitzt. So lassen sich noch ein paar fette Delays oder Filter-Sweeps für das Publikum ungehört in die Aufzeichnung integrieren und dann zum richtigen Zeitpunkt auf den Dancefloor schmettern. Wer kann’s gebrauchen?
Digital Heart, Vinyl Soul, so steht es noch immer auf dem Karton. Und das bedeutet in erster Linie, die digitale Musiksammlung auf traditionelle Weise mit einem Plattenspieler zu steuern. Einige, aber bei Weitem nicht alle Deejays, belassen es dabei. Sie meiden Autosync, wie der Vampir das Tageslicht. Tempo und Beatmatching ist keine Frage von Analyseergebnissen, sondern Sache des geschulten Gehörs. Sie verzichten auch weitgehend auf Effekte und Loops. Zur Übersichtlichkeit würden sie vielleicht sagen, die runderneuerte Optik und die neuen Deck-Ansichten sind durchaus als Mehrwert anzusehen, aber für sie nicht gerade ein Muss. Wer sich hier angesprochen fühlt, der kann meiner Meinung nach getrost auf das nächste Versions-Upgrade warten, sofern er mit seiner aktuellen Fassung (wahrscheinlich 1.2.7) zufrieden ist, denn da wird sich naturgemäß nicht mehr viel tun. Kosten: 0 Euro
Es gibt aber auch viele Timecode-User, die sich einen zusätzlichen Controller angelegt haben, sei es um einen gelegentlichen Loop zu setzen, mit Cue-Punkten zu hantieren oder die Effekt-Racks natürlich zu dirigieren. Meist gleichen sie die Titel manuell an, und wenn alles rund läuft, geht’s ans Waffenarsenal. Für sie werden wahrscheinlich auch der Sampleplayer und der Loop-Recorder willkommene Arbeitswerkzeuge darstellen. Allerdings sind je nach Kontrollkonsole neue Mappings erforderlich, die zum eigenen Workflow passen. Das Update für alle Scratch-Vorversionen kostet 69 Euro. Ein durchaus vertretbarer Preis.
Deck-Wizards, die mit mehr als zwei analogen Tellern spielen wollen, profitieren von vier Phono-Eingängen, brauchen dafür aber die neue A-10 Hardware. Sie ist einzeln für 399 Euro zu erstehen. Da zum Interface und Software-Update auch ein paar zusätzliche Steuermedien in Betracht gezogen werden müssen (je UVP 19 Euro), ist im Einzelfall abzuwägen, ob es nicht gleich das komplette Paket für 599 Euro sein soll. Das Crossgrade für Besitzer eines „Certified-Mixers“ zwackt im Übrigen 299 Euro vom Budget ab.
Tja, und dann sind da noch diejenigen, die ohne ausgewachsene Loop-Attacken, Effektgewitter und Samplefeuerwerke in tiefste manische Depressionen verfallen und das (Poly-) Vinyl (-Chlorid) lediglich in Form von weich gemachtem Fußbodenbelag kennen. Sie wären vielleicht mit Traktor Pro 2 (Test hier) und einem Full-Range-Controller wie dem S4 (Test hier) ebenfalls gut beraten.
Anzeige
FAZIT
Traktor Scratch Pro 2, das bedeutet DVS-Feeling und Remix-Action auf sehr hohem Niveau. Native Instruments kombiniert Performance und Kreativität mit neuer Hardware und modernen Software-Features und erzeugt so ein betriebssicheres, stimmiges Komplettpaket für Profis und ambitionierte Einsteiger.
Mit der neuen Fassung halten unterschiedliche Sync-Methoden, beatsynchrone Sampledecks, ein Loop-Recorder, neue Mappings und eine runderneuerte, schlanke und kontraststarke Optik mit mehrfarbigen Wellenformen Einzug. Trotzdem läuft das Programm sehr ressourcenschonend und störfrei auf niedrigsten Latenz-Einstellungen. Damit der Sound adäquat in die PA gelangt, haben sich die Berliner ihre Hardware ebenfalls zur Brust genommen und legen das Audio-10 Interface ins Paket. Es trumpft mit glasklarem, druckvollen Sound, 10 Stereo-Audio-Kanälen, 4 Phono-Eingängen, MIDI-Buchsen, runderneuerter stringenter Schnittstellenverteilung, großen hellen Clipping-LEDs und einer USB-losgelösten Through-Funktion. Zudem versüßen viele kleinere Feature-Upgrades, wie m3u-Unterstützung oder frische Effekte den potentiellen Wechsel zur neuen Version. Was mir für eine 5-Sterne-Bewertung unter anderem fehlt: Fürs Interface würde ich mir digitale Ausgänge und eine weitere Erdungsschraube wünschen. In der Software wäre zum einen ein Redesign des MIDI-Editors langsam an der Zeit. Auch eine Multifile-Analyse auf Multi-Core-Rechnern täte den nächtlichen Berechnungsprozessen gut. Ferner sehe ich im nächsten Upgrade gern eine Stapel-Ansicht für die Wellenformen, eine MP3-Stream Option und eine nahtlose Maschine-Integration – am besten als Maschine-Deck (das geht jetzt natürlich nicht in die Wertung ein). Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in absehbarer Zeit noch einiges vom Programmierer-Team erwarten dürfen. Deejays, die ohne Samples, Loops und FX arbeiten, können vielleicht noch eine Versions-Runde warten, wer knallharte Track-Verwurstung betreibt, sollte den brandaktuellen Trecker unbedingt Probe fahren. Traktor Scratch Pro 2 ist ein konsequent auf intuitive Mix-Sessions ausgelegtes, stabiles und modernes DJ-Programm, das ich Deejays mit Hang zur Live-Verwurstung digitaler Audiodateien wärmstens empfehlen kann. It’s hot…and vinyl…and soul.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.