Millenia Twin Direct TD-1 Test

DETAILS

Der Twin-Direct 1 ist ein Preamp im Halbrackformat, das heißt, zwei davon nebeneinander füllen eine Rackbreite aus, die Höhe entspricht zwei Höheneinheiten oder kurz 2 HE. Der Oberbegriff zum TD-1 ist Twin-Topology®, was nichts anderes bedeutet, als dass er wahlweise mit den zwei Vorstufentypen Röhre oder Halbleiter arbeitet. Dies sollte man wissen, wenn man sich den Aufbau des Gerätes betrachtet. Jede Menge Knöpfe, LEDs und Schalter sind zu sehen, die Rückseite ist von einer großen Zahl XLR- und Klinkenbuchsen förmlich übersät und jeder freie Zentimeter wird zur Unterbringung der zahllosen Features genutzt. Frei nach dem Motto: so viele Optionen wie möglich auf so wenig Raum wie nötig.

Die Front:
Schick, schwarz und in Hochglanz mit weißer Beschriftung bietet sie trotz reichhaltiger Bevölkerung einen sortierten Überblick über die Funktionen.

Fotostrecke: 2 Bilder Frontpanel – links

Eingänge:

  1. Klinke: Instrument & Speaker Input – dieser Eingang besitzt eine Doppelfunktion als Instrumenteneingang und als Eingang für das Signal einer Endstufe, zum Beispiel eines Bassverstärkers parallel zu einer angeschlossenen Box.
  2. XLR Line & Reamp Input (mehr hierzu später)

Schalter:
Alle Schalter auf dem Frontpanel sind Druckschalter, die bei Inbetriebnahme farbig leuchten. Die jeweilige Farbe ist hier jeweils am Zeilenende in Klammern angegeben.

  1. 470 K – Instrument Input Impedanzwahl „low“ (grün)
  2. 2 M Ohm – Instrument Input Impedanzwahl „medium“ (rot)
  3. Beide Impedanzschalter inaktiv bedeutet, dass der TD-1 Eingang mit 10 M Ohm „high“ ausgerichtet ist.
  4. PAD -20 dB – globale Eingangspegelabsenkung um -20 dB (grün)
  5. +48 V Phantom – aktiviert die Phantomspeisung am MIC IN Eingang auf der Rückseite (rot)
  6. Input Groundlift ISO – zur Behebung von Brummschleifen am Eingang (gelb). Diese Groundliftfunktion am Input sollte nur aktiviert werden, wenn die am rückseitigen Ausgang erfolglos verläuft. Der TD-1 verfügt über Groundliftoptionen für Netzteil, Eingangssektion und Ausgangstransformator.
  7. Polarity Reverse – zur Phasenumkehrung des Eingangssignales an allen Eingängen (gelb)
  8. Speaker Soak – aktiviert die Speaker Soak Funktion am Klinken-Instrument/Speaker Input (grün). Wenn ein Verstärker mit parallel angeschlossener Box an den TD-1 angeschlossen wird, dann MUSS dieser Schalter zur Absenkung der Signalstärke aktiviert sein, da es sonst durch den hohen Ausgangspegel der angeschlossenen Endstufe zu Schäden am TD-1 kommen kann.
  9. EQ In – aktiviert/deaktiviert global beide parametrischen EQs gemeinsam, allerdings ist jeder EQ auch einzeln schaltbar (rot)
  10. TT (TwinTopology) – schaltet wahlweise zwischen Röhren- (Tube, 1 x 12AT7 Röhre) und Transistorschaltkreis (FET) (gelb)
  11. Input Select – Wahlschalter zwischen Instrumenten-Klinkeneingang und XLR-Line/Mic Inputs (gelb)
  12. LF IN – aktiviert den parametrischen EQ für die Frequenzbereiche 20Hz bis 2,5kHz, vorausgesetzt der globale EQ IN Schalter ist aktiv (rot)
  13. LF IN x 10 – erhöht die Frequenzen des Regelbereichs vom LF-EQ um das Zehnfache, also von 20 Hz bis 250 Hz auf 200 Hz bis 2,5 kHz (gelb)
  14. HF IN – aktiviert den parametrischen EQ für die Frequenzbereiche 250 Hz bis 25 kHz, vorausgesetzt der globale EQ IN Schalter ist aktiv (rot)
  15. HF IN x 10 – erhöht die Frequenzen des Regelbereichs vom HF-EQ um das Zehnfache, also von 250 Hz bis 2,5 kHz auf 2,5 kHz bis 25 kHz (gelb)

Regler:

  1. Gain – regelt die Ausgangslautstärke bis zu +65 dB oder +45 dB am Line-Input
  2. Parametric EQ Low Frequency Control – wählt die Centerfrequenz von 20 Hz bis 2,5kHz
  3. Q – regelt die Bandbreite der Nachbarfrequenzen zur eingestellten Frequenz

Nach diesem schon sehr ergiebigen Ausflug über die Vorderseite geht es nicht minder turbulent auf der Rückseite zu:

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Eingänge:
1.    Mic In – Symmetrischer HV-3 XLR-Mikrofoneingang, der den gleichen Mic-Preamp verwendet wie der Line-Eingang auf der Vorderseite, jedoch auf Mikrofonpegel ausgerichtet ist. Für Linesignale im Mixdown oder auch Masteringprozess wird der Line-Eingang an der Vorderseite empfohlen.

Ausgänge:
1.    Balanced Line Out XLR – in der Sektion “Balanced Outputs” (600 Ohm)  der symmetrische Ausgang mit maximalem Outputlevel +32dBu via XLR
2.    Balanced Line Out Klinke – in der Sektion “Balanced Outputs” (600 Ohm) der symmetrische Ausgang mit maximalem Outputlevel +32dBu via Stereoklinke
3.    Unbalanced Line Out XLR – in der Sektion “Unbalanced Outputs” (600 Ohm) der unsymmetrische Ausgang mit maximalem Outputlevel +26dBu via XLR
4.    Unbalanced Line Out Klinke – in der Sektion “Unbalanced Outputs” (600 Ohm) der unsymmetrische Ausgang mit maximalem Outputlevel +26dBu via Monoklinke
5.    Balanced XFMR Out XLR – von Millennia selbst entwickelter Trafo-symmetrierter, galvanisch getrennter, symmetrischer XLR-Ausgang mit Mic-Level Output (ca. 150 Ohm) mit eigenem Groundlift-Schalter
6.    Direct Out Klinke – Monoklinkenausgang, quasi ein „Direct Thru“.  Hier wird das Originalsignal, das an der Instrumentenklinkenbuchse der Vorderseite anliegt, unbearbeitet weitergegeben. Wahlweise kann man aber im Inneren des TD-1 mithilfe eines Minischalters (Jumper) bestimmen, ob das Signal an diesem Ausgang vorher doch durch die Vorstufe gehen soll.
7.    Phones Out – Kopfhörerausgang, der laut Hersteller für Sennheiser HD-600 optimiert wurde, jedoch für alle Kopfhörermodelle geeignet ist. Die Kopfhörerlautstärke ist über ein kleines Trimpoti regulierbar.
8.    Reamp Out 1 – ein speziell von Millennia entwickelter Übertrager, der an die Bedürfnisse eines Gitarrenverstärker-Eingangs angepasst ist und die Soundeigenschaft eines Gitarrentonabnehmers emuliert, hier speziell eines Stratocaster Singlecoils.
9.    Reamp Out 2 – auch der zweite Übertrager ist an einen Gitarrenverstärker-Eingang angepasst und emuliert die Soundeigenschaft eines Gitarrentonabnehmers, hier speziell eines Les Paul Humbuckers. Dieser Ausgang soll auch für die meisten Bassanforderungen funktionieren.

Zum Thema Reamping:
Der Hintergrund für die Entwicklung von zwei derart spezialisierten Ausgängen an einer D.I. Box liegt in bestimmten Studioanforderungen. Oftmals besteht nach abgeschlossener Aufnahme die Notwendigkeit, weiter an einer Gitarren- oder Bass-Spur zu arbeiten. Die direkte Ausgangsimpedanz einer Bandmaschine, eines Digital/Analogwandlers oder ähnlichem ist um etwa einhundert Mal geringer als die eines passiven Tonabnehmers. Schickt man nun aber das auf Speichermedium vorhandene Gitarren/Bass-Signal zurück in einen Verstärker, um es erneut zu bearbeiten und aufzunehmen, klingt der Verstärker anders als mit einer direkt angeschlossenen Gitarre. Die Re-Ampfunktion des TD-1 „gaukelt“ dem Verstärker nun vor, es wieder mit einem passiven Tonabnehmer zu tun zu haben. Laut Millennia sind weitere Emulationen für den Re-Amping Sektor in Entwicklung, vor allem auch Emulationen wie Jazz- und Precisionbass.

Schalter:
1.    Earth Lift – dieser Schalter hebt im Falle von auftretenden Brummschleifen die internen Netz-und Audio-Erdverbindungen auf. Die Verbindung zwischen Erde und Gehäuse bleibt jedoch jederzeit erhalten. Auch wenn ich mich wiederhole: Die Erdverbindung zwischen Netz und Gehäuse darf niemals abgekoppelt werden, zum Beispiel durch Abkleben der Schutzleiter am Netzstecker.  
2.    XFMR Output GND Lift – wie schon erwähnt der Groundschalter für den per Transformator symmetrierten Ausgang.
3.    Netzschalter mit Sicherung und Netzbuchse

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Zum Thema Ground Lift:
Das Thema Erdung sorgt immer wieder für Missverständnisse. Das Phänomen der berüchtigten Brummschleife entsteht nicht zwangsläufig durch das simultane Vorhandensein mehrerer Erdverbindungen, sondern durch Kapazitätsunterschiede zwischen diesen Verbindungen. Haben Stromkreise beispielsweise Kabel oder Kabelwege mit unterschiedlichen Kapazitäten oder Widerständen, dann wirken sich diese Unterschiede als hörbares Brummen aus. Ursachen dafür sind auch Stromschwankungen an Veranstaltungsorten, Unverträglichkeiten zwischen den unterschiedlichen Konstruktionen von Audioequipment und mehr.  

Das totale Aufheben einer von beispielsweise zwei simultanen Erdverbindungen kann zwar das Brummen eliminieren, aber klebt man einen der Erdleiter ab, trennt man die Erdverbindung bereits vor dem betreffenden Gerät und nicht erst – wie im Falle einer internen Erdaufhebung – danach. Tritt jetzt ein Kurzschluss auf, kann der Strom nicht mehr über die Schutzleitung abfließen und sucht sich seinen Weg über das unisolierte Gehäuse. Berührt man dieses Gehäuse oder hat Kontakt über beispielsweise ein angeschlossenes Gitarrenkabel, so wirkt der menschliche Körper wie eine neue Erdverbindung und der Strom fließt ungehindert durch ihn in den Boden, was in der Regel fatale Folgen hat.

Spricht man von Ground-Lift, sind stets nur Masseverbindungen hinter dem Netzteil und zwischen den Audioverbindungen gemeint, nie jedoch direkt zwischen Netzteil/Gehäuse und Stromkreis.
Millennia bietet im TD-1 sage und schreibe fünf Optionen zum Thema Ground-Lift. Möglichkeit Nummer Eins sorgt für die Aufhebung aller internen Masseverbindungen, die Input Sektion bietet die zweite Groundliftoption, der per Transformator galvanisch getrennte XLR Out die dritte und dessen Groundliftschalter die vierte.

Als letzte Variante kann man innerhalb des TD-1 nach Entfernung der Deckplatte an einem Minischalter (Jumper) die Option „resistive + capacitive isolation, when input ground lift switch is selected“ auswählen. Während bei der Ground-Lift Funktion die Masseleitungen aufgehoben werden, erfolgt bei der Erd-Isolation keine 100%ige Trennung, sondern eine Minimierung durch in Reihe geschaltete passive Elemente zwischen den Verbindungen. Dadurch wird zwar noch Massefluss an den Verbindungen erkannt, dennoch sind sie quasi isoliert. Diese letzte Option kann gezogen werden, wenn bei schwierigen Fällen und allen vorher angewandten Mitteln immer noch Brummen zu hören sein sollte.

Sonstiges:
1.    Phones Level – kleines Poti, nur zugänglich mit Schraubenzieher, zur Regulierung der Kopfhörerlautstärke
2.    gelbe LED “Power” – zeigt den Betriebszustand An/Aus
3.    grüne LED “SP” – zeigt an, dass ein Audiosignal mit mindestens -25dBu anliegt.
4.    rote LED “OL” – zeigt an, dass ein Audiosignal am symmetrischen XLR Ausgang +26dBu übersteigt. Das bedeutet nicht, dass das Signal übersteuert oder clippt, denn der TD-1 hat ein Ausgangslevel von +32dBu und verfügt daher über den doppelten Headroom bis zum Clipping. Die rote LED darf also im Idealfall bei maximalen Pegelspitzen aufleuchten.

Im Lieferumfang enthalten ist ein Tragegriff, der wahlweise oben oder an der Seite montiert werden kann. Will man den TD-1 ohne Rack transportieren, empfiehlt sich die Anbringung des Griffes schon alleine wegen des Gewichts von stattlichen sieben Kilos.

Wichtig zu wissen ist auch, dass nicht alle Eingänge über die gleichen Schaltkreise laufen:

•    Der Instrument/Speaker Eingang läuft über die TT-Schaltung und wahlweise den Röhren- oder Transistor FET-Schaltkreis.
•    Der MIC IN Eingang auf der Rückseite läuft über den HV-3 Mikrofonverstärker mit bis zu +65 dB Gain.
•    Der Line Input läuft über einen symmetrierten Empfänger mit +45 dB.

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