Fällt der Markenname Line 6, dann erscheinen vor dem geistigen Auge der meisten von uns solche Produkte wie der erste digitale Modeling-Gitarrenamp AxSys 212, der 1996 für Aufsehen sorgte. Modeling-Verstärker haben seit dieser Zeit einen großen Teil besonders des Gitarrenverstärker-Marktes erobert. Sie bieten die Möglichkeit, die wichtigsten Parameter verschiedener Verstärker und damit deren Klang möglichst originalgetreu digital nachzubilden, von der Lautsprecherbestückung bis hin zur Positionierung der Mikrofone. Ein Jahr später war es der legendäre POD, der die Arbeit des Gitarristen im Studio auf eine neue Stufe stellte und bis heute in immer wieder verbesserten Ausführungen eine einzigartige Karriere hingelegt hat. Standen zuerst Gitarristen im Fokus des kalifornischen Herstellers, brachte der Bass-POD 2000 auch die Tiefton-Fraktion ins Spiel.
Die aktuelle LowDown-Serie bietet Bassisten eine umfangreiche Palette an Bassverstärkern vom 15 Watt Übungsamp über den 400 Watt Combo bis hin zum 750 Watt starken Topteil – allesamt in traditioneller Line6-Manier mit der Simulation verschiedener populärer Amp-Modelle ausgestattet. Ist es bei größeren Amps noch vorstellbar, dass höhere Leistung und größere Lautsprecher die Nachbildung verschiedener klassischer Vorbilder zulassen, steht über kleinen Übungsverstärkern zumindest theoretisch ein Fragezeichen. Wenig Masse, kleiner Lautsprecher und bescheidene Leistung – und trotzdem ein ausgewachsener Bass-Sound? Genau aus diesem Grund haben wir den kleinsten Spross der LowDown-Familie, den LD15, zum bonedo-Test eingeladen. Kann dieser kleine, preiswerte Übungscombo mit seinen 15 Watt und 8-Zoll-Speaker tatsächlich überzeugen?
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AUSSTATTUNG
Es gibt eine goldene Regel: Ein Einsteiger- und Übungscombo sollte das Konto nicht zu sehr belasten, einfach zu bedienen sein und möglichst kompakte Abmessungen haben. Letzteres bestätigt der Blick aufs Maßband. Mit 25,4 x 40,64 x 50,8 Zentimeter findet der LD15 Platz in der kleinsten Hütte und ist dabei mit zehn Kilo auch nicht sonderlich schwer. Somit wäre das erste Drittel der Aufgabe schon erfüllt, und mit einem empfohlenen Verkaufspreis von gerade einmal 150 Euro gestaltet sich auch die Belastung des normalerweise knappen Musikerbudgets recht entspannt – auch in diesem Punkt kann man also Vollzug melden.
Und auch was der Kleine sonst zu bieten hat, kann sich sehen lassen. Das Bedienfeld des LD15 zeigt sich sehr übersichtlich. Vier Soundpresets lassen sich mit den Tastern „Clean“, „R&B“, „Rock“ und „Grind“ aufrufen. Pate für die digital modellierten Grundsounds des Amps standen vier Klassiker: Ein Eden Traveler für den cleanen Part, ein Ampeg Portaflex B15 bedient die R&B Abteilung, ein Ampeg SVT rockt und ein Sansamp PSA-1 mit SVT steht für Grind. Die Grundcharakteristiken der vier Presets unterscheiden sich recht deutlich voneinander. Jedes Preset besteht aus dem jeweiligen Modell und einem festgelegten EQ-Setting, wobei sich die Sounds mittels Vierband-EQ in den Höhen, Hochmitten, Tiefmitten und Bässe individuell anpassen lassen. Die Arbeitsweise des EQs orientiert sich dabei an dem des jeweils gemodelten Originals. Durch längeres Halten der Preset-Taster können die Werkspresets durch eigene Settings überschrieben werden. Aber keine Sorge: Natürlich hat man die Möglichkeit, jederzeit wieder zu den Werkseinstellungen zurückzukehren und von dort aus neu zu beginnen.
Auch Freunde von Suchspielen kommen beim LD15 auf ihre Kosten. Neben den vier Presets kommt der Amp nämlich mit einem „versteckten“ Zusatzsound. Hält man die beiden Taster Clean und R&B gleichzeitig gedrückt und schaltet den Amp ein, wird das Clean-Modell durch die Simulation eines 1968er Marshall Super Bass ersetzt. Das Ergebnis ist ein mittigerer Sound, der früher in die Sättigung fährt und so typische Rock-Basslines der End-Sechziger und frühen Siebziger unterstützt.
Das alles sorgt schon für eine große Soundvielfalt, die mit den Möglichkeiten der Effektabteilung allerdings noch erheblich zunimmt.
Mit dem Smart-FX Drehregler werden die drei digitalen Simulationen eines TC Electronic Chorus, eines EBS Octabass und des legendären Electro Harmonics Q-Tron aktiviert und kontrolliert. Es kann jeweils auf einen Effekt zurückgegriffen werden. Der Regelweg teilt sich in drei Sektionen ein, von denen jede für einen der drei Effekte verantwortlich zeichnet. Komplett abgedreht bleibt der Sound effektfrei. Dreht man den Regler im Uhrzeigersinn, steuert man zunächst den Filter, im zweiten Drittel den Oktaver und im letzten die Intensität des Chorus.
Für die auf einem LA-2A Modell basierende Kompression gibt es eine eigene Sektion. Diese besteht aus einem Poti zum Regeln der Stärke der Signalkomprimierung sowie einer Threshold-LED, die das Eingreifen des Kompressors anzeigt.
Wer gerne zu seinen Lieblings-Tracks jammt, wird den Miniklinken-Eingang zum Anschluss eines MP3-Players zu schätzen wissen. Das externe Signal wird dabei selbstverständlich nicht über die Effekte oder den EQ geschickt. Die Klinkenbuchse daneben fungiert als Kopfhöreranschluss und als Record-Out, wobei in beiden Fällen der Lautsprecher automatisch stummgeschaltet wird. Komplettiert wird die Front des LD15 durch den Masterregler zur Kontrolle der Endlautstärke und den Driveregler, mit dem sich der Sound übersteuern lässt. Bei null geht es clean zur Sache, das Drehen im Uhrzeigersinn sorgt für eine stetig wachsende Verzerrung.
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PRAXIS
Ich war wirklich erstaunt über die Lautstärke, die der LD15 trotz seiner geringen Abmessungen produziert. Dank der wirklich gelungenen digitalen Simulationen klingt der Amp wesentlich größer, als er tatsächlich ist, nicht so dünn und schwachbrüstig wie viele andere Combos dieser Größenordnung. Wunder darf man natürlich nicht erwarten, aber für moderate Proben ohne Schlagzeug oder für das Üben zu Hause reicht es allemal. Und platziert man den Amp dann auch noch in einer Ecke des Raumes, wie in der Bedienungsanleitung beschrieben, kann man durchaus noch einiges an Bassfundament rauskitzeln. Über die Ähnlichkeit der Ampsimulationen mit den Originalen, vor allem den SVT Presets „Rock“ und „Grind“, kann man sich streiten. Die Presets sind aber auf jeden Fall gute Soundvarianten, die schnell abgerufen werden können, ohne dass sämtliche Regler bedient werden müssen. Die jeweilige Anpassung des Sounds an den eigenen Geschmack mithilfe des EQs oder der Effekte und der anschließenden Abspeicherung geht dann wirklich ruckzuck.
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Preset CleanPreset Ru0026BPreset Rock
Besonders beindruckend fand ich die Qualität der Effekte; vor allem der Oktaver und der Chorus klingen sehr gut und sind den Vorbildern TC Chorus und EBS Oktaver sehr ähnlich. Das Tracking des Oktavers ist tadellos, vergleichbar mit teuren Bodentretern.
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Preset Ru0026B Drive, Oktaver
Mit dem Filter hatte ich so meine Probleme, gerade bei extremen Einstellungen bearbeitet er Frequenzen, die den Sound für meinen Geschmack sehr aufdringlich machen. Er reagiert auch erst bei relativ kräftigem Anschlag, eine niedrigere Schwelle würde den Umgang mit ihm erheblich angenehmer machen. Der Kompressor macht aber wieder einiges gut. Man kann damit nicht nur den kleinen 8“ Lautsprecher vor Überlastung schützen, der Sound profitiert auch in angenehmer Weise von der weichen, transparenten Kompression. Seine Dosierung ist dank der Threshold-LED wirklich ein Kinderspiel.
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FAZIT Kurzum: Der LD15 überrascht mit einer für seine Größe beeindruckenden Lautstärke und einem erwachsenen, runden und voluminösen Klang, und keines seiner zahlreichen Features, die er an Bord hat, ist überflüssig oder gar qualitativ minderwertig. Im Gegenteil: Was Line6 seinem Kleinsten an Effekten und Tonbearbeitungsmöglichkeiten mit auf den Weg gegeben hat, ist sinnvoll und absolut praxisorientiert. Dazu kommen sehr gute Presets, die individuell anpassbar sind und dem Spieler jede Menge Einstell- und Schraubarbeit ersparen. Seine Eigenschaften und Ausstattungsmerkmale und nicht zuletzt sein günstiger Anschaffungspreis machen den LD15 nicht nur zur Top-Empfehlung für alle Einsteiger oder Bassisten, die einen Übungsamp für’s Wohnzimmer suchen, sondern auch zum ungekrönten Preis-Leistungsweltmeister
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