Die achtziger Jahre sind definitiv wieder en vogue. Man mag das in der Haar- und Hosenmode bedauern – in der Welt der Synthies sind Retro-Anleihen aber per se nichts Schlechtes. Inspiriert vom Zeitgeist hat auch Roland in seinem Backkatalog gewühlt und die Produktreihe des Juno wieder ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Die Anfang und Mitte der 80er sehr populären Analog-Synthies Juno-6 und -60 bekommen also späten Nachwuchs. Dabei verraten zunächst einmal nur der Name und das Design des aktuellen Juno-G seine Herkunft. Im Inneren hat sich doch Einiges getan seit damals. Nichts analog, vielmehr präsentiert Roland heute eine 128-stimmige Workstation für wenig Geld und mit wenig Kilos. Platzieren lässt sich der neue Juno zwischen Korg TR61 und Yamaha MO6 und hat dabei einige Specials, wie einen Audio-Sequenzer, mit an Bord.
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AUSSEN Ein echter Hingucker beim Leichtgewicht Juno-G ist das dezente Retro-Design: Schwarzes, gebürstetes Aluminium mit dunkelblauer und roter Schrift beweisen ein gewisses Stilbewusstsein bei Roland. Doch neben der Farbwahl wurde auch die klare Struktur der Juno-6 Oberfläche beibehalten. So sind die einzelnen Bedienelemente optisch grob in sechs Bereiche unterteilt: Ganz links befindet sich der D-Beam Controller, gefolgt von den Tastern zur Mode-Auswahl, dem Edit-Bereich, Display und den Controller-Bereichen für „Song Recorder“ und „Sound Modify“. Zwischen den Leuchten für den D-Beam Controller und den Mode-Anwahltasten befinden sich der Volumen-Regler und der exponierte Schalter für die V-Link Funktion (zur Steuerung von kompatiblen Videogeräten).
Unterhalb des mittigen Displays liegen die griffigen Funktionstaster, die neben der Auswahl der Instrumentenkategorie, auch jeweils die im Display angezeigten Funktionen anwählen können. Mit dem Value-Rad und den Cursor-Tasten rechts neben dem Display lassen sich die dort angezeigten Parameter anwählen und verändern. Im „Song Recorder“-Bereich warten, außer den Tastern zur Sequenzersteuerung, fünf Fader zur Lautstärkeregelung der Aufnahme und der Audiospuren. Ganz rechts schließlich sind sechs Drehpotis für die Envelope-Einstellungen (ADSR) plus Filter-Cutoff und Resonanz angeschraubt. Per Knopfdruck lässt sich deren Zuständigkeit zwischen Amp, Filter und LFO umschalten. Zur Illustrierung dieser Funktionen ist oberhalb der Potis eine Hüllkurve aufgemalt, was den Retro-Flair der frühen 80er Jahre unterstreicht, als sich die Synthies noch nicht zwischen Rechenmaschine und Musikinstrument entscheiden konnten.
Das Anschluss-Panel an der Rückseite bietet einen Kopfhörerausgang, zweimal Stereo-Out, Stereo-In mit Level-Regler, Control- und Haltepedal-Anschluss (alles 6,3mm Klinke), MIDI In/Out sowie einen USB-Anschluss und PC Card-Slot. Gehäuse und Controller machen einen sehr stabilen Eindruck, umso mehr verwundert es, dass die 61 ungewichteten Tasten ziemlich Keyboard-mäßig labbrig wirken. Hier wurde wohl etwas zuviel Wert auf Retro gelegt.
INNEN Grundsätzlich läuft der Juno in nur zwei Betriebsarten. Zum einen gibt es den Patch-Modus für einzelne Sounds (bei Roland typischerweise „Patches“ genannt), zum anderen den Performance-Modus für die Kombination von verschiedenen Patches. Der geneigte Leser wird nun Sequenzer und Sampler als Kategorien vermissen, doch Roland vereint diese Funktionen im Performance-Modus. Doch beginnen wir beim Ursprung allen Lebens – und das ist im Juno die PCM-Wellenform.
Ein bis zwei dieser Waveforms bilden einen so genannten Tone. Aus vier solcher Tones setzt sich schließlich ein Patch zusammen (Dabei wird klar, wofür die 128-stimmige Polyphonie gebraucht wird, wenn eine Taste bereits bis zu acht Stimmen, sprich Waveforms, verbraucht). Bereits in dieses vorgeburtliche Stadium der Sounds lässt sich natürlich eingreifen. So ist die Strukturierung und das Verhalten der Tones zueinander, an welcher Stelle beispielsweise ein Filter ansetzen soll, frei wählbar. Zur Soundbearbeitung stehen einem, neben Amp und Filter, zwei LFOs und natürlich Effekte zur Auswahl. Der Juno wartet mit vier Effektplätzen auf: Zwei Multi-Effekte (also diverses, auszuwählen aus 78 Angeboten), ein Chorus- und ein Hall-Effekt pro Patch sowie ein Kompressor als Mastering-Effekt. Patch-spezifisch einstellbar sind ebenfalls jeweils vier frei wählbare Modulations-Quellen und –Ziele. Alle Operationen kann man übrigens auch mit der mitgelieferten Software bequem am Rechner erledigen. Es lebe die Kommunikation der Maschinen! Das Design des Stand-Alone Editors ist mit den silbernen Schiebereglern ebenfalls sehr im Retro-Stil gehalten. Recht anschaulich sind dabei die angezeigten Wellenformen, die sich bei Bearbeitung entsprechend verändern. Auf die Übersichtlicheit des Editors, wenn es um Effekt-Routing oder EG-Einstellungen geht, möchte man sowieso schnell nicht mehr verzichten, gerade wenn man es pro Sound mit vier unterschiedlichen Tones zu tun hat.
Die Patches an sich sind in sechs Preset-Bänken (plus eine GM- und eine User-Bank) organisiert, wobei sich mit den Funktionstastern unterhalb des Displays die einzelnen Instrumentenkategorien anzeigen lassen. Editierte Patches lassen sich nur in der User-Bank oder auf einer Speicherkarte ablegen.
Das fehlende Zahlenfeld auf dem Bedienpanel macht ein direktes Anwählen der Sounds unmöglich. Man ist also auf Scrollen in Patch-Listen angewiesen. Erleichterung bringt da die Möglichkeit, eine Zugriffs-Liste der favorisierten Klänge im User-Speicher des Synthies zu erstellen. Zusätzlich kann man im so genannten „Live Setting“, einer Speicherbank ähnlich dem Master-Modus bei Yamaha, sowohl Patches, als auch Performances und Songs abspeichern. Die lassen sich dann im Live-Einsatz einfach durchklicken.
Doch was nützt einem die beste Organisation von Sounds, wenn diese nicht gut klingen? Kommen wir also zum Klang der Klänge.
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PRAXIS Der Juno-G klingt super. Für einen Synthie in dieser Preislage bietet er große Vielfalt und hohe Qualität. Die akustischen Sounds wie Bläser und Streicher erscheinen mir etwas weniger gelungen als beim Yamaha MO – doch ebenso wie dieser ist auch der Juno sehr gut mit Synthie-Sounds bestückt.
Vor allem die Anforderungen an Analog-Sounds werden reichlich abgedeckt – Lead- und Flächen-Klänge in Bestform. Auch die E-Piano Sparte klingt frisch und spielfertig. Einzig bei aufwändigeren Motion-Sounds wurde gespart – die sind, abgesehen von ein paar lebendigen Flächen, nicht vorhanden. In diesem Zusammenhang sei aber auf die Sounderweiterung via Wave Expansion Board hingewiesen. In der SRX-Serie bietet Roland aufwändige Soundkarten mit einzelnen Instrumentengruppen an. Damit lässt sich der Juno-G dann nach den Vorlieben des jeweiligen Users upgraden.
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Wind StringPerformance: Grand OrchestraPerformance: Close Zone
Wie bereits am Anfang erwähnt, laufen alle anderen Betriebsarten des Juno-G über den Performance-Modus. Mitgeliefert werden hier nur 64(!) Presets – den Rest muss man selber bauen. Es lassen sich dabei 16 Sounds über- und nebeneinander legen. An Effekten stehen einem drei frei wählbare sowie der Chorus- und Hall-Weg zur Verfügung. Damit kann man schon auskommen. Auch hier empfiehlt sich die Arbeit mit dem Softwareeditor, da hier ein übersichtliches, virtuelles Mischpult bereit steht und man schnell und intuitiv die verwendeten Klänge bearbeiten kann. Der Augenarzt wird einem die Alternative zum Synthie-Display ebenfalls danken.
Die verwendeten Patches lassen sich dann editieren, ohne den Modus wechseln zu müssen. Verwirrend ist dabei aber, dass man die editierten Sounds als Patches auf der User-Bank abspeichern muss, die Performance aber den alten Sound aus der Preset-Bank beibehält. Man muss dann also per Hand den neuen User-Sound anwählen und das Ganze erneut als Performance abspeichern. Ein mühsames Detail.
Per Song-Taste lässt sich in den Sequenzer wechseln. Hier kann man zwischen den Ansichten „Mixer-Oberfläche“ und „Spur-Anzeige“ wählen. Übersichtlich! Geboten werden einem 16 MIDI-Spuren, die sich branchenüblich aufnehmen, editieren und abspeichern lassen (letzteres im internen User-Speicher). Absolute Sahnehaube sind die vier integrierbaren Audiospuren, die sich neben den MIDI-Informationen aufzeichnen lassen. Diese können nach der Aufnahme auch zusammengelegt werden, so dass neue Audio-Tracks frei werden. Übrigens ist der interne Speicherplatz mit 4MB winzig, ein optional erhältliches Speichermodul von bis zu 512 MB also praktisch unumgänglich. Erwähnenswert ist weiterhin die Tempo-Elastizität, die es ermöglicht, das Audiomaterial verschiedenen Tempi anzugleichen. Da hat Roland mitgedacht! Aus den aufgenommen Audios lassen sich dann auch Samples schnitzen, was der Displaygröße entsprechend gut geht. Die Editiermöglichkeiten sind gleichwohl umfangreich. Neben Schneiden, Waschen und Föhnen, ist unter anderem Aufteilen eines Samples in Teilabschnitte und automatisches Berechnen des Sample-Tempos möglich. Via USB-Anschluss ist auch der direkte Datenaustausch mit dem Computer zu realisieren. Zum einen kann der Juno-G so AIFF/WAV-Dateien importieren, zum anderen lassen sich aufgenommene Samples am Rechner weiter verarbeiten.
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D-Beam Solosynth
Zu guter Letzt ist noch der Infrarot D Beam-Controller zu erwähnen. Ein wunderbares Spielzeug, das in der Bedienung einem Theremin ähnlich ist. Es lässt sich also per Handbewegung die Tonhöhe eines monophonen Synthesizers oder aber zuweisbare Modulationen eines Sounds steuern. Das macht auf der Bühne viel Spaß und eine Menge her.
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FAZIT Am Juno-G ist rein gar nichts auszusetzen. Schickes Design, kaum Gewicht, gute Soundqualität, Einbindung von Audios, Software-Editoren, Sounderweiterungsoptionen – eine lange Liste und alles Bestens! Einzig die Bedienung erscheint mir ein wenig kompliziert. Der Anfangsverdacht hat sich aber bestätigt: Bis auf den Namen ist beim Juno-G alles neu und up to date. Eine weitere Alternative im Workstation-Business. Wer also etwas Kleineres als den Yamaha MO6 und etwas Offeneres als den Korg TR61 bezüglich Audios und Sounderweiterungen sucht, findet dieses im Juno-G. Modelle mit umfangreicheren Tastaturen sind allerdings im Gegensatz zu den Konkurrenzprodukten nicht erhältlich. Was man bekommt, ist ein kleiner, extrem praktischer Allrounder für jedweden Alltag.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
gute Sounds
geringes Gewicht
Einbindung von Audios
optionale SRX Karten zur Erweiterung des internen Soundangebots
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