Mit der 2008 komplett überarbeiteten BTB Serie wendet sich Ibanez an all jene Bassisten, die sich bei ihrer Wahl vorzugsweise an Optik und Ausstattung von sogenannten „Boutique-Bässen“ orientieren. Deren Preise allerdings sprengen sehr oft den persönlichen Rahmen, sodass letztendlich doch ein Instrument von der Stange den Laden verlässt. Anders als die meist sehr aufwendig produzierenden Kleinserienhersteller verfügt Ibanez über die Größe und die Standorte, die eine preiswerte Fertigung ermöglichen. Der auf der Musikmesse 2009 vorgestellte BTB 775PB-CN ist ein solcher Kandidat, der zwar auch „von der Stange“ kommt, aber deutliche Boutique-Ambitionen mitbringt.
Ob das in Indonesien gefertigte Instrument, das bei uns schon für deutlich unter 800 Euro im Laden steht, nur Boutique-mäßig aussieht oder sich auch so anfühlt und klingt, das habe ich für euch herausgefunden.
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KONSTRUKTION
Der Korpus – Der BTB775 unterscheidet sich in der Wahl des Korpus- und Deckenholzes vom 2008er BTB575: Die beiden am durchgehenden Hals angesetzten Korpusteile sind aus Mahagoni gefertigt und die durch ein schwarzes Trennfurnier abgesetzte Decke aus sehr schön gemaserter Pappel – eine optisch sehr elegante Kombination.
Schade, dass der verwendete Lack relativ dick ist, sodass die Maserung nur bei direktem Licht optimal durchscheinen kann. Mit einer etwas dezenteren Lackierung würde der Bass sicher noch edler wirken. Natürlich ist das alles Geschmackssache und gegen die Qualität der Lackierung ist absolut nichts zu sagen: alles tipptopp.
Der Hals – Wie vielen seiner fünf- oder sechssaitigen Edelbasskollegen hat man auch dem BTB775 eine extralange 35‘‘ Mensur spendiert. Die Hersteller versprechen sich davon generell eine obertonreichere und somit besser definierte H-Saite.
Zusammengesetzt ist der durchgehende Hals aus drei Streifen Ahorn und zwei schmaleren Streifen Bubinga, was insgesamt eine sehr stabile Konstruktion verspricht, die der Saitenspannung problemlos trotzen und für eine schnelle Tonansprache sorgen sollte. Als Griffbrettholz wurde der Klassiker Palisander gewählt und mit 23,5 Bünden bestückt; 0,5 deshalb, weil der letzte Bund nur für die G- und D-Saite zuständig ist, was wohl in erster Linie optische Gründe hat. Ich würde allerdings einen funktionierenden Ton auf der A- und E-Saite der optisch sicherlich ansprechenden Variante vorziehen, denn man kann auf einem gesund konstruierten Bass wie dem BTB775 diese Töne auch sinnvoll einsetzen. Aber fairerweise sollte man auch anmerken, dass es die Mehrzahl der Bassisten kaum kümmern wird. Die relativ kleine, elegante Kopfplatte ist leicht nach hinten abgewinkelt und ebenfalls mit gemaserter Pappel beschichtet.
AUSSTATTUNG
Auch die schwarz-verchromte Metallhardware sieht edel aus und macht einen hochwertigen Eindruck. Besonders hervorzuheben sind die Monorail-Einzelstege. Der Haltepunkt für die Ball-Ends der Saiten liegt sehr tief im Korpus, was logischerweise den Saitendruck auf die Reiter erhöht und somit Sustain und Definition verbessert.
Andere Hersteller erreichen diesen Effekt, indem sie die Saiten durch den Korpus führen, was allerdings wegen der Fummelei beim Einfädeln mitunter recht lästig sein kann. Bei unserem Testkandidaten werden die Saiten einfach von oben eingeführt, eine ebenso elegante wie praktikable Lösung. Die montierten Stimmmechaniken sind geschlossen und funktionieren leichtgängig und präzise.
Elektronik – Bartolini ist der Pickup – und Elektronikausstatter zahlreicher teurer „Boutique-Bässe“ und liefert auch die Komponenten für den BTB775. Zwei MK2 Humbucker und eine aktive Elektronik mit 3-Band EQ, die von zwei 9-Volt-Batterien versorgt wird, sorgen für Abnahme und Aufbereitung des Tons. Die dazugehörigen Regelmöglichkeiten sind ein Volume-Poti, ein Überblendregler für die Pickups und jeweils ein Poti für Bässe, Mitten und Höhen mit Boost- und Cut-Funktion.
Passiv kann der Bass nicht betrieben werden, man sollte also immer einen Satz Ersatzbatterien im Gigbag haben. Zum hochwertigen Eindruck der Ausstattung trägt auch die Neutrik-Buchse mit Steckerverriegelung bei, ein Attribut, das auch etlichen Edelbässen in der Preisregion eines Kleinwagens gut zu Gesicht stehen würde.
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PRAXIS/SOUND
Ein Fünfsaiter mit 4,3 kg kann kaum als Leichtgewicht bezeichnet werden, es sei denn, die Pfunde sind so gut ausbalanciert wie beim BTB775. Die tiefen Töne sind trotz der 35“ Mensur mühelos zu erreichen und auch nach oben macht das tiefe Cutaway den Weg bis zum hohen G frei. Ibanez hat sich bei der BTB-Serie für Saitenabstände von stattlichen 19 mm an der Brücke entschieden – die günstige SR-Serie kommt zum Beispiel mit nur 16,5 mm aus. Zusammen mit dem mitteldicken D-Profil ergibt das zwar einen massigen, aber dennoch sehr gut beherrschbaren Hals, der sicherlich auch einiges zum gesunden Ton beitragen kann. Für meinen Geschmack war das Instrument nicht optimal eingestellt, aber aufgrund seiner sehr guten Bundierung und des schnurgeraden Halses mit wenigen Handgriffen an meine Bedürfnisse angepasst. Insgesamt kann ich dem BTB775 wirklich eine ausgezeichnete Handhabung und mühelose Bespielbarkeit attestieren.
Stellt sich nun die Frage, wie das Ganze klingt, aber schon unverstärkt zeigt der BTB775 die Richtung an. Schnelle Ansprache, ein gesundes, gleichförmiges Sustain und keinerlei Schwächen in Form von Deadspots stehen für die typischen Eigenschaften einer gelungenen Neck-Trough-Konstruktion. Auch am Verstärker präsentiert sich der Ibanez sehr ausgewogen. Die H-Saite klingt so, wie es für eine 35“ Mensur typisch sein sollte: Sie ist sehr offen und kippt nicht zu schnell in Obertöne um, hat also auch ausreichend Sustain. Bässe dieser Preisklasse zeigen gerade bei der H-Saite ihre Problemzone, weil sie oft extrem anders klingt als die restliche Bespannung. Anders beim BTB775, der seine tiefste Saite sehr gut ins Gesamtbild integriert und insgesamt einen modernen, „piano-string“-Grundsound liefert: transparent, offen, ausgewogen – wie man es von einer solchen Konstruktion auch erwartet – aber trotzdem kraftvoll. Die Frequenzen des 3-Band EQ sind alle eher tief platziert, genaue Werte konnte ich allerdings nicht in Erfahrung bringen. Am besten ausgewählt finde ich die Mittenfrequenz, die für ordentlich Punch sorgt und dem Sound mehr Charakter gibt. Dreht man das Höhenpoti auf, wird der Sound präsenter, fügt aber keine Sizzle-Marcus-Miller-Höhen hinzu, wie man das von einigen modernen aktiven Klangregelungen kennt. Insgesamt finde ich die Klangregelung sehr praxistauglich und geeignet, die Stärken des Basses zu unterstützen.
Weil Sound mit Worten immer schwer zu beschreiben ist, gibt es drei Samples mit verschiedenen Pickup – Einstellungen. Alle drei Beispiele sind mit neutraler EQ-Einstellung direkt ins Audiointerface eingespielt.
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FAZIT
Der Bass klingt nicht ganz so aufgeräumt und kultiviert wie mancher seiner Boutique-Kollegen, aber es ist durchaus beachtlich, was man hier für sein Geld bekommt. Die Materialien sind sehr hochwertig, die Verarbeitung wirklich erstklassig. Heraus kommt dabei ein flexibel einsetzbarer Bass, der sehr gut zu handhaben ist und auch optisch auf jeder Bühne eine gute Figur macht. Wer auf der Suche nach einem Allround – Bass in der Preisklasse zwischen 700 und 1000 Euro ist, der sollte ihn unbedingt anchecken!
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