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Ibanez AEG 10 NENT Test

Ausgeschlafene Produktionsmechanismen im fernen Osten machen es möglich, dass heutzutage preisgünstige Gitarren mit einem Qualitätsniveau angeboten werden, das sich vor nicht all zu langer Zeit nur Berufsmusiker oder Musiker mit etwas dickerem Geldbeute leisten konnten. Während alles um uns herum teuerer wird, ist der Preisverfall bei Instrumente offensichtlich. Grund genug, einmal über die Anschaffung einer akustischen Gitarre nachzudenken.


Sie ist Chinesin aus der Familie Ibanez und besticht durch ihr glänzendes Aussehen. Mit den Maßen 37,5-48,3 (BxL in cm) tritt ihr Body elegant, schlank und sportlich in Erscheinung. „Sie“ ist eine elektro-akustische Konzertgitarre mit dem Namen AEG 10 NENT. Der allerdings klingt eher wie die letzte Version eines Bügeleisens aus deutscher Produktion. Und zumindest ihr Preis erinnert an die Haupteigenschaft dieses Haushaltsgerätes: er ist tatsächlich extrem heiß! Ob diese Tatsache vielleicht auch mit der Qualität der Gitarre zu tun hat, das soll der folgende Test zeigen.

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DER KORPUS

 Kann dieser klein gewachsene Körper überhaupt einen vernünftigen Sound produzieren? Die Zarge ist mit 7,5 cm am Hals und 8,2 cm am Knopf wesentlich flacher als die Zarge einer „richtigen“ Konzertgitarre.

Ein rundlich geschwungener Cutaway vermindert zusätzlich das Gesamtvolumen des Korpus. Aber die Beantwortung dieser Frage stellen wir noch zurück. Denn zunächst wollen wir noch einen Augenblick die Schönheit der grazilen „Dame“ aus China würdigen. denn Boden und Zargen bestehen aus echtem Mahagoni. Beide Komponenten werden durch ein cremefarbenes Binding miteinander verbunden. Ein einfach gestalteter Zierspan trennt die spiegelbildlich gelegten Bodenplatten und korrespondiert mit der Farbe des Bindings. 

Die helle Decke besteht aus gesperrter Fichte – ein aus massiven Hölzern gebautes Instrument kann man zu diesem Preis offensichtlich nicht einmal in China fertigen. Genau wie der Boden wird auch die Decke durch besagtes Binding mit den beiden Zargen verbunden, und ein schwarzer Streifen verziert zusätzlich den Deckenrand. Eine kreisrunde Rosette aus bunten echten Abalone-Inlays begrenzt das Schallloch. Die Nylonsaiten werden mit dem „Holzblock“ des Saitenhalters aus einem Stück Palisander verschnürt und dann über eine einteilige Kunststoff-Stegeinlage geführt. IBANEZ vermarktet das sehr harte Material unter dem Namen Ivorex II. Der gesamte Korpus ist perfekt hochglänzend lackiert. Unterm Strich überrascht auch hier die solide Verarbeitung und die blendende Optik – und nicht  nur, weil man den Preis vor Augen hat.

DER HALS
Für den angeleimten Hals, der sehr schlank und rund daherkommt, wurde ebenfalls Mahagoni verwendet. Generell entspricht er dem einer Konzertgitarre, allerdings fällt er bei der AEG etwas schmaler aus. Der Halsfuß aus Mahagoni wurde angesetzt, bildet also keine geschlossene Einheit mit dem Hals. Er ist abgeflacht und ohne Ecken und Kanten, so dass die Greifhand nicht beeinträchtigt wird und man dem Instrument auch die höchsten Töne problemlos entlocken kann.

Der Halsansatz der AEG 10 NENT befindet sich am 14. Bund. Nanu? Ein sehr bemerkenswertes Zugeständnis! Offensichtlich hat Ibanez neben dem Steelstring Spieler auch den Elektrogitarristen auf der Zielgruppen-Liste.
Das Griffbrett aus recht grobporigem Palisander bietet Platz für 20 sauber eingesetzte und abgerichtete Bünde. Bundmarkierer gibt es auf dem Griffbrett keine. Stattdessen wurden kleine schwarze Dots aus Kunststoff am fünften, siebten, neunten und zwölften Bund auf der mit cremefarbenen Binding eingefassten Sichtkante des Griffbretts eingearbeitet. Die sechs Saiten laufen über einen sorgfältig gearbeiteten Sattel, der aus dem gleichen Material besteht wie der Steg: Ivorex II. Die Breite des Griffbretts am Sattel beträgt 4,6 cm – zum Vergleich: eine Konzertgitarre hat 5,3 cm. Am 14. Bund hat es eine Breite von 5,8 cm, die Mensur beträgt 645 mm, und mit Kopfplatte, Hals und Halsfuß sind alle drei Komponenten hochglänzend lackiert.

Der Halsstock aus Mahagoni ist angesetzt, und die gefensterte Kopfplatte präsentiert sich voll und ganz im Klassik-Look. Der polierten Oberfläche wurde ein hochglänzender Lack spendiert, und auf der Oberseite glänzt, aus echter Abalone gefertigt, das Logo der Firma IBANEZ. Die klassischen offenen Mechaniken sind vergoldet und mit feinen Verzierungen versehen. Auf jeder Seite der Kopfplatte wurden – ganz so, wie es Antonio de Torres, der Erfinder der modernen Konzertgitarre vorgibt – drei weiße Wirbel aus Kunststoff platziert, die präzise und fein arbeiten, so dass ein sauberes Stimmen gewährleistet wird.

ELEKTRONIK
Unter der Stegeinlage schlägt das elektro-akustische Herz der AEG 10 NENT: ein Fishman Piezo-Sonicore. Der Fishman Sonicore Piezo-Pickup sendet seine Signale an einen in der oberen Zarge geparkten SST-Pre-Amp, eine Eigenentwicklung von IBANEZ, die ohrenscheinlich perfekt auf den Sonicore abgestimmt wurde. Mit den beiden 1,5 V Batterien (Size AA), die im Batteriefach am Knopf untergebracht werden, geht der Pre-Amp überaus sparsam um.

Ein Schmankerl das (neben der Phase-Shift Taste) eventuellen Feedback-Resten sehr effizient den Garaus machen kann, ist der “Shape” Regler. Er bewirkt ähnlich der Loudness Regelung am Hifi-Verstärker ein stufenloses Anheben oder Absenken der unteren Frequenzen. Ansonsten lässt sich der Sound der Gitarre mit einem 3-Band EQ und dessen leichtgängigen und präzise agierenden Schiebe-Reglern beeinflussen.
Mit dem Volume-Drehknopf kann die Lautstärke “al Gusto” eingestellt werden.
Geht es ans Stimmen, ist ein separates Stimmgerät überflüssig: Mit einem Knopfdruck ist die Digitalanzeige eingeschaltet, und der integrierte Tuner verrichtet seine Arbeit zwar schlicht, aber zur Zufriedenheit. Ein weiteres Zusatz-Feature ist die alternativ zum Klinkenausgang angebotene XLR-Ausgangsbuchse, die das Einsatzgebiet der Gitarre zusätzlich vergrößert.

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KLANG UND SPIELPRAXIS
Die Gitarre liegt gut in der Hand und vermittelt im Sitzen wie im Stehen ein angenehmes Spielgefühl. Die Saitenlage ist ab Werk gut eingestellt und bietet vom Saitenanfang bis zum Saitenende ein angenehmes Handling.
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Und wie klingt sie nun? Auf diese Frage gibt es in der Tat zwei Antworten, eine gute und eine weniger gute. Zuerst die weniger gute: Der Nachteil der kompakten Bauweise tritt im rein akustischen Betrieb doch recht deutlich zu Tage, was – konzeptbedingt- natürlich nicht wirklich überrascht. Im direkten Vergleich mit einer “richtigen” Konzertgitarre kann der Natursound der AEG 10 einfach nicht mithalten. Klangvolumen und die dynamischen Verhältnisse sind nicht konkurrenzfähig. Besonders im Bassbereich gibt es große Defizite, und auch in den hohen Lagen gespielte Töne klingen stumpf und gehen ohne Sustain sang- und klanglos unter.

Audio Samples
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Short Romance Spanish Cadence

Und die gute Nachricht? Die AEG 10 NENT ist eine Live-Gitarre und möchte an ihren eigentlichen Intentionen gemessen werden. Der beste Freund dieser Gitarre ist ein Akustikverstärker, und mit einem solchen starken Partner an ihrer Seite kann die AEG 10 NENT dann auch viel teurere Konkurrentinnen herausfordern. Das reine Tonabnehmersignal ist von guter Qualität und mit Hilfe des EQ lässt sich ein schönes, differenziertes und transparentes Soundbild realisieren. Im Bass- und Mittenbereich klingt sie natürlich und voll, und auch im oberen Frequenzbereich  sind genügend Reserven vorhanden, um die Gitarre im Mix optimal positionieren zu können. Minimale Korrekturen reichen aus, wenn sich die akustischen Verhältnisse ändern sollten.
Störendes Piezoschmatzen im oberen Frequenzbereich –  wie bei so mancher piezo-befeuerten Steelstring – gibt es bei einer Nylongitarre nicht, da der Klang einer Nylonsaite hauptsächlich im Mittenbereich wirkt.

Audio-Info: EQ Position Bass: – 10 %, Middle + 5 %, Treble: linear, Shape: – 20%, Klinkenausgang (kein Mic)

Pro Tools System, Studio Hall, Kompressor, L2 Ultramaximizer

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FAZIT
Die AEG 10 NENT ist ein sehr gutes Einsteigermodell mit einem attraktiven Preis/Leistungsverhältnis. Konzeptbedingt ist der Natursound eher mäßig – verglichen mit den unzähligen unverstärkten Einsteigerinstrumenten schlägt sich die kleine AEG 10 NENT allerdings absolut achtbar. Wirklich bemerkenswert ist die mitgelieferte Elektronik, denn Fishman Sonicore und IBANEZ SST arbeiten gut zusammen, und auch unter Studiobedingungen macht das System einen sehr guten Eindruck. Für schnelle und wirklich gute Demo-Aufnahmen reicht es allemal.

Die Gitarre ist sehr gut verarbeitet, bietet eine gute Bespielbarkeit, und macht besonders in ihrer Paradedisziplin am Akustik-Amp eine gute Figur. Wird die AEG 10 NENT über einen guten Verstärker gespielt, dann zeigt sich sich von ihrer Schokoladenseite. Gitarristen, die eine elektro-akustische Nylonstring für die Bühne oder den Schnappschuss im Studio suchen, sollten sich unbedingt einmal auf die AEG 10 NENT einlassen. Nur einen  anderen Namen sollte man ihr verpassen. Wie wär´s mit … Lotusblume?

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Preis/Leistungsverhältnis
  • Starke Optik
  • Tonabnehmersystem
Contra
  • Natursound
Artikelbild
Ibanez AEG 10 NENT Test
Für 249,00€ bei
Technische Daten Ibanez AEG 10 NENT
  • Hersteller: Ibanez
  • Modell: AEG 10 NENT
  • Decke: laminierte Fichte
  • Boden und Zargen: Mahagoni
  • Hals und Kopf: Mahagoni
  • Brücke: Palisander
  • Griffbrett: Palisander
  • Bünde: 20
  • Sattelbreite: 46 mm
  • Mensur: 645 mm
  • Sattel und Steg: Kunststoff (Ivorex II)
  • Mechaniken: vergoldet
  • Pickup: Fishman Sonicore
  • Pre Amp: Ibanez SST
  • Farbe: natur
  • Zubehör: Gig Bag und Gurt
  • Preis: 337,00 EUR (UVP)
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Ultraviolet sagt:

#1 - 24.03.2016 um 16:15 Uhr

0

Wie heißt das Stück welches als "short romance" Beispieltrack erklingt? Beautiful!

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