Die amerikanische Soundschmiede Garritan ist seit vielen Jahren eine feste Größe auf dem Markt für Sample-Libraries. Vor allem das Garritan Personal Orchestra und die Piano-Libraries der Firma dürften vielen ein Begriff sein. Nutzer der Notations-Software Finale werden Garritans Orchestersounds kennen, die schon seit geraumer Zeit im Bundle mit Finale ausgeliefert werden. Nun gibt es mit Jazz & Big Band 3 eine Neuauflage der Big-Band-Library, die auf dem hauseigenen ARIA-Player läuft. Die knapp drei GB große Library enthält Samples von allen typischen Big-Band-Instrumenten. Wir haben nachgesehen, ob sich damit ein authentischer Sound realisieren lässt.
Während der Markt für Orchester-Samples mittlerweile eine große Auswahl an sehr hochwertigen Librarys bietet, ist das Angebot im Bereich der Big Band- und Jazz-Bläser-Samples bislang eher mau. Lediglich die Chris Hein Horns und die sehr teure Broadway Big Band Library von Fable Sounds befassen sich ausführlich mit dem Thema. Es besteht also durchaus Bedarf an weiteren Angeboten, zumal die Bläser-Samples der Orchesterlibrarys häufig kläglich versagen, wenn es darum geht, knackige Brass Sections zu simulieren. Garritan Jazz & Big Band 3 stellt nun eine weitere Alternative in diesem Bereich dar, und ist darüber hinaus mit knapp über 100 Euro ziemlich günstig. Wir testen, ob die Library in der Praxis hält, was sie verspricht.
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Details:
Installation und Autorisierung Garritan Jazz & Big Band 3 ist als Download oder auch auf DVD erhältlich. Der ARIA-Player läuft Standalone oder als VST-, AU- oder RTAS-Plug-In in einer geeigneten Host-Software auf PC und Mac. Die Installation ist unkompliziert und verläuft ohne Überraschungen. Auch die Auslagerung der knapp drei GB großen Library auf eine andere Festplatte ist kein Problem. Man sollte sich jedoch vor der Installation überlegen, wo man sie ablegen möchte, denn ein nachträgliches Verschieben erfordert einen manuellen Eingriff in die Preferences-Textdatei, damit der Player die Sounds wieder findet. Das ist für Ungeübte etwas umständlich und wurde von anderen Herstellern schon deutlich eleganter gelöst.
Nachdem man auf der Website des Herstellers einen Account eingerichtet und die Seriennummer registriert hat, erhält man eine virtuelle Keycard. Das ist eine personalisierte Grafikdatei, die wie eine Kreditkarte aussieht. Diese zieht man einfach auf die Standalone-Version des ARIA-Players, und die Library ist autorisiert. Laut Garritan funktioniert die Autorisierung auf bis zu vier Rechnern.
Das zusammen mit der Library installierte englische PDF-Handbuch ist sehr ausführlich und lässt kaum Fragen offen. Neben einer reinen Funktionsbeschreibung der Software enthält es auch einen lesenswerten Abschnitt zur Geschichte des Jazz und der typischen Instrumente, verfasst vom Jazzbassisten Chuck Israels. Der ARIA-Player Wie viele größere Hersteller von Sample-Librarys hat auch Garritan einen eigenen Sample-Player entwickelt, der speziell auf die Bedürfnisse der eigenen Librarys zugeschnitten ist. Die Software hört auf den Namen ARIA. Es handelt sich dabei um ein virtuelles, 16-fach multi-timbrales Soundmodul.
Im oberen Bereich des Players befinden sich 16 Slots, die über ein Popup-Menü mit Sounds gefüllt werden können. Außerdem kann man in diesem Bereich Anpassungen des Tunings vornehmen und den Slots Einzelausgänge und MIDI-Kanäle zuweisen. Dieser Bereich ist immer sichtbar, sodass immer deutlich ist, welcher Sound in welchen Slot geladen ist.
Der mittlere Bereich dient unterschiedlichen Aufgaben. Über die Reiter am rechten Rand des Players kann man zwischen vier verschiedenen Ansichten wählen.
In der Mixer-Ansicht befindet sich hier ein einfaches Mischpult, das neben Fader, Pan sowie Mute- und Solo-Knöpfen pro Kanal auch einen Send-Regler besitzt. Dieser schickt das Signal bei Bedarf an den internen Effektprozessor. Eine EQ-Sektion sucht man auf der Mixer-Seite vergeblich – dieser steht jedoch für jeden Sound in der Control-Abteilung zur Verfügung. Auch über eine Dynamiksektion verfügt der Mixer nicht. Da er aber hauptsächlich dazu dient, die Sounds auf die Einzelausgänge zu gruppieren, erfüllt er seinen Zweck zumindest beim Einsatz als Plug-In in einer DAW vollkommen.
Zwei Dinge vermisse ich dennoch: Schön wäre eine Pegelanzeige oder zumindest eine Signalleuchte pro Kanal, damit man auf den ersten Blick sieht, auf welchen Kanälen gerade etwas passiert. Da dieses „visuelle Feedback“ fehlt, muss man sich gerade bei größeren Multi-Setups mitunter etwas auf die Suche machen, um den richtigen Fader zu bewegen. Außerdem gibt es keine Möglichkeit, mehrere Fader gleichzeitig zu bewegen, um so z. B. eine komplette Sax-Section insgesamt leiser zu machen. Also wird man das Abmischen in der Regel doch extern vornehmen wollen.
Wechselt man in die Control-Ansicht, findet man hier verschiedene Knöpfe zur Detailsteuerung der Sounds. Für jeden Slot gibt es einen 3-Band-Equalizer mit semiparametrischen Mitten. Der Rest dieser Seite verändert sich abhängig davon, welcher Slot im oberen Bereich gerade ausgewählt ist und zeigt immer genau die Bedienelemente, die für den ausgewählten Sound einen Sinn ergeben und verfügbar sind. Zum Beispiel sind für eine Trompete unter anderem Regler für Vibrato, Flutter und Luft-Geräusche vorhanden, während es für einen Kontrabass einen Knopf gibt, der die Fingergeräusche kontrolliert. Ist ein Drum-Set geladen, so befindet sich hier eine Möglichkeit zur Lautstärke-Feinabstimmung der einzelnen Bestandteile des Sets. Man sieht also immer nur die Regler, die auch wirklich eine Funktion haben. Das ist sehr übersichtlich gelöst und lenkt den Blick auf das Wesentliche.
Sehr benutzerfreundlich ist außerdem, dass an allen Reglern, die sich per MIDI-Controller fernsteuern lassen, auch eindeutig die Nummer des betreffenden Controllers steht. Bei vielen anderen Plug-Ins und Librarys muss man dafür erst das Handbuch wälzen oder sich per Trial-and-Error auf die Suche nach dem richtigen Controller machen. Leider lassen sich diese nicht frei zuweisen. Das ist in der Praxis aber wohl zu verschmerzen, denn um eine so große Anzahl von Parametern sinnvoll in Echtzeit steuern zu können, benötigt man ohnehin eine frei konfigurierbare MIDI-Reglerbank. Das ist zugleich ein kleiner Kritikpunkt, denn die Handhabung der diversen verwendeten MIDI-Controller ist in der Praxis doch etwas umständlich. Um die Library und ihre Steuerungsmöglichkeiten wirklich nutzen zu können, braucht man stets zahlreiche verschiedene MIDI-Controller im Echtzeitzugriff. Wer keine Reglerbank hat, muss sein Modulationsrad oft umprogrammieren oder die Werte im Sequenzer mit der Maus einzeichnen, was dem Echtzeitgedanken widerspricht.
Die Bezeichnung der Effects- Ansicht ist etwas irreführend, denn andere Effekte als einen einfachen Hallprozessor gibt es nicht. Dieser verfügt über acht einstellbare Parameter und zwölf Presets vom Jazz-Club bis zur Konzerthalle.
In der Settings-Ansicht findet man eine Übersicht über den „Betriebszustand“ des Players, also über Daten wie zum Beispiel den belegten Speicher und die Anzahl der gerade gespielten Noten. Außerdem befinden sich hier zwei Knöpfe, mit denen man den Shop- und den Support-Bereich der Garritan-Website direkt ansteuern kann. Die Importfunktion für unterschiedliche Stimmungen, die etwas unscheinbar ebenfalls in diesem Bereich untergebracht ist, ist sicherlich eher etwas für Experten, soll jedoch nicht unerwähnt bleiben.
In der unteren Zone des Players befindet sich schließlich eine grafische Tastatur. Diese hat nicht nur eine kosmetische Funktion: Auf den ersten Blick sieht man hier jederzeit den verfügbaren Tonumfang des ausgewählten Instruments. Wenn ein Sound mit Keyswitches geladen ist, werden auch diese hier angezeigt.
Damit ist der ARIA-Player sehr übersichtlich gestaltet. Die Bedienung erschließt sich auch ohne Lesen des Handbuches sofort, und man hat alle wichtigen Einstellungen immer im Blick. Die Sounds Garritan Jazz & Big Band 3 enthält alle klassischen Big-Band-Instrumente und einige nette Extras. Neben einer kompletten Bläser-Sektion wurden auch die Instrumente der Rhythmusgruppe berücksichtigt. Der klare Schwerpunkt liegt aber bei den Blasinstrumenten, für die ja auch der größte Bedarf an einer weiteren Sample-Library bestand.
Es gibt jeweils fünf Trompeten und fünf Posaunen, die allesamt auch mit verschiedenen Dämpfern verfügbar sind. Die einzelnen Instrumente eines Typs klingen dabei durchaus recht unterschiedlich. So erhält man einen realistischeren Section-Klang, in dem nicht jeder Spieler den gleichen Sound hat. Vervollständigt wird die Reihe der Blechbläser durch fünf verschiedene Flügelhörner (!), eine Bassposaune und eine Tuba.
Die umfangreich ausgestattete Saxofon-Abteilung wartet mit dreimal Alt, viermal Tenor und zweimal Bariton auf. Damit lassen sich schon nahezu alle normalen Big-Band-Arrangements bedienen, doch das war noch längst nicht alles.
Zusätzlich enthält die Library noch einen ganzen Schwung seltener anzutreffender Saxofone: Zwei Sopran- und ein Sopranino-Sax runden die Section nach oben hin ab. Zwei Bass- und ein Kontrabass-Saxofon sorgen bei Bedarf für ein solides Fundament. Ebenfalls enthalten sind die exotischen Orchester-Saxofone C-Melody und Mezzosopran, die ich noch nie in irgendeiner anderen Sample-Library gesehen habe. Damit verfügt Jazz & Big Band 3 über das bei Weitem umfangreichste Saxofon-Angebot, das mir bisher in einer Library begegnet ist.
Die übrige Holzbläser-Reihe wird von drei Klarinetten, Bassklarinette, drei Flöten sowie Piccolo- und Altflöte gebildet und deckt damit alles ab, was normalerweise in einem Jazz-Kontext zum Einsatz kommt. Selbst umfangreiche Woodwind-Arrangements à la Gil Evans sollten mit diesem Soundangebot kein Problem sein. Sogar an eine Mundharmonika wurde gedacht.
Auf der Seite der Rhythmusgruppe gibt es verschiedene Drumkits, wovon zwei mit Besen gespielt sind. Dank eines recht umfangreichen Angebots an Percussion-Instrumenten ist die Library auch für Latin-Jazz gut gerüstet. Neben jeweils zwei E-Bässen der Varianten Jazz Fretted, Fretless und Slap gibt es zwei Kontrabass-Sounds, von denen einer von Chuck Israels eingespielt wurde. Auch ein gestrichener Kontrabass ist vorhanden.
Ein Piano, ein Fender Rhodes und sieben verschiedene Orgelsounds bilden die Tastenfraktion. Auch das Vibraphon wurde nicht vergessen und zuguterletzt gibt es noch eine akustische und zwei elektrische Gitarren und ein Banjo.
Damit ist Jazz & Big Band 3 in der Tat ziemlich vollständig mit allen Sounds ausgestattet, die in einer Big Band so vorkommen können. Die Qualität der Sounds und die Möglichkeiten zur Echtzeitkontrolle während des Spiels nehmen wir im Praxisteil genauer unter die Lupe.
Zusätzlich zu den Einzelsounds besteht auch die Möglichkeit, Kombinationen von Sounds zu laden, die per Keyswitch umgeschaltet werden. So kann man zum Beispiel zwischen einer offenen und einer gedämpften Trompete umschalten. Interessant sind auch die Saxofon-Kombinationen, die sehr praxisnah zwischen Saxofon und verschiedenen anderen Holzblasinstrumenten wechseln, ganz so, wie es unter Saxofonisten in den typischen Broadway-Orchestern üblich ist. Leider sind die Kombinationen festgelegt und auch die Belegung der Keyswitch-Tasten lässt sich nicht verändern. Obwohl die verfügbaren Kombinationen allesamt durchdacht und sinnvoll sind, wäre eine solche Möglichkeit schön gewesen.
Fast alle Sounds gibt es zusätzlich noch in einer Lite-Variante. Diese benötigt weniger Speicherplatz und bietet sich vor allem an, will man die Systemperformance während der Kompositions- und Arrangement-Phase nicht zu sehr strapazieren. Für den späteren Mix kann man dann zu der „Vollversion“ der Sounds wechseln. Außerdem sind die Lite-Versionen der Bläsersounds im Gegensatz zu den großen Versionen auch polyphon spielbar, was ich zum Ausprobieren von Voicings beim Arrangieren sehr praktisch finde.
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Praxis:
Klang An der energiegeladenen und kraftvollen Performance einer Bläser-Section beißen sich die Sample-Produzenten bislang überwiegend vergeblich die Zähne aus. Auch die teure Konkurrenz schafft es bis heute nicht wirklich überzeugend, dieses Feuer in der digitalen Welt zum Lodern zu bringen. Hat eine so günstige Library wie „Jazz & Big Band 3“ da überhaupt eine reale Chance?
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Swing Rough
Obgleich sie mit einer beeindruckenden Soundauswahl und einem schönen Player antritt, lautet die Antwort klar: Nein. Schon der erste Test mit einem relativ „normalen“ Arrangement offenbart einen recht matten und ziemlich „midi- mäßigen“ Grundsound. In diesem Soundbeispiel habe ich fürs Erste auf alle Möglichkeiten der Echtzeitsteuerung verzichtet, um zu demonstrieren, wie die Library „out of the box“ klingt. Alle Sounds – also auch die Rhythmusgruppe – stammen von „Jazz & Big Band 3“.
Das klingt leider etwas müde. Während die Trompeten zumindest im Satz noch akzeptabel erscheinen, reißen die Posaunen und auch die Rhythmusgruppe mich wahrlich nicht vom Hocker. Natürlich erfordern alle Sample-Librarys – auch die teuren – einige Detail-Frickelei, um wirklich überzeugende Ergebnisse zu liefern, aber verglichen mit den meisten anderen aktuellen Angeboten kommen diese Sounds beim ersten Antesten schon etwas zu plastikhaft daher. Wir testen probehalber noch ein anderes Arrangement, auch dieses erst einmal ohne jede Nachbearbeitung oder Nutzung der Echtzeitmöglichkeiten:
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No Legato
Auch hier hört man schon beim ersten Ton sofort, dass dies keine Big Band ist! Die Sounds klingen relativ statisch und programmiert, obwohl nichts quantisiert wurde. Bleibt „Jazz & Big Band 3“ in den Startlöchern stecken? Wir geben noch nicht auf und probieren als Nächstes einmal aus, was man noch mit den Möglichkeiten zur Echtzeitsteuerung heraus kitzeln kann.
Auto Legato Eines der Hauptprobleme von Sample-Librarys ist die möglichst natürlich wirkende Abbildung von legato gespielten Tonübergängen. In den letzten Jahren haben fast alle Top-Hersteller innovative Lösungsansätze für dieses Problem herausgebracht. Gigabyte-starke High-End-Soundsammlungen wie die Vienna Symphonic Library begegnen der Aufgabe mit real eingespielten Aufnahmen fast aller erdenklichen Intervallsprünge, die von der Software an den passenden Stellen eingesetzt werden. Daneben gibt es zahlreiche Librarys, die sich die Skriptfähigkeit von Native Instruments Kontakt zunutze machen, um diese Hürde zu überspringen.
„Jazz & Big Band 3“ bietet für die Blasinstrumente ebenfalls eine Legato-Funktion. Sie wird entweder durch das Sustainpedal oder durch einen Schalter in der „Control“-Ansicht des Players aktiviert.
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Auto Legato
Der ARIA-Player schneidet bei aktivierter Legato-Funktion die Attack-Phase des nächsten Samples heraus und schafft mittels eines Crossfades die Illusion einer flüssigen Performance. Am Beispiel einer Trompete klingt das so wie im linken Audioplayer (zuerst ohne, dann mit Auto-Legato-Funktion phrasiert).
Man hört zwar immer noch heraus, dass die Tonübergänge nicht real eingespielt sind, aber immerhin lassen sich Phrasierungen so schon einmal besser gestalten. Die Aktivierung der Funktion mit dem Sustainpedal erfordert etwas Übung. Wenn man den Dreh heraushat, kann man aber sehr gut damit arbeiten. Unser Arrangement klingt mit aktivierter Auto-Legato-Funktion jetzt so:
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Legto
Schon besser, aber immer noch viel zu statisch. Doch „Jazz & Big Band 3“ bietet noch einige andere Möglichkeiten, die wir selbstverständlich auch noch ausprobieren wollen.
Lautstärke und Ausdruck Bei so gut wie allen Keyboards und auch Soundlibrarys ist die Lautstärke meist mit der MIDI-Velocity – also der Anschlagstärke – verknüpft. „Jazz & Big Band 3“ verfolgt einen etwas anderen Ansatz, der im Hinblick auf Blasinstrumente auch durchaus Sinn macht. Die Steuerung der Lautstärke erfolgt über das Modulationsrad. Dadurch werden auch Lautstärkeverläufe bei gehaltenen Tönen möglich, was typisch für Blasinstrumente ist und sich allein über die Anschlagstärke nicht realisieren ließe. Die Velocity übernimmt eine andere Aufgabe: Sie steuert das Einschwingverhalten der Samples. Bei vorsichtigem Anschlag verlängert sich die Attack-Zeit, sodass der Sound nicht so hart einsetzt. Schlägt man härter an, bekommt auch der Attack des Sounds mehr Biss.
Dieses Prinzip erfordert zunächst etwas Umgewöhnung beim Spielen. Es ist jedoch gerade im Hinblick auf Blasinstrumente durchaus durchdacht und sinnvoll. Leider verfügt die Library jedoch für den Großteil der Sounds nicht über verschiedene Samples für laute und leise Töne und unterschiedliche Artikulationen. Stattdessen simuliert sie die Veränderungen in der Klangfarbe, die sich durch die Spielweise ergeben, durch Anpassung von Syntheseparametern wie der Attack-Zeit. Das spart Speicherplatz, wird dem komplexen Klang von Blasinstrumenten aber natürlich nur bedingt gerecht.
Am Beispiel einer Posaune hört ihr im nächsten Klangbeispiel, wie sich die Anschlagstärke und das Modulationsrad auswirken. Zunächst spiele ich den Ton mit Velocity-Werten von 10, 40, 60, 80, 100, 115 und 127, wobei das Modulationsrad bei einem Wert von 100 steht. Danach wird die Note konstant mit einer Velocity von 100 gespielt und das Modulationsrad in den gleichen Schritten bewegt.
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Velocity Modulation
Über den gesamten Velocity- und Modulationsbereich erklingt immer das gleiche Sample. Die verlängerte Attack-Zeit bei schwach angeschlagenen Noten geht zwar in die richtige Richtung, kann aber das Sample eines zart gespielten Tons von einem Blasinstrument natürlich nicht wirklich ersetzen. Trotzdem versuchen wir, unserem Arrangement unter Verwendung dieser Steuerungsmöglichkeiten noch etwas mehr Leben einzuhauchen. Ich habe den Effekt etwas übertrieben, damit er deutlich hörbar ist:
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Weitere Modulation
Wieder etwas besser, aber wirklich überzeugend kommen die Lautstärkemodulationen nicht rüber. Der Mangel an speziellen Samples für unterschiedliche Intensitäten offenbart sich an dieser Stelle deutlich.
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Effects
Während die meisten teureren Librarys spezielle Samples für verschiedene Spielweisen der Instrumente beinhalten, muss man darauf bei „Jazz & Big Band 3“ weitestgehend verzichten. Lediglich für die Trompeten stehen drei Spezialeffekte bereit. Über einen MIDI-Controller kann man „Falls“, „Doits“ und „Kisses“ aktivieren, die von der Software beim Loslassen der Taste eingebaut werden. Zwar sind diese Spielweisen bei den Trompeten besonders häufig anzutreffen und entsprechend wichtig. Ähnliche Möglichkeiten hätte ich mir jedoch auch für die anderen Instrumente gewünscht. Für einen wirklich überzeugenden Big-Band-Sound wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, einige der exotischeren Instrumente wie z.B. die seltenen Saxofonvarianten wegzulassen und stattdessen die Hauptinstrumente mit vielseitigeren Möglichkeiten auszustatten.
Nebengeräusche Für eine lebendigere Atmosphäre kann man auf die Nebengeräusche zurückgreifen, die sich für fast alle Sounds über MIDI-Controller hineindrehen lassen. Hierbei handelt es sich z.B. um separat gesampelte Klappen- und Ventilgeräusche. Auch Luft- und Atemgeräusche sind enthalten.
Bei einem Tenorsaxofon klingt das zum Beispiel so (ich drehe die Luft- und Klappengeräusche langsam dazu):
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Sax Noises
Auch diese Geräusche können leider nicht wirklich als authentisch durchgehen. Sie wirken nicht wirklich wie ein Teil des Instruments, sondern eher wie ein Fremdkörper.
Probieren wir noch einmal eine Trompete (hier habe ich zusätzlich noch den „Growl“-Parameter eingesetzt):
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Trumpet Noises
Obwohl die Effekte in den Soundbeispielen natürlich übertrieben sind, zeigt sich auch hier das gleiche Bild. Sie wirken nicht wirklich aus einem Guss, und können nicht über den etwas künstlichen Charakter hinwegtäuschen. Trotzdem sind sie natürlich eine willkommene Beigabe, und gerade in einer Library dieser Preisklasse längst nicht selbstverständlich. Wenn man sich die Mühe macht und sie über MIDI-Controller dynamisch einsetzt, kann man damit durchaus noch etwas zusätzliche Atmosphäre schaffen. Rhythmusgruppe Bisher haben wir uns auf die Bläser konzentriert, die ja auch klar im Fokus dieser Library stehen. Neben der sehr umfangreichen Ausstattung mit Blasinstrumenten aller Couleur fristet die Rhythmusgruppe eher ein Nischendasein. Da sie aber für den Sound einer Big Band ebenso entscheidend ist, wollen wir einige dieser Sounds auch noch kurz unter die Lupe nehmen.
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PianoRhodesOrgan
Die Tastenabteilung bietet neben einem Steinway-Jazz-Piano auch ein Rhodes-artiges E-Piano, ein Vibraphon und verschiedene Orgeln. Das Piano klingt im unteren Register akzeptabel. Weiter oben gefällt es mir weniger gut. Trotzdem geht es für eine so günstige Library in Ordnung.
Das E-Piano hingegen kann mich nicht überzeugen. Es klingt undefiniert und wenig kraftvoll. Man sucht vergeblich nach dem knarzigen Sound eines hart angeschlagenen Rhodes. Für flächige Pads mit reichlich Tremolo ist es jedoch ganz gut geeignet. Bei den Orgeln vermisst man sofort die Möglichkeit, an Zugriegeln und Leslie zu spielen. Außer einem Tremolo stehen keine weiteren Modulationseffekte und auch kein Leslie-Effekt zur Verfügung. So wirken die Orgeln etwas dünn und man wird in der Regel auf externe Effekte zurückgreifen wollen.
Insgesamt sind diese Sounds also eher als nettes Beiwerk anzusehen. Wer mit dieser Library auskommen muss, kann sicher damit arbeiten. Wer für diese Bereiche jedoch spezielle Librarys sein eigen nennt, wird damit auf jeden Fall besser bedient sein.
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Bass
Einer der beiden enthaltenen Kontrabässe wurde, wie schon erwähnt, von Chuck Israels beigesteuert. Dieser Bass hat einen durchaus angenehmen Grundsound, lässt aber, wie die gesamte Library, verschiedene Lautstärkeabstufungen vermissen. So wird man ihn nie so ausdrucksstark spielen können wie die Konkurrenz-Librarys in diesem Bereich. Immerhin lassen sich Fingergeräusche dazu einblenden, die dem Sound etwas mehr Leben einhauchen. Trotzdem fehlt auch diesem Sound das „gewisse Etwas“, was für eine wirklich packende Performance nötig wäre. Im Klangbeispiel schalte ich die Fingergeräusche etwa ab der Hälfte dazu.
Die übrigen Rhythmusgruppen-Sounds bringen keine weiteren Überraschungen. Sie sind allesamt etwas dürftig mit Samples ausgestattet und können deshalb trotz eines teilweise schönen Grundsounds nicht restlos überzeugen.
Das Hauptaugenmerk dieser Library sind aber eindeutig die Bläser. Deshalb, und weil das Sample-Angebot im Bereich der Rhythmusgruppe bereits sehr umfangreich ist, ist das durchaus zu verschmerzen.
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Fazit:
Garritan Jazz & Big Band 3 bietet die gesamte Palette der klassischen Big-Band-Sounds zu einem unschlagbaren Preis. An einer wirklich überzeugenden Umsetzung des lebendigen Sounds einer echten Big Band scheitert die Library jedoch ebenso wie die Konkurrenz.
Auch mit viel Detail-Frickelei und ausgiebiger Nutzung der Echtzeit-Steuerung ist es sehr schwierig bis unmöglich, dem Plug-In das Feuer einer Live-Big-Band zu entlocken. In Ermangelung von Velocity-Layern, verschiedenen Artikulationen und Intervall-Performances behalten die Sounds meist einen starken „MIDI-Charakter“.
Trotz dieses Defizits ist der Kauf aber durchaus zu empfehlen. Zu einem sensationellen Straßenpreis von gerade einmal knapp über 100 Euro bekommt man nämlich eine überwältigend große Auswahl von Sounds, die in diesem Genre immerhin deutlich besser funktionieren als die meisten Orchester-Librarys. Wer sich die um ein Vielfaches teurere Konkurrenz nicht leisten kann oder möchte, sollte deshalb nicht lange zögern.
Zum Komponieren, Arrangieren und auch für die Demoproduktion ist die Library wegen der umfassenden Soundausstattung und des sparsamen Umgangs mit Systemressourcen nämlich hervorragend geeignet.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
umfangreiches Soundangebot auch an exotischeren Instrumenten
umfassende Echtzeitsteuerung möglich
wenig Speicherplatzbedarf gemessen an der Vielzahl der Sounds
exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
etwas lebloser Grundsound
kaum Velocity-Layer
kaum spezielle Artikulationen
Controller nicht frei zuweisbar
Keyswitches nicht frei einstellbar
Handhabung der diversen MIDI-Controller in der Praxis etwas umständlich
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