Anzeige

Zoom H4n Test

Als Audiotechnik-Anbieter, der immer wieder für Überraschungen gut ist, gilt der in Tokio beheimatete japanischen Hersteller Zoom, seit er 1990 mit dem legendären 9002 den Markt bereicherte. Dieser superkompakte digitale Multieffektprozessor fand Platz am Gitarrengurt, während die Konkurrenz in jenen Tagen Gitarristen noch mit riesigen Racks auf die Bühne schickte. Bis heute gilt Zoom als ein Hersteller, der Trends aufgreift und nicht selten mit verblüffenden Lösungen die Richtung vorgibt – oft genug zum Budgetpreis. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass man sich auch in den boomenden Digitalrekorder-Markt geworfen hat und schon mit den Vorgängermodellen unseres Testkandidaten für Aufsehen sorgte.

Mit einem Zoom H5 als Nachfolger des beliebten Zoom H4 hatten wohl die meisten gerechnet und wurden doch von der japanischen Firma eines Besseren belehrt. Denn auf den H4 folgte überraschenderweise der H4n. Das „n“ im Namen steht  in diesem Zusammenhang für „next“. Der nächste H4 also, was entweder darauf schließen lässt, dass man hier nur eine verbesserte Version präsentiert, aber mit dem H5 irgendwann die absolute Mega-Sensation plant, oder dass man sich von der Versionsnummer einfach nicht trennen kann. Immerhin soll es ja auch Zeitgenossen geben, die alle Jahre wieder ihren 29. Geburtstag feiern. Aber trotzdem hat der kleine Japaner neben seiner Kernfunktion als mobiler Digitalrekorder einige überraschende Features in Petto – welche das genau sind, zeigt unser bonedo-Testbericht.

Anzeige

Details

Gut ausgestattet für den Alltagseinsatz kommt der H4n mit einer Fülle an Zubehör aus seiner Verpackung geschlüpft. Zum Lieferumfang gehört eine ein Gigabyte fassende SD-Karte, ein USB-Kabel, ein Mikrostativ-Adapter, eine Schutzhülle aus Hardplastik, ein Schaumstoff-Windschutz und ein Netzteil. Zur weiteren Bearbeitung des Audiomaterials auf einem externen Rechner liegt obendrein noch die Software Cubase LE 4 bei. Die Bedienungsanleitung ist leider nur in englischer Sprache gedruckt, eine deutsche Version kann aber zumindest als PDF-Datei von der Zoom-Homepage heruntergeladen werden. Zwei AA-Batterien versprechen eine Betriebsdauer von sechs Stunden – im energiesparenden Stamina-Modus, der im Batteriefach aktiviert werden kann, sollen es sogar elf sein. Für den unbegrenzten Betrieb an der Steckdose hat Zoom gleich ein passendes Netzteil beigelegt.

Mit den Abmessungen 73 x 156 x 35 mm dürfte das Gerät mit den meisten Hosentaschen nicht mehr kompatibel sein. Dennoch liegt es mit 280 Gramm kompakt in der Hand. Der Hersteller proklamiert also nichts als die reine Wahrheit, wenn er von einem „Handy-Recorder“, einem handlichen Aufnahmegerät, spricht. Mit dem mitgelieferten Plastikcase kassiert der Kleine schon mal auf Anhieb seinen ersten Sympathiepunkt, auch wenn die Verriegelung mittels Plastikscharnier keine lebenslange Funktion verheißt und das Gesamtgebilde ein wenig an die Butterbrotdose aus der Grundschule erinnert. Trotzdem – mobile Digitalrekorder sollen zwangsläufig hin und wieder mal transportiert werden, und so ist es eine feine Sache, wenn ein schützendes Behältnis zum Lieferumfang gehört. Aber auch der Zoom H4n selbst scheint auf den ersten Blick sehr robust zu sein: Die Verarbeitung des Kunststoffgehäuses macht den Eindruck, als könne sie die Begegnung mit einer Elefantenherde mühelos überstehen. Auch die echte X-Y Anordnung der eingebauten Kleinmembran-Mikrofone sticht ins Auge, bei der die beiden Kapseln übereinander  liegen. Phasenproblemen bei der Aufnahme soll so ein für alle Mal der Garaus gemacht werden. Die Mikros lassen sich manuell von der üblichen 90 Grad Ausrichtung auch auf einen Winkel von 120 Grad verstellen, was eine größere Stereobreite der Aufnahme bewirkt. Flexible Anschlussmöglichkeiten bietet der H4n mit den beiden Klinke/XLR-Eingängen auf der Unterseite. Gitarre, Bass, Keyboard oder andere Instrumente können hierüber ebenso angeschlossen werden wie dynamische oder Kondensator-Mikrofone.  Letztere werden bei Bedarf mit 24 oder 48 Volt Phantomspeisung versorgt. Ein zusätzlicher Miniklinken-Eingang ermöglicht den Anschluss eines externen Stereomikrofons, das in diesem Fall die eingebauten Mikrofone ersetzt. Zum Abhören der Aufnahmen kann ein Kopfhörer über Miniklinke angeschlossen werden. Ist gerade keiner zur Hand, kann das aufgenommene Material auch über den kleinen Lautsprecher auf der Rückseite in „Telefonqualität“ kontrolliert werden. Ein hilfreiches Feature auch dann, wenn man mehreren Beteiligten die Aufnahme kurz präsentieren möchte.

Das orange beleuchtete LC-Display auf der Frontseite verfügt über eine ausreichende Auflösung von 128 x 64 Punkten. Mit dem gerasterteten Drehrad auf der rechten Gehäuseseite und dem “Menu”-Button navigiert man sich durch die einzelnen Menüpunkte des Rekorders, die übersichtlich und intuitiv angeordnet sind. Unterhalb des Displays befinden sich einige stabile Plastiktaster, die  mit den üblichen Transportfunktionen, verschiedenen Menüpunkten und der Wahl der Eingangsquellen belegt sind. Die Beschriftung der Taster unseres Testgerätes scheint schon ein wenig abzubröckeln, also am besten gleich von Anfang an gut merken, welcher Knopf welche Funktion hat. Ein rückseitig im Rekordergehäuse eingelassenes Schraubgewinde dient der Montage auf handelsüblichen Fotostativen. Für den komplett unwahrscheinlichen Fall, dass im Proberaum keines zur Hand sein sollte, liegt ein Mikrostativ-Adapter bei. Es handelt sich dabei um einen Plastikgriff, der mit dem Gewinde verschraubt und in eine Mikroklemme gesteckt wird. Nicht schlecht! Zudem ist eine kabelgebundene Remote-Control für den H4n separat im Handel erhältlich. Mit ihr lassen sich die wichtigsten Funktionen fernsteuern. So kann man den Rekorder auch in den entlegensten Stellen installieren und trotzdem noch komfortabel bedienen. Durch die Fernbedienung wird außerdem der Gehäusekörperschall beim Betätigen der Bedienelemente vermieden.

Anzeige

Praxis

Der Zoom H4n arbeitet mit einer Auflösung von bis zu 24 Bit bei 96 kHz im WAV-Format und akzeptiert SD-Karten von einer Größe bis maximal 32 GB. Man kann Dateien aber auch direkt im MP3-Format aufnehmen und mit Bitraten von 48 – 320 kbps komprimieren. Die Samplingrate liegt dann bei fest eingestellten 44,1 kHz. Das sollte auch für die längeren Jam-Sessions reichen. Die Empfindlichkeit der Eingangssignale lässt sich mit “Rec Level” im Wertebereich von 1 – 100 fein abstimmen. Das ist lobenswert, hatte doch der Vorgänger nur drei fest eingestellte Gainstufen.

Störenden Tiefbässen im Audiosignal wirkt man mit einem mehrstufigen LowCut-Filter zwischen 80 und 237 Hz entgegen. Wie man bei Zoom wohl genau auf 237 Hz gekommen ist? Jedenfalls lässt sich die Aufnahmesituation so flexibel vorbereiten. Neben dem energiesparenden Stamina-Modus, der gewisse Funktionen einschränkt, arbeitet der H4n in drei verschiedenen Haupt-Modi: Stereo-, 4-Channel- und MTR-Mode. Wie schon der Name vermuten lässt, kann im Stereomodus auch ein Stereosignal aufgenommen werden. Die Eingangsquellen sind hier entweder das interne Mikrofon oder die beiden Inputs. Auch das direkte Aufnehmen von MP3-Dateien funktioniert nur hier im Stereo-Modus. Es gibt aber auf der Editier-Ebene eine Funktion, die eine WAV-Datei nachträglich in das MP3-Format mit der gewünschten Bitrate wandelt. Man kann sich also eine externe Konvertierungssoftware sparen und die Aufnahmen direkt im H4n in MP3s verwandeln, um sie beispielsweise schnell an die Kollegen zu verschicken.

Der 4-Channel-Modus bietet die Möglichkeit, beide Eingangsquellen, also zwei Stereo-Kanäle, gleichzeitig aufzuzeichnen. Hier ist die Auflösung auf maximal 24 Bit bei 48 kHz begrenzt. Diese Option bietet sich zum Beispiel an, den Live-Mitschnitt einer Band zu realisieren, bei dem sowohl die Pultsumme über die beiden Inputs als auch die Liveatmo über das interne Mikrofon gleichzeitig aufgezeichnet wird. Den MTR-Mode muss man sich wie eine kleine Vierspurmaschine vorstellen, bei der flexible Eingangsroutings des Mikrosignals und der beiden Eingangskanäle möglich sind. So könnte man beispielsweise nacheinander auf Spur 1 eine Akustikgitarre, auf Spur 2 einen Bass, auf Spur 3 das Cajon und auf Spur 4 den Gesang aufnehmen. Hat man alle Spuren im Kasten, kann man daraus einen Mix erstellen und diesen in ein neues Stereofile speichern (bouncen). So ähnlich sollen es die Beatles ja damals auch gemacht haben. Die Aufnahmequalität der Spuren beträgt hier übrigens 44,1 kHz und 16 Bit. Zudem bietet nur der MTR-Mode die Möglichkeit, bei der Aufnahme einen der 50 internen Effekte einzuschleifen. Zur Auswahl steht eine breite Palette von Reverbs, Delays, Modulationseffekten und Ampsimulationen. Leider können diese Effekte nicht im Nachhinein in die Spur eingeschleift werden, sondern nur direkt bei der Aufnahme. Dieser Effekt ist dann unwiderruflich auf der Spur konserviert, was auch bedeutet, dass man sich schon vorher im klaren darüber sein muss, welchen Effekt man in welcher Intensität später hören möchte.

So, jetzt könnt ihr euch erst einmal selber einen Eindruck von der Aufnahmequalität des H4n machen:

Audio Samples
0:00
Drums Vocals u0026 Guitar Outdoor

Extras

Neben den schon erwähnten Funktionen finden sich noch weitere, extrem musikerfreundliche Features: Da wäre zum Beispiel das Stimmgerät mit Presets verschiedener Tunings für Gitarre und Bass. Dass beispielsweise für Multitrack-Aufnahmen auch ein Metronom mit an Bord ist, versteht sich schon fast von selbst, soll aber auch an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Wer den H4n zum Üben einsetzten möchte, wird sich besonderes über die Geschwindigkeitskontrolle bei gleicher Tonhöhe freuen. Sie arbeitet im Bereich zwischen 50 und 150  Prozent in guter Qualität. Damit kann man beispielsweise schwierige Passagen eines Songs verlangsamen, um sie besser “rauszuhören”. Und auch die A/B Repeat-Funktion kann hier hilfreich sein: Mit ihr kann man kleine Loops bestimmter Passagen erstellen und wiederholen lassen.
Der Zoom H4n wird zwar in China gefertigt, wäre aber kein echter Japaner, hielte er nicht für Sängerinnen und Sänger eine Karaoke-Funktion bereit, die das Mittensignal eines Songs durch Phasendrehung auslöscht. Damit erwischt man meistens den Gesang und alles, was sich sonst noch in diesem Bereich tummelt. Es besteht sogar die Möglichkeit, das Playback in eine andere Tonart zu transponieren. Zum Üben vor der nächsten Bandprobe ist das auf alle Fälle geeignet.

Ein weiteres nettes Feature ist die Pre-Record Funktion. Ist diese aktiviert, werden die letzten beiden Sekunden vor dem Drücken des Record-Buttons der Aufnahme mit hinzugefügt. Wer beispielsweise in einer wichtigen Interviewsituation nicht schnell genug am Drücker ist, dem kann diese Funktion unter Umständen den Allerwertesten retten. Neben der Möglichkeit, den Zoom H4n via USB mit frischen Updates aus dem Internet zu versorgen oder das Gerät als Cardreader für SD-Karten zu missbrauchen, erhält man mit ihm obendrein ein waschechtes USB-Audiointerface für den Rechner. Zwei Kanäle können bei maximal 48 kHz zum Rechner hin und zurück geschickt werden.

Anzeige

Der Zoom H4n meisterte alle ihm gestellten Aufgaben mit Bravour und entpuppte sich darüber hinaus als kleines Multitalent. Durch die Möglichkeit, sowohl das Mikrofonsignal als auch die beiden Eingänge gleichzeitig aufzuzeichnen, lassen sich komplexere Aufnahmesituationen als mit der reinen Stereoaufnahme-Funktion realisieren. “On the road” macht der Zoom H4n auch eine gute Figur: Ob zum Aufzeichnen mehrspuriger Songideen, als Übepartner mit Stimmgerät, Metronom, Phrase-Trainer und Effekten, als Fieldrekorder mit einem guten Windschutz oder einfach als Audiointerface für den Laptop unterwegs –  der H4n lässt kaum Wünsche offen und kann auch in punkto Klang überzeugen. Das aufgenommene Material kann sogar direkt im Gerät geschnitten, normalisiert, und ins MP3-Format gewandelt werden. Obendrauf gibt’s noch eine kleine Cubase-Version zur weiteren Bearbeitung. Was will man mehr? Läge die optional erhältliche Fernbedienung noch mit im Paket, gäbe es überhaupt keinen Grund, zu meckern. Vielleicht kommt Zoom diesem Wunsch ja beim Nachfolger des H4n nach. Wie wird der dann wohl heißen? Vielleicht “H4ün” für übernächst…?

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • guter Klang
  • echte X/Y Anordnung der Mikros
  • Lieferumfang
  • Input Gain fein justierbar
  • flexibel einsetzbar durch Multitrack-Recording
Contra
  • Beschriftung der Plastiktaster des Testgeräts reibt ab
  • Effekte können nicht nach der Aufnahme angewendet werden
Artikelbild
Zoom H4n Test
Facts
  • Größe: 73 x 156 x 35 mm
  • Gewicht: 280 g
  • Anschlüsse: 2 x XLR/Klinke, Miniklinke für externes Stereomikrofon, USB,
  • Stromversorgung: 2 x AA-Batterien
  • Betriebsdauer bei Batteriebetrieb: 6 Stunden / 11 Stunden (Stamina Modus)
  • Speichermedium: SD-Karte
  • Maximale verwendbare Speicherkartengröße: 32 GB
  • Besondere Funktionen: Metronom, Stimmgerät, 50 Effekte, Karaoke-Funktion
  • Zubehör: Netzteil, 1 GB SD-Karte, Mikrostativ-Adapter, Case und Windschutz
  • Preis: 415,- Euro (UVP)
Hot or Not
?
ZoomH4n_Front_SchraegFIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!
  • Watch THIS if you use analog gear! Everything you need to know about the Freqport FreqInOut FO1