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Vintage Synth: Oberheim Matrix 12 / Xpander

FAZIT

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Die Sounds aus den Oberheimern klingen immer unglaublich teuer und hochwertig. Das mag sehr übertrieben klingen, ist aber so. Auch wenn man den „Kult“ einfach zu viel findet. Eine halbwegs ebenbürtige Software gab es bisher nicht, nicht einmal ein schnödes „echt“ aussehendes Bild mit struktureller Kopie der Klangerzeugung. Als Alternative gibt es für Puristen nur wenig. Schauen wir mal erst im eigenen Stall in der Vergangenheit (teuer ist das allerdings auch). Andere Oberheims, wie die SEM-basierten Synthesizer, der OB-X und OB-Xa und auch der OB-I sind toll, bieten aber weniger Möglichkeiten. Die SEMs sind noch sahniger und schönklangverdächtiger, können aber nicht viel, außer dem berühmten und ziemlich seltenen „Filtermorphing“ zwischen Tiefpass, Notch und Hochpass. Zumindest würde man es heute so nennen.

Die OB-X/Xa Serie ist deutlich eingeschränkter, einige Standards bekommt man damit aber auch hin. Der OB-I ist eher eine etwas rauere Version der SEM-Synthesizer (Two, Four, Eight-Voice) oder deren neuere Derivate von Analog Solutions und Anyware. Der OB-Mx hat strukturell mehr zu bieten und interessante Ideen, auch weil es zwei Filter gibt (Moog und Oberheim). Er klingt jedoch weit weniger sahnig-breit und kann den Xpandern und dem Matrix nicht ganz das Wasser reichen. Er hat dafür Regler, jedoch britzeln die etwas bei Bewegung und sind daher eher für den Klangbau gedacht. Genügend Stimmen bezahlt man auch gut, er ist ein Exot geblieben.

Seine interne Bezeichnung OberMoog (auch OberM006) ist weiter weg von Moog als das ein Alesis Andromeda A6 wäre. Dieser hat einen härteren, etwas nebligeren und brachialeren Sound. Trotz SEM-Filter-Clone und, zugegeben, ziemlich authentisch klingenden Moog-Filtern ist der Oberheim-Sound dann doch ein anderes Kaliber. Auch wenn Begriffe wie breit, fett, sahnig oder voluminös auch recht vielzitierte und abgewetzte Begriffe sind, kann man dennoch bescheinigen, dass sie hier wirklich der Hauptunterschied sind, der Andromeda oder OB-Mx von Opa Matrix trennen. Netter sind sie, weicher, irgendwie auch teurer rundet das Klischee ab, aber so ist es nun mal. Dass wir uns richtig verstehen – die ewige Klassikerlobhudelei ist damit nicht gemeint.

Nur, weil das so „geil“ ist, so ein Ding zu besitzen, bleibt hier vollkommen unbeachtet. Man kann heute auf nur nicht ganz identische Maschinen ausweichen, wie dem Studio Electronics Omega 8 und (solange es noch welche gibt) dem Andromeda, oder man spart Geld und versucht es mit dem Matrix 6, einem Marion Prosynth, beziehungsweise dem MSR2 oder einem Wiard/Malekko-Modul für das Modulsystem. Das Wiard Boogie Filter kommt von allen genannten Geräten am ehesten heran, jedoch wird man dann monophon arbeiten müssen und eben im modularen Kontext. Die kleinen Matrix- und Marion-Synthesizer klingen durchaus sehr gut. Sie sind zwar nicht patch-kompatibel, da sie „nur“ drei LFOs und drei Hüllkurven haben und auch viele Dinge aus dem Xpander / Matrix 12 fehlen. Man bekommt einige diese knopflosen Gesellen für ultra wenig Geld für einen vergleichsweise sehr guten Sound. Dafür hat man nicht ganz die besagte Breite und sähmige Soundbasis, und auch das Filter bietet nur ein festes 24 dB pro Oktave Tiefpass.

Wer gute Clubproduktion oder Popmusik im allerweitesten Sinne machen will oder einfach guten Sound, ist mit Sicherheit nicht falsch mit den Oberheim-Schlachtschiffen beraten. Wer zu viel Angst hat, wird wohl einen Omega 8 nehmen, der strukturell eher dem OB-8 ähnelt. Er hat einen obertonreicheren Klang, ist aber sehr teuer. Die Oberheims sind jeden Cent wert. Nicht zugreifen sollte man nur dann, wenn sehr schnelle Hüllkurven oder LFOs Bedingung für die eigene Musik ist. Ein einziger Oszillator bläst nicht nur einen zweifachen Oszillator eines JP8000 oder V-Synth aus dem Weg. Das ist auch nicht so schwer. Digitale und „Virtuell Analoge“ können ihm schlicht nicht gefährlich werden. Gemessen wird dann eher mit ARP 2600, Minimoog, Rhodes Chroma und Jupiter 8 als Referenz. Die erreicht er in jedem Falle. Tendenziell ähnliches Verhalten mit weniger Modulationsquellen gibt es übrigens beim Rhodes Chroma, der ein spätes Kind von ARP war, bevor die Entwicklung an CBS und Rhodes weiter ging. Insbesondere der Einsatz der Resonanz erinnert an die Oberheim Synthesizer. Auch er basiert auf Curtis-Chips, was aber nicht viel heißt. Und der Chroma ist auch nicht häufig anzutreffen. Alternativen sind daher schwer zu finden. Man kann es drehen, wie man will: Wer so einen Sound möchte, muss sich genau diese Oberheims holen.

Wer Klänge rein musikalisch-funktionell ersetzt, wird jedoch mit den alternativen Empfehlungen günstiger klar kommen und vielleicht mit einem Neuzeit-Analogen auskommen oder billig fliegen mit dem Matrix 6 oder 1000. Vergleiche mit virtuell-analogen Simulationen in Software oder Hardware kommen aber wenig in Frage. Auch ein Arturia Origin hätte damit seine Mühe. Man dürfte sie eben nie wirklich nebeneinander anspielen. Da sich hier die Einstellungen zum Klang sehr unterscheiden, sei noch angemerkt, dass es hier zwischen dem Matrix 6 und Xpander sicher kleinere Unterschiede gibt als zu irgendeinem VA oder einem Analogen, der nicht Oberheim, Rhodes Chroma oder  Boogie Filter heißt. Ansonsten wären Teilaspekte mit einem Omega 8 ganz gut bedient, er hat andere Stärken. Der Oberheim-Clan ist sicher nicht Spitzenreiter bei sehr obertonreichen Sounds. Der Bauch wird stets „Ja“ zu diesem Sound sagen. Immer. Ich habe das mal ausprobiert, es ist noch nie jemand von diesem Klang unbeeindruckt gewesen. Auch im Blindtest oder bei Menschen, die nie einen Oberheim gehört haben. So was wollte man dann schon auch, selbst wenn man eigentlich eher klickige Beats mit „digitalen“ Flächen mag.

Es ließe sich noch viel über Sound und Vergleiche schreiben, ich empfehle aber den Klang direkt am Instrument und vielleicht den Preis oder die Verfügbarkeit sprechen zu lassen.

Pro

  • Sagenhafter Sound, sowohl für Curtis-Chip Synths als auch allgemein für Analoge
  • Oktavreine FM
  • Sehr viele Modulationsquellen
  • Release Velocity spielbar
  • Nachkompatibles Display
  • Für die Zeit sehr gute MIDI-Implementation und SysEx-Specs

Contra

  • Relativ langsame Hüllkurven und LFOs
  • Display unersetzlich bei Defekt
  • Tastatur relativ durchschnittlich und inzwischen selten
  • Noise nur als Wellenform in VCO 2
  • (Sound-Namen relativ kurz)

Technische Daten

  • Hersteller: Oberheim
  • Modell: Matrix 12
  • Baujahr: 1985
  • 2 VCOs mit Hardsync, FM, Filter-FM, 5 Hüllkurven
  • 12 Stimmen
  • 5 LFOs + 1 Globaler LFO für Vibrato, Multimode
  • 3 Tracking Generatoren mit 5 Punkten
  • 4 Ramps (Minihüllkurven)
  • Multimodefilter mit 5 Typen > (Tief,Hoch,Band,Notch,Phase) in verschiedenen Kombinationen.
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balpirol sagt:

#1 - 26.06.2014 um 01:45 Uhr

0

als OB-X, OB-SX, M1000 und O4V Besitzer kann man da geteilter Meinung sein.
Wenn ein M12 so klingt wie die abgespeckte Version des M6, dann verzichte ich gerne. Höchstens im Austausch zu meinem M1000, sofern es den M12 als Rackversion gäbe.
Den Xpander habe ich ebenfalls testen können, irgendwie M6-mäßig, aber keinesfalls ein fetter Sahnesound a la 4V/8V.
Villeicht beide ? Austausch des M1000 gegen 2x Xpander overlayed, dazu einen O4V oder ev.nur den neuen, (hoffentlich noch) nicht .lieferbaren OB4V (soll ja stackable sein mit einem zweiten (dritten, vierten ?)
Vielleiccht ein Oberheim-16-Voice ?
Wäre doch was.

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