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The Sound of Posthof, Linz

In meinen letzten beiden Beiträgen beschrieb ich mein tontechnisches Handeln für das Stück „Frühlingsopfer“ der Gruppe She She Pop. Und die Herausforderung, diese Aufführung in sehr unterschiedlichen Venues zu spielen, sie dahingehend zu adaptieren und dennoch die Grundidee, unabhängig vom Ort, bestmöglich zu supporten. Bei Antje Pfundtners Stück „Nimmer“ gestaltet sich dies auf gewisse Weise etwas komplexer, da schon mein ursprüngliches Konzept zur Premiere im Jahr 2014 auf Kampnagel in Hamburg eher unkonventionell war. Ob mein Soundkonzept in einem Rock’n’Roll-Schuppen wie dem Linzer Posthof wohl ohne Weiteres umzusetzen ist?

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Auf zum Schäxpir 2015

Nach mehreren spannenden Gastspielen des Kindertheaterstücks „Nimmer“ von Antje Pfundtner im Hamburger Kampnagel und einer Weiterentwicklung zu einer Erwachsenenversion sollten wir nun mit der ursprünglichen Inszenierung für Kids auf dem Österreicher Schäxpir-Festival spielen. Dieses bedient sich vieler Spielorte in Linz und wir landeten im „Posthof“, wo normalerweise Konzerte oder Performances mit klassischer Frontbeschallung stattfinden.

Anforderungen

Die Choreographin Antje Pfundtner hat sich mit Ihrem Team bzw. ihrer „Gesellschaft“, zu der auch ich mich zählen darf, dazu entschieden, das Publikum auf der gleichen Fläche zu platzieren, wie sich selbst. Sie tanzt, performt und erzählt also genau im selben Raum und auch teilweise im Publikum.
Zum Entstehungsprozess von „Nimmer“ ist zu sagen, dass die Choreographin für zwei unterschiedliche Publikumsgruppen auch zwei unterschiedliche Versionen für Kinder und Erwachsene andachte. Die Anzahl der möglichen Zuschauer beschränkten wir in beiden Fällen auf 80 Personen, die dann sozusagen auf zwei Inseln auf der Bühne verteilt werden sollten. Die soundtechnische Dramaturgie, die ich zusammen mit dem Musiker Christoph Grothaus für das Stück entwickelt habe, sah drei Ebenen vor.

  • In der ersten Ebene erzählt die Performerin das ganze Stück über eine märchenhafte Geschichte
  • Ebene 2 beinhaltet große musikalische Kompositionen.
  • In der dritten Ebene verschmelzen beide Layer

Da sich die beiden Publikumsinseln auf einer großen Bühne befanden, wir aber trotzdem gerade für die Sprachebene eine große Intimität erzeugen wollten, beschlossen wir, die Inseln mit Lautsprechern einzukreisen. Außerdem positionierten wir für die Leute, die in der Mitte der Insel sitzen würden, einige Speaker von oben als eine Art Dusche. Das Konzept sah vor, keine übermäßig laute Verstärkung aufzufahren, sondern es sollte einfach das Gefühl vermittelt werden, von einer normalen Erzählerstimme umgeben zu sein – ähnlich wie bei einem Hörspiel.
Mit den Musikeinspielungen und Soundeffekten sollte sich indes der große Raum aufmachen und durch Surround-Spielereien zu voller Geltung kommen. Hierfür war im ursprünglichen Konzept eine Vierpunktbeschallung vorgesehen, geflogen in den Ecken der kompletten Spielfläche. Die dritte Ebene ist als Verschmelzung der ersten beiden zu verstehen, angereichert mit Atmo-Geräuschen und Musik, die sich im Hintergrund zur intimen Sprachbeschallung abspielt. Was soll man sagen: Anders als ein Konzert, anders als ein Theaterstück. Mission akzeptiert.

Fotostrecke: 2 Bilder Publikumsinseln, mit Sound-Duschen und Vierpunktbeschallung

Die MacGuyver-Crew

Zur Premiere 2014 im Hamburger Kampnagel konnte ich auf alle nötigen Ressourcen zurückgreifen, doch die Kommunikation in Linz lief zunächst etwas schleppend, da das Schäxpir ein sehr stark frequentiertes Festival ist. Bereits die Hängemöglichkeiten, also Hängepunkte und Anschlagmittel, für die Vierpunktbeschallung mit der hauseigenen D&B F2 waren bis zuletzt unklar. Wieso? Nun, das machen die in dem Laden halt eigentlich nicht. Vor Ort erwartete mich dann jedoch eine unglaublich freundliche und arbeitswillige Crew, die mit MacGuyver-mäßigen Tricks zu allen Schandtaten bereit war. Nice, und die ebenso geflogenen „Sound-Duschen“ waren auch gerettet. Hierfür nutzen wir im Posthof zwei für den Sprachbereich sehr geeignete D&B E3. Diese wurden in kleine D8-Motoren gehängt und konnten so auch in der Höhe angepasst werden (auf finaler Höhe natürlich mit Safeties gesichert). Ich konnte mich also getrost um die Programmierung des Digitalmixers kümmern.

Der Allen&Heath-Mixer

Hier erwartete mich – für mich fast schon irgendwie Theater-untypisch – kein Yamaha-Tisch (auf dem die Show auch schon programmiert gewesen wäre), sondern ein Allen&Heath iLive T112, auf dem ich vorher noch nicht gearbeitet hatte und dessen Offline-Editor leider nicht funktionierte. Ooops. Mit ein wenig Starthilfe des Haustechnikers ließ sich jedoch alles Nötige auf einem Layer platzieren, und zwar:

  • sechs Outputs aus meinem RME-Babyface, befeuert aus meinem geliebten Qlab
  • das gesplittete Headset-Signal (für eine Szene geht das Sprachsignal anders „EQed“ direkt in mein MacBook mit Logic Pro X und dort heftig insertierten Effekten)
  • ein Shure SM58
  • zwei Stereo-Effektreturns aus Logic Pro X
  • zwei mischpultinterne Effektwege (Reverb und Mono-Delay)
  • und eben acht Ausspielwege auf Fadern, mit denen ich Live den Sound wandern lassen konnte
Fotostrecke: 3 Bilder Mischpult Allen&Heath iLive T-112: alles Nötige auf einem Layer platziert.

Um die Inseln herum wurden insgesamt acht D&B MAXE gelegt – ein ziemliches Rock-Besteck. Weil der komplette Aufbau nach kurzer Klärung vor Ort reibungslos von der Crew übernommen wurde, konnte ich aber auch damit den benötigten filigranen Sound abliefern. Eine spannende Erfahrung und nur möglich, weil ich mich komplett auf den Sound konzentrieren konnte und die Top-Crew das Hängen und Ausrichten nach meinen Ansagen im Nullkommanix gewuppt hat. Eine tolle Show.
Bis zum nächsten Mal
Euer Manuel Horstmann (Autor PA)

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