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Studio Amplify KRFT Test

Produzenten kennen das alteingesessene Prinzip von DAWs in- und auswendig. Seit Jahrzehnten hat sich im grundsätzlichen Aufbau nichts Gravierendes geändert, die an eine Timeline angelehnte Multitrack-Ansicht ist auch heute noch Standard bei Logic, Cubase und Co. Der letzte wirklich frische Wind kam in Form von Abletons Clip-View in den 2000er Jahren. Eine lange Zeit, dachten sich die zwei Brüder vom Software-Entwickler Studio Amplify. Und ein Ansatzpunkt, um etwas weitestgehend Eigenständiges zu kreieren: Die iOS-App KRFT. Ob diese das bewährte DAW-Prinzip herausfordern kann, wird hier im Test geklärt.

00_KRFT_Teaser

Details

Features

KRFT ist im Grunde eine DAW im Hosentaschenformat. Im Fokus steht dabei die zu Beginn gänzlich leere Oberfläche, die nach eigenen Vorstellungen und Vorlieben gestaltet wird. Dazu bietet das Layout eine Projektverwaltung, in der diese eigens erstellten „Surfaces“ und Recordings zu sehen sind. Außerdem stehen Projekte von anderen Usern zum Download bereit. Wer anfangs also vom ungewöhnlichen Workflow der App verwirrt ist, findet hier Beispiele und Inspiration der Community.
 

Die Projektverwaltung und Surface-Community
Die Projektverwaltung und Surface-Community

Die iOS-App bietet von Hause aus drei Instrumente an: Bass, Lead und Drums. Um nicht von Grund auf seine Sounds gänzlich neu gestalten zu müssen, sind auch noch fast 120 Presets mit an Bord, die alle eine hochgradig elektronische Charakteristik vorweisen.
Aber auch für Soundbastler birgt die Anwendung einige Möglichkeiten, denn die einzelnen Presets lassen sich in zahlreichen Parametern verändern. KRFT bietet dafür gleich zehn verschiedene Rubriken der Bearbeitung an. Zunächst stellt man allgemeinere Werte wie Lautstärke, Panning, Reverb, Filterfrequenz und Resonanz unter „Channel“ ein. Über „Waves“ geht es an die virtuellen Oszillatoren, derer das Bass- sowie das Lead-Instrument jeweils drei haben: Der Pitch des Sounds, der Mix zwischen den OSCs, Portamento und Legato sowie bis zu sechsstimmige Polyphonie können hier festgelegt werden. Auffallend ist auch, dass den Oszillatoren über 70 Wellenformen spendiert wurden, die sich häufig zwar nur durch ihre ausgeprägten oder reduzierteren Obertöne unterscheiden, aber dennoch ein ausdrückliches, großes Lob wert sind. Hier lässt sich wirklich alles, was man sich vorstellt, auch umsetzen. Über Saw bis Square ist alles dabei.
 

Die Bass- und Lead-Synthesizer sowie das Drum-Rack
Die Bass- und Lead-Synthesizer sowie das Drum-Rack

Die Rubrik „Distortion“ sorgt für den nötigen Dreck im Sound, hier wird ein verzerrender Amplifier emuliert, ein Fuzz-Effekt, Ring-Modulation, Frequenz-Modulation der Wellen untereinander und zufällige Mix-Werte zwischen den einzelnen Wellenformen hinzugefügt. Über den Reiter „Filter“ geht es an die Obertöne des Sounds, Cutoff, Resonanz und Filter-Envelopes stehen dabei zur Verfügung. Die Hüllkurven stellt man naturgemäß unter „Envelopes“ ein, hier gibt es nicht nur die typische ADSR-Technik, über „Curve“ können außerdem noch zwischen den einzelnen Kurven-Etappen quasi Fades für geschmeidigere An- und Abstiege eingebaut werden. Die Frequenzen weiter in den Griff zu bekommen, dafür sorgt der Equalizer, kurz „EQ“, der im Grunde wie ein weiterer Filter funktioniert. Gewählt wird zwischen Peak, Low Pass, Hi Pass und Band Pass, die ausgewählte Frequenz wird dann in Lautstärke und Resonanz bearbeitet.
Zusätzlich zur Distortion bietet KRFT noch zwei weitere Effekte: Delay und Chorus. Einstellen lassen sich die Intensität des Delays, das Feedback, die Wiederholungsfrequenz, Panning und ein Filter für das Feedback. Auch der Chorus hat einen Dry/Wet-Regler – weiterhin befinden sich unter den Parametern noch Feedback, Rate und Tiefe. Um dem Sound Bewegung zu geben, ist ein LFO mit an Bord, der in den Wellenformen Saw, Square, Triangle, Sine und R. Saw schwingen kann und sich in Geschwindigkeit, Offset und verzögertem Einsatz variieren lässt. Mögliche Ziele für die LFO-Modulation sind dabei der Pitch, das Filter, der FM-Effekt, die Lautstärke sowie der Mix zwischen den Oszillatoren. Schließlich bleibt noch die „Velocity“ als Mittel, um den Ausdruck des Spiels noch zu erhöhen. Die Anschlagsdynamik – dazu später mehr – kann die Lautstärke, das Filter, Attack, Pitch und den LFO beeinflussen.

Fotostrecke: 4 Bilder Viele Einstellungsmöglichkeiten: Channel, Wellenform…

Eigener Workspace

Man sieht, KRFT hat alleine schon in Sachen Sounddesign eine Menge Features an Bord, die aber an und für sich nichts Neues sind. Die App spezialisiert sich aber gar nicht so sehr auf ihre virtuellen Synthesizer, vielmehr steht das Basteln von eigenen Oberflächen im Fokus. Wie das funktioniert, schauen wir uns jetzt an.
Wer ein neues Projekt startet, wird mit einer vollkommen leeren, grauen 2D-Oberfläche empfangen geheißen. Über das Stift-Symbol und dem damit verbundenen Edit-Modus legt sich über die „weiße“ Leinwand ein feines Netz aus auswählbaren Platzierungspunkten. Hier darf dann eine „Zelle“ gelegt werden, das KRFT-Äquivalent zur handelsüblichen Spur, wie sie auch in Logic und Co. zu finden ist. Der Vorteil dieser Cell ist, dass ihr nicht nur Audio und MIDI, sondern vielmehr verschiedene Funktionen zur Verfügung stehen. Je nach gewünschtem Verwendungszweck wählt man zwischen Loop, Fill, Audio, Dial, Morph und Group. „Loop“ spielt dabei einen begrenzten Ausschnitt einer Drum-, Bass-, Lead- oder MIDI-Spur bei einmaligem Antippen unendlich oder mit eingestelltem taktsynchronen Endpunkt wieder, wohingegen „Fill“ für die gleiche Funktion gedrückt gehalten werden muss und daher eher für Übergänge nützlich ist. „Audio“ ist quasi der Sampler, über den eigene Sounds über iCloud Drive importiert, bearbeitet und im Loop gespielt werden. „Dial“ ist ein virtueller, frei belegbarer Poti, um beispielsweise Filterfahrten live zu steuern, „Morph“ kann zwischen zwei verschiedenen Einstellungen über eine festgelegte Zeit selbstständig hin- und hergleiten, dient also als Automation von etlichen Parametern. Und „Group“ erlaubt es schließlich, mehrere dieser Funktionen miteinander zu verbinden sowie Spuren gleichzeitig abzuspielen.
 

Die leere Oberfläche wird nach und nach um „Cells“ ergänzt
Die leere Oberfläche wird nach und nach um „Cells“ ergänzt

Repräsentiert werden diese „Spuren“ durch eine jeweils eigene geometrische Form, sodass man die verschiedenen Features schnell zuordnen kann. So haben Loops beispielsweise eine Rautenform, Groups sind als Quadrate dargestellt. Auch die Farbe trägt Informationen, Drums sind rot, Bässe sind lila und Leads sind in Türkis gehalten. Ob die geometrische Form farbig gefüllt ist oder nur aus Outlines besteht, zeigt an, ob sie nur einmalig betätigt oder für das Playback gehalten werden muss. Man kann seine eigene Oberfläche also relativ frei erschaffen. Die Rauten, Ovale und Dreiecke können nach eigenen Vorstellungen gedreht, beschriftet (sogar mit Emojis :)) und angeordnet werden.
Über der Surface-Ansicht findet sich das Hauptmenü. Der Mixer regelt die Lautstärke der einzelnen Spuren untereinander und gibt gleichzeitig auch Zugriff auf die einzelnen Sound-Settings. Praktisch, dass diese damit über mehrere Zugänge bearbeitet werden können, so spart man sich Umwege durch die App.
Der Record-Button nimmt die Session live auf und speichert sie in der Projektverwaltung. Anschließend kann die Aufnahme versendet werden, dies geht beispielsweise über Apples Nachrichten, per Email, WhatsApp oder iCloud Drive. Das Format ist dabei m4a, geändert werden kann dieses leider nicht.
Weiterhin passt man im Menü Parameter des Master-Kanals an: in Lautstärke, Tonart (zur Auswahl stehen Major, Minor, Harmonic, Dorian, Mixolydian, Lydian, Phrygian und Lochrian), im Tempo in BPM, Swing und Reverb. Auch aktiviert man hier Ableton Link.

Im Hauptmenü mixt man Spuren, stellt generelle Parameter ein und aktiviert Ableton Link
Im Hauptmenü mixt man Spuren, stellt generelle Parameter ein und aktiviert Ableton Link

Apropos Link und Verbindung, KRFT eignet sich hervorragend zum kreativen Zusammenspiel mit anderen Anwendungen. Zwar fehlen Features wie die Einbindung von auf dem gleichen Device befindlichen Audio-Apps, wie beispielsweise Retronyms Hook sie anbietet. Dafür ist die MIDI-Anbindung sehr ausgeprägt, später mehr dazu.

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