SSL BiG SiX Test

Das SSL SiX war vom Start weg ein echter Erfolg. Und bereits mit seinem Erscheinen vor rund zweieinhalb Jahren war im Grunde absehbar, dass ein größerer Nachfolger früher oder später folgen wird. Nun ist es soweit: Der neue „große kleine Mischer von SSL“ ist da! Und tatsächlich haben ihn die Engländer einfach BiG SiX genannt.

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Ja, können die denn nicht richtig zählen? Das Ding hat doch acht Kanalzüge! Ich gebe zu, man muss schon etwas kräftiger sein Bewusstsein erweitern, um der „Logic“ von Solid State Logic folgen zu können. Ich versuche es trotzdem: Der kleine Sechser hatte vier Kanalzüge, darunter zwei Mono-Channels und zwei Stereo-Channels. Zählt man die Stereos nun doppelt – was nicht unüblich ist – kommt man auf sechs Kanäle. 
Wenn man BiG SiX verdoppelt, bringt das vier Mono-Channels und vier Stereo-Channels in die Rechnung. Das macht nach meinem Mathematikverständnis zwölf, bei SSL anscheinend aber „einfach“ BiG SiX. Das erinnert mich irgendwie an den Daimler Jaguar, da hieß der 12-Zylinder auch schlicht Double Six. Und wenn schon: Zählt man die vier Monos-Channels zur Abwechslung als zweimal Stereo – was eher sehr unüblich ist – kommt man irgendwie auch wieder auf SiX. Naja.

Details

Dickes Mischpult
 

SSL BiG SiX ist die große Variante vom SSL SiX: Fast dreimal so schwer, doppelt so groß und mit doppelt so vielen Kanälen gesegnet, für ungefähr auch den doppelten Preis, sprich 2999 Euro. Das Gehäuse des analogen Mixers ist angenehm zum Nutzer geneigt, aus gebürsteten Metall und vermittelt einen hochwertigen Eindruck. Rackohren sind optional erhältlich. Engineered in UK, Made in China. So weit das Offensichtliche.

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Integriertes USB-Audiointerface

Einen Hauch mehr an EQ gibt es hier nun außerdem, vor allem aber ist nun ein üppiges Audiointerface verbaut, was sich viele User wohl gewünscht haben dürften. Es bietet 16 Ins und 16 Outs, löst mit bis zu 96 kHz und 24 Bit auf und wird per USB-C Anschluss verbunden. Es ist class-compliant, somit mit MacOS und auch Windows kompatibel. Ob auch Linux und iPhone funktionieren, bleibt zu prüfen. 

Sidecar und Profi-Console

Jeder der acht Kanäle verfügt über einen breit arbeitenden 3-Band-EQ, einen langen, smooth gleitenden 100 mm Fader sowie einen Pan-Regler. Mute und PFL-Taster kommen hinzu. Ergänzt wird von einer wirklich gut lesbaren (2x)8-Segment LED-Pegelanzeige mit EBU- bzw. SMPTE-konformen +18 dBU bzw. +24 dBu Lämpchen an der Spitze. Headroom ist mit 27 dBu ferner reichlich vorhanden.

Klares Layout mit angenehm Platz zwischen den Bedienelementen.
Klares Layout mit angenehm Platz zwischen den Bedienelementen.

Die vier Mono-Channels haben alle einen Preamp mit 72 dB Gain, einen simplen One-Knob-Compressor sowie einen symmetrischen Insert am Start. Die Stereo-Channels bieten eine Mono-Funktion, verzichten aber leider auf Insert und Compressor. Für sie gibt es dann nur im Master den vereinfachten „G-Comp Buss-Compressor“ und einen Insert – bzw. wahlweise via Cue 1 den Kompressor auch parallel. Ferner sind die  High/Low-Bänder des EQ in den Stereo-Channels nicht umschaltbar.
Die Monitoring-Optionen sind wiederum überamtlich. Es gibt zwei Paar Speaker-Outs und zwei vollständig getrennte Kopfhörer-Ausgänge – inklusive umfangreichem Talkback, Foldback sowie einem eigenem Talkback-Preamp mit Listen-Mic-Compressor. Das finde ich wirklich gut, da mich eingebaute Mics nie überzeugt haben. Ferner sind die Zuweisungsmöglichkeiten der USB-Channels im Pult SSL-typisch clever umgesetzt und damit wirklich praxisrelevant.

Vier SuperAnalogue-Preamps mit bis zu 72 dB Gain in den Mono-Channels.
Vier SuperAnalogue-Preamps mit bis zu 72 dB Gain in den Mono-Channels.

Die typischen „SSL SuperAnalogue“ Design-Merkmale sorgen auch hier für einen extrem unauffälligen sowie rausch- und verzerrungsarmen Signalfluss, ziemlich „flink“ bis rauf auf 100 kHz ist er außerdem. Und bevor nun Biologen um die Ecke kommen: Ja, Menschen können isoliert nicht über 20 kHz hören, steile Flanken können sie allerdings schon sehr gut wahrnehmen – und genau die beinhalten entsprechend hochfrequente Anteile.

18 analoge Eingänge inkl. 16 USB-Outputs

Es gibt wie gesagt acht Kanalzüge, darunter vier Mono-Channels mit umschaltbaren Preamps für Mic, Line und Instrument-Signale. Diese verwenden separate Klinken- und XLR-Buchsen, sodass man im Gegensatz zu den eher üblichen Combos nicht unbedingt umstecken muss. Phantom-Spannung, Phasenumkehr und Low-Cuts gibt es in jeden Kanal individuell. Die Vier Stereo-Channels und zwei zusätzliche Stereo-External-Ins kommen hinzu. Das macht insgesamt 16 Mono-Eingänge, alle wahlweise vom eingebauten USB-Interface direkt ansprechbar durch Umschalten. 

3 ist mehr als 2: Das Mittenband arbeitet wie auch die anderen Bänder sehr weit und hat eine fixe Arbeitsfrequenz, hier von 700 Hz.
3 ist mehr als 2: Das Mittenband arbeitet wie auch die anderen Bänder sehr weit und hat eine fixe Arbeitsfrequenz, hier von 700 Hz.

Insofern kann man schon von einer Inline-Konsole reden, selbst wenn es keine zusätzlichen analogen „Alternatives“ gibt. Ein weiterer, nicht regelbarer analoger Eingang ohne USB kommt rückseitig hinzu. Dieser „Stereo Main Bus Summing Input“ ist dazu gedacht, eine zweite Unit in den Master zu chainen oder andere Summierer integrieren zu können.

Zwei Stereo-Cues für Monitoring und Send-Effekte

Das Pult verfügt in jeden der acht Kanäle über zwei regelbare Stereo-Cues (Send-Regler) mit Panorama-Funktion. SSL-typisch kann man diese vielfältig routen und unterschiedlich nutzen. Vorzugsweise werden diese „Cue/Sends“ in Verbindung mit den Kopfhörer-Ausgängen für das Zuweisen des (Künstler-)Monitorings während des Recordings genutzt. 
Alternativ kann man diese in Verbindung mit externen Send-Effekten verwenden, beispielsweise Reverb und Delay. Die Send-Ausgänge befinden sich auf der Rückseite. Typischerweise nutzt man dann entsprechend die oben angebrachten Stereo-External-Ins als Returns. Zusätzlich kann man Cue-1 mit einem Tastendruck in den Bus Compressor routen, um komplexes Parallel-Processing zu betreiben. Diese Vielfältigkeit ohne Unnötigkeit ist bemerkenswert lässig.

Kein Kompakt-Mixer hat soviel Monitoring an Board: Der BiG SiX ist ein echtes Studio-Pult!
Kein Kompakt-Mixer hat soviel Monitoring an Board: Der BiG SiX ist ein echtes Studio-Pult!

16 USB-Inputs, vielfältige Zuweisungen

Alle analogen Kanalzüge verfügen neben den alternativen USB-Eingängen außerdem über zwölf „digitale Direct-Outs“, wenn man so will. Es geht bei Bedarf also auch wieder direkt in den Rechner zurück bzw. generell auch ohne Summing in den Rechner, wahlweise Pre- oder Post-Fader. Die restlichen vier AD-Kanäle – 13/14 und 15/16, um genau zu sein – können wahlweise von den beiden External-Ins, dem Master oder dem Bus B gefüttert werden. 
Das kleine Ding hat tatsächlich einen zweiten Stereo-Bus. Er wird aktiv, sobald ein Channel gemuted und vom Master ausgenommen ist. Auch hierfür bieten sich ein Vielzahl an Szenarien an, die sinnvoll zu nutzen sind. Stichwort Stems, alternatives Monitoring und so weiter. Was allerdings nicht geht: die Returns dem Bus B zuweisen. 

Dichte Rückseite

Was es am großen SiX nicht mehr gibt: Sub-Ds. Davon kann man halten, was man will, mit Hinblick auf die wohl augenscheinlich größte Zielgruppe dürfte die Armada an Klinkenbuchsen an dieser Stelle jedoch die richtige Wahl gewesen sein. Alle Buchsen sind servo-symmetriert, sogar die Inserts sind „balanced“, was bei Mischpulten dieser Größe wirklich selten ist.
Abgesehen davon sind Y-Kabel ohnehin ein absoluter Sackgang. Die Anschlusssektion wurde ferner vorbildlich eingerückt, sodass man das Pult gut einbauen kann. Rackohren werden wohl ebenfalls bald angeboten, man muss dann nur die Seitenteile vorher abschrauben.

Fotostrecke: 3 Bilder Die eingerückte Rückseite bietet reichlich Anschlüsse.

Auf der Oberseite finden sich nur die wichtigsten Anschlüsse; welche, an die man eventuell öfters heran muss. Ich find die Auswahl grundsätzlich gut, lediglich den beiden External Ins hätten man mehr Abstand schenken können, sodass man Winkelstecker noch galanter hätte führen können. 
Das externe Netzteil akzeptiert selbstredend alle relevanten Spannungen, der Stecker ist gegenüber „Old Six“ allerdings ein kleiner Rückschritt. Solider als der alte SVHS-Anschluss ist er allemal. UK und Euro-Stecker sind dabei. USB-C auf C und UCB-C auf A finden sich auch im Karton. 

Kommentieren
Profilbild von Norbert Binder

Norbert Binder sagt:

#1 - 15.12.2021 um 16:40 Uhr

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Beim Fazit fasziniert mich vor allem die "Toiletten Bedienbarkeit" des SSL Mixers. Ich weiß nicht genau, für was man die braucht - wahrscheinlich hat das Pult einen guten Spritzschutz und hält auch unangenehmen Gerüchen locker stand :-)

    Profilbild von Felix Klostermann

    Felix Klostermann sagt:

    #1.1 - 15.12.2021 um 17:12 Uhr

    0

    Die Toiletten Bedienbarkeit ermöglicht dir unabhängig von der Faderlänge eine einhändige Bedienung. Bitte hab Erbarmen mit unserem lahmen Cache – bald sollte auch der Fehler weggespült sein. LG;Felix

    Antwort auf #1 von Norbert Binder

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    +1
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Stefan Saurer sagt:

#2 - 16.12.2021 um 19:20 Uhr

0

Leider gingen die Adat Ausgänge vergessen.

    Profilbild von Felix Klostermann

    Felix Klostermann sagt:

    #2.1 - 16.12.2021 um 20:19 Uhr

    0

    Das wäre durchaus als Option wünschenswert gewesen, wobei DANTE sicherlich noch zielführender gewesen wäre.

    Antwort auf #2 von Stefan Saurer

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