Spitfire Audio Studio Strings Professional Test

Hersteller Spitfire Audio gilt als Synonym für hochkarätige Orchester-Sample-Libraries, die vorwiegend an Komponisten und Sounddesigner im Bereich Film- und Game-Scorings gerichtet sind. Nachdem man sich mit Produkten wie Albion Tundra zwischenzeitlich eher auf moderne, Orchester-untypische Klanglieferanten spezialisiert hat, strebt man mit der Studio Serie einen authentischen aber verhältnismäßig direkten und detailreichen Grundsound an. Statt der üppigen Lydhurst Hall Philharmonie, in der Spitfire bereits die Klänge einiger Libraries eingefangen hat, wurden die Studio Strings im akustisch gesehen „trockenen“ Studio One der Air Studios in London aufgenommen, um einen möglichst minimalen Raumanteil zu erzielen.

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Jetzt könnte man annehmen, das sei nichts Neues und dass Spitfire selbst bereits mit den Orchester Series eben solche Libraries im Programm hat. Doch mit den Studio Strings und den Studio Strings Professional möchte man dem Benutzer ein Streicher-Ensemble an die Hand geben, dessen akustischer Grundsound „dry“ und dementsprechend individuell formbar ist. Die Library kommt mit einer umfangreichen Auswahl an Artikulationen, mischbaren Mikrofonpositionen und einem Arpeggiator. Den Anfang machen die Studio Strings, die künftig mit Brass- und Woodwind-Libraries zu einer Serie komplettiert werden sollen. Was genau die Studio Strings Professional zu bieten haben, wie sie klingen und sich im Workflow verhalten, zeigt der Praxis-Test.

Details

Ensemble-Besetzung

Das Ensemble besteht aus Violinen (erste und zweite), Violas, Celli und Bässen. Die Library gibt es in den zwei Varianten „Studio Strings“ und „Studio Strings Professional“. Die Studio-Version besteht aus einer 8, 6, 6, 6, 4-Besetzung mit 30 Musikern. Die Pro-Version enthält ein größeres Orchester in einer 16, 12, 12, 12, 4-Anordnung, außerdem fünf zusätzliche Mikrofone, zwei zusätzliche Mischungen und zwei Divisi-Sektionen. Letztgenannte teilen ein Streicher-Ensemble in zwei Hälften, wodurch man flexibler arrangieren kann. Auch die Datenmenge der Libraries unterscheidet sich deutlich: die Studio-Version kommt mit 13,2 GB; dagegen sind die 210 GB der Pro-Version schon eine Hausnummer.

Artikulationen und Mikrofonpositionen

Die Standard-Version kommt mit 148 Artikulationen, bei der Pro-Version sind es insgesamt 232 (!), von denen einige in verschiedenen Ausführungen vorliegen. So gibt es beispielsweise Pizzicato in long und short. Bei den „Long“-Varianten kommen bis zu drei Dynamik-Layer und zwei Round Robins zum Einsatz, um das Ganze nochmals natürlicher klingen zu lassen. Insgesamt sechs Mikrofonpositionen sind auswählbar – in Kombination mit den Artikulationen ist das wirklich eine Menge Holz und erklärt auch, warum die Sample-Library so einen hohen Speicherplatz in Anspruch nimmt.

Das Interface der Studio Strings Professional
Das Interface der Studio Strings Professional

Praxis

Download und Installation

Die 210 GB große Library wird über den „Spitfire Audio Downloader“ heruntergeladen und im Anschluss automatisch installiert. Während der Installation werden 412 GB Speicherplatz benötigt, was mit dem Entpacken der komprimierten Dateien zusammenhängt. Die kurzfristig doppelt existierende Datenmenge wird nach der Installation automatisch gelöscht – eigentlich klar, bei der Datenmenge sollte man es aber im Hinterkopf behalten. Über Native Instruments’ Softwareverwaltungssystem „Native Access“ wird die Library aktiviert und ist daraufhin startklar.

Bedienung in der General-Ansicht

Im Hauptordner der Library sind die Sektionen des Ensembles als einzelne Instrument-Patches auswählbar: Violins, Violins 2, Violas, Celli und Basses. Diese Patches sollten dann gewählt werden, wenn gewöhnliche Artikulationen gefragt sind und on the fly gewechselt gespielt werden sollen. Im Ordner „Advanced“ findet man Patches, mit denen für die Ensemble-Sektionen gezielt individuelle Artikulationen, erweiterte Spieltechniken und Legato-Techniken geladen werden können. Komplette Ensemble-Patches, bei denen mit nur einem Patch die gesamte Besetzung spielbar wäre, sind nicht dabei – würde allerdings auch nicht zum flexiblen Konzept passen.

Eine vereinfachte Ansicht lässt weniger Eingriff ins Klanggeschehen zu, führt jedoch zu schnellen Ergebnissen.
Eine vereinfachte Ansicht lässt weniger Eingriff ins Klanggeschehen zu, führt jedoch zu schnellen Ergebnissen.

Umfangreiche Settings in der Expert-Ansicht

Für die Detailarbeit wechselt man in die Experten-Ansicht. Im Mixer lassen sich die Mikrofonpositionen einzeln in der Lautstärke regeln, im Stereopanorama platzieren und in der Stereobreite justieren. Die verfügbaren Mikrofonsignale sind Close Mics, Tree, Ambient, Outriggers, Stereo Mic, Gallery, Close Ribbons und Stereo Mixes. Das Manual liefert ausführliche Informationen über die Aufstellungsorte, die verwendeten Mikrofone und die klanglichen Aspekte der Mikrofonpositionen. Die Signale können global und auch individuell pro Artikulation gemischt werden. Auch die Velocity-Kurven der Instrumente sind in der Mixer-Sektion änderbar. Für diverse Anwendungsbereiche stehen viele Mixer-Presets bereit und auch eigene Settings lassen sich anlegen.

In der Experten-Ansicht erhält man direkten Zugriff auf alle Features.
In der Experten-Ansicht erhält man direkten Zugriff auf alle Features.

Im Folgenden habe ich die einzelnen Mikrofonpositionen von Pizzicato gespielten Celli solo geschaltet. Im ersten Moment ist es sehr gewöhnungsbedürftig ein Streicher-Ensemble so trocken und direkt zu hören. Besonders, wenn man nur die Close Mics hört. Als Mix wird das schon wieder aufgelockert, der Charakter bleibt dennoch definiert und schreit förmlich nach einem künstlichen Hall. Davon hat die Library einen an Bord, der aber keine gezielten Settings zulässt, sondern nur mit einem Regler bedient wird. Durch diesen direkten Sound hat man absolute Freiheit beim Einsatz von Halleffekten, und genau das macht die Library besonders.

Audio Samples
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Mikrofonpositionen: Cello (Close Mics) Mikrofonpositionen: Cello (Tree) Mikrofonpositionen: Cello (Ambient) Mikrofonpositionen: Cello (Outriggers) Mikrofonpositionen: Cello (Mix) Mikrofonpositionen: Cello (Mix + Reverb)

Auf der rechten Seite lassen sich Round-Robin-Settings vornehmen. Neben der gewöhnlichen Funktionalität, also dem Triggern verschiedener Samples gleich gespielter Noten, sind noch fünf weitere Optionen verfügbar. Diese bieten diverse Layerings der Round Robins (zum Beispiel mit Oktavierungen), wodurch die Samples noch abwechslungsreicher klingen. Direkt daneben erhält man Zugriff auf die „Controllers“, mit denen sich Feinjustierungen für Dynamic, Vibrato, Legato Speed, Legato Intensity, Release, Tightness und Expression vornehmen lassen.
Bei Bedarf bzw. Ressourcenbedarf können Mikrofonpositionen und Artikulationen aus dem Arbeitsspeicher gelöscht werden. Dazu befinden sich kleine Buttons unter den Sektionen, mit denen die Samples ganz einfach deaktiviert werden. Bei den meisten Libraries, die es erlauben, Mikrosignale zu mischen, bleiben die Samples bei nicht aktivierten Kanälen dennoch im Speicher und verschwenden dadurch Rechenleistung. Bei den Studio Strings werden die Samples sogar automatisch aus dem Speicher gelöscht, wenn man einen Kanalfader komplett herunterregelt. Die Library kümmert sich also zum Teil selbst um die Ressourcen – praxisorientiert gelöst!

Nicht benötigte Samples lassen sich deaktivieren, um Rechenleistung einzusparen.
Nicht benötigte Samples lassen sich deaktivieren, um Rechenleistung einzusparen.

Umfangreiche Ausdrucksmöglichkeiten

In den Main-Patches sind für jede Ensemble-Sektion sieben Artikulationen auswählbar. Im Ordner „Extended Techniques“ kommen pro Sektion „Core“- und „Decorative“-Techniken und teilweise auch zusätzliche FX-Artikulationen hinzu. So können je nach Sektion auch mal über 50 Spieltechniken zusammenkommen. In einem weiteren Ordner „Others“ befinden sich Economic-, Light- und Time Machine-Patches. Economic-Patches enthalten weniger Artikulationen, um RAM zu sparen, während Light gespreizte Artikulationen enthält, um CPU-Ressourcen zu sparen. Die Time Machine-Patches laden alle kurzen Artikulationen in den Speicher, sodass man die Länge der Noten über CC-Meldungen variieren kann.

Auswählbare Artikulationen eines Standard-Patchs
Auswählbare Artikulationen eines Standard-Patchs
Audio Samples
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Artikulationen: Basses (4) Legato Artikulationen: Celli (12) Legato Artikulationen: Violas 12 Legato Artikulationen: Violins 2 12 L Flautando Artikulationen: Violins 1 (16) Decorative Artikulationen: Standard Patches (Mix) Artikulationen: Decorative Violas Artikulationen: Violins FX Phrases

Ostinatum 

Für kurze Artikulationen, etwa Pizzicato oder Spiccato, ist eine weitere Sektion namens Ostinatum auswählbar. Dies ist ein Arpeggiator bzw. Pattern Sequencer, in dem sich bis zu acht Sequenzen anlegen lassen. Im Pattern Sequencer lassen sich Noten (Sequencer Steps) hinzufügen, wobei Notenwerte (1/2, 1/4, 1/8 …) und Pausen auswählbar sind. Notenlänge, Anschlagstärke und Tonhöhe der Noten lassen sich nachträglich einstellen. Über selbst definierbare Keyswitches kann der Arpeggiator aktiviert und die Patterns ausgewählt werden. Die Patterns lassen sich natürlich auch abspeichern, um sie in weiteren Instanzen zu nutzen – Pattern-Presets sind keine mit dabei.

Mit Ostinatum lassen sich in einem umfangreichen Sequencer bis zu acht Patterns erstellen.
Mit Ostinatum lassen sich in einem umfangreichen Sequencer bis zu acht Patterns erstellen.
Audio Samples
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Ostinatum: User-Pattern (Order Pressed) Ostinatum: User-Pattern (Chord Mode)

MIDI-Zuweisung und NKS-Umsetzung

Abgesehen von den vordefinierten Keyswitches zum Umschalten der Artikulationen lassen sich fast alle Buttons und Regler der Bedienoberfläche via rechter Maustaste (Kontextmenü) einem MIDI-Controller zuweisen. Für Native Instruments NKS (Native Kontrol Standard) sind die Parameter bereits fertig gemappt, um die Library mit Maschine oder Komplete Kontrol Keyboards ohne Weiteres direkt zu steuern. In dem Fall sind die Controller und auch die Mixer-Regler, also Mikrofonpositionen, steuerbar. Dadurch kann man nicht nur den Klangcharakter ändern, sondern auch direkt am MIDI-Controller Ressourcen einsparen, indem man Mikrofonsignale komplett abdreht – sehr schön!

Fazit

Mit den Studio Strings Professional ist Spitfire Audio eine hochwertige Streicher-Library gelungen, die sich mit ihrem definierten Studiosound und präzisen Eingriff ins Klanggeschehen nicht nur für Film- und Game-Scorings, sondern auch für Musikproduktionen eignet. Die Library ist gewiss kein „Fertiggericht“ mit vorgefertigten Loops oder Klangeinstellungen, sondern vielmehr ein Profi-Tool, das sich an Produzenten richtet, die Wert auf viele Spieltechniken legen, um möglichst authentische Streicher-Arrangements zu erstellen und die Möglichkeit den Klangcharakter selbst zu formen. Auf Onboard-Effekte und Sound-Presets wird bewusst verzichtet. Vielmehr ist der Grundsound mit sechs mischbaren Mikrofonpositionen, Velocitykurven, mehreren Round-Robin-Optionen, Artikulations-Layerings und feinjustierbaren Expression Controllern individuell formbar. Ein zusätzlicher Pattern Sequencer ermöglicht das Erstellen umfangreicher Sequenzen, die sich über Keyswitches abfeuern lassen. Nicht benötigte Artikulationen und Mikrofonpositionen lassen sich aus dem Arbeitsspeicher löschen, um Ressourcen einzusparen.

Pro
  • herausragende Klangqualität
  • Mischung der Mikrofonpositionen

  • viele Artikulationen in mehreren Variationen
  • flexibles Arbeitsspeicher-Management
  • 
individuelle Notenauswahl im Pattern Sequencer
  • umfangreiche Round-Robin-Optionen

  • mehrere Mixe pro Instanz
  • erlaubt Feinjustierungen der Expression Controller
  • kurze Einarbeitungszeit durch smarte Hilfe-Anzeige

Contra
  • klein geratene Parameter und Beschriftungen im GUI (NI Kontakt)
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Features
  • String-Library für Native Instruments Kontakt
Streicher-Ensemble mit Violinen (1 und 2), Violas, Celli und Bässen
  • aufgenommen im Studio One (Dry Stage) der Air Studios in London
  • Main String Section (8, 6, 6, 6, 4)
  • 2 Divisi Sections (4, 3, 3, 3)
  • Large Band (16, 12, 12, 12, 4)
  • General- und Expert-Ansicht
  • 232 Artikulationen und Spieltechniken (Am Interface und per Keyswitch auswählbar)
  • 6 Mikrofonpositionen inklusive Mixer mit Volume, Panorama und Stereobreite
  • Mixer-Settings global oder pro Artikulation einstellbar
  • bis zu 3 Dynamik Layer und 2 Round Robins
  • 2 Stereo Mixes
  • Velocitykurven individuell einstellbar
  • Controllers zur Feinjustierung von Dynamic, Vibrato, Legato Speed, Legato Intensity, Release, Tightness und Expression
  • Ostinatum: Arpeggiator mit Pattern Sequencer
  • anlegbare Mixer- und Pattern-Presets
  • Systemvoraussetzungen: Windows 7 oder neuer, macOS 10.10, Native Instruments Kontakt oder Kontakt Player 5.6.8 oder neuer, 210 GB freier Speicherplatz (421 GB während der Installation)
Preis
  • EUR 499 (UVP am 23.10.2018)
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • herausragende Klangqualität
  • Mischung der Mikrofonpositionen

  • viele Artikulationen in mehreren Variationen
  • flexibles Arbeitsspeicher-Management
  • 
individuelle Notenauswahl im Pattern Sequencer
  • umfangreiche Round-Robin-Optionen

  • mehrere Mixe pro Instanz
  • erlaubt Feinjustierungen der Expression Controller
  • kurze Einarbeitungszeit durch smarte Hilfe-Anzeige

Contra
  • klein geratene Parameter und Beschriftungen im GUI (NI Kontakt)
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