Roland SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer Test

Der semi-modulare Roland SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer ist der vierte und bisher komplexeste Software Synth der Roland Plug-Out-Reihe. Wie die drei anderen Plug-Outs SH-101, SH-2 und PROMARS läuft die Software-Adaption des analogen Klassikers Roland SYSTEM-100 als „normales“ Plug-in in der DAW. Wer ein SYSTEM-1 oder SYSTEM-1m besitzt, kann die Software darauf übertragen („Plug-Out“) und dann unabhängig vom Computer spielen – im Falle des SYSTEM-1m lässt sich der Software Synth sogar hardwareseitig patchen. Spannend!

Roland hat mit dem SYSTEM-100 einen weiteren Klassiker als Plug-Out realisiert.
Mit dem Roland SYSTEM-100 wurde ein weiterer Klassiker als Software wiedergeboren.


Während die drei anderen Plug-Outs digitale Modelle fest verdrahteter Synthesizer sind, handelt es sich beim SYSTEM-100 um einen semi-modularen Synth. Das bedeutet, dass man mit Patchkabeln zusätzliche oder alternative Modulations-Verbindungen vornehmen kann, was bei der Software-Version virtuell umgesetzt wurde. Welche Klänge man dem SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer entlocken kann, ob er genauso gut klingt wie die drei bisherigen Plug-Outs und wie gut das Zusammenspiel mit der SYSTEM-1-Hardware funktioniert, soll dieser Test klären.

Details

Vorbild und Konzept

Das Roland SYSTEM-100 zählt neben den Modularsystemen von Moog und Buchla zu den berühmtesten Vertretern modularer Synthesizer – wenngleich es genau genommen ein semi-modularer Synth mit fest verdrahteten Verbindungen und Patchpunkten ist. Es erschien im Jahr 1975 und bestand aus mehreren Komponenten: Neben dem zentralen Synthesizer Model 101 gab es den Expander Model 102 (eine tastaturlose Erweiterung), den Mixer Model 103, den Sequencer Model 104 und die Monitorboxen Model 109. Mittels Patchkabeln konnte man die Bestandteile und ihre Module auf vielfältige Weisen miteinander verbinden. Für Interessierte: Hier geht’s zu unserem Vintage Feature zum SYSTEM-100 mit Martyn Ware von Human League!
Der SYSTEM-100 Plug-Out Synth kombiniert Bestandteile der Modelle 101 und 102, also Synthesizer und Expander, zu einem Monosynth mit 2 VCOs, Mixer, einem Filtermodul, einem VCA, zwei LFOs, einem Sample&Hold-Modul, zwei Envelopes und drei Effekten. Hinzu kommt ein Arpeggiator mit der aus der AIRA-Serie bekannten Scatter-Funktion. Als semi-modularer Synthesizer produziert der Plug-Out Synth auch Klänge, wenn keine Patchkabel „gesteckt“ sind, weil die typischen Audio- und Steuerverbindungen „fest verdrahtet“ sind. Diese vordefinierten Verbindungen lassen sich mit einem Klick auf den Button SIGNAL FLOW einblenden. Über eine X/Y-Matrix oder virtuelle Patchkabel kann man das voreingestellte Routing verändern und/oder weitere Verbindungen hinzufügen.

Der SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer läuft in der DAW und auf dem SYSTEM-1 / SYSTEM-1m
Der SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer läuft in der DAW und auf dem SYSTEM-1 / SYSTEM-1m

Installation und Registrierung

Der Installationsprozess ist der gleiche wie bei den anderen Roland Plug-Outs. Der SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer ist im Roland Webshop erhältlich und kostet regulär 175 Euro, registrierte Besitzer des SYSTEM-1 oder SYSTEM-1m bekommen wie immer einen Rabatt. Aktiviert wird die Software durch Eingabe der Log-in-Daten für das Roland-Benutzerkonto im Plug-in, eine Aktivierung ohne Internetzugang ist nicht möglich. Der Roland SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer läuft als VST2.4- (Windows), VST3.6- (Windows, Mac) oder AU-Plug-in (Mac) in allen gängigen DAWs. Wer ein SYSTEM-1 oder SYSTEM-1m besitzt, kann das Plug-Out auf die Hardware aufspielen und unabhängig vom Computer verwenden.

Bedienoberfläche und Klangerzeugung

Wie bei allen Plug-Outs wurde die Oberfläche liebevoll an das historische Vorbild angelehnt. Jedoch tummeln sich beim SYSTEM-100 mehr Fader und Drehregler auf dem Panel als bei SH-101, SH-2 und PROMARS, wodurch schon deutlich wird, dass die Möglichkeiten weiter reichen als bei den bisherigen Plug-Outs. Neben den Bedienelementen findet man zahlreiche Ein- und Ausgangsbuchsen für virtuelle Steuerspannungen.
Auch beim SYSTEM-100 lässt sich die Oberfläche im Option-Menü auf das Layout des SYSTEM-1 umschalten. Das ist hilfreich, wenn man die Hardware als Controller verwendet – so erkennt man gleich, welcher Regler beim SYSTEM-100 welche Funktion übernimmt.
Die Leiste am oberen Rand enthält ein Menü zum Laden von Presets und einen Button für die Patch-Liste, in der man Programme neu erstellen, umbenennen und umsortieren kann. Hier findet man auch die Funktionen zum Senden und Empfangen von Presets an das bzw. von einem SYSTEM-1(m). Gleich daneben liegt der Plug-Out-Button, der die Software auf die angeschlossene Hardware überträgt. Rechts daneben folgen zwei Pegelanzeigen im analogen Stil, ein Regler für das Master-Tuning und die vier Menüs OPTION, SETTING, HELP und ABOUT. Das Option-Menü enthält neben der Umschaltung des Panel-Layouts Einstellmöglichkeiten für den Zoom-Faktor sowie Links zum Webshop und zur Aktivierung, während SETTING zu einigen MIDI-Einstellungen führt. HELP ruft die (übrigens recht gute) PDF-Anleitung auf.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Oberfläche lässt sich auf das Layout des SYSTEM-1 umschalten.

Darunter folgt das eigentliche Synthesizer-Bedienfeld, das ich optisch schon mal sehr gelungen finde. Die einzelnen Module sind klar strukturiert und übersichtlich angeordnet. Den Anfang macht links oben die S&H-Abteilung, die neben Reglern für SAMPLE TIME (mit Kontroll-“LED“) und LAG einen Wahlschalter für den S&H MODE bietet. Als Eingangssignale stehen die Schwingungsformen von LFO 1 zur Verfügung, alternativ lässt sich über eine Patchbuchse ein externes Signal einspeisen. Zwei weitere Buchsen geben das S&H-Signal und die Clock aus.
Rechts daneben folgen die beiden identisch ausgestatteten LFOs. Sie bieten die Schwingungsformen Sinus, Dreieck, Sägezahn und Rechteck. In der Stellung S&H wird das gleiche Signal wie an der Ausgangsbuchse der S&H-Sektion ausgegeben. Die Frequenz wird mit einem Schieberegler eingestellt und von einer Leuchte angezeigt, bei gedrücktem TEMPO SYNC Button wird sie zum Songtempo synchronisiert. Zwei weitere Fader steuern GAIN und OFFSET. Beide LFOs haben eine Buchse für das Ausgangssignal sowie einen Eingang für eine Steuerspannung.
Der nächste Block widmet sich den beiden Oszillatoren. Beide bieten die Schwingungsformen Sägezahn, Rechteck und Dreieck in Fußlagen von 64′ bis 2′. Für die Pulsbreite gibt es jeweils einen Fader und einen Schiebeschalter, mit dem das Quellsignal für die Pulsbreitenmodulation gewählt wird (manuell, LFO 1, Glide, VCF ADSR, VCA ADSR, LFO 2). VCO 1 bietet eine Buchse für ein Steuersignal für die Tonhöhe und einen Regler für die Intensität dieser Modulation. Wenn hier nichts „gesteckt“ ist, liegt der Output von VCO 2 an, was FM-Effekte ermöglicht. Bei VCO2 findet man stattdessen zwei Regler für die Verstimmung (grob und fein) sowie Schalter für SYNC (On/Off und Strong/Weak) und eine Sync-Eingangsbuchse. Wenn diese frei bleibt, synchronisiert sich VCO 2 zu VCO 1. Beide Oszillatoren besitzen Ausgangsbuchsen für das Audiosignal und ein Sync-Signal.
Zwischen den VCOs liegt die Glide-Sektion zur Tonhöhenmodulation. Per Schalter kann man auswählen, ob beide Oszillatoren oder nur einer beeinflusst werden soll. Der Regler LFO steuert eine Tonhöhenmodulation von LFO1, während der Regler GLIDE eine kurze Pitch-Hüllkurve zum Einsatz bringt, die nicht weiter einstellbar ist. Über die Buchse GLIDE IN kann stattdessen ein beliebiges anderes Steuersignal verwendet werden, beispielsweise der Output einer der beiden ADSR-Envelopes.

Fotostrecke: 3 Bilder Links findet man S&H, zwei LFOs und die beiden Oszillatoren.

Weiter rechts folgt nun der Mixer, der sich fast von selbst erklärt. Es gibt Fader für die Ausgangssignale des Ringmodulators, der beiden Oszillatoren und des Rauschgenerators. Führt man der Buchse EXT IN ein Signal zu, so tritt dieses an die Stelle des Ringmodulators, der Fader wird dann umbenannt. An der Buchse OUT lässt sich das Mix-Ausgangssignal abgreifen.
Darunter liegen die Module des Ringmodulators und des Rauschgenerators. Der Ringmodulator multipliziert den Output von VCO 1 oder ein anderes, über die Eingangsbuchse zugeführtes Signal mit dem Output von VCO 2. Der Rauschgenerator liefert weißes oder rosa Rauschen, das sich über eine Ausgangsbuchse abgreifen und vielseitig verwenden lässt.
Der Signalweg geht rechts oben weiter, wo als nächstes das Filter wartet. Roland-typisch handelt es sich um ein resonanzfähiges Tiefpassfilter, dem ein einfacher und nicht modulierbarer Hochpass ohne Resonanz vorgeschaltet ist. Mit drei Fadern können die Modulationsquellen LFO, Hüllkurve oder Keyboard CV (Keytracking) zum Einsatz gebracht werden, über die Buchsen LFO IN und ADSR IN lassen sich alternative Modulatoren einsetzen – beispielsweise auch das Ausgangssignal eines Oszillators für Filter-FM-Effekte.
Der VCA bietet einen Fader für INITIAL GAIN (also die Lautstärke ohne Auslösung der Amp-Hüllkurve) und einen TONE-Regler, wie es ihn bei allen Plug-outs gibt. Amp-Modulationen per LFO und Hüllkurve können mit zwei weiteren Schiebereglern eingestellt werden. Rechts daneben liegen die Bedienelemente der Effekte. Der SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer bietet einen Hall und ein Delay, die sich wie bei den anderen Plug-Outs auf die allernötigsten Bedienelemente beschränken. An die Stelle des Crusher-Effekts, den ich bei den anderen dreien eher entbehrlich fand, ist hier ein Phaser getreten, der in meinen Augen einen deutlich höheren Nutzwert hat. Geschwindigkeit und Modulationstiefe des Phasers lassen sich über Steuersignal-Eingangsbuchsen mit den verschiedenen Modulationsquellen des Synths beeinflussen.
Nun fehlen noch die beiden ADSR-Hüllkurven für Filter und Amp. Sie sind identisch ausgeführt und verfügen jeweils über vier Fader, eine GATE-Buchse zum Auslösen per Gate-Impuls und einen ADSR-Ausgang. Mit dem dazwischen platzierten Schalter kann man einstellen, wie die Envelopes getriggert werden: per Keyboard (GATE), vom LFO (LFO) oder beides (GATE+TRIG).
Die Leiste oberhalb der virtuellen Tastatur hält eine Reihe weiterer Einstellungen bereit. Hier findet man zunächst den Button SIGNAL FLOW, der die „fest verdrahteten“ Verbindungen visualisiert, und den Knopf HIDE CABLES, mit dem sich die Patchkabel zur besseren Übersicht verstecken lassen. Es folgen ein Volume-Regler, ein Poti für die BEND RANGE, der Button TEMPO SYNC, mit dem sich die LFOs, der Arpeggiator und das Delay zum Songtempo synchronisieren lassen, und ein Schalter für die Notenpriorität (tiefste, letzte). Danach kommt der Arpeggiator, der beim SYSTEM-100 nun auch softwareseitig die Regler für die Scatter-Funktion bietet, die man von der AIRA-Hardware kennt. Ein Hold-Button und ein Oktavschalter machen den Abschluss.
Ein sehr praktisches Feature ist die Routing-Matrix ganz links unten. In der Horizontalen sind die verfügbaren Modulations-Outputs angeordnet, in der Vertikalen die Inputs. Mit einem Klick lassen sich Quelle und Ziel miteinander verbinden, was durch einen roten Punkt in der Matrix und ein neues Patchkabel auf dem Bedienfeld visualisiert wird. Ein weiterer Klick löscht die Verbindung wieder. Die „fest verdrahteten“ Verbindungen, die auch ohne Patchkabel bestehen, sind durch dunklere Punkte gekennzeichnet und lassen sich durch andere ersetzen. Es ist übrigens problemlos möglich, einen Ausgang bzw. eine Modulationsquelle auf mehrere Ziele aufzusplitten. An eine Eingangsbuchse kann aber immer nur ein Kabel angeschlossen werden. Die Matrix ist nicht nur eine praktische Übersicht (man muss nicht jedes Patchkabel mit dem Auge verfolgen), sondern kann auch ein Kreativwerkzeug sein. Verwegene klicken hier einfach blind ein paar Punkte an und lassen sich überraschen … Hier gibt es auch die Möglichkeit, mehrere Patchverbindungen auf einen Schlag wieder zu entfernen, indem man mit der Maus einen Rahmen zieht.

Praxis

Sound

Der Grundsound des SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizers gefällt mir für einen Software Synth ausgesprochen gut, wie schon die anderen drei Plug-Outs. Für mein Empfinden fängt Rolands ACB-Technik (Advanced Circuit Behavior) die Eigenschaften der analogen Schaltkreise tatsächlich ziemlich überzeugend ein, obwohl man natürlich immer noch hört und vor allem spürt, dass man nicht das Original unter den Fingern hat. Die Oszillator-Schwingungsformen kommen klar und kräftig daher.

Audio Samples
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Sägezahn Rechteck Dreieck

Sehr gut gelungen finde ich auch das kernige Filter. Es klingt für mein Empfinden etwas rauer und nicht ganz so vornehm wie viele andere Roland-Filter, was mir gut gefällt. Das Filter lässt sich gut kontrollierbar in Eigenschwingung versetzen. Hier hört ihr einige Filterfahrten mit unterschiedlichen Resonanzeinstellungen. Das zweite Beispiel zeigt die Selbstoszillation – zu hören ist nur das schwingende Filter, alle anderen Klangquellen sind im Mixer herunter geregelt.

Audio Samples
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Filter Selbstoszillation

Bässe, Leads und andere monophone Sounds gelingen schnell und können klanglich zumeist überzeugen. Schon ohne Patchverbindungen ist der SYSTEM-100 Plug-Out Synth ein vielseitiger, gut klingender Software Synthesizer. Richtig interessant wird es aber, wenn man die Patchbuchsen und die Routing-Matrix kreativ einsetzt. Durch die vielfältigen Möglichkeiten die LFOs und S&H ins Spiel zu bringen und die Hüllkurven zu triggern, eignet sich der Synth ganz besonders für pulsierende Klänge voller Bewegung, wie es auch schon beim Original der Fall war. Die Möglichkeiten zur Frequenzmodulation von Oszillator 1 und Filter von verschiedenen Quellen sind ebenfalls sehr willkommen und für so manchen glockenartigen, metallischen oder auch mal völlig kranken Sound gut. Dabei darf ruhig mal Kollege Zufall die Zügel bzw. Patchkabel in die Hand nehmen – das Patchfeld kann eine echte Inspirationsquelle sein.

Audio Samples
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Dragonfly Lead Bright Lead Triple Saws Sweep Synth Nw Bass Rubber Gong Bass Rub Bass Solid Bass Bell Tones Decending Madness Popcorn Sequence Pulsar Pad Twin Moons

Die drei Effekte Phaser, Reverb und Delay verfügen wie bei allen Plug-Outs nur über die allernötigsten Bedienelemente, klingen aber allesamt sehr gut. Beim Hall lässt sich nur der Anteil regeln, beim Delay der Anteil und die Zeit. Der Phaser kann über zwei Patchbuchsen von anderen Modulen des Synths gesteuert werden, was interessante Klänge ermöglicht. Insgesamt steht bei dieser Effektsektion aber das schnelle Ergebnis klar im Vordergrund – wer mehr Einstellmöglichkeiten benötigt, wird auf externe Effekte zurückgreifen müssen.

SYSTEM-100 auf dem SYSTEM-1 und SYSTEM-1m

Wer ein SYSTEM-1 oder SYSTEM-1m sein eigen nennt, kann den SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer mit einem Klick auf den Plug-Out-Button auf die Hardware übertragen. Einmal mehr entpuppt sich das SYSTEM-1 als klug gestaltete Oberfläche (ich nenne es mal „Durchschnitts-Synthesizer“), deren Bedienelemente gut zu vielen der klassischen Roland Synths passen. Das SYSTEM-100 sprengt dann aber doch ein bisschen das Panel – so gibt es leider keine Hardware-Regler für die S&H-Abteilung und den zweiten LFO. Insgesamt geht die Bedienung aber recht flott von der Hand und wirft kaum Fragen auf. Ein paar Details sollte man sich merken: etwa, dass der LFO KEY TRIG Button des SYSTEM-1 beim SYSTEM-100 für die Umschaltung des Triggerverhaltens der Hüllkurven zuständig ist, oder dass man den MONO-Knopf drücken muss, um die Notenpriorität einzustellen. Aber die meisten dieser Diskrepanzen hat man schnell drauf, und im Zweifel hilft immer noch der Blick auf die Oberfläche des SYSTEM-100 im SYSTEM-1 Layout.
Besitzer eines SYSTEM-1m sind klar im Vorteil, denn sie kommen in den Genuss der hardwareseitigen Patchbarkeit. Die wichtigsten Patchpunkte des SYSTEM-100 liegen an den Buchsen des SYSTEM-1m an und können hier miteinander und auch mit externem, analogem Equipment verbunden werden. Nicht alle Patchpunkte haben einen Hardware-Abgriff abbekommen, so fehlen zum Beispiel Buchsen für die S&H-Sektion. Aber die Auswahl ist praxisnah, alle wesentlichen CV-Inputs und -Outputs stehen hardwareseitig zur Verfügung. Mit einem patchbaren Software Synthesizer, der einmal als Plug-in in der DAW läuft und sich im nächsten Moment problemlos in ein analoges CV/Gate-Setup integrieren lässt, hat Roland meines Wissens ein Novum geschaffen. Ich finde die Idee toll – in Verbindung mit einem modularen Hardware Synth oder den vielen in jüngerer Zeit wieder erschienenen CV/Gate-fähigen Instrumenten eröffnet das natürlich sehr weitreichende Möglichkeiten.

Schwächen

Bei aller Freude über den guten Sound und die Patchbarkeit gibt es doch ein paar Dinge, die mir nicht so gut gefallen. So hätte ich es zum Beispiel begrüßt, wenn Roland die Umsetzung als Software dafür genutzt hätte, dem SYSTEM-100 die Erkennung von Keyboard Velocity beizubringen. Eine Option zur Beeinflussung der Hüllkurven-Intensitäten per Velocity hätte schon gereicht und meines Erachtens auch nicht am Grundcharakter des Synthesizers gerüttelt. Für Keyboarder, die wirklich spielen möchten und nicht nur Sequenzen programmieren, ist das eine gewisse Einschränkung. In diesem Zusammenhang gibt es gleich noch ein zweites kleines Manko zu vermelden, denn der Plug-Out Synth bietet leider keinen umkomplizierten Weg zum Einsatz von Modulationsrad und Aftertouch. Natürlich empfangen die Regler MIDI-Controllerwerte, aber die Zuweisung muss am sendenden Masterkeyboard erfolgen – man kann nicht einfach im Plug-in einen oder mehrere Parameter dem Modwheel zuweisen. Hinzu kommt, dass die verwendeten Controllernummern nirgendwo dokumentiert sind. Hier hätte ich mir einfach zwei weitere Spalten in der Routing-Matrix gewünscht, über die man diese Spielhilfen zuordnen könnte. Wahrscheinlich hat sich Roland ganz auf die Bedienung per SYSTEM-1 konzentriert, das bekanntlich kein Modulationsrad besitzt. Im Sinne einer guten Spielbarkeit auch über andere Controller Keyboards wäre diese Möglichkeit jedoch schön gewesen.
Bei der Bedienung mit der Maus ist mir wie schon bei den anderen Plug-Outs aufgefallen, dass die Regler zu grob aufgelöst sind. Es ist mit der Maus nicht möglich, alle Stellungen der Fader zu erreichen, was bei der Verwendung als „normales“ Plug-in in der DAW ein echtes Manko ist. Das Schreiben von Automationen per Maus kann man de facto vergessen, beispielsweise erzeugt eine Bewegung des Cutoff-Reglers mit der Maus einen deutlich hörbar stufigen Verlauf. Durch den Einsatz eines Hardware-Controllers (im besten Fall das SYSTEM-1) kann man das Problem zwar umgehen. Wer aber auch mal ganz klassisch mit der Maus arbeitet, wird über kurz oder lang an den Punkt kommen, wo sich der gewünschte Wert nicht einstellen lässt.

Fazit

Mit dem Roland SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer wurde ein weiterer analoger Klassiker in Software-Form wiedergeboren, und dieses Mal hat Roland sich ein echtes Highlight vorgenommen. Der monophone, semi-modulare Synthesizer klingt wie die bisherigen Plug-Outs sehr gut und ist dank des flexiblen Routings mit virtuellen Patchkabeln zu einer breiten Palette von Sounds fähig. Das Patchen lädt zum Experimentieren ein und macht die Vorgänge innerhalb des Synthesizers sehr greifbar. Besitzer eines SYSTEM-1 oder SYSTEM-1m können den SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer auf die Hardware übertragen und unabhängig vom Computer nutzen, wobei sich der Software Synth in Verbindung mit dem SYSTEM-1m sogar hardwareseitig patchen und in ein analoges CV/Gate-System integrieren lässt. Damit passt der SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer perfekt in Rolands neue, hybride Patchkabel-Welt aus AIRA-FX, SYSTEM-1m und SYSTEM-500. Besitzer des SYSTEM-1 oder insbesondere des SYSTEM-1m sollten über die Anschaffung dieses Plug-Outs nicht lange nachdenken. Aber auch für alle anderen ist der SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer eine Empfehlung.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr guter, vielseitiger Sound
  • virtuell und am SYSTEM-1m auch hardwareseitig patchbar
  • übersichtliche Routing-Matrix
  • Signal-Flow-Anzeige zur Veranschaulichung der Signalwege
  • gut klingende Effekte
Contra
  • erkennt keine Velocity, kein Modulationsrad und keinen Aftertouch
  • Auflösung der Regler bei Mausbedienung zu grob
Artikelbild
Roland SYSTEM-100 Plug-Out Synthesizer Test
Mit dem Roland SYSTEM-100 wurde ein weiterer Klassiker als Software wiedergeboren.
Mit dem Roland SYSTEM-100 wurde ein weiterer Klassiker als Software wiedergeboren.
SYSTEMVORAUSSETZUNGEN MAC
  • OS X ab Version 10.8.5
  • Plug-in Formate: VST (VST 3.6 kompatibel), AU
  • Intel Core 2 Duo oder besser
  • 4 GB RAM
  • 100 MB Festplattenspeicherplatz
  • Internetzugang zur Aktivierung
SYSTEMVORAUSSETZUNGEN WINDOWS
  • Windows 7 SP1, Windows 8/8.1 oder Windows 10
  • Plug-in Format: VST (VST 2.4/3.6 kompatibel)
  • Intel Core 2 Duo oder besser
  • 2 GB RAM
  • 100 MB Festplattenspeicherplatz
  • Internetzugang zur Aktivierung
PREIS
  • 175 Euro
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Profilbild von Olfi

Olfi sagt:

#1 - 24.09.2015 um 11:53 Uhr

0

Mit dem Mausrad lassen sich die Parameter sehr genau einstellen. Der Sound ist "Hammer".

    Profilbild von Lasse|bonedo

    Lasse|bonedo sagt:

    #1.1 - 24.09.2015 um 14:15 Uhr

    0

    Hallo Olfi,
    du hast Recht, danke für den Tipp! Also, dass man nicht alle Werte erreichen kann, nehme ich zurück. Zum Aufzeichnen von Automationen finde ich das aber trotzdem nicht optimal, weil es dafür zu langsam ist.
    Viele Grüße,
    Lasse (Redaktion bonedo)

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