In den 70er und frühen 80er Jahren machte sich Peavey hierzulande zunächst als Hersteller günstiger aber gut klingender Einsteiger-Amps einen Namen. Später gelang es der Instrumenten-Schmiede aus Meridian/Mississippi, sich mit mächtigen Vollröhrern und Endorsern wie Eddie Van Halen in der Oberklasse der (Heavy) Rock-Amps zu etablieren.
Aber auch für die Freunde von Vintage-Look und -Sound hat Peavey etwas im Portfolio. Schon seit längerer Zeit ist die Classic-Serie auf dem Markt, Amps im klassischen Tweed-Look alter Fenders, mit purer Röhrentechnologie und Federhall. Die Range bietet verschiedene Combos und ein Topteil – alles zu einem extrem fairen Kurs. Dass nicht nur Old School Rocker die Amps der Classic-Serie verwenden, sondern auch Simon Neil von Biffy Clyro einen Amp der Baureihe auf der Bühne im Einsatz hat, macht das Ganze um so interessanter. Höchste Zeit, mal einen genaueren Blick auf die Teile zu werfen. Wir haben uns den 30 Watt Combo vorgeknöpft und nachgeschaut, ob der Amp hinter seinem Vintage-Look auch ein paar moderne Features versteckt. Alles Weitere erfahrt ihr hier.
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Details
Gehäuse/Optik Optisch orientiert sich der Classic 30 von Kopf bis Fuß am Amp-Design der 50er Jahre. Das Multiplex-Gehäuse wurde mit gelblichem Tweed überzogen, die Frontseite mit braunem Boxen-Bespannstoff verkleidet. Die Ecken sind mit verchromten Metallschonern armiert, und auf der Unterseite sorgen vier große Gummifüße für stabilen und rutschfesten Halt. Wie bei den Vorbildern aus Kalifornien ist das Bedienfeld auch beim Classic 30 leicht abgesenkt auf der Oberseite untergebracht. Die Chickenhead-Regler parken auf einem stylish verchromten Chassis. Der Combo ist mit einem 12“-Lautsprecher beladen. Für den amtlichen Röhrensound sorgen drei 12AX7-Röhren in der Vorstufe und vier EL84 in der Endstufe. Die Leistung von 30 Röhren-Watt sorgt in Kombination mit der hinten offenen Bauweise für ordentlichen Schub – vor allem im Bass-Bereich. Zum Tragen des kompakten Würfels steht ein Griff aus weichem Kunstleder zur Verfügung. Dieser sorgt dafür, dass man den 20kg schweren Amp schmerzfrei durch die Gegend hieven kann.
Bedienfeld Der Classic 30 kommt mit zwei Kanälen (Clean, Boost). Beide teilen sich eine Klangregelung, die aus Treble, Middle und Bass besteht. Zum Einstellen von Lautstärke und Verzerrungsgrad gibt es im Clean-Kanal einen ´Normal´- Regler, im Boost-Channel sind zwei Regler am Start: Pre Gain (Verzerrungsgrad) und Post Gain (Lautstärke). Den Federhall kann man mit dem Reverb-Regler hinzumischen. Das war´s auch schon. Mehr Regelmöglichkeiten gibt es nicht. Und frei nach dem Motto „Zu viele Regler verderben den Sound“, sind auch keine weiteren nötig.
Um den Ansprüchen der heutigen Zeit zu genügen, hat Peavey den Amp mit einem seriellen Effektloop ausgestattet, dessen Anschlüsse (Send, Return) sich auf der rechten Seite des Bedienfeldes befinden. Lässt man den Blick nach links schweifen, fällt er auf die Input-Buchse zum Anschluss des Instruments. Neben den Reglern und Buchsen beherbergt das Panel noch zwei kleine Druck-Schalter. Der eine ist für die Kanal-Umschaltung zuständig, der andere aktiviert die Boost-Funktion, die den Gesamtpegel des Verstärkers anhebt. Zum Scharfschalten des Classic 30 gibt es nur einen Power Schalter. Der Amp glüht die Röhren automatisch vor und ist dann nach ein paar Sekunden betriebsbereit.
Rückseite Auch die Rückseite präsentiert sich glänzend verchromt. Die Ausstattung ist allerdings eher überschaubar. Neben einem Lautsprecher-Anschluss wartet hier nur noch die Buchse für den mitgelieferten 2-fach-Fußschalter, mit dessen Hilfe sich die Kanäle umschalten und der Reverb aktiviert lassen. Leider ist die Boost-Funktion nicht per Fußschalter steuerbar. Gerade im Bühnenbetrieb ist so etwas, z.B. zum Abrufen einer separaten Solo-Lautstärke, extrem wichtig. Was nutzt eine Boost-Funktion, wenn man sie nur per Hand betätigen kann? Kein Gitarrist rennt kurz vor dem Solo zum Amp und schaltet dann per Hand die Solo-Lautstärke ein…
Wichtig: Bei den angegebenen Werten zur Amp-Einstellung habe ich die Zahlen am Bedienfeld angegeben. Diese reichen von 1-12 (two louder…). Die Einstellung „6,5“ entspricht also der 12 Uhr Position an einem „normalen“ Amp. „1“ ist komplett abgedreht und „12“ voll auf.
Wir beginnen, wie immer, mit dem Clean-Sound in neutralem Setting der Klangregelung. Stellt man die Lautstärke mit dem Normal-Regler auf 3, hat man schon die höchste Stufe der „nach oben geschlossenen Zimmerlautstärke-Skala“ erreicht. Pingelige Nachbarn könnten da schon mal klingeln und sich beschweren. Ein gutes Zeichen, denn der Klang ist noch absolut unverzerrt. Da geht bestimmt noch so einiges. Mit der neutralen Einstellung der Klangregelung bekommt man einen Fender-orientierten Cleansound. Die Bässe und der obere Höhenbereich sind leicht angehoben und das Signal schon gut komprimiert. Für Clean-Sounds optimal, dadurch klingt das Ganze schon recht druckvoll.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
Strat
3
off
off
1
6,5
6,5
6,5
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Clean Flat
Die Kompression eignet sich extrem gut für Funk-Sounds, bei denen die Single-Notes perkussiv und vor allem laut rüberkommen sollen. Das schmatzt richtig gut. Der Amp liefert auch den nötigen Clean-Druck und ein gutes Durchsetzungsvermögen im unverzerrten Bereich. Selbst bei höheren Einstellungen des Normal-Reglers ist der Ton noch clean und die Lautstärke reicht locker für den Clubgig aus.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
Tele
5
off
off
1
5
4,5
8
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Clean Funk
Beim Reverb handelt es sich um einen gut klingenden Old School Feder-Hall, inklusive des typischen Schepperns der Hallspirale. Die Nachhallzeit ist recht lang. Einstellungen bis „3“ sind noch dezent, alles, was darüber hinaus geht, kann man nur noch bewusst als Vintage-Effekt einsetzen.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
Tele
5
off
off
6,5
7
5
9
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Clean Reverb
Jetzt wollen wir den Clean-Kanal mal an seine Grenze bringen. Eine Gitarre mit hohem Output wird in Front gebracht und die Lautstärke voll aufgedreht. Mal sehen, wie das Zerrverhalten jetzt aussieht. Okay, wer das zuhause nachmachen möchte, dem empfehle ich schon mal den Gehörschutz aufzusetzen, denn es wird richtig laut. Die 30 Watt Röhrenpower haben es in sich.
Mit diesem Setting und der Les Paul lässt sich dem Clean-Kanal dann also doch etwas Zerre entlocken. Klanglich kommt der Amp bzw. der Lautsprecher jetzt allerdings an seine Grenzen. Um mehr Klangvolumen am Leistungslimit herauszukitzeln, empfiehlt es sich eine Zusatzbox anzuschließen. So unterstützt drückt der Classic 30 echt gewaltig.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
Les Paul
12
off
off
3
6
8
6
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Clean Max.
Der zweite Kanal kommt mit einem etwas mittenbetonten Klangcharakter um die Ecke. Logisch, denn hier sind ja die Overdrive Sounds zu Hause. Regelt man „Pre“ weit herunter und schnappt sich eine Singlecoil-Gitarre, ist der Sound fast clean. Und so klingt die minimale Verzerrung des zweiten Channels.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
Strat
off
2
6,5
2
5
6
7
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Overdrive Min.
Etwas rockiger wird es, wenn man eine Gitarre mit Humbuckern und einer entsprechend höheren Ausgangsleistung anschließt. Jetzt wird die Vorstufe schon ein wenig gekitzelt und es tönt ein satter Overdrive-Sound aus dem Speaker.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
SG
off
5
6
1
5
9
6
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Overdrive Medium
Nun kümmern wir uns um die Klangregelung des Classic 30.
Ich erhöhe nun den Verzerrungsgrad und stelle die berühmte 12 Uhr Position ein (6,5 am Peavey). Hören wir uns in diesem Setting einmal den Wirkungsbereich der Klangregelung an. Dabei steht der jeweils fokussierte Regler zuerst auf 1, dann auf 6,5 und schließlich auf 12. Die anderen beiden Klangregler befinden sich immer in der mittleren Position (6,5). Los geht es mit dem Bass.
Selbst bei voll aufgedrehtem Regler fängt der Amp nicht an zu mulmen. Man erhält einen satten, kompakten Sound, bei dem die tiefen Töne nicht verschwommen oder undefiniert klingen. Der Wirkungsgrad ist eher kleiner, aber das ist auch sinnvoll, denn man will ja keinen dröhnenden Amps haben, der dem Bassisten in die Quere kommt und den Bandsound vernichtet. Voll aufgedreht klingt es eben einfach nur fett.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
SG
off
6,5
5
1
1-6,5-12
6,5
6,5
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Bass
Der Mitten-Regler gibt sich in Sachen Anheben oder Absenken schon etwas intensiver. Die Center-Frequenz liegt bei ca. 800 Hz und wird breitbandig bearbeitet. Von typischen Mid Scoop Sounds bis zum mittenbetonten Brit Rock Sound ist hiermit vieles einstellbar.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
SG
off
6,5
5
1
6,5
1-6,5-12
6,5
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Middle
Beim Einstellen der hohen Frequenzen verhält es sich ähnlich. Auch hier hat die Reglerbewegung einen hohen Wirkungsgrad. Von muffig bis bissig ist alles drin.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
SG
off
6,5
5
1
6,5
6,5
1-6,5-12
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Treble
Jetzt wollen wir die maximale Verzerrung des Boost Channels checken. Das Ganze in Verbindung mit einem Mid Scoop Sound.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
SG
off
12
4
1
8
1
8
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Mid Scoop
Hier gibt es zwar schon ein ordentliches Brett, aber für den Extrem-Metaller ist das mit Sicherheit noch ein wenig zu zahm. Macht nichts, denn ein Verstärker muss ja nicht alles können. Dennoch sind singende Lead-Sounds oder Hi-Gain Classic-Rock-Riffs auf jeden Fall drin. Um Lead-Sounds mit guter Durchsetzungskraft hinzukriegen, muss man halt die Mitten weit aufdrehen. Auf diese Weise erhält man einen Sustain-reichen Klang, bei dem auch die Obertöne gut ansprechen. Allerdings kommt der Ton ein wenig „mumpfig“ rüber. Es fehlt der offene Klangcharakter, der im Clean-Channel im Überfluss vorhanden ist.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
Les Paul
off
12
4
4
5
10
8
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Lead
Die Anschlagsdynamik weiß zu überzeugen. Der Classic 30 reagiert selbst bei voll aufgedrehtem Gain auf jede Spielnuance und auch die Verzerrung lässt sich gut über den Volume-Regler an der Gitarre steuern. Hier ein Beispiel mit der Les Paul, bei dem ich zuerst den Volume-Regler der Gitarre auf 3, dann auf 10 eingestellt habe.
Gitarre
Normal
Pre
Post
Reverb
Bass
Middle
Treble
Les Paul
off
12
4
2
6
9
8
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Dyna Poti
Die Lautstärke- und Klangabstimmung zwischen beiden Kanälen funktioniert gut. Man kann sich für den Bühnenbetrieb einen Clean-Sound einstellen und dann den Boost-Kanal in Sachen Verzerrungsgrad und Lautstärke darauf abstimmen. Natürlich muss man mit einer gewissen Kompromissbereitschaft ans Klangregeln gehen und so den optimalen Mittelweg zwischen clean und verzerrt finden. Das mag jetzt etwas negativ klingen, ist es aber gar nicht! Die klangliche Grundeinstellung beider Kanäle ist wirklich gut aufeinander abgestimmt und man kommt so schnell zu einem gut klingenden Ergebnis. Und das ist wahrlich nicht bei jedem 2-Kanaler mit geteilter Klangregelung der Fall.
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Der Peavey Classic 30 ist ein solides Arbeitsgerät mit einem sehr guten und vor allem lauten Cleansound. Das macht den Amp schon mal zu einem guten Partner für den Gig oder die Probe, wenn man sein großes Besteck (sofern vorhanden) einfach mal nicht mitschleppen möchte. Die zwei Kanäle bieten ausreichend Klangmöglichkeiten, um in verschiedenen Musik-Stilistiken cleane und verzerrte Sounds anbieten zu können. Der verzerrte Kanal kommt an die hervorragenden klanglichen Qualitäten des Clean-Channels leider nicht ganz ran, lässt sich aber in der Band auf jeden Fall sehr gut einsetzen. Die Verarbeitung und Roadfestigkeit des Classic 30 ist gut, daher ist der Verstärker für Gitarristen, die viele Gigs spielen und dafür einen unkomplizierten und durchsetzungsfähigen Amp benötigen eine sehr gute Wahl. Dabei ist es egal, ob man nun (wie z.B. Blues-Rocker), die Vintage Features (guter Federhall) schätzt, oder (wie z.B. der Top 40 Gitarrist) einen variablen Zweikanal Combo benötigt. Das Preis/Leistungsverhältnis ist sehr gut.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
Cleansound (laut und durchsetzungsfähig)
Schalldruck
Federhall
Verarbeitung, Roadtauglichkeit
Contra
Boost Funktion kann nicht per Fußschalter aktiviert werden
Der Artikel über den PEAVEY CLASSIC 30 ist hervorragend. Wirklich alle Details besprochen und nett und sachlich kommentiert. Das Einzige was mir persönlich noch im Artikel fehlt, ist wie man den Effekte-Loop bestückt. Also, was darf in welcher Reihenfolge rein und was gehört nicht rein. Ansonsten vielen Dank für den tollen, gut geschriebenen Bericht. Danke. Pitti
Hallo Pitti, in diesem Artikel fehlt nichts. Immer diese Theoretiker die labern was in einen loop gehört und was nicht bzw. rein "darf" und was nicht. Spiel einfach hau in den loop rein was du willst. So lange es gut klingt "darf" das dann auch rein. Wenn dann mal ein distrotion-pedal bisschen Zicken macht, ist ganz groß daruf geschissen. Musik lebt. Oder gibts sowas wie eine "Loop-Polizei", die mir sagt es "darf" nur reverb und delay in den loop. Und wenn mir aber andere effekte im Loop gefallen sind die VERBOTEN haha ich schmeiß mich wech!
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Pitti sagt:
#1 - 29.09.2012 um 15:13 Uhr
Der Artikel über den PEAVEY CLASSIC 30 ist hervorragend. Wirklich alle Details besprochen und nett und sachlich kommentiert.
Das Einzige was mir persönlich noch im Artikel fehlt, ist wie man den Effekte-Loop bestückt.
Also, was darf in welcher Reihenfolge rein und was gehört nicht rein.
Ansonsten vielen Dank für den tollen, gut geschriebenen Bericht.
Danke.
Pitti
landrew sagt:
#2 - 10.04.2015 um 19:47 Uhr
Hallo Pitti,
in diesem Artikel fehlt nichts. Immer diese Theoretiker die labern was in einen loop gehört und was nicht bzw. rein "darf" und was nicht. Spiel einfach hau in den loop rein was du willst. So lange es gut klingt "darf" das dann auch rein. Wenn dann mal ein distrotion-pedal bisschen Zicken macht, ist ganz groß daruf geschissen. Musik lebt. Oder gibts sowas wie eine "Loop-Polizei", die mir sagt es "darf" nur reverb und delay in den loop. Und wenn mir aber andere effekte im Loop gefallen sind die VERBOTEN haha ich schmeiß mich wech!