Moog Mother-32 Test

Moog haben ihren neuesten analogen Synthesizer auf den Namen Mother-32 getauft. Der (die?) semi-modulare Moog Mother-32 bietet viele Patchmöglichkeiten und einen Sequencer und eignet sich damit ganz besonders als Basis oder Ergänzung für ein modulares System. Passend dazu hat der Traditionshersteller aus North Carolina den Mother-32 so konzipiert, das man ihn wahlweise auf den Tisch stellen oder in das momentan sehr populäre Eurorack-System einbauen kann. Mit seinem integrierten Sequencer kann der Moog Mother-32 als Startpunkt für den schrittweisen Aufbau eines Modularsystems dienen. Wir haben den neuen Moog getestet und herausgefunden, was er klanglich und funktional zu bieten hat.

Der neueste analoge Synthesizer von Moog heißt Mother-32.
Der Moog Mother-32 ist ein guter Startpunkt für Modular-Einsteiger.


Als ich die ersten News zu Moogs neuem Analogsynth las, kam mir der Name zunächst nur zögerlich über die Lippen. („Moog Mother-32“ rollt übrigens erst dann gut, wenn man „Moog“ richtig mit einem „o“ wie in „Code“ und nicht mit dem oft gehörten „uh“ ausspricht.) Schaut man sich das Konzept und die Features des Mother-32 an, wird aber schnell klar, dass der Name mehr als eine schöne Alliteration ist. Er symbolisiert, was der Mother-32 sein möchte: Ein Mutterschiff, eine Schaltzentrale für ein wachsendes System aus weiteren Eurorack-Modulen und/oder analogen Synthesizern (und natürlich hoffentlich eine Geburtsstätte für Ideen). Die „32“ steht schließlich für die 32 Steps des integrierten Sequencers, durch den der Mother-32 in einem solchen Setup die leitende, Takt gebende Rolle übernehmen kann. Als semi-modularer Synthesizer lässt er sich aber auch komplett autark betreiben und man muss nicht unbedingt Patchkabel stecken um etwas hören zu können.

Details

Konzept

In einer Zeit, in der Modularsysteme wieder in aller Munde sind und längst nicht mehr nur von besessenen Fricklern eingesetzt werden, ist es logisch und geradezu überfällig, dass ein Kaliber wie Moog wieder mit von der Partie ist. Und wie tut man das, ohne sämtliche Baugruppen der Moog-Synths als Eurorack-Module einzeln herauszubringen? Richtig: Man baut einen semi-modularen Synth, der schon auf sich allein gestellt funktioniert und alle Komponenten enthält, für die die Marke Moog zu Recht berühmt ist. Dazu gibt man ihm ein Patchfeld mit auf den Weg, das die Einbindung modularer Ergänzungen und Modulationen an vielen Punkten des Signalwegs ermöglicht. Sogar der Mixer ist CV-steuerbar. Das Ganze steckt man in ein Gehäuse, das den Einsatz als Desktop-Synthesizer oder großes Eurorack-Modul erlaubt, und spendiert dem Mutterschiff einen Sequencer, Pattern-Speicherplätze und ein MIDI-Interface.
Für sich genommen ist der Mother-32 kein besonders komplexer Synthesizer. Mit einem Oszillator, einem Filter, einem LFO und einer relativ simpel konstruierten Hüllkurve wird er alleine nicht die gleiche klangliche Bandbreite und Dichte produzieren können, wie man sie zum Beispiel einem Sub 37 oder gar einem Voyager entlocken kann. Betrachtet man ihn aber als All-in-one-Synthesizer-Modul für ein modulares System, so gehört der Mother-32 derzeit zweifellos zu den luxuriösesten und vielseitigsten Alternativen. Damit ist die Zielgruppe klar umrissen: Wer sich für modulare Synthesizer interessiert und sich nach und nach ein System aufbauen möchte, findet hier einen Startpunkt mit vielen Möglichkeiten und bekommt ein einfaches MIDI-Interface und einen Sequencer gleich mitgeliefert. So muss man am Anfang nicht gleich ein komplettes System aus Einzelmodulen planen und zusammenstellen, sondern kann erstmal „stand-alone“ loslegen. Wenn klar wird, wohin die modulare Reise geht und welche Sound-Planeten erforscht werden sollen, kann man das Setup nach und nach erweitern. Dieses „Mutterschiff-Konzept“ finde ich spannend und sehr zeitgemäß.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Moog Mother-32 lässt sich als Desktop Synthesizer und als Eurorack-Modul einsetzen.

Gehäuse

Der Moog Mother-32 wird als Desktop-Modul ausgeliefert. Das stabile Metallgehäuse mit den schmalen, hölzernen Seitenteilen vermittelt eine ebenso solide Haptik wie die Bedienelemente, insbesondere die 14 großen, präzisen und wunderschönen Potis mit angenehmem Drehwiderstand und die neun Kippschalter sind hier zu nennen. Die Verarbeitungsqualität ist rundum makellos, nichts anderes würde man von Moog erwarten. Alle Potis, Schalter und Buchsen sind fest mit der Frontplatte verschraubt. An der Rückseite des Gehäuses findet man einen Audio-Ausgang (6,3mm Klinke), der auch als Kopfhöreranschluss genutzt werden kann. Auch der Anschluss für das mitgelieferte Netzteil und eine Bohrung für ein Kensington Lock sind hinten zu finden. Der MIDI-Eingang liegt auf dem Bedienfeld und ist damit auch beim Einsatz im Eurorack zugänglich. Einen MIDI-Ausgang und USB-MIDI gibt es nicht, folglich sendet der Sequencer des Mother-32 auch keine MIDI-Daten und lässt sich nur über CV/Gate zum Steuern externer Komponenten einsetzen.
Wer den Mother-32 im Eurorack betreiben möchte, baut den Synthesizer durch Lösen der acht Schrauben auf der Frontplatte aus dem Gehäuse aus und zieht die Kabel für die Ausgangsbuchse und den Netzteilanschluss von der Platine ab. Die Frontplatte mitsamt Platine kann dann einfach mit denselben Schrauben ins Eurorack eingebaut werden, wo sie 60HP Breite einnimmt. Eine Anschlussmöglichkeit für die Eurorack-Stromversorgung ist auf der Platine vorhanden, die Leistungsaufnahme liegt bei 230mA bei +12V. Die 6,3mm-Ausgangsbuchse entfällt in diesem Fall natürlich, das Gesamtausgangssignal lässt sich beim Einsatz im Eurorack an der Buchse VCA Out im Patchfeld abgreifen.
Neben dem Netzteil umfasst der Lieferumfang eine englische Kurzanleitung und eine ausführliche Bedienungsanleitung, die detailliert über alle Funktionen des Synthesizers informiert. Außerdem ist ein Tütchen mit fünf kurzen Patchkabeln dabei. Der deutsche Vertrieb EMC legt Moog Synthesizern stets exzellente deutsche Fassungen der englischen Anleitungen bei. Das deutsche Handbuch ist kompetent und liebevoll übersetzt – viel besser, als man es bei den meisten „großen“ Herstellern findet. Dass die Seitenzahlen im Inhaltsverzeichnis nicht stimmen (um 2 verschoben), verzeiht man bei soviel Service natürlich gern!
Optional bietet Moog zwei Rack-Ständer an, die zwei bzw. drei Mother-32 aufnehmen können. Dadurch erhält man mehr unabhängige Stimmen und natürlich mehr Patchmöglichkeiten. Wer den Mother-32 um einige Eurorack-Module erweitern möchte ohne gleich in einen großen Rahmen zu investieren, könnte Gefallen am ebenfalls optional erhältlichen Moog 60 HP Eurorack-Gehäuse finden. Es ist in der gleichen Optik wie der Mother-32 gehalten und bildet eine schicke Einheit mit dem Synthesizer. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das Bedienfeld ist in der klassischen Moog-Optik gehalten.

Bedienfeld und Klangerzeugung

Das kompakte Bedienfeld ist in der vertrauten Moog-Optik gehalten. Vor allem die klassischen Potikappen sind unverwechselbar. Die Oszillatorsektion beginnt links oben mit dem Frequenzregler für den einzigen VCO, der einen Regelbereich von zwei Oktaven aufweist, und dem GLIDE-Poti. Daneben liegt der Umschalter für Sägezahn- oder Pulsschwingung (anders als den meisten anderen Moog Synthies fehlt dem Mother-32 die stufenlose Überblendmöglichkeit der Schwingungsformen). Die hier ausgewählte Schwingung liegt ohne Patchverbindung im Mixer an, über das Patchfeld lassen sich bei Bedarf beide Schwingungen gleichzeitig abgreifen und dann auch im Mixer mischen. Weiter rechts findet man ein Poti für die Pulsbreite der Rechteckschwingung. Darunter liegt die VCO MOD Sektion mit einem Schalter für die Quelle (Envelope, LFO oder ein über das Patchfeld zugeführtes Modulationssignal), einem Regler für die Intensität und einem Schalter für das Modulationsziel (Frequenz oder Pulsbreite). Das Poti MIX überblendet das VCO-Signal mit Rauschen oder dem Signal von der Buchse EXT AUDIO im Patchfeld. Der Mixer ist CV-steuerbar, wodurch sich das Mischungsverhältnis modulieren lässt.
Weiter rechts folgt das Filter, das sich mit einem Schalter zwischen dem gewohnten Moog-Tiefpass und – man höre und staune – einem Hochpassfilter umschalten lässt. Gerade im Kontext eines modularen Systems ist ein Moog-Hochpass eine sehr willkommene Bereicherung! Allerdings verhält sich der Hochpass unkonventionell, mehr dazu im Praxisteil. Die beiden Potis für Cutoff und Resonance sind hingegen keine Überraschung, ebenso wenig wie der Schalter für die Auswahl von EG oder LFO und der Regler für die Modulationsstärke. Die Polarität der Modulation lässt sich ebenfalls umschalten. Der VCA bietet einen Umschalter zwischen ON und EG und einen Volume-Regler.

Fotostrecke: 3 Bilder Der VCO des Moog Mother-32 erzeugt Sägezahn- und Pulsschwingungen.

In der Reihe darunter finden wir zunächst das Poti für das Tempo, das beim Programmieren von Sequenzen auch zur Einstellung der Gate Length dient. Dann folgen die Modulatoren: Der LFO verfügt über einen Frequenzregler, dessen Regelbereich mit einem Maximum von etwa 600Hz in hörbare Sphären vordringt, und einen Umschalter zwischen Dreieck- und Rechteckschwingung. Auch hier sind beide Schwingungen im Patchfeld gleichzeitig verfügbar. Die einfach gehaltene Envelope bietet Regler für Attack und Decay sowie einen Schalter für das Sustain. Bei aktiviertem Sustain arbeitet der Decay-Regler wie ein Release, die Hüllkurve lässt sich also zwischen AD und ASR umschalten.
Hinter dem Poti VC MIX verbirgt sich ein CV-steuerbarer Mixer für zwei Steuerspannungen, der sich für vielfältige Aufgaben vom einfachen manuellen Abschwächen und Regeln einer Control Voltage bis hin zur Einbindung externer Signale zum Modulieren des Mischungsverhältnisses anbietet. Von diesem sehr wertvollen Baustein, so fiel mir in der Praxis auf, könnte man oft noch einen zweiten gebrauchen! Er verfügt im Patchfeld über zwei Eingänge (MIX 1 und 2), einen Input für eine Steuerspannung (VC MIX CTRL) und einen Ausgang. Per Poti oder CV kann man so zwischen zwei Steuerspannungen überblenden oder eine einzelne Modulation abdämpfen. 
Der Sequencer wird über gummierte Taster programmiert und gesteuert. Neben der unten links platzierten MIDI-IN-Buchse findet man zunächst fünf Taster, die sich um eine zentrale Tempo-LED gruppieren. Die LED signalisiert durch verschiedene Farben und schnelles Blinken auch die einzelnen Bearbeitungsmodi. Darunter ist der Shift-Taster zu finden, der die zahlreichen Zweitfunktionen der Taster und einiger Regler zugänglich macht. Daneben findet man Taster für HOLD/REST und RESET/ACCENT sowie PATTERN/BANK und RUN/STOP (REC), die allesamt mindestens doppelt belegt sind und zur Zuweisung der jeweiligen Funktionen zu Steps, zum Aufrufen von Patterns und Banks bzw. zum Starten und Stoppen des Sequencers und zur Aktivierung der Aufnahme dienen. Rechts davon ist eine Leiste von acht verschiedenfarbigen LEDs angeordnet, die ebenfalls mehrere Funktionen erfüllen. Sie zeigen einerseits die mit den darunter liegenden Tastern gewählte Oktave für die Minitastatur an, andererseits werden hier Informationen wie das gewählte Pattern und die Bank sowie verschiedene Step-Infos wie Accent, Slide und Pause dargestellt. Gerade Letzteres ist nicht besonders übersichtlich geraten – man muss sich schon merken, dass die LED Nummer 5 für einen Slide steht und die Nummer 7 für den Akzent. Hier wäre eine etwas ausführlichere Beschriftung des Bedienfelds ganz hilfreich gewesen. Die beiden pfeilförmigen Taster darunter wählen die Oktave und dienen in Verbindung mit dem Shift-Taster zur Aktivierung der Step- oder Keyboard-Modi. Den Abschluss bildet die Minitastatur aus 13 Tastern, die im Keyboard-Modus wie eine Klaviatur verwendet werden. Zusammen mit SHIFT dienen sie zur Auswahl von Steps, Patterns und Banks.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Sequencer des Moog Mother-32 wird mit diesen Tastern gesteuert.

Patchfeld

Das ganz rechts platzierte Patchfeld besteht aus 32 Miniklinkenbuchsen. Hierüber lässt sich der Mother-32 mit den beiliegenden Kabeln intern patchen, wodurch man zusätzliche Modulationen realisieren kann. Außerdem kann der Synthesizer über diese Buchsen in modulare Systeme integriert werden. Die Patchmöglichkeiten sind vielfältig und gehen über die Möglichkeiten vieler anderer semi-modularer Synthesizer hinaus, insbesondere die spannungssteuerbaren Mixer für Audio und CV und die ebenfalls mit einer Spannung modulierbare Resonanz sind nicht alltäglich.
Die Outputs sind invertiert beschriftet, was den Überblick verbessert. Trotzdem erreicht das Patchfeld mit den eng beieinander liegenden Buchsen nicht gerade eine neue Bestmarke in Sachen Übersichtlichkeit. So muss man sich immer wieder bewusst machen, dass die relevante Beschriftung über und nicht unter der Buchse zu finden ist. Auch nach längerer Benutzung habe ich das immer noch gelegentlich verwechselt und manches Kabel in die falsche Buchse gesteckt.
Folgende Inputs und Outputs stehen zur Verfügung:
Inputs

  • External Audio
  • MIX CV (Steuerspannung zur Steuerung des Mixers)
  • VCA CV
  • VCF CUTOFF
  • VCF RES (auch die Resonanz ist mit einer Spannung modulierbar)
  • VCO 1V/OCT (Oszillatorfrequenz)
  • VCO LIN FM (Eingang zur linearen Frequenzmodulation)
  • VCO MOD (Pulsbreite oder Frequenz, wird mit Schalter gewählt)
  • LFO RATE
  • VC MIX IN 1
  • VC MIX IN 2
  • VC MIX CTRL (Steuerspannung zur Regelung des CV-Mixers)
  • GATE (triggert die Hüllkurve)
  • TEMPO (Buchse zur Temposteuerung des Sequencers. Das Tempo lässt sich per Steuerspannung modulieren oder zu externen Clock-Impulsen bzw. einem DIN-SYNC-Signal synchronisieren.)
  • RUN/STOP (zum Starten und Stoppen des Sequencers mittels einer +5V Spannung)
  • RESET (ein +5V Impuls setzt den Sequencer auf den ersten Step zurück)
  • HOLD (Bei anliegender Spannung +5V wird der aktuelle Step wiederholt.)

Outputs

  • VCA (Ausgangssignal des VCA, entspricht dem Signal an der 6,3mm Line Out Buchse)
  • VCF (Ausgangssignal des Filters)
  • VCO SAW (Sägezahnschwingung des VCO)
  • VCO PULSE (Pulsschwingung des VCO)
  • LFO TRI (Dreieckschwingung des LFO)
  • LFO SQ (Rechteckschwingung des LFO)
  • VC MIX (Ausgangssignal des CV-Mixers)
  • EG (Hüllkurve positiv)
  • KB (Gibt eine Steuerspannung aus, sobald ein Ton auf der Tastatur oder vom Sequencer gespielt wird. Auch Glide- und Pitchbend-Informationen werden hier ausgegeben.)
  • GATE (gibt ein Gate-Signal von +5V aus, sobald eine Note auf der Tastatur oder vom Sequencer gespielt wird oder ein MIDI-Notenbefehl empfangen wird.)

Weiterhin enthält das Steckfeld ein rudimentäres Multiples-Modul mit einem Input und zwei Outputs. Hiermit kann ein Steuersignal auf zwei Ziele aufgesplittet werden. Zu guter Letzt sei noch die Buchse ASSIGN genannt, die einer von 16 Funktionen zugewiesen werden kann. Dazu gehören beispielsweise die Sequencer Clock und Unterteilungen (/2, /4), verschiedene Step-Modulationssignale (Step Ramp, Step Saw, Step Triangle, Step Random), die etwas darüber hinwegtrösten, dass der Sequencer neben der Tonhöhe keine weitere, pro Step programmierbare Steuerspannung ausgeben kann, und einige MIDI-Informationen wie Velocity, Aftertouch, Pitch Bend sowie die CCs Nr. 1 (Modulation), 2, 4 und 7 (Volume). Welches Signal diese Buchse ausgibt, lässt sich im Setup-Modus konfigurieren, für den man sich etwas ins Handbuch vertiefen muss.
Damit bietet das Patchfeld des Mother-32 viele Möglichkeiten zur Klanggestaltung und zur Integration in größere modulare Systeme. Es fehlt nur weniges. Wünschen würde ich mir beispielsweise einen Input zum Triggern bzw. Zurücksetzen des LFOs, der beim Mother-32 stets frei läuft und weder zur MIDI Clock noch zu einem analogen Impuls synchronisiert werden kann. Auch für den VCO wäre ein Sync-Input eine Bereicherung, ebenso wie getrennte Buchsen für die Ausgangssignale der Tiefpass- und Hochpassfilter und ein gesonderter Output für die invertierte Hüllkurve. Aber wir wollen nicht meckern – für einen semi-modularen All-in-one-Synthesizer im Kleinformat sind die Patchmöglichkeiten des Mother-32 recht üppig.

Praxis

Der Sound: So klingt der Moog Mother-32

Ich verkabele den MIDI-Eingang mit einem Masterkeyboard und den Output mit meiner Abhöre und schalte den Synthesizer ein, indem ich das Netzteil anschließe. Einen Netzschalter hat der Mother-32 nicht, was nahelegt, dass Moog das Einsatzgebiet hauptsächlich in einem zentral geschalteten Modularsystem sieht. Gleich zu Anfang stelle ich erfreut fest: Die bei vielen VCO-basierten Analogsynths symptomatische Aufwärmzeit braucht der Mother-32 nicht, der Oszillator ist sofort stimmstabil. Hier hört ihr die „nackten“ Sägezahn- und Pulsschwingungen des Mother-32. Auch habe ich es mir nicht nehmen lassen, den VCO mit einem Oszillator meines Moog Sub 37 zu vergleichen:

Audio Samples
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Saw (Moog Mother-32) Saw (Moog Sub 37) Pulse (Moog Mother-32) Pulse (Moog Sub 37)

Im direkten Vergleich mit dem Sub 37 klingt der Mother-32 etwas heller und präsenter, aber in meiner subjektiven Wahrnehmung auch ein kleines bisschen flacher und weniger „edel“, wenn man das so nennen kann. Dennoch lässt sich festhalten: Der VCO des Mother-32 ist typisch Moog und hat eine Menge analoge Persönlichkeit. Es fehlt ihm allerdings die Möglichkeit, die Schwingungsformen stufenlos zu überblenden, wie man es von vielen anderen Moog Synthesizern gewohnt ist. Dazu müsste man die jeweils andere Schwingungsform in den EXT IN Eingang patchen und per Mixer überblenden.
Die Filtersektion enthält zum Einen das typische Moog Ladder Filter, ein Tiefpass mit 24dB/Okt. Flankensteilheit. Hier zeigt sich ebenfalls der Moog-Charakter: Das Tiefpassfilter kann kultiviert und weich, aber auch aggressiv klingen und die Resonanz und Eigenschwingung lassen sich gut dosieren. Auch hier hört ihr zum Vergleich den Sub 37, dessen Tiefpass für mein Empfinden noch eine Spur „teurer“ und cremiger klingt. Bei geschlossenem Filter zeigt sich recht deutlich vernehmbar das Rauschen des VCA, das beim Sub 37 allerdings mindestens ebenso stark ist.

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Tiefpassfilter (Moog Mother-32) Tiefpassfilter (Moog Sub 37)

Mit Spannung erwartet hatte ich zum Anderen das 24dB-Hochpassfilter, das kein anderer aktueller Moog Synthesizer bietet. Beim Ausprobieren wurde ich zunächst ein wenig stutzig, denn es verhielt sich doch etwas anders, als man es von einem Hochpass eigentlich erwarten würde. Ein Blick in die Anleitung brachte Klarheit: Das Hochpassfilter verfügt nicht über Resonanz und arbeitet nur dann wie ein echter Hochpass, wenn der Resonanzregler ganz nach links gedreht ist. Bei aufgedrehtem Resonanzregler bleiben die tiefen Frequenzen hingegen erhalten und es scheint mir so, als würde nur ein kleiner Teil des Signals überhaupt das Filter passieren. Eine Betonung der Cutoff-Frequenz bis hin zum „Pfeifen“ findet dennoch statt, obwohl der Hochpass ja angeblich keine Resonanz hat. Dieses Verhalten kann man natürlich kreativ einsetzen und es klingt bisweilen auch toll, gerade weil die tiefen Frequenzen erhalten bleiben. Ein klassisches, resonanzfähiges Hochpassfilter darf man allerdings nicht erwarten. Hier hört ihr den Hochpass mit verschiedenen Einstellungen des Resonanzreglers. Zunächst steht das Poti ganz links und das Filter arbeitet als einfacher Hochpass ohne Resonanz. Dann hört ihr, wie sich das Filterverhalten ändert, wenn man den Resonanzregler aufdreht.

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Hochpassfilter

Hier ein Beispiel für einen Sound, bei dem ich mir dieses Verhalten zunutze gemacht habe. Das Signal vom VCO durchläuft das Hochpassfilter (ja, wirklich). Die tiefen Frequenzen bleiben dennoch erhalten, weil der Resonanzregler zu etwa 3/4 aufgedreht ist. Stattdessen klingt es so, als hätte man einen kleinen Teil des Signals abgezweigt und separat durch ein resonanzfähiges Filter geschickt. Gerade bei der ansonsten eher schlichten Struktur des Synthesizers kann diese Eigenheit also durchaus nützlich sein!

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Bass trotz HPF

Patcht man den Ausgang des Filters zurück in den EXT IN, so kann man mit dem MIX-Regler ein Filter Feedback steuern, was eher dem „normalen“ Resonanzverhalten entspricht. Hier hört ihr das Hochpassfilter mit gepatchtem Feedback und dann einen Sound, bei dem es gemeinsam mit dem eben beschriebenen Verhalten zum Einsatz kommt. Um Zweiflern zuvorzukommen: Ja, auch im Beispiel “Feedback Reso” steht der Schalter in der Stellung High Pass!

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HPF mit Filter Feedback Feedback Reso

Aber nun los, schauen wir mal, was man dem Mutterschiff an Sounds entlocken kann. Schon ohne das Stecken von Patchkabeln lassen sich dem Synthesizer viele typische, druckvolle Analogsounds entlocken.

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Bass Sequence FM Sequence mit Hochpassfilter Saw Sequence, Filter FM

Mit dem Patchfeld stehen viele zusätzliche Optionen offen. So kann man zusätzlich die zweite Schwingungsform des VCO oder des LFO ins Spiel bringen, den Oszillator von verschiedenen Quellen frequenzmodulieren, Filter Feedback hinzufügen wie oben beschrieben oder beispielsweise die LFO RATE per Hüllkurve steuern. Der seinerseits modulierbare CV-Mixer und das Multiples-Modul erweitern die Möglichkeiten zusätzlich. Die beiliegenden fünf Patchkabel sind manchmal nicht genug, gerade wenn man Steuerspannungen auf mehrere Ziele verteilt. Wer den Mother-32 mit weiteren modularen Komponenten kombinieren möchte, wird definitiv mehr und längere Kabel benötigen. 

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Fast LFO PWM Mayhem Filter FM Sequence Bouncy Sequence (zuerst Tiefpass, dann Hochpass) Swinging Mother Lead FX Madness Bassdrums

Klanglich entpuppt sich der kleine Moog als erfreulich vielseitig, gerade wenn man die Möglichkeiten der Frequenzmodulation und des wie erwähnt etwas unkonventionellen Hochpassfilters einbezieht. Mit einem VCO sind die Möglichkeiten natürlich nicht unendlich, aber zu unterschätzen ist der Mother-32 keineswegs! Von fetten oder knackigen Bässen über blubbernde Sequenzen bis hin zu Leads und Effekten liefert er eine große Bandbreite von Sounds in bewährter Moog-Qualität, die schnell Lust auf mehr machen. Und schon beginnt man zu überlegen, mit welchen modularen Erweiterungen man den Synthesizer am besten kombiniert. Ein zweiter VCO und eine zweite Envelope stünden für mich an erster Stelle, gefolgt von einem weiteren Mixer und mehr VCAs und Multiples. Durch die sehr große und ständig wachsende Auswahl an Eurorack-Modulen sind die Möglichkeiten hier beinahe unbegrenzt. Seine Mission als Mutterschiff für ein wachsendes Modularsystem erfüllt der Mother-32 jedenfalls sehr gut.

Abschließend hört ihr hier noch zwei Vergleichssounds zwischen dem Mother-32 und dem Sub 37. Der Kleine schlägt sich echt nicht schlecht und die Verwandschaft ist unüberhörbar. 

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PWM Bass (Moog Mother-32) PWM Bass (Moog Sub 37) Reso Sequence (Moog Mother-32) Reso Sequence (Moog Sub 37)

Der Sequencer des Moog Mother-32

Der integrierte Sequencer bietet 64 Speicherplätze für Patterns, jedes Pattern kann bis zu 32 Steps umfassen. Für jeden Step lässt sich die Gate Length einstellen und Akzent und Slide können pro Step aktiviert werden. Außerdem gibt es eine Swing-Funktion.
Zur Programmierung von Patterns gibt es die beiden Modi KB (Keyboard) und STEP. Im KB-Modus gibt man die Noten eines Patterns nacheinander (nicht in Echtzeit) über das „Mäuseklavier“ oder eine externe MIDI-Tastatur ein. Nach jeder Note hat man die Möglichkeit, die zusätzlichen Step-Parameter wie Gate Length, Akzent oder Slide einzustellen, beim Anschlagen der nächsten Note wechselt der Sequencer zum nächsten Step. Im STEP-Modus wählt man den gewünschten Step mit SHIFT und den Klaviatur- oder Pfeiltasten zur Bearbeitung aus, woraufhin man die Note eingeben und/oder die Parameter justieren kann. Das funktioniert auch bei laufendem Sequencer, wodurch man auch im laufenden Betrieb Slides und Akzente setzen oder beispielsweise die Ratchet-Funktion ins Spiel bringen kann. Letztere ermöglicht es, auf einem einzelnen Step eine schnelle Abfolge mehrerer Noten zu erzeugen, also eine Art Stottern bzw. ein Roll. Das lässt sich pro Step mit SHIFT und dem GLIDE-Poti stufenlos regeln, allerdings fehlt hierzu jeglicher Hinweis auf dem Panel. 

Audio Samples
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Ratchet

Im Prinzip ist der Sequencer recht einfach gestrickt, aber seine flüssige Bedienung erfordert doch ein bisschen Einarbeitungszeit. Das liegt an den zahlreichen Doppelbelegungen der Taster, LEDs und einiger Potis, die zudem nicht alle auf das Panel aufgedruckt sind. Ohne ausführliche Lektüre der zum Glück gelungenen Anleitung kann man kaum wissen, was einem die acht OCTAVE/LOCATION LEDs so alles anzeigen möchten. Schon die Auswahl von Bänken und Patterns erfordert das gleichzeitige Drücken von bis zu drei Tastern und die getroffene Auswahl ist nur sichtbar, solange man den PATTERN/BANK Taster gedrückt hält. Damit ein Pattern beim Ausschalten oder Patternwechsel im Speicher erhalten bleibt, muss man es sichern, wozu es auf dem Bedienfeld überhaupt keinen Hinweis gibt. Wie man ein Pattern speichert, findet man nur in der Bedienungsanleitung; das Panel lässt noch nicht einmal erahnen, dass es überhaupt nötig ist. Auch die Programmierung der Zusatzfunktionen wie Akzent oder Gate Length erschließt sich nicht unbedingt sofort, ebenso wenig wie die oben genannte Ratchet-Funktion. Hier war man wohl gezwungen, die Zahl der Knöpfe auf ein Minimum zu reduzieren, und der Mother-32 lässt einige Punkte in der Benutzerfreundlichkeit liegen. Nach einer gewissen Zeit hat man das Verfahren zwar verinnerlicht und kann dann doch recht flüssig damit arbeiten, aber ich kenne eine Menge Sequencer, die sich intuitiver und geradliniger bedienen lassen.
Sobald der Sequencer eine MIDI Clock empfängt, synchronisiert er sich automatisch dazu. Am Mother-32 selbst lässt sich das nicht einstellen. Wenn man nicht möchte, dass der Synthesizer immer automatisch losläuft, wenn man die DAW startet, muss man also das Senden von MIDI Clock auf dem jeweiligen Port unterbinden.
Die Möglichkeiten zur analogen Synchronisation und zur Einbindung in modulare Systeme sind hingegen recht vielseitig. Über den TEMPO-Input kann ein analoges Clock-Signal bzw. ein DIN Sync Signal zugeführt werden. Alternativ akzeptiert diese Buchse eine Steuerspannung, mit der sich das Sequencer-Tempo modulieren lässt. Über weitere Patch-Buchsen kann man den Sequencer mit analogen Impulsen starten und stoppen sowie auf den ersten Step zurücksetzen. Die Buchse HOLD bewirkt eine Wiederholung des aktuellen Steps, solange hier eine Spannung von +5V anliegt.
Was der Sequencer nicht bietet, ist eine zweite, pro Step frei einstellbare Steuerspannung (neben der Tonhöhe), mit der sich dann beliebige Parameter pro Step programmieren ließen. Man kann also nicht beispielsweise für jeden Step einen anderen Cutoff-Wert programmieren. Die ASSIGN-Buchse ermöglicht zwar bei entsprechender Konfiguration (Step Ramp, Step Saw, Step Triangle, Step Random) Sequencer-gesteuerte Modulationen, aber eben nicht frei einstellbar. Das ist schade, gerade bei einem Synthesizer, der eine Steuerzentrale für ein modulares System sein möchte. Auch hier gibt es Alternativen, bisweilen schon sehr günstig wie etwa der Korg SQ-1, die damit aufwarten können.
Alles in allem bleibt der Sequencer des Mother-32 in meinen Augen etwas hinter den Erwartungen zurück. Die Fähigkeiten sind überschaubar und die Bedienung ist unnötig hakelig. Als Grundausstattung ist er okay, aber gerade im Kontext eines wachsenden Systems könnte ich mir vorstellen, dass schon bald der Wunsch nach einem etwas vielseitigeren und intuitiveren Taktgeber aufkommt.

Fazit

Der Moog Mother-32 ist ein analoger, semi-modularer Desktop-Synthesizer. Das Besondere ist, dass man ihn aus dem schicken und makellos verarbeiteten Gehäuse aus- und in ein Eurorack-Modularsystem einbauen kann, wo er dann als komplettes Synthesizer-Modul zu einer Art „Mutterschiff“ für das System wird. Als all-in-one Modul bietet er einen VCO, ein zwischen Tief- und Hochpass umschaltbares Filter, eine Envelope und einen LFO. Zahlreiche Patchpunkte ermöglichen zusätzliche Modulationen und die Integration in modulare Systeme. Dabei bietet der Mother-32 einige Möglichkeiten, die man bei kompakten semi-modularen Synths sonst eher selten findet, so lassen sich beispielsweise die Filterresonanz und der Mixer mit Steuerspannungen regeln und es gibt einen CV-steuerbaren Mixer für Control Voltages. Der Sound ist Moog-typisch sehr gut und reicht von cremig bis aggressiv. Mit seiner recht einfachen Struktur reicht der Mother-32 auf sich allein gestellt natürlich nicht an die klangliche Bandbreite komplexer aufgebauter, „größerer“ Synths heran, lässt sich aber mit modularen Komponenten schrittweise erweitern.
Komplettiert wird die Ausstattung von einem integrierten Sequencer mit 64 Pattern-Speicherplätzen und 32 Steps. Mit Slides, Akzent, Swing und einem „Ratchet“-Modus ist der Sequencer praxisnah ausgestattet und lässt sich zur MIDI-Clock oder analog synchronisieren. Seine Bedienung birgt mit den vielen Doppelbelegungen der Taster und den fehlenden Beschriftungen einiger wichtiger Funktionen aber mehr Stolperfallen, als man es sich wünschen würde. Insgesamt ist der Moog Mother-32 ein empfehlenswerter Startpunkt für alle, die sich für modulare Synthesizer interessieren und gern Pattern-orientiert arbeiten. Der Sound ist typisch Moog und dank der Eurorack-Kompatibilität sind die Erweiterungsmöglichkeiten fast unbegrenzt. Einzig der Sequencer kann im Gesamtbild nicht restlos überzeugen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • guter, Moog-typischer Sound
  • Desktop- und Eurorack-fähig
  • viele Patchpunkte
  • Hochpassfilter
  • 32-Step Sequencer mit 64 Pattern-Speicherplätzen
  • zuweisbarer Assign-Ausgang im Patchfeld
  • hervorragende Verarbeitungsqualität
Contra
  • Bedienung des Sequencers nicht intuitiv
  • einige wichtige Funktionen nicht aufgedruckt
  • Panel-Beschriftung klein und etwas unübersichtlich, besonders im Patchfeld
Artikelbild
Moog Mother-32 Test
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Der Moog Mother-32 ist ein guter Startpunkt für Modular-Einsteiger.
Der Moog Mother-32 ist ein guter Startpunkt für Modular-Einsteiger.
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Profilbild von El Miguel

El Miguel sagt:

#1 - 08.01.2016 um 11:24 Uhr

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Ich glaube das 32 in Moog Mother 32 bezieht sich nicht auf die 32 Steps des Sequenzers, sondern auf die 32 Buchsen des Steckfeldes.

    Profilbild von Lasse|bonedo

    Lasse|bonedo sagt:

    #1.1 - 08.01.2016 um 18:28 Uhr

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    Hallo El Miguel,
    danke für deinen Kommentar! Stimmt, das könnte natürlich auch sein :)
    Viele Grüße,
    Lasse Eilers (Red. bonedo)

    Antwort auf #1 von El Miguel

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