Modal CRAFTsynth v2.0 und Skulpt Test

Modal Electronics ist eine recht junge britische Firma, die sich zunächst mit DIY-Kits und den beiden Hybrid-Synths 001 und 002 sowie dem analogen Monster 008 einen Namen machte. Richtig günstig war das aber alles nicht – und so ist es nicht verwunderlich, dass der Hersteller dem Trend folgend nun auch etwas für den „Spielzeug-Markt“ präsentiert. 

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Günstig, kompakt, vertrackt – und somit eine seriöse Alternative zu den Roland Boutiques, den Korg Volcas, den Arturias und den POs von Teenage Engineering? Wir finden es heraus.

Details

Allgemeines

Modal Electronis hat ein paar richtig fette, teure Synths im Angebot. Neu sind indes die beiden günstigen und mobilen Desktop-Synths Craft Synth 2.0 und Skulpt. Beide können außerdem via VST3/AU-Plugin als auch mit dem Standalone-Editor MODALapp gesteuert werden – und das alles sowohl für Mac und Windows als auch für iOS und Android.

Fotostrecke: 5 Bilder Links der CRAFTSynth 2.0, rechts der SKULPT von Modal Electronics.

Die kleinen Kisten lassen sofort Familienzugehörigkeit erkennen. Sie haben alle beide eine kleine Klaviatur, Micro-USB für Strom und MIDI sowie zweimal Miniklinke für Line-Out und Headphones. Ein Paar Sync I/Os auf Miniklinke und zwei richtige DIN MIDI-Buchsen gibt es auch noch. Dank des tonnenförmigen Batteriefachs sind sie außerdem leicht angewinkelt und dem Nutzer zugeneigt. Ferner sind sie wirklich leicht, der verwendete Kunststoff und die Bauweise wirken aber auch etwas fragil – billig oder gar schlecht verarbeitet sind sie aber keineswegs. 
In der Ausgestaltung ihres digitalen „virtuell-analogen“ Innenlebens unterscheiden sich beide Synths aber. Der Craft ist dabei ein mächtiger monophoner Wavetable-Synth mit bis zu 8 OSCs und der Skulpt ein eher konventioneller und vierstimmiger Virtuell-Analoger mit bis zu 32 OSCs.

Fotostrecke: 4 Bilder Ein Plugin bedient alle unterstützten Modelle, hier die GUI für den Craft …

Klein und bereits zusammengebaut: CRAFTSynth 2.0

Der CraftSynth 2.0 bietet einen subtraktiven Aufbau mit einem Filter und drei Hüllkurven. Die Klangerzeugung ist aber nicht ganz alltäglich und besteht aus zwei mix- und morphbaren Wavetables. Im Hintergrund sind es sogar bis zu acht Oszillatoren, die bei Bedarf UNISON gegeneinander verstimmt werden können. Das 2-Pol-Filter ist morphbar von Low- über Band- zu High-Pass. Ein Delay, einen Distortion-Effekt, 64 Preset-Speicherplätze und ein Arpeggiator gibt es ebenfalls.
Haptisch gibt es 12 Encoder und 18 Folien-Taster inklusive Keyboard – viele Möglichkeiten also auf engsten Raum. Die Klaviatur bietet zwar nur acht Touch-Taster, diese lassen aber Skalen zu. Über jedem Taster befindet sich eine blaue LED, die den entsprechenden Status sowie die Encoder-Werte beim Betätigen anzeigt. Wenn man das Keyboard spielt, leuchten diese LEDs natürlich auch. Es sind acht Skalen und die Root-Note wählbar, sodass man trotz begrenzten Mitteln durchaus gute Lines bringen kann.
Mit anderen „Crafts“ sollte man den 2.0 nicht verwechseln, da es sich bei denen um Bausätze handelt – der CraftSynth 2.0 hingegen ist bereits zusammengebaut. Der kleine Kasten kann von drei AA-Batterien versorgt werden und misst 150 x 135 x 68 mm.

Klein und äußerst günstig: Modal CRAFTSynth 2
Klein und äußerst günstig: Modal CRAFTSynth 2

Viele Regler auf kleinem Raum und mehr Funktionen als man denkt

Die Formsprache der grau-blau-weißen CRAFTs ist eindeutig; hellgraue Striche des Prints verbinden zusammengehörige Parameter bzw. Encoder, die in drei versetzten Reihen angeordnet sind. Sie bilden, wenn man so will, Karos, stehen für meinen Geschmack aber etwas zu dicht aneinander. Nur der CUTOFF tanzt aus der Reihe, hat mehr Freiraum und eine etwas größere Kappe. 
Die 12 Endlos-Drehregler sind natürlich mehrfach belegt – umgeschaltet wird mit der hellblauen SHIFT-Taste links oder dem grauen PRESET-Taster rechts sowie mit den sechs Tastern dazwischen: LFO1, LFO2, ARP/SEQ, FILTER-EG, AMP-EG und MOD-EG. Die vier ADSR-Encoder regeln so einen der drei Envelopes (Filter, Amp, Mod) der RATE-Encoder einen der beiden LFOs.

Komplexe Klangerzeugung inklusive 40 Waveforms

Die Wellenformen sind in acht Bänke à fünf Stück aufgeteilt, in Summe also 40. Darunter virtuell-analoge, digitale und generative Schwingungen sowie eine Selektion des Modal 002. 
Hinzu kommen Modulationsarten wie Frequency/Phase Modulation, Hard/Window Sync, Ring/Amp Modulation, Derez/Bitcrush, Wavefolder und Waveshaper. Eine MOD-Matrix mit acht Quellen gibt es zusätzlich, wovon jeder eine Destination zugeordnet werden kann: LFO1, LFO2 and MOD-EG sind dabei am Gerät wählbar, die Ziele Velo, Note, ModW, AftT and Expression hingegen sind nur von der App bzw. dem Plugin aus wählbar.

Der Skulpt bietet mehr Regler und auch richtige Taster.
Der Skulpt bietet mehr Regler und auch richtige Taster.

SKULPT: Ähnlich, aber mit mehr Kontrolle

Der größere SKULPT ist 1/3 breiter als der Craft und hat mit 14 Encodern sowie 13 „echten“ Tastern, zwei Drehregler und fünf Taster mehr am Start, Doppelbelegungen, und das Keyboard explizit ausgeklammert. Die verfügbaren Parameter der Engine sind in etwa die gleichen, insbesondere was Filter, Effekte, Envelopes und die LFOs sowie die Mod-Matrix anbelangt.
Die Klaviatur ist durch das breite Layout nun doppelt so groß (16 Taster) und damit besser und „konventionell“ zu spielen. Scales wie beim Craft gibt es leider nicht, dafür aber eine CHORD-Funktion sowie einen Step-Sequenzer, der bis zu acht Bars lang sein darf. Tempo-Synchronität für das Delay und die LFOs gibt es dadurch aus – allesamt Dinge, die der Craft nicht kennt. 
Beim Skulpt sind die Wellenformen einfacher gehalten. Es gibt keine so komplexen und schon gar nicht so zahlreiche Wavetables wie beim Craft. Die Oszillatoren können hier „nur“ stufenlos von Sinus hin zu Sägezahn über Dreieck bis hin zu Rechteck „gemorpht“ werden. Der erste OSC kann außerdem PWM, der zweite OSC dafür Noise. Insofern zählt das für mich trotzdem fast als Wavetable. Ringmodulation und FM gibt es auch, die umfangreichen Zusatzmodulation wie beim CRAFT aber wiederum nicht.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Skulpt kommt inklusive Kabel, Spickzettel und schicken Deckel …

Praxis

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe

Der kleine Craft 2.0 ist eine witzige Kiste, die viele Möglichkeiten und interessante Sounds für kleines Geld liefert. Da kann man nichts sagen, speziell FX, Dronen und kaputte Soundscapes liefert er überzeugend ab, auch komplexe Bässe und Leads kann er – allerdings klingt mir das Filter nicht fett genug und die Sounds manchmal etwas unsauber, digital. Das kann allerdings eine Ästhetik sein, die man sucht. Nach Plugin klingt es jedenfalls nicht.

Audio Samples
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CRAFT2.0 – FM/Wavetable Scanner CRAFT2.0 – Weird Arp CRAFT2.0 – Alarm CRAFT2.0 – Delayed CRAFT2.0 – Filter & Delay CRAFT2.0 – Looped CRAFT2.0 – Pan Brothers

Doppelmoppel-Shift-Party

Die Shift-Taste und ihre resultierenden Sekundär-Befehle haben mich hin und wieder auch gestört. Man muss Modal aber zugutehalten, dass man bei solch kompakten Kisten nun eben Abstriche machen muss. Immerhin gibt es eine Latch-Option. Soll heißen: Tippt man Shift kurz an, ist Shift aktiviert, bis abermals gedrückt wird. Hält man Shift jedoch, während man seine Eingabe macht, und lässt dann wieder los, ist der Shift-Befehl auch gleich wieder deaktiviert. 

Trotzdem: Die Standard- und Shift-Belegungen sind teilweise merkwürdig verteilt. Zwei Parameter, an den man klanggestalterisch schrauben möchte, liegen oft einen Shift-Befehl entfernt. Der „richtige“ Shift-Taster beim Skulpt gefällt mir deshalb deutlich besser als das Folien-Pendant des Craft. 

Cool ist nicht immer praktisch… Gerade im dunklen Club.
Cool ist nicht immer praktisch… Gerade im dunklen Club.

Das Layout ist mir etwas zu sperrig, auch wenn es aus Kreativdesign-Sicht Sinn ergibt, die Nacht-Club-feindliche Beschriftung missfällt mir ebenfalls. Wenn man sich eingearbeitet hat, geht‘s trotzdem, außerdem kann man ja das Plugin nutzen, was wiederum sehr übersichtlich gestaltet ist. Es lässt sich sogar beliebig größer ziehen – und auch das sollte man tun, weil die Fonts sonst etwas schlecht lesbar sind. Und nochmal zur Sicherheit: Audio gibt es via USB nicht, das Plugin ist nur zur Steuerung gedacht, auch wenn es sich als Instrument-Plugin in die DAW einnistet.

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Mehr Informationen

USB-Störgeräusche

Noch was: Verband ich den Craft 2.0 mit USB, hatte ich in einigen Konstellationen Störgeräusche am Audioausgang des Crafts bei der Benutzung mit meinem Mac Pro. Mit einem separaten USB-Netzteil bzw. mit Y-Kabel gab es keine Probleme. Wissen sollte man in dem Zusammenhang, dass das Controller-Plugin zwingend USB-MIDI benötigt. Der Skulpt hatte indes keinerlei Probleme mit dem USB-Strom und deshalb auch in keiner Konstellation bei mir Störgeräuschen von sich gegeben.

Audio Samples
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SKULPT – Dark Rise SKULPT – Lead to Bass SKULPT – Bassliner SKULTP – Spectrum Arp SKULTP – Super Mario Drums SKULTP – One Finger Acrobat

Fazit

Modal Electronics hat mit dem SKULPT und den CRAFTSynth 2.0 zwei komplexe und kompakte Synths im Programm, die das Frickel-Herz höher schlagen lassen und im Falle des CRAFT sogar richtig günstig sind – viele Plugins kosten mehr! Sie haben einen eigenständigen Klang und auch die Presets zeugen von Liebe, sodass es sich um zwei empfehlenswerte Klanglieferanten handelt, die sich besonders bei Platzmangel hervortun. Die zugrundeliegende Engine bietet einiges, das nicht alltäglich ist und trotzdem lässt sich das meiste mit den reichlichen Bedienelemente am Gerät bewältigen. Nichtsdestotrotz gibt es einige Features, die sich nur mit Editor oder Plugin erforschen lassen – insofern ist es schön, dass diese zum Gesamtpaket dazugehören.

PRO
  • Viele Möglichkeiten
  • Digitaler Charakter-Sound
  • Sehr günstiges Gesamtpaket
  • Transportverpackung inklusive (Skulpt)
CONTRA
  • Mäßige Lesbarkeit der Bedienelemente
  • Etwas wackelige Encoder
  • USB-Störgeräusche beim Craft
Modal_Craft2_Skulpt_00_Aufmacher_Craft2_Skulpt
Modal Skulpt
  • 32 Oszillatoren
  • 8 Oszillatoren pro Stimme mit 2 wählbaren morphablen Wellenformen
  • Mixer für Osc-Pegel iml. FM-, PWM-, Tuning- und Ringmodulationsoptionen
  • Modi: monophon, duophon und polyphon
  • Unison- / Spread-Option zur Verstimmung der 32 Oszillatoren
  • 8-Slot-Modulationsmatrix mit 8 Quellen und 37 Zielen
  • 3 Hüllkurvengeneratoren für Filter, Amplitude und Modulation
  • 2 Audio-Rate LFOs, ein globaler und ein polyphoner LFO
  • Echtzeit-Sequenzer mit 256 Noten und 4 Parameter Aufzeichnungskapazität
  • Arpeggiator mit Divisions-, Richtungs-, Oktav-, Swing- und Sustain-Reglern
  • Resonanzfilter
  • Morphbar von Tiefpass bis Hochpass
  • Delay- und Distortion-Effekte (waveshaping overdrive)
  • MIDI-Clock-Synchronisation für LFOs und Delay
  • 128 Patch- und 64 Sequenzspeicherplätze
  • MIDI-Keyboard mit 16 berührungsempfindlichen Tasten
  • Analoger Clock Ein-/Ausgang zur Synchronisation (KORG / Teenage Engineering Spezifikation)
  • Polychain (bis zu vier Geräten bis zu 16 Stimmen)
  • Stromversorgung über USB oder 6 x AA Batterien (nicht im Lieferumfang enthalten)
  • Optionaler Software-Editor für MacOS, Windows, iOS und Android
  • Line-Ausgang 3.5 mm Miniklinke
  • Kopfhörer-Ausgang 3.5 mm Miniklinke
  • Sync Ein- und Ausgang 3.5 mm Miniklinke
  • MIDI Ein- und Ausgang
  • Micro-USB
  • Abmessungen (BxHxT): 255 x 68 x 135 mm
  • Inkl. USB-Kabel
Preise
  • Modal CRAFTsynth v2.0: Ca. 137 € (Straßenpreis, Stand: 12.08.2019)
  • Modal Skulpt: Ca. 286 € (Straßenpreis, Stand: 12.08.2019)

Weitere Infos zu diesen Produkten gibt es auf der Webseite des Herstellers.

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Profilbild von Stefan aus Wien

Stefan aus Wien sagt:

#1 - 23.03.2020 um 09:56 Uhr

0

Hallo,der Synth klingt toll!
Ich hätte aber eine andere Frage. Bin mir nicht sicher ob die Seite die richtige ist, da es ja um den Craft geht.
Ihr hab mit dem folgenden Equipment aufgenommen mit: UA x16 und meinen Electrodyne 501Es gibt so viele Meinungen, wie der Synth am besten aufgenommen werden soll. Direkt mit der Soundkarte, mit DI, mit Preamp, mit DI und Preamp, DAT, Bandmaschine...
Dann gibt es ja Strymon deco, JHS Colour Box und andere MinenWas sind da die Erfahrungen/Meinungen?LG Stefan

    Profilbild von Felix Klostermann

    Felix Klostermann sagt:

    #1.1 - 23.03.2020 um 11:27 Uhr

    0

    Servus Stefan, meiner Erfahrung nach ist der Einfluss von Preamps auf Line-Quellen äußerst marginal. Ich würde den sehr guten Line-In des X16 nutzen und gut. Klar – mit nem richtig guten Preamps kann man noch etwas Flavour rauskitzeln, aber einen 1500EUR Preamp an ein 300EUR Synth zu hängen erscheint mir etwas unnötig. LG, Felix

    Antwort auf #1 von Stefan aus Wien

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