Spätestens seitdem Masterkeyboards und Sequenzerprogramme Einzug in fast jedes Studio und Heimstudio gehalten haben, sind Desktop Synthesizer en vogue – denn eine Tastatur am Synthesizer selbst braucht man so eher selten. Dennoch mag es für viele Total-Recall-Fans ein Mysterium sein, warum man im Zeitalter weit entwickelter Software immer noch auf solch unpraktische Instrumente zurückgreift. Für andere wiederum ist es die größte Selbstverständlichkeit, da es ihnen in erster Linie um Klang und “Spaß am Schrauben” geht. Hier driften die Meinungen und Geschmäcker bekanntlich auseinander. Vielleicht schafft es ein Mini wie der Nanozwerg, die Brücke zu schlagen? „Platzgründe“ zumindest kann nun wirklich niemand mehr vorschieben!
MFB ist nicht nur bekannt für hochwertigen und günstigen Synthesizer-Sound, sondern auch für Drumcomputer, Sequenzer, CV-MIDI Interfaces, modulare Klangerzeuger-Einheiten, Video-Technik und ein eigenes, sehr spezielles Design. Seit den 70er Jahren wird in dieser Hinsicht in Berlin fleißig entwickelt und konstruiert. Die im Jahre 2008 mit dem Modell “Kraftzwerg” aus der Taufe gehobene „Zwerg-Reihe“ hat mittlerweile jede Menge Zuwachs bekommen – und wird sich wohl auch in Zukunft wacker vermehren. Man darf sich also auf einen regelrechten Zwergen-Aufstand freuen. Heute steht der bisher kleinste Zwerg aus dem Hause MFB bei uns auf dem Prüfstand, der Nanozwerg.
MFB Nanozwerg
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Auf kleinstem Raum wird hier eine komplette klassische Klangerzeugung geboten. Die Bausteine sind: VCO – VCF – VCA und ein LFO. Es handelt sich um die altbewährte Subtraktive Synthese.
Doch nun mal schön der Reihe nach. Unten links befindet sich die VCO-Sektion, in der man die Wellenformen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Puls in den Oktavlagen 16, 8, 4 und 2 auswählen kann. Der VCO ist im Bereich von +/-12 Halbtönen stufenlos stimmbar, auch Glide ist stufenlos anwendbar und bietet einen musikalisch gut verwendbaren Bereich. Zum Anfetten des Grundklangs kann mit „Mixer“ ein Suboszillator mit Rechteckwelle beigemischt werden. Er klingt wahlweise eine, zwei oder „eine+zwei“ Oktaven tiefer als der VCO. Wählt man jedoch mit dem kleinen Taster ganz links unten „Noise“ aus, wird der Suboszillator zum Rauschgenerator. Unter Mod2 eröffnen sich für VCO-Modulationen die folgenden zwei Möglichkeiten: LFO moduliert VCO & Suboszillator (Osc-FM) oder LFO moduliert die Pulsweite von Rechteckwelle oder Pulswelle. Die Intensität der Modulation ist dabei jeweils stufenlos regelbar.
Wir springen nach links oben. Hier warten der rote On/Off Schalter und -rechts daneben- der VCA-Block mit einer Hüllkurve und ihren Parametern Attack, Decay, Sustain und Release. Die Hüllkurve kann gleichzeitig zur Modulation von Lautstärke und Filter dienen, ist aber mittels „Gate/VCA Select“ Taster auch als reine Filterhüllkurve einsetzbar.
Rechts neben dem VCA befindet sich der Cutoff-Regler des 12dB Filters, für das die Modi Lowpass, Bandpass, Notch und Highpass im Angebot stehen. Auch regelbares Keyboard-Tracking steht bereit. Das Filter kann so abhängig von der gespielten Tonhöhe arbeiten. Dabei werden tiefe Töne stärker gefiltert als hohe. Am Filter können noch Einstellungen in puncto Resonanz, Contour und Modulation (Mod1) vorgenommen werden. Resonanz betont die Eckfrequenz bis hin zur pfeifenden Selbstoszillation und Contour bestimmt den positiven oder negativen Wirkungsgrad der Hüllkurve auf das Filter.
Mod1 ist in zwei Bereiche geteilt: Dreht man den Poti nach links, erhält man Filter Frequenzmodulation (Filter FM). Das Filter wird in diesem Fall von der Frequenz des VCOs gesteuert, was so viel heißt, dass es sehr schnell auf und zu geht und geräuschhafte Klänge erzeugt. Bewegt man den Poti Mod1 im Uhrzeigersinn, bestimmt man die Wirkung des LFOs auf das Filter und es lassen sich schmatzende oder blubbernd-wabernde Klänge realisieren.
Rechts unten findet sich die LFO-Ecke, in der Geschwindigkeit und Wellenform des LFO bestimmt werden. Es können Dreieck-, Sägezahn-, Rechteck- und Sample&Hold Welle gewählt werden. Interessant ist der Modus „One Shot“, bei dem der LFO mehr wie eine Hüllkurve arbeitet. Die für ihn gewählte Wellenform wird dann -pro gespielter Note- nur einmal angetriggert. Und danach passiert dann nichts mehr. Hier ein Beispiel, in dem der LFO erst durchgängig (ganz normal) die Pulsweite moduliert, danach dann das gleiche im OneShot Modus. Insbesondere wenn man im OneShot Modus eine höhere Modulations-Intensität anwendet, lassen sich schöne schneidige PWM-Klänge aus dem Nanozwerg herauskitzeln. Im normalen LFO-Mode würde dies eher zu einem „Pulsweiten-Seifenbad“ ausarten.
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LFO “One Shot” -> PWM
Oben rechts parken der Audio Ein- und Ausgang. Als nächstes wollen wir uns einmal anhören was passiert, wenn man den Nanozwerg als Filterbank benutzt. Zu diesem Zweck leite ich einen Drumbeat, den ich zuvor aus Klängen des Nanozwergs angefertigt habe, in den Audio Eingang. Den VCO umgehe ich für dieses Beispiel, indem ich den a) Poti des Mixers auf ganz rechts stelle und b) den Suboszillator deaktiviere. Damit das Filter aktiv ist, muss nämlich vom Keyboard eine Note gesendet werden. Der VCA bleibt bei der Verwendung als Filterbox passiv – schade eigentlich!
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Filterbox
Der Output des Nanozwergs ist bei diesem Experiment recht schwach. Auch ein Einstreuungsbrummen ist nicht zu überhören. Das heißt zwar noch lange nicht, dass der Nanozwerg immer mit Einstreuungsbrummen zu kämpfen hat, wenn man ihn als Filterbox einsetzt. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass der Filterbox-Modus nicht unbedingt seine größte Stärke ist.
Auf der Rückseite des Synths findet man den MIDI-Anschluss, über den Note On/Off-, Tonhöhen-, Velocity-, Mod-Wheel- und Pitchbend Befehle (+/-2 Halbtöne) empfangen werden können. Leider lassen sich vom Sequenzer aus jedoch keine MIDI-Controllerbefehle an den Nanozwerg senden. Wer also gewohnt ist, sich seine Filterfahrten grafisch am Bildschirm zu basteln, muss hier nun ganz dem Feingefühl seiner Finger vertrauen.
Für Musiker, die Synthesizer oder Drum Machines mit CV/Gate Ausgängen besitzen, bieten sich hier noch weitere Kommunikationsmöglichkeiten: CV In, Gate In, VCF In, VCA In, LFO In und LFO Out. Alle CV/Gate Verbindungen werden mit Patchkabeln im Miniklinkenformat vorgenommen.
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Aus dem Karton mit Absender „Ingenieursbüro Manfred Fricke, Berlin“ befördere ich ein kleines gelb-schwarzes Gerätchen ans Tageslicht, das im ersten Augenblick mehr wirkt wie ein Spielzeug, als ein ernst zu nehmendes Musikinstrument. Es ist sehr leicht und ungefähr so groß wie vier übereinandergelegte CD-Hüllen. Das Gehäuse besteht aus dickem, robustem Kunststoff, die Potis fassen sich gut an und sind angenehm schwergängig. Bei näherer Betrachtung macht der Nanozwerg einen sehr soliden Eindruck. Nachdem ich das mitgelieferte externe Netzteil angeschlossen habe, muss ich aber erst einmal meine Krims-Krams Kiste bemühen. Irgendwo war hier doch ein Miniklinke-Kabel …. denn am Gehäuse des Nanozwergs finde ich nur Miniklinke-Buchsen. Und einen Adapter auf große Klinke brauche ich dann auch noch, um das Ausgangsignal meines Testkandidaten in meinen Vorverstärker zu bekommen. Nach anfänglicher Steckerformat-Fummelei ist dann alles am Start und ich spiele über mein MIDI-Masterkeyboard die ersten Töne. Der Sound, der aus der kleinen Kiste kommt, bläst mich lautstärkemäßig erstmal um und ich muss die Eingangs-Impendanz meines Vorverstärkers von -10dB auf +4dB heruntersetzen. Einen Regler für die Gesamtlautstärke suche ich leider vergeblich. Mein Spieltrieb ist sofort erwacht, was hier an Sound herauskommt, ist wirklich erstaunlich. Es macht großen Spaß an diesem Gerätchen … nein: Synthesizer (!) herumzuschrauben!
Drei Dinge sind drin im Karton: Nanozwerg, Netzteil und Bedienungsanleitung
Als Zubehör sind ein externes Netzteil und eine deutschsprachige Anleitung in Form eines gefalteten DIN A4 Blatts an Bord. Die Anleitung ist knapp und gut geschrieben. Unter anderem steht darin der Satz: „Da es sich beim NANOZWERG um einen analogen Synthesizer handelt, sollte er nach dem Einschalten für einen stimmstabilen Betrieb ca. 5-10 Minuten „warmlaufen“. So viel Zeit muss sein: Willkommen in der guten alten Analog-Welt!
Das Beispiel „Drums“ habe ich mit meinem Software-Sequenzer aus einzelnen Klängen des Nanozwergs zusammengesetzt.
Leider muss ich auch zu Protokoll geben, dass der Kleine zwar nach der Warmlaufzeit seine Stimmung hält, es aber generell mit der Stimmung einzelner Töne nicht ganz so genau nimmt! Besonders bei größeren Intervallen wie Oktaven kann man durchaus kleine Unsauberkeiten hören – und auch messen. Mein Tuner zeigte Schwankungen im Bereich von bis zu +/-10 Cent an. Das ist kein Grund nervös zu werden, Gitarren weisen auch oft eine Verstimmung in diesem Rahmen auf, nachdem der erste Song gespielt ist, und klingen dann noch lange nicht verstimmt. Trotzdem soll diese kleine Unsauberkeit des Nanozwergs in meinem Testbericht nicht unerwähnt bleiben. MFB versicherte mir jedoch, dass man das Gerät auch selbst noch kalibrieren könne.
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Tuning
Mit dem Mod-Wheel eines Masterkeyboards steuert man in der Regel die Cutoff Frequenz des Filters und die Geschwindigkeit des LFOs gleichzeitig. Es sei denn, man wählt am Nanozwerg die Funktion „Accent“. Dann werden Filter, LFO Geschwindigkeit (und natürlich auch die Lautstärke) per Velocity kontrolliert. Hier ein Beispiel des Accent Modus’ mit einem Riff in fünf verschiedenen Anschlagstärken. Das Filter öffnet sich immer mehr und der LFO wird schneller.
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Accent
Das Signal des LFOs kann über den rückseitigen LFO-Out Ausgang abgegriffen werden und mit einem Kabel in den Audio-In des Nanozwergs zurückgeleitet werden. So erhält man einen zweiten Oszillator, der jedoch nicht auf Tonhöhen-Befehle reagiert. Er hat eine feststehende Frequenz, die sich nur mit der LFO Rate ändern lässt. Das klingt dann beispielsweise so:
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LFO -> Audio In
Spätestens hier musste ich dann aber eine DI-Box zu Hilfe nehmen, denn das Ausgangssignal des Nanozwergs war durch die Unterstützung des “2. VCO” mittlerweile so stark geworden, dass die Clipping Leuchte an meinem PreAmp in Stroboskop-Taktung blinkte. Ein Regler für die Gesamtlautstärke wäre zu schön gewesen!
Den Nanozwerg als Sequenzer zu bezeichnen, halte ich für stark übertrieben. Trotzdem findet man hier drei Sequenzen und einen Dauerton im Speicher. Wenn man mal kein MIDI Keyboard oder andere externe Steuerungsgeräte zur Hand hat, kann das vielleicht mal ganz nützlich sein. Noch eine Warnung an alle Patschehändchen und Wurstfinger: Eine filigrane Finger-Motorik ist beim Soundschrauben am Nanozwerg durchaus von Vorteil! Die Potis stehen recht nah beieinander und man berührt aus Versehen gern mal einen falschen Regler. Besonders beim Poti „Tune“ ist das im Zweifelsfall sehr blöd.
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Dieses putzige gelb-schwarze Kästchen steht klanglich nicht nur in der Tradition von Synthesizer Klassikern wie beispielsweise dem Korg MS-10. Man kann den Nanozwerg auch getrost als Antwort auf die modernen Desktop-Quietschkisten DSI Mopho und Doepfer Dark Energy verstehen. Hier gibt es reinen Analogsound, monophon, dreckig und fett. So richtig schön alte Schule. Dass das Tuning bei größeren Intervallen nicht immer ganz akkurat ist, muss man in Kauf nehmen oder einfach auch unter “willkommene Widerborstigkeit” verbuchen. Drückende oder kratzige Bass-Sounds, schwebende Leads und charmante Geräusche schrauben macht Spaß. Besonders auch weil man direkten Zugriff und Überblick auf alles hat: „what you see is what you get“. Darüber hinaus kann der Gelb-Schwarze auch als Filterbank für externe Signale eingesetzt werden und ein CV-Gate und MIDI Interface erlauben vielfältige Steuerungsmöglichkeiten. Leider wurde ein Regler für die Gesamtlautstärke eingespart und auch auf die MFB-typischen Miniklinke-Buchsen muss man sich einlassen (bzw. sich erstmal entsprechende Kabel oder Adapter besorgen). Speichern is’ nich’, braucht man hier aber auch nicht wirklich. Etwas Grundwissen in Sachen Subtraktive Synthese sollte vorhanden sein, andererseits kann man sie anhand dieses äußerst übersichtlichen Designs auch sehr gut erlernen. Die Bundesligatauglichkeit des Nanozwergs wird hiermit bescheinigt und seine Ablösesumme von 219,- Euro ist ein absolutes Schnäppchen!
MFB Nanozwerg
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Echter analoger Klang
Preis/Leistung
Solides, kleines und sehr leichtes Gehäusedesign
Audio Eingang (Filterbank)
Viele Klangmöglichkeiten
CV/Gate Ein- und Ausgänge
Contra
Keine Speicherplätze
Tuning nicht immer 100% sauber
Sämtliche Ein- und Ausgänge als Miniklinke
Kein Regler für die Gesamtlautstärke
Kein Empfang von MIDI-Controllern (mit Ausnahme von Pitch- und Mod-Wheel)
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