Korg mini Kaoss Pad 2 Test

Chaos wird im allgemeinen als ein Zustand totalen Durcheinanders, einer Regellosigkeit oder Desorganisation definiert. Nicht jedermanns Sache, doch gibt es auch Menschen, die sich nur im Chaos wohlfühlen. Was nun aber Korgs „Kaoten“ mit Anarchie und Wirrwarr zu tun haben, will mir nicht so ganz in den Kopf, denn zunächst einmal wirken sie rein äußerlich sehr strukturiert – und sie begeistern seit mehr als einem Jahrzehnt Musiker und Deejays auf der ganzen Welt. Und gerade diese können einem roten Faden in ihrem Schaffen nicht entsagen, wobei Ausnahmen sicherlich die Regel bestätigen. Im Gegensatz zu vielen ausgewachsenen Effektgeräten der Konkurrenz setzt das mini Kaoss Pad 2 auf ein handliches Westentaschenformat für unterwegs, wobei bewährte Features wie das X/Y-Touchpad oder die Vielzahl intuitiv steuerbarer Effekte in der Revision um ein OEL-Display, einen Touch-Slider, einen microSD-Speicherkarten-Slot, einen mp3-Player, sowie Lautsprecher und Mikrofon erweitert wurden. Ist doch allerhand, oder nicht?

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Vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass das Investitionsvolumen für den Deejay, Sound-Designer, Gitarristen oder Instrumentalisten sich kaum geändert hat, denn der korgsche Krawallbruder kostet aktuell gerade einmal 10 Euronen mehr als sein Vorgänger zum damaligen Testzeitpunkt. Die Suche nach DJ-Pads dieser Preisklasse und dieses Formfaktors verläuft im Sande und Alternativen kommen wohl am ehesten von Korg selbst. Was der dynamische Effektprozessor und Audio-Player auf der Pfanne hat – und was nicht – das lest ihr im nachfolgenden Artikel.

DETAILS

Erster Eindruck
Wer hätte gedacht, dass das MKP2 trotz einer stattlichen Anzahl neuer Features noch kompakter ausfällt als sein Amtsvorgänger. Das Gerät misst 76 Millimeter in der Breite bei 128 Millimetern Tiefe und wiegt gerade mal 100 Gramm, was nicht nur eine Gewichtsreduktion von mehr als 30 Prozent ausmacht. Es ist obendrein schmaler und handlicher ausgefallen und erinnert in der Form etwas an ein Smartphone oder einen Rasierapparat. Trotzdem hat es auf den ersten Blick nichts von seiner Übersichtlichkeit eingebüßt. Windschnittig abgerundete Ecken und ein ferrariroter Deckel verleihen dem Probanden zudem ein flottes Design, dass im Übrigen auch dem mini Kaossilator zu Teil wurde – nur in Postgelb. Auf dem Geräteboden sind vier Gumminoppen festgeklebt, damit der Kleene einen sicheren Halt auf dem Tisch hat. Zum Lieferumfang gehört neben einem Satz Batterien noch ein Faltblatt mit Betriebshinweisen und einer Auflistung der Effektprogramme.

Zweiter Eindruck
Die untere Hälfte ist dem XY-Pad zugedacht, darüber hält anstelle des Drehknopfes der brandneue Touchslider zur Auswahl eines Effektprogramms und zur Steuerung von diversen Parametern Einzug. Zentrales Element des oberen Drittels ist das kleine OLE-Display. Um dieses herum sind sechs Funktions-Buttons arrangiert, teils beleuchtet, teils mit Status LED-versehen. In der oberen Mitte lacht mir das Mikrofon ins Antlitz. Linker Hand ist der Einschaltknopf für eben dieses platziert. Der Power-Button und der Lautstärkeregler finden sich an der rechten Seite ein. Sämtliche Audio-Schnittstellen sitzen am Kopfende.

Drücke ich auf den Riegeltaster am Fußende, kann ich die rote Blende abnehmen und zwei AAA-Zellen zur Spannungsversorgung einlegen, wo zuvor noch vier Batterien gleichen Typs nötig waren. Die durchschnittliche Betriebszeit mit einem Satz Nickel-Metallhydriden ist nach wie vor mit etwa fünf Stunden angesetzt. Das freut den energiebewussten Anwender. In diesem Zusammenhang stellt sich mir jedoch die Frage, warum der Mechanismus zum automatischen Ausschalten des Gerätes erst nach vier Stunden greift. Besser, die Konstrukteure hätten auch hier ökologisches Feingefühl bewiesen und Auto-Off in wahlfreien Halbstunden-Takten implementiert.
Mit Blick aufs Batteriefach wird oben rechts der Einschub für die SD-Karte frei, die zum Aufnehmen der Performance, von Line- und Mikrofon-Signalen oder ganz einfach zum Speichern von herkömmlichen mp3-Songs herhalten kann. Das Pad arbeitet im Übrigen mit einer Sampling-Frequenz von 48 kHz und hat 24 Bit AD/DA-Wandlern verpasst bekommen. Zur Datenspeicherung können handelsübliche microSD (512 MB – 2 GB) und microSDHC Cards (2 GB – 16 GB) eingesetzt werden. SDXC Cards sind nicht kompatibel. Falls eine Karte vom Rechner, Kamera oder Handy nicht erkannt werden sollte, rät das Handbuch an, diese mit dem MKP2 zu formatieren. Aber nicht vergessen, eine vorherige Datensicherung anzulegen oder gleich einen Neuerwerb einzuplanen, da ein SDHC-Modell mit acht Gigabyte Kapazität aktuell kaum noch 10 Euro kostet. Da passen dann reichlich Musikeinkäufe oder Loops drauf. Um genauer zu sein, so um die 400 mp3s mit 320kBit und 8 Minuten durchschnittlicher Laufzeit. Oder knapp zwölf Stunden Wave-Audio, was beim MPK noch eine weitere Bewandtnis hat. Denn eine mitgeschnittene Session, die als Master-Recording aufgezeichnet wird, wird in eben diesem Format abgelegt – was prinzipiell auch den Austausch der eigenen Performance via Upload, Dropbox oder auch diverser Sound- und Mixclouds über das Internet erlaubt. Wobei natürlich gegebenenfalls Copyrights Dritter zu beachten wären.

Anschlussmöglichkeiten
Was mir sofort ins Auge springt: Es gibt am MKP2 keine Cinchbuchsen mehr. Statt dessen werden zur Einspeisung und zum Playout von Signalen Miniklinkenbuchsen verbaut. Ich komme später noch einmal darauf zurück. Der ehemalig vorderseitige Kopfhörerausgang ist nach hinten gewandert, was der Verkabelung mit dem Mixer entgegenkommt und ebenfalls der mp3-Player Funktion. Zum Beispiel wenn das Gerät in der Hosentasche steckt, man den Player in der U-Bahn nutzt oder Abends auf der Couch ein paar Tweaks ausprobiert. Wir setzen den Probanden jetzt einfach mal unter Strom, was nach einem kurzen Bootvorgang den Low-Pass Filter FLT01 auf den Screen zaubert und die Tasten „Play“ und „BPM“ zum Blinken bringt.

Hand aufgelegt
Betätige ich nun die Play-Taste ertönt ein Loop aus dem integrierten Lautsprecher, der aufgrund des schrebbelligen Sounds und der niedrigen Lautstärke kaum anders rüberkommt als die Freisprecheinrichtung eines Telefons und somit nur der schnellen Orientierung im mehr oder weniger lautlosen Studio dienen kann. Also rauf mit dem Kopfhörer, in diesem Fall ein AIAIAI-TMA-1 (Test hier) und die Sache klingt schon gleich ganz anders. Praktischerweise hat Korg bereits sechs Audioloops in den nichtflüchtigen Speicher geschaufelt, sodass der Käufer unmittelbar beginnen kann, sich durch die Effektprogramme zuhören und damit `rumzuexperimentieren, ohne dass gleich eine aufwendige Verkabelung mit einem CDJ oder der Effektschleife eines Mischpultes erforderlich wäre. Der Konfusionszwerg kommt mit 100 achtfach kategorisierten Effektroutinen ins Studio gerauscht, die Effekte klingen durch die Bank ziemlich gut und ziehen mich auch aufgrund der spielerischen Bedienung sofort in ihren Bann. Prima, dann nichts wie raus an die Luft und das frisch erworbene Audiofutter aus dem Online-Store der Wahl auf potenziell effektprädestinierte Stellen prüfen, die im Übrigen als Cuepoints (!) markiert werden dürfen.

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Auswahlverfahren
Die Auswahl eines Effektes geschieht über den multifunktionalen Touchslider. Multifunktional deshalb, weil er nicht nur die Selektion eines Effekttyps übernimmt, sondern auch diverse Funktionen, die ihm mittels Funktionstaste (fnc) und Audioplayer-Button (mp3) zugewiesen werden. Zunächst möchte ich auf die Kommandos eingehen, auf die der DJ Zugriff erhält, wenn er die fnc-Taste wiederholt drückt.
DryWet…
…erlaubt die Steuerung des Mischungsverhältnisses zwischen Original- und Effektsignal über den horizontalen Touchslider, der auch als Crossfader oder Eingaberegler Verwendung findet. Rechter Anschlag heißt volle Klangverbiegung.
Der „Mixer-Modus“…
…hingegen offeriert das stufenlose Blenden zwischen dem internen mp3-Player und einem eingespeisten externen Signal.
FX-Release…
…legt fest, ob beim Loslassen des Touchpads ein ausklingender Release-Delay zugeschaltet wird.
Connection…
…wählt aus, ob der FX direkt oder als Send operieren soll. Im Direct-Mode, der sich anbietet, wenn das Gerät mit einem CDJ, einem iPad oder einem Musikinstrument verbunden ist, wird das eingespeiste mit dem Effektsignal gemischt und direkt über den Master, respektive den Kopfhörer ausgegeben. Ist kein Effekt aktiv, wird also der aktuell laufende Song an den Ausgang weitergeleitet. Hängt der Soundrasierer an der Effektschleife des Mischers, wird mit der Einstellung „Send“ nur das nasse Signal ausgespielt.
Master Recorder
Befindet sich eine Mikro-SD im Gerät, erhalte ich Zugriff auf den Master Recorder zum Abgreifen des Ausgabesignals.
Utility
Im Utility-Modus kann ich das aktuelle Datum eingeben, kann den Batterietypen und die gewünschte Display-Helligkeit angeben, Energiesparoptionen festlegen und die Pad-Kalibrierung vornehmen. Außerdem findet man hier das Tool zum Formatieren der SD-Karte, sowie eine Software-Update-Funktion, die ausgeführt werden kann, wenn sich eine entsprechende Datei auf dem Wechselspeicher befindet.
Die Taste „mp3“
…hingegen macht den Audioplayer startklar und öffnet den Browser (interner oder externer Speicher). Das Navigieren und Bestätigen per Slider geht gut von der Hand. Weiteres Betätigen offeriert den Cuepoint oder, man höre und Staune, den Pitch mitsamt Pitchbend. Das hat so ein bisserl was vom Pacemaker, wenngleich hier unter anderem der zweite Track zum Mixen fehlt.

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Display
Das elektrolumineszente Display fällt mit gerundeten 3 x 1,5 Zentimetern Fläche zwar sehr klein aus, doch es besitzt eine respektable Auflösung und zeigt Namen der FX, Parameter, Features und Track Informationen kontraststark und gut ablesbar an. Ich bin positiv überrascht. In meinen Augen ist dies als deutlicher Fortschritt zur zweistelligen numerischen Anzeige des Minipad1 anzusehen, wo man als Neuerwerber ohne ausgedruckte oder rückseitig aufgeklebte Effektliste schon ein wenig im Regen steht. Neben den Informationen zur aktuell aufgerufenen Funktion zeigt der Screen den Batterie-Ladestatus an und ob sich eine Speicherkarte im Player befindet.

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