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Beyerdynamic M70 Pro X Test

Beyerdynamic hat eine Reihe neuer Produkte angekündigt und uns im Vorhinein mit Testware versorgt. Wir konnten unter anderem das dynamische Mikrofon Beyerdynamic M70 Pro X begutachten, welches mit einem Großmembran-Kondensatormikrofon und zwei ohrumschließenden Kopfhörern zu den Neuerungen gehört.

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Das M70 Pro X ist ganz traditionsgemäß ein rein analoges Mikrofon, welches mit der dynamischen Tauchspulentechnik die Membranbewegung in Spannung umsetzt. Damit wird es dem Namen Beyerdynamic, den einst Eugen Beyer seiner Firma gab, natürlich gerecht. Anders ist allerdings, dass das M70 Pro X nicht wie etwa die Klassiker M88 oder M160 im Stammwerk an der Theresienstraße in Heilbronn hergestellt wird, sondern weit davon entfernt in China.

Details

Beyer dynamisch

Anders als das elektrostatische Geschwistermikrofon M90 Pro X erzeugt das Beyerdynamic M70 Pro das Signal mit einer auf die Membran aufgeklebten Spule, die im Magnetfeld eines Topfmagneten liegt und dort bei Bewegung Spannung induziert. Dieses Prinzip wird bei vielen Mikrofonen verwendet, und besitzt konzeptionell einige Vorteile, darunter Robustheit, Schalldruckfestigkeit, nicht zuletzt auch Einfachheit und einen oftmals eher geringen Preis. Und jeder kennt die Tauchspulen-Mikrofonklassiker, die als Sprechermikrofone, Schlagzeugmikrofone, Gesangsmikrofone, Amp-Mikrofone oder schlichtweg als Allrounder eine gute Figur machen. Dass diese Bauform prinzipiell etwas weniger fein auflöst, oft weniger linear wiedergibt und im allerhöchsten Frequenzband nicht mehr mit so hohem Pegel überträgt, muss kein Nachteil bei Aufnahmen sein, sondern ist im Gegenteil oftmals durchaus willkommen.

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Niere und “end fire”

Die Richtcharakteristik des M70 Pro X ist die Niere. Wer es nicht kennt: Das bedeutet, dass die Kapsel auf der Vorderseite die größte und auf ihrer Rückseite die geringste Empfindlichkeit besitzt – es gibt nämlich auch eine Reihe anderer. “Vorne” ist im Fall des M70 Pro X, wenn man auf das kreisrunde Kopfgitter blickt. Das M70 ist nämlich ein “end fire”-, während das M90 ein “side fire”-Mikrofon ist. Dass rundherum dennoch große, mit Gittern und feinem Gewebevlies verdeckte Öffnungen zu sehen sind, liegt daran, dass zum Erreichen der Richtcharakteristik Niere auch Schall von der Rückseite und von der Seite bis zur Membran gelangen können muss. Das Polardiagramm zeigt an, dass auch das M70 Pro X in den tiefen Frequenzen in Richtung Kugel- und den hohen in Richtung Achtercharakteristik tendiert. Das ist nur bei einigen sehr teuren Mikrofonen unter bisweilen hohem konstruktivem Aufwand deutlich anders.

Fotostrecke: 4 Bilder Der große Korb lässt sich abschrauben.

Deutliche Abweichungen – mit Hintergedanken

Den meisten Mikrofonen wird ein grafischer Frequenzgang beigelegt, welchem sich entnehmen lässt, welche Frequenzbereiche eher verstärkt, welche eher abgeschwächt übertragen werden. Das Beyerdynamic M70 Pro X zeigt keine brettebene Übertragung, sondern stellenweise enorme Abweichungen. Besonders auffällig ist, dass ein sanfter Anstieg von 1 kHz in einem starken Peak bei 4 kHz mündet, die Übertragung zu 6 kHz wieder deutlich zurückgenommener ist und bei 8 kHz erneut ein Peak zu verzeichnen ist. Darüber nimmt die Dämpfung zu, wie es nicht typisch ist für Tauchspulenmikrofone, die durch das Gewicht der angeklebten Schwingspule nicht so flott hin- und herschwingen können wie die Membranen in Kondensatormikrofonen. Der Grund liegt auf der Hand: Ein derartiger Frequenzgang ist offensichtlich in erster Linie für die Verwendung mit der menschlichen Stimme optimiert. Das Signal wirkt dadurch meist recht höhenreich, präsent und ist gut verständlich, gleichzeitig aber, durch den “Cut im Boost-Bereich” nicht so schnell scharf und bissig, was besonders bei S-Lauten als störend wahrgenommen wird. Wie ein Mikrofon aber wirklich klingt, lässt sich anhand einer Grafik noch nicht zielsicher voraussagen. Im tieferen Frequenzbereich sind zwei Linien zu sehen, eine für einen im Audiobereich verbreiteten Messabstand von einem Meter und eine für einen von nur zwei Zentimetern: Als Druckgradientenempfänger ist die Übertragung im Bass dann höher, wenn sich die Schallquelle nah am Mikrofon befindet. Schaltfunktionen wie Hochpassfilter zur Eindämmung des Basses bei naher Besprechung oder Präsenzboosts gibt es nicht.

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Eher hohe Impedanz

Mit 350 Ohm ist die Impedanz des Beyerdynamic M70 Pro X eher hoch, aber die meisten Mikrofonvorverstärker sind deutlich überangepasst – also kein Problem. Mit 1,8 mV/Pa bewegt sich der Feldleerlauf-Übertragungsfaktor in einem Bereich, der absolut üblich ist für Mikrofone dieser Bauweise.

Spinne, Poppschutz, Tasche

Zwar ist die Kapsel des M70 Pro X in einem Elastormer gelagert, aber dennoch wird das Mikrofon im Set mit einer elastischen Aufhängung aus Plastik geliefert. Die Spinne erinnert optisch etwas an die des Sony C8000G und lässt das Set “modern” aussehen. Wie die Spinne, so ist auch er Poppschutz identisch mit dem Beiwerk zum M90 Pro X und wird ganz simpel mit dem Fuß-/XLR-Output des Mikrofons verbunden und mit einer Ringmutter gekontert. Eine Tasche, die das Mikrofon selbst aufnimmt, komplettiert den Lieferumfang.

Fotostrecke: 3 Bilder Lieferumfang
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Praxis

Spinne hält auch seitlich

Ich muss gestehen, etwas skeptisch gewesen zu sein, dass Beyerdynamic dem axial zu besprechenden dynamischen Mikrofon M70 Pro X und dem seitlich zu besprechenden Kondensatormikrofon M90 Pro X exakt die gleiche elastische Halterung mit auf den Weg gegeben haben. Allerdings ist das Mikrofon mit etwas über 300 Gramm derartig leicht und die Spinnengummis derartig straff, dass auch die typische Broadcastposition des Mikrofons absolut problemlos funktioniert. Wenn die Spinne mal irgendwo unauffindbar ist oder schlichtweg defekt (…was bei den Gummis irgendwann unweigerlich passiert), ist es nicht vorgesehen, dass das Mikrofon auch ohne sie betrieben werden kann. Sicher kann immer irgendeine Haltkonstruktion von einem anderen Mikrofon geborgt oder eine improvisiert werden, doch ich freue mich immer, wenn es eine spinnenlose Installationsmöglichkeit gibt (Arachnophobie habe ich aber nicht!). Den Poppfilter mit dem Schwanenhals zu installieren, war nicht ganz so einfach, denn der Klemmanschluss ist für ein Stativrohr gedacht und lässt sich beispielsweise am Außenring der Spinne nicht anbringen.

Fotostrecke: 2 Bilder Weil das M70 Pro X recht leicht ist, hält die Spinne auch bei der notwendigen horizontalen Ausrichtung.

Deutlicher Broadcast-Sound

Der Blick auf den Frequenzgang ließ mich vor dem Test befürchten, dass das Beyerdynamic M70 Pro X so extrem auf einen modernen, ultrapräsenten Sprechersound gemünzt wurde, dass ich diesen Soundstempel als deutlich zu aufdringlich kritisieren muss. Schließlich betragen die beschriebenen Boosts annähernd zehn Dezibel! Sicher, die Stimmenoptimierung ist unverkennbar, aber genau das funktioniert wirklich gut: Besonders diejenigen User, die einfach ein Mikrofon anschließen und einen nutzbaren Sound haben wollen, werden äußerst zufrieden sein: De-Esser, besonders aber Equalizer können bei vielen Stimmen und Anwendungsfällen ausgeschaltet bleiben, aber dennoch geht ein professionell klingender Klang durch das Kabel. Die Stimme klingt auch dicht, sodass ein Kompressor eher aus technischen denn aus klangästhetischen Gründen eingesetzt werden wird, gleichzeitig bleibt die Stimme immer verständlich und klar.

Etwas verhalten zeigt sich das Mikrofon im Bereich der Tiefmitten und Bässe. Je nach Abstand und Stimme kann damit etwas Fundament fehlen, was sich aber schon durch Anhebung mit einfachen Shelving-Equalizern ausgleichen lässt. Der Vorteil der Ausrichtung des M70 Pro X: Es neigt nicht wie die meisten Klassiker dazu, im Nahbereich so bassig zu werden, dass das Signal ohne Filterung mulmig und indifferent wird. Das erklärt im Übrigen auch, wieso das M70 zwar kein zuschaltbares Hochpassfilter besitzt, ihm aber auch keines fehlt.

Audio Samples
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Beyerdynamic M70 Pro X, Sprache, 2 cm Beyerdynamic M70 Pro X, Sprache, 30 cm Shure SM7B, Sprache, 2 cm Shure SM7B, Sprache, 30 cm Presonus PD-70, Sprache, 2 cm Presonus PD-70, Sprache, 30 cm Beyerdynamic M70 Pro X, Vocals, 10 cm Beyerdynamic M70 Pro X, Vocals, 30 cm Shure SM7B, Vocals, 10 cm Shure SM7B, Vocals, 30 cm Presonus PD-70, Vocals, 10 cm Presonus PD-70, Vocals, 30 cm the t.bone BC 500, Vocals, 10 cm the t.bone BC 500, Vocals, 30 cm

Beyerdynamic hat das M70 geschickt positioniert. Anders als die eher als Allrounder ausgerichteten Mikrofone Shure SM7B oder das M88 aus gleichem Hause, wird versucht, dem User Arbeit abzunehmen. Somit ist das M70 Pro X vielleicht weniger etwas für Audio-Engineers, für die die genannten Klassiker vor Jahrzehnten entwickelt wurden, dafür eher etwas für Semi-Pros und Amateure, denen die Bearbeitung vielleicht nicht so leicht von der Hand geht. Andererseits geht das Mikrofon nicht so extrem vor wie etwa das Presonus PD-70, welches eine sehr nahe Besprechung benötigt und dann einen extrem krassen und “britzeligen” Broadcast-Sound produziert – “auf das Signal stülpt”, könnte man auch sagen.

Auflösung “normal”

Die Auflösung und Detailabbildung ist für ein Tauchspulenmikrofon ordentlich, aber auch keiner besonderen Erwähnung wert. Luftig-leicht ist das Signal nicht, vor allem, weil der zweistellige Kilohertzbereich im Vergleich zum etwas tiefer liegenden mit deutlich weniger Pegel übertragen wird und die Impulsdarstellung bei diesem Mikrofonbautyp etwas behäbiger ist als bei Kondensern.

Breiter Bereich

Sprechermikrofone werden üblicherweise von genau einer Schallquelle besprochen. Bei einer Niere ist der Bereich geringer Klangfärbungen größer als Beispielsweise bei Super- oder Hypernieren, was vor allem bei einer etwas geringeren Mikrofondisziplin vorteilhaft ist. Auch beim Beyerdynamic M70 Pro X müsste man schon deutlich schräg sprechen, damit Klangfarbenänderungen wirklich auffallen, allerdings sollte man Reflexionen wie jenen von Tischplatten immer besondere Aufmerksamkeit schenken. Bei größeren Winkeln als 45 Grad werden die Frequenzgangveränderungen deutlich.

Audio Samples
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Beyerdynamic M70 Pro X, Sprache, 30 cm, 0 Grad Beyerdynamic M70 Pro X, Sprache, 30 cm, 45 Grad Beyerdynamic M70 Pro X, Sprache, 30 cm, 90 Grad Beyerdynamic M70 Pro X, Vocals, 30 cm, 0 Grad Beyerdynamic M70 Pro X, Vocals, 30 cm, 45 Grad

Spinne und Poppschutz

Die Spinne macht in Kombination mit der Elastomerfassung der Kapsel ihren Job gut, sodass ein versehentliches Berühren des Mikrofonstativs oder Tischarms nicht direkt das Signal durch einen auffälligen und bassigen “Plopp” verdeckt. Derartige Plopps, die durch die Stimme verursacht werden, werden von manchen anderen Mikrofonen besser unterdrückt. Das SM7B beispielsweise at schlichtweg einen größeren Kapselabstand durch das interne Blech, als ihn das M70 bietet, andere Mikrofone haben eine rundere Grillkonstruktion. Aber es gibt ja den Poppscreen im Lieferumfang, den man dann verwenden sollte, wenn man Abstände von weniger als zehn Zentimeter beabsichtigt. Ich muss aber gestehen, dass ich bei Broadcastmikros eher ein Freund von übergezogenen Schaumstoff-Windschutzen bin, einfach aus Gründen des einfacheren Handlings. Bei Kondensatormikrofonen kann man in den absoluten Höhen dann einen kleinen Nachteil feststellen, bei dynamischen Mikros ist das zu vernachlässigen.

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Fazit

Wer gerne mit geringem Abstand zum Mikrofon spricht und wem ein Unidyne-III-Mikrofon wie das Shure SM7B zu massig klingt (und eventuell zu teuer ist) und das Presonus PD70 zu scharf und zu dünn, der sollte sich das Beyerdynamic M70 Pro X anhören. Es ist in erster Linie ein Sprechermikrofon, macht aber auch als Gesangsmikrofon eine gute Figur und lässt sich natürlich auch an anderen Quellen verwenden. Die Ausrichtung auf die menschliche Stimme ist zwar deutlich und erlaubt die Direktnutzung eines so gut wie “sendefähigen” Signals, allerdings ist die Prägung nicht überdeutlich, sodass noch Spielraum für Bearbeitungen bleibt. 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • professioneller Sprechersound bei naher Besprechung
  • Signal kann oft ohne weitere Bearbeitung eingesetzt werden
  • im Set mit Spinne und Poppschutz
  • preisgünstig
Contra
Artikelbild
Beyerdynamic M70 Pro X Test
Für 78,00€ bei
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Features & Spezifikationen
  • dynamisches Tauchspulenmikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Frequenzgang: 40 Hz – 18 kHz
  • Impedanz: 350 Ohm
  • Feldleerlauf-Übertragungsfaktor: 1,8 mV/Pa
  • Gewicht (ohne Spinne): 320 Gramm
  • Maße (ohne Spinne): 18,5 x 5,2 (LXD in cm)
  • Lieferumfang: Tasche, Spinne, Poppschutz mit Schwanenhals
  • Preis: € 249,– (Straßenpreis am 7.10.2021)
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