Kleine Alleskönner sind aktuell sehr gefragt und Line 6 hat kürzlich mit dem HX Stomp ein vielbeachtetes Produkt auf den Markt gebracht, das auch von vielen professionellen Spielern genutzt wird. Zum einen liefert es quasi als Schweizermesser im Pedalboard spezielle und programmierbare Modulations-, Delay- oder Reverb-Sounds in Verbindung mit einem Amp und weiteren Effektpedalen. Und falls man mit schmalem Gepäck unterwegs ist, kann das Gerät auch ohne Verstärker mit seinen digitalen Amp-Modellen direkt an die PA angeschlossen werden.
Ob als Stand-Alone-Gitarrensoundquelle oder Effektboard in kompaktem Format – klanglich hat sich das HX Stomp eindeutig bewährt. Aber auch Boss schickt mit dem GT-1000Core
einen kleinen Multi ins Rennen: Identische Größe, ebenfalls mit vielen Effekten und Ampsimulationen ausgestattet und in einer ähnlichen Preisklasse. Wer sich nun ein kleines Multi-Effektgerät in gehobenem Rahmen anschaffen möchte, kommt an einem Vergleich dieser beiden kaum vorbei. Aus diesem Grund lassen wir beide in einem direkten Audiovergleich gegeneinander antreten.
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Aufbau – Audio Setup
In diesem Audiovergleich geht es nicht darum, herauszufinden, welches Gerät nun generell besser und wer zweiter Sieger ist, denn jedes hat Vorteile und Nachteile, eine eierlegende Wollmilchsau ist keines. Viel wichtiger ist es, das Gerät zu finden, das in erster Linie den eigenen Bedürfnissen an Klang und Bedienbarkeit entspricht. Dazu zählt bei den Sounds auch der persönliche Geschmack: Während der eine schmutzige Tape-Delay-Sounds mit stattlicher Zerre auf den Echo-Wiederholungen liebt, möchte der andere zwar auch Bandechos, aber bitte aufgeräumt und mit neuem, hochwertigem virtuellen Bandmaterial, das etwas frischer klingt. Beide Varianten werdet ihr später hören und es gibt kein Besser oder Schlechter – sie sind schlichtweg unterschiedlich.
Stellt man einen Vergleich an, dann sollten natürlich auch nicht Äpfel gegen Birnen antreten. Deshalb bin ich hier etwas ins Detail gegangen und haben zwei unterschiedliche Szenarien mit bestimmten Schwerpunkten getestet: Einmal per Ampsimulation direkt ins Audio Interface, und dann die Effekte der beiden Multis aus dem Board in einen Amp.
Ampsimulationen
Für die erste Variante werden die beiden Gerätschaften direkt an das Audio-Interface angeschlossen und ihre Funktion als Amp-Ersatz beleuchtet. Zusätzliche Effekte oder EQs kommen nicht zum Einsatz, lediglich ein Amp-Model und eine Prise Hall für einen etwas räumlichen Sound sind am Start. Es geht aus den entsprechenden Ausgängen in Stereo direkt in das Audio-Interface. Bei den Amp-Modellen sind, soweit möglich, identische Typen im Einsatz, bei denen auch die Gain-Struktur und die Klangregelung halbwegs ähnlich eingestellt wurden. Alles genau gleich einzustellen, ist nicht möglich, denn beide Geräte verfügen in diesem Bereich über unterschiedliche Parameter. Daher bleibt das Ganze naturgemäß eine Annäherung, ähnlich dem Prozedere, wenn man zwei Amps von verschiedenen Herstellern vergleicht. Hier kommt der erste Streich mit acht Ampsounds von Clean bis High Gain.
Die Ampsimulationen sind mitunter ähnlich, gehen aber auch in manchen Fällen weiter auseinander. Das ist durchaus normal, weil nicht ein- und derselben Amp bei beiden Geräten als Vorlage diente und es auch bei gleichen Modellen sehr große Unterschiede gibt. Die Grundsounds sind in Ordnung und beide Geräte taugen auf jeden Fall für den Einsatz direkt ins Pult. Die Ampsimulationen mit Cleansounds klingen beim GT-1000Core etwas glockiger und edler, während das HX Stomp eher rotzig daherkommt. Beides gut, aber eben Geschmacksache. Bei den Amp-Modellen mit höherem Gain tendiert das GT-1000Core ein wenig zu einem sterilen Ton, etwas harsch in den oberen Frequenzbereichen; hier hat das HX Stomp für mein Empfinden auch eine bessere Durchsetzungskraft. Aber da sind wir schon bei den feinen Unterschieden, die auch in der Ansprache und dem Spielgefühl ans Tageslicht rücken. Die Boutique-Modelle zum Beispiel lassen sich bei beiden gut über den Anschlag steuern, die Bandbreite beim HX Stomp war für mein Empfinden etwas höher. Der AC30 reagiert beim HX Stomp bei harten Anschlägen auf den tiefen Saiten besser als das AC30-Modell vom GT-1000Core. Aber wie gesagt, das sind kleine Unterschiede und die genannten Aussagen sind abhängig vom persönlichen Spiel und den eigenen Klangvorstellungen. Ein anderer Gitarrist wird wahrscheinlich nach einem 1:1 Test das Gegenteil behaupten. So ist das nun mal, 10 Gitarristen – 11 Meinungen …
Effekte
Beim Vergleich der Effekte sieht es ähnlich aus. Die Signalkette bei beiden Geräten ist komplett leergefegt, bis auf ein einziges Effektmodul, dessen Sound verglichen werden soll. Hier habe ich den typischen Einsatz im Pedalboard vor einem “richtigen” Amp geprüft. Die Ampsimulation wird selbstverständlich ausgeschaltet und die Geräte zwischen Gitarre und den clean eingestellten Amp (Sovtek MIG-50) geschaltet. Dann geht es auf eine Marshall 4×12 Box (Celestion G12M), die mit einem Neumann TLM-103 abgenommen wird. Dazu kommt wieder ein wenig Hall, diesmal aus der DAW (UAD AKG BX20). Für Zerrsounds sind zuerst einmal die internen Stomp-Overdrives aus beiden Geräten zu hören, später beim Flanger und Spring Reverb habe ich einen Friedman BE-OD bzw. ein Walrus Audio Ages als Zerrgenerator vor die beiden Geräte geschaltet, um auch diese Variante zu testen. Eine häufige Anwendung, bei der der analoge Lieblingszerrer vor das digitale Multi-Effektgerät kommt. Außerdem soll der Fokus auf dem einzelnen Effekt im Multi liegen. Ein zusätzlicher interner Overdrive würde das Ergebnis verfälschen. Beide haben übrigens keine Probleme mit vorgeschalteten Effektpedalen. Ich habe auch hier wieder versucht, identische Effektmodelle zu nehmen, auch mit einer ähnlichen Einstellung der einzelnen Parameter, soweit das möglich war.
Die Overdrive-Pedale sind klanglich recht nahe beieinander, bei höheren Zerrgraden wirkt der Sound des GT-1000 für mich etwas harsch. Das fällt beim Distortion-Beispiel auf, wobei das HX Stomp mit dem Vintage DS-1 Modell auch einen stark komprimierten Sound anbietet, was mir persönlich zu viel ist. Die dynamische Ansprache ist bei beiden sehr gut, der Zerrgrad lässt sich bei den betreffenden Modellen gut per Anschlag steuern. Ansonsten sind bei den Zerrern eher kleine Unterschiede zu vermelden. Der Big Muff beispielsweise klingt beim HX Stomp für mein Empfinden einen Hauch definierter als der Muff aus dem GT-1000Core, aber da sind wir schon wieder im Bereich des persönlichen Geschmacks. Bei den restlichen Effekten ist es ähnlich, der Octaver klingt sauberer beim GT-1000Core, das HX Stomp hatte mit zwei Tönen gleichzeitig einige Probleme, dafür war aber der Sound und die Ansprache beim Harmonizer des HX Stomps besser, wobei der GT-1000Core manchmal noch ein paar Tonerkennungsprobleme hatte. Etwas pauschal beschrieben, klingen die Effekte beim HX Stomp etwas dreckiger und kantiger (z. B. Tape Delay, Spring Reverb, Uni Vibe), das GT-1000Core ist eher ein wenig zurückhaltender und “sauberer”, wenn man es grob umschreiben möchte.
Fazit
Beide Geräte sind in der Lage, sehr gute Sounds zu liefern, sowohl bei den Amp-Simulationen wie bei den Effekten. Es gibt keinen klaren Sieger, was die Sounds betrifft, denn hier kommt der eigene Geschmack ins Spiel und natürlich auch der Anwendungsbereich. Außerdem zählen auch Ausstattung und Bedienkonzept. Das HX Stomp hat sehr interessante Filtereffekte, beim GT-1000Core gibt es an Spezialitäten unter anderem Slicer, Defretter sowie Acoustic- und Sitar-Simulator. Das GT-1000Core hat 24 Effektblöcke, beim HX Stomp sind es lediglich acht. Das Bedienkonzept beim HX Stomp ist deshalb sehr übersichtlich, auch wegen der überschaubaren Anzahl an Parametern pro Effekt, von denen es beim GT-1000Core mitunter mehr gibt. Wer gerne schnell am Gerät editiert, der wird mit der Darstellung und Bedienung des HX Stomp gut klarkommen, wer gerne in die Tiefe geht und zum Einstellen eines Sounds eine höhere Anzahl an Parametern und Schaltmöglichkeiten benötigt, hat mit dem GT-1000Core den besseren Partner. Auch der Preis spielt eine Rolle: Das HX Stomp liegt aktuell (November 2020) bei 555 Euro, während für das GT-1000Core 699 Euro aufgerufen werden. Ein persönliches Antesten der beiden Geräte ist auf jeden Fall zu empfehlen.