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AJH Synth Wave Swarm Test

Nach dem Sample Hold & Slew, stellen uns AJH Synth das nächste Modul vor, das nicht direkt an den Minimoog angelehnt ist, sondern eine komplette Neuentwicklung von AJH Synth darstellt. Hierbei handelt es sich um einen sogenannten ‚Wave Animator‘. Im Wave Swarm sind gleich zwei davon verbaut und diese versprechen sehr breite und komplett analoge Unison-Sounds.

AJH Synth Wave Swarm Test. (Foto: Igor Sabara)
AJH Synth Wave Swarm Test. (Foto: Igor Sabara)


Viele Details zu der analogen Schaltung des Wave Swarm geben AJH Synth nicht Preis. Laut AJH Synth wurde diese besondere Schaltung von einem gewissen Jorg entwickelt. Jorg hat wohl mehrere Jahrzehnte Erfahrung bei der Entwicklung von Synthesizer-Schaltkreisen, lebt Off-Grid irgendwo und ist so analog, dass er seine Schaltkreise komplett mit Papier und Bleistift entwirft. Schauen und hören wir uns doch mal an was der geheimnisvolle Jorg da für uns gezaubert hat, und ob man diesem Modul tatsächlich amtliche Unison-Klänge entlocken kann.

Details

Konzept

Bei diesem Eurorack-Modul geht es um Unison-Sounds und den sogenannten ‚Beating‘ Effekt. Unter ‚Unison‘ versteht man im Synthesizer-Bereich, wenn mehrere Oszillatoren gemeinsam eine Stimme bilden, indem die gebotenen Oszillatoren von denselben Steuerspannungen gesteuert werden. Am bekanntesten ist dieser Klang, wenn der Effekt auf Sägezahn-Wellenformen angewandt wird, und so die berühmten Super-Saw Wellenformen entstehen. Versucht man Unison-Klänge mit digitalen Klangerzeugern zu erhalten, so muss man darauf achten, dass die unterschiedlichen Oszillatoren nicht die gleiche Phase haben, was bedeutet, dass die gebotenen Wellenformen zwar identisch sein sollten, aber nicht genau zur selben Zeit zu schwingen beginnen dürfen. In diesem Fall erhält man keine fetteren Sounds, sondern genau den gleichen Klang, der einfach lauter ist.

Fotostrecke: 3 Bilder AJH Synth Wave Swarm von vorne … (Foto: Igor Sabara)

In der analogen Welt ist es genau anders herum. Hier muss man aufwendige Patches bauen, wenn man möchte, dass alle VCOs in der gleichen Phase schwingen. Hinzu kommt noch der Fakt, dass es nahezu unmöglich, bzw. sehr aufwendig ist analoge Oszillatoren 100% auf die gleiche Tonhöhe zu stimmen. Hier kommt es zu ganz kleinen Abweichungen in Bereichen von einzelnen Cents. Diese Abweichungen erzeugen den Beating-Effekt, der einen wabernden Klang darstellt. Auch beim ACL Multifunction Discrete VCO wurde diesem Effekt schon viel Aufmerksamkeit geschenkt, indem ACL dafür sorgten, dass der Beating-Effekt bei deren VCO über viele Oktaven stabil bleibt. Der Wave Swarm emuliert diesen Effekt. Hier gibt es die Möglichkeit eine einzige Wellenform in das Modul zu schicken, um einen bis zu zwölf stimmigen, analogen Unison Sound zu erhalten. 

Aufbau

Das Wave Swarm Modul ist eher einfach aufgebaut. Bei einer Breite von 14 Teileinheiten (TE bzw. HP) finden wir fünf Buchsen, 14 Mini-Potis und zwei LEDs. Da dieses Modul aus zwei fast identischen Einheiten besteht, gibt es jeweils eine Buchse für Ein- sowie Ausgang für jeden der beiden Kanäle. Die fünfte Buchse gibt beide Kanäle gleichzeitig aus. Die beiden Kanäle des Wave Swarms enthalten jeweils sechs einzelne Oszillatoren, die jeweils von einem LFO animiert werden, bzw. langsam in der Phase verschoben werden. So hat das Wave Swarm Modul insgesamt zwölf animierte Oszillatoren, die dem Eingangssignal zugemischt werden, um fette Unison-Klänge zu erstellen. Mit 12 von den 14 Mini-Potis lassen sich die Oszillatoren dann in der Lautstärke anzupassen. Die 12 LFOs für die Oszillatoren bieten jeweils eine fest eingestellte Geschwindigkeit. Bei den festen Frequenzen der LFOs sind AJH Synth nicht nach einem bestimmten Schema oder Berechnungen vorgegangen.

Der AJH Synth Wave Swarm hat zwar nur Mini-Potis, aber diese haben einen angenehmen Abstand und lassen sich gut bedienen. (Foto: Igor Sabara)
Der AJH Synth Wave Swarm hat zwar nur Mini-Potis, aber diese haben einen angenehmen Abstand und lassen sich gut bedienen. (Foto: Igor Sabara)

AJH Synth haben hier hingehört und Frequenzen für die LFOs gewählt, die besonders gut für Unison-Sounds geeignet sind. Diese Vorgehensweise ist auch recht gut geglückt, denn die Ergebnisse können sich wirklich hören lassen. Sehr schön zu sehen, bzw. hören ist hier auch, dass die LFOs der beiden Kanäle leicht unterschiedliche Frequenzen aufweisen. Kombiniert mit dem Fakt, dass der Eingang der ersten Sektion auf den Eingang der Zweiten normalisiert ist, bietet das Wave Swarm Modul Möglichkeiten sehr schöne und lebendige Stereoklänge aus einzelnen Wellenformen zu zaubern. Die letzten beiden Potis dienen als Dry/Wet Funktion für die beiden Kanäle. Hier ist eine Soft-Clipping Schaltung integriert, sodass man die Ausgänge verzerren kann. Fängt ein Kanal an zu zerren, so macht eine der beiden LEDs darüber aufmerksam.

Audio Samples
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Klang der Soft-Clipping Schaltung auf einer sauberen Sinus-Wellenform.
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Praxis

Eindruck

Vorweg: Das AJH Wave Swarm Modul klingt wirklich großartig und schafft es tatsächlich tolle Unison-Klänge zu erzeugen. Die verwendeten analogen Oszillatoren erwecken zu keiner Zeit das Gefühl, dass etwas emuliert würde. Die Geschwindigkeiten für die unterschiedlichen LFOs sind praxisgerecht gewählt. Ganz gleich, ob man hier nur einen, zwei der Oszillatoren einsetzt, alle 12 Oszillatoren gleichzeitig erklingen lässt, das Wave Swarm Modul klingt immer gut. Dabei unterstützen die gut gewählten LFO-Frequenzen mit denen die Oszillatoren bestückt sind.

Wellenformen

Schaut man sich die vom Wave Swarm erzeugten Wellenformen getrennt an, so sehen diese fast wie Rechteck-Wellenformen aus, die sich nach PWM-Manier langsam von den internen LFOs modulieren lassen. Es gibt keine Möglichkeit diese Wellenformen in irgendeiner Form zu verändern, sodass der reine Klang des Wave Swarms immer gleich ist. Hier wäre es schön gewesen eine Möglichkeit zu haben, mindestens alle Oszillatoren gleichzeitig in der Wellenform verändern zu können, so wie wir das von so manchen einzelnen VCO, wie z.B. dem Swarm Oscillator von Radikal Technologies kennen. Mischt man jedoch die einzelnen Oszillatoren der Eingangs-Wellenform hinzu, so fängt die originäre Wellenform an eine Art PWM-Verhalten aufzuweisen.
Das funktioniert tatsächlich mit allen Wellenformen außer Rechteck. Bei einer Rechteckwelle am Eingang, kommen am Ausgang sehr seltsame und unmusikalische Klänge heraus. Es scheint so, als ob sich die internen Rechteckwellen mit der eingehenden auslöschen. AJH Synth weist darauf hin, dass dieses Modul besonders gut mit Dreieck- und Sägezahn-Wellenformen funktioniert. Ich habe aber auch mit sehr komplexen und sich veränderten Wellenformen sehr schöne Ergebnisse erzielen können.

Das AJH Synth Wave Swarm Modul aus der Perspektive betrachtet. (Foto: Igor Sabara)
Das AJH Synth Wave Swarm Modul aus der Perspektive betrachtet. (Foto: Igor Sabara)
Audio Samples
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Wellenformen pur aus dem Wave Swarm.

Sonstiges

Es fällt auf, dass das  AJH Wave Swarm Modul keine CV-Eingänge bietet. Das Wave Swarm ist bis jetzt aber auch das erste Modul, bei dem ich keine CV-Eingänge vermisse, bzw. wo tatsächlich keine von Nöten sind. Durch die Einstellung der Lautstärken der einzelnen Oszillatoren erhält man auch bei kleinsten Veränderungen ziemlich unterschiedliche Ergebnisse. Da hier sowieso schon 12 LFOs verbaut sind, würde CV-Steuerung eher ungewolltes Chaos, als komplexe und anregende Klänge schaffen.
Des Weiteren kommt hinzu, dass das Modul zu zerren beginnt, wenn die Lautstärken der einzelnen Oszillatoren aufgezogen werden. So befindet man sich bei der Einstellung des Wave Swarms auch ständig zwischen dem Einstellen der einzelnen Lautstärken und dem Dry/Wet-Verhältnis der einzelnen Kanäle. Die verbaute Soft-Clip Schaltung zeigt sich in hoher Qualität, da die Zerrung bei diesem Modul wirklich gut klingt.

Das AJH Synth Wave Swarm Modul schräg von der Seite betrachtet. (Foto: Igor Sabara)
Das AJH Synth Wave Swarm Modul schräg von der Seite betrachtet. (Foto: Igor Sabara)
Audio Samples
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Monostimme mit 12 Oszillatoren aus einer einzelnen Sägezahn-Wellenform. Stereostimme mit einer Dreieck-Wellenform am Eingang. Stereostimme aus einer komplexen Waveshaper-Wellenform.

AJH Wave Swarm Sound Demo (No Talking)

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Mehr Informationen
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Fazit

Das AJH Wave Swarm Modul schafft es tatsächlich den berühmten Unison-Sound mit zwölf internen, voll analogen Oszillatoren zu erzeugen. Hier hat man nicht das Gefühl einer Emulation, sondern hört ein echtes Unison mit perfektem Beating. Das Wave Swarm Modul klingt sehr gut, bietet aber immer denselben Ausgangsklang. Das Modul ist nicht dazu gedacht, um pur abgehört zu werden. Da die zugemischten Wellenformen immer gleich sind, funktioniert die Klanggestaltung mit manchen Patches besser als mit anderen. Durch diesen Fakt ist das AJH Wave Swarm Modul auch ganz knapp an der vollen Punktzahl vorbeigerutscht, da es eher ein ‚One-Trick Pony‘ ist, aber ein recht Beeindruckendes. Zum geforderten Preis erhält man zwölf analoge Oszillatoren nebst zwölf analogen LFOs, die es möglich machen, schnell und einfach mächtige und fette Klänge im Eurorack zu erzeugen. Hier kann das AJH Wave Swarm Modul besonders in der Stereo-Anwendung überzeugen, und kann schon deswegen jedem Modularisten ans Herz gelegt werden.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • 12 analoge Oszillatoren mit Clipping-Schaltung
  • Fest eingestellte LFO Frequenzen mit hohem Nutzwert
  • Als zwei 6-stimmige Einheiten oder eine 12-stimmige Einheit nutzbar
  • Erzeugt echte und lebendige Stereo-Sounds aus einzelnen Wellenformen
Contra
  • Erzeugte Klänge nicht vielfältig genug
Artikelbild
AJH Synth Wave Swarm Test
Das Wave Swarm Modul von AJH Synth bringt fette und lebendige Stereo-Unison-Sounds in das Eurorack. (Foto: Igor Sabara)
Das Wave Swarm Modul von AJH Synth bringt fette und lebendige Stereo-Unison-Sounds in das Eurorack. (Foto: Igor Sabara)

Weitere Infos zu diesem Produkt gibt es auf der Webseite des Herstellers.

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Profilbild von Martin Andersson

Martin Andersson sagt:

#1 - 01.10.2019 um 08:21 Uhr

0

Hallo,
danke für den interessanten Bericht. Was ich nicht ganz verstanden habe: folgen die internen Oszillatoren der Frequenz des Eingangssignals? Und falls ja: ist dieses Tracking über viele Oktaven sauber? und was passiert, wenn ein polyphones Signal am Eingang anliegt?

    Profilbild von Igor Sabara

    Igor Sabara sagt:

    #1.1 - 02.10.2019 um 07:11 Uhr

    0

    Hallo Martin,Freut mich, dass der Artikel Interesse geweckt hat. Ja, der Wave Swarm folgt dem Oszillator, welcher am Eingang anliegt. Das kannst du im Video hören, da drehe ich an der VCO Frequenz über viele Oktaven und der Wave Swarm folgt immer sehr präzise. Bei polyphonen Signalen kommt der Wave Swarm durcheinander. Da bekommt man keine brauchbaren Ergebnisse.

    Antwort auf #1 von Martin Andersson

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