Interview Mark King

Nein, der Platz für das Interview ist wirklich nicht ideal. Ein paar Meter weiter lärmt sich die Vorband durch Coversionen bekannter Hits. Mark King und ich sitzen zwischen den Trucks im Backstagebereich des Festivals. Die Lkw dämpfen den Schall leider nur etwas. Obwohl die Zeit drückt, zeigt sich ein aufgeschlossener und überaus freundlicher Musiker, dem man sofort abnimmt, dass er genau das macht, was er machen will: Musik. Keine Spur von Eile oder Schnellabfertigung des Interviewers. Im Gegenteil, die Antworten kommen wohlüberlegt und teilweise auch ausschweifend. Und voller Enthusiasmus.

Bonedo: Der Name „Level 42“ hat ja mit Douglas Adams’ Buch „Per Anhalter durch die Galaxis” zu tun.
Genau, in diesem Buch wird der Sinn des Lebens gesucht und der ist „42“. Diese Zahl haben wir genommen und das „Level“ hinzugefügt. Der Grund, warum wir eine Nummer im Namen wollten ist folgender: Als wir 1980 mit der Band begannen, war Punk noch die Hauptkraft in der Rockmusik – in der gesamten westlichen Hemisphere. Allerdings schon auf dem absteigenden Ast, denn die beste Zeit erlebte der Punk von 1976 bis 1980. Als wir einen Bandnamen suchten, wollten wir etwas anderes, als Namen in der Art wie „The Stranglers“ oder „Sex Pistols“. Das war uns viel zu aggressiv. Also kamen wir auf die Idee eine Nummer zu benutzen. Damals fuhren wir immer mit dem gleichen Bus zu den Proben, dem Bus Nummer 88. Deshalb überlegten wir die Band „88“ zu nennen, zumal wir auch einen Song dieses Namens hatten. Doch dann fanden wir heraus, dass es schon die Gruppe „Rocket 88“ gab. Damals las ich gerade „Per Anhalter durch die Galaxis“ und fand die Zahl 42, die für den Sinn des Lebens steht, gut. Da die 88 im Zusammenhang mit Rocket gut klang, nannten wir uns „Level 42“. Und das klingt auch rund.
B: Liest du gerne und viel?
Ich denke, dass das Lesen ein großes Geschenk für die Menschen ist. Das ganze Wissen, alles steht in Büchern. Wenn mehr Leute lesen würden, wäre die Welt wahrscheinlich ein besserer Platz. Aber viele lesen nicht, sie schauen stattdessen Fernsehen (lacht). Das ist Pech, aber so ist die Welt. Was Douglas Adams betrifft: Er war ein toller Schreiber mit einer verblüffenden Art von Humor. „Per Anhalter…“ ist ein großartiges Buch. Es ist eine Tragödie, dass er so jung gestorben ist. Grundsätzlich bin ich ein Fan von Science Fiction. In der Anfangszeit von „Level 42“ lasen alle in der Band Science-Fiction-Bücher. Wir hatten auch Songs wie „Foundation and Empire“ oder „Dune Tune“, die alle von diesen Büchern inspiriert wurden. Und ich denke unser 2006er Album  „Retroglide“ hatte ebenfalls sehr viel Science Fiction.
B: Schreibst du permanent Songs?
Ich achte einerseits darauf, dass mein Leben so einfach wie möglich ist. Ich werde bald 50 und genieße meine Familie und mein Haus. Ich spiele Golf, fahr mit meinem Boot zum Fischen raus und habe Hühner (lacht). Aber weißt du, Musik, das ist mein Hobby, meine Leidenschaft, die ist immer da. Und so kommen auch immer neue Ideen. Und wenn genug Songs fertig sind, mache ich ein neues Album. Ich denke, ein guter Song ist immer bei dir. Die Idee geht nicht weg.
B: Und wie schreibst du? Ausschließlich mit dem Bass?
Nein. Ich schreibe mit allem. Das eine Mal ist es ein cooles, funkiges Riff auf dem Bass, das andere Mal eine gute Melodie, die einfach plötzlich in meinem Kopf ist. Oder ich sitze am Keyboard und beim Herumklimpern entsteht in interessanter Akkord. Es kann aber genauso eine Textidee sein, die plötzlich Emotionen weckt. Für mich gibt es nicht nur einen Weg, Songs zu schreiben und ich denke, das ist wahrscheinlich bei vielen Songwritern so. Schreibst du Songs?
B: Ja, aber ich spiele nur Gitarre, d.h. ich bin beim Schreiben auf dieses Instrument fixiert und fühle mich deshalb schon limitiert. Deshalb hole ich mir manchmal Hilfe bei Co-Writern.
Ja, mit nur einem Instrument ist man schon etwas eingeengt. Aber mit jemand anderem zu schreiben, das kann die Erfüllung sein und bringt viel Neues in deine Musik. Ich denke, wenn du Input von anderen hast, dann arbeitest du härter an deinen Ideen. Wenn du mit mehreren arbeitest, dann willst du unbedingt das Beste geben. Und wenn du dann deine Idee vorspielst und Vorschläge von den anderen kommen, dann kann der Song plötzlich eine ganz andere Richtung nehmen. Das ist sehr interessant. Ich mag es, mit anderen zu schreiben.
B: Hat sich die Art zu schreiben in den fast 30 Jahren deiner Karriere geändert?
Und ob! Als wir begannen, waren wir um die 22 Jahre alt. Unsere Erfahrungen waren sehr begrenzt. Am Anfang hat auch niemand gesungen, wir spielten ausschließlich Instrumentals. Wir kümmerten uns nicht um Texte oder gar um singbare Melodien. Die Instrumente waren wichtig. Als wir dann doch anfingen Melodien zu schreiben, stellten wir fest, dass Mike Lindup die hohen und ich die Tiefen Melodien singen konnten. So entstand unsere spezielle Art zu singen.
Auch als Frontman King!
Auch als Frontman King!
B: Anfangs hattet ihr ja viele Einflüsse von Jazz und Funk in der Musik. Als dann „Lessons in Love“ ein großer Hit wurde, warfen euch viele Leute vor, ihr würdet die Vergangenheit leugnen. Tut so etwas weh?
Nein, nicht wirklich. Denn durch diese Hits erreichten wir ein viel größeres Publikum, das plötzlich unsere Musik mit Begeisterung hörte. Jeder will doch soviel Publikum erreichen wie nur möglich. Und das haben wir dadurch geschafft. Weißt du, es waren nicht so viele, die sagten „Lessons in Love“ klingt nicht mehr nach „Level 42“. Aber da waren plötzlich hunderttausend andere, die sagten, dass das ein interessanter Song sei, und sich fragten von welcher Band er wohl gespielt würde. Wir erreichten plötzlich ganz neue Leute, die sich dann auch für unsere Alben interessierten. Eine gute Sache.
B: Ende der Achziger gab es dann einige Besetzungswechsel in der Band. Was war passiert?
Es war so um 1987 herum. Wir hatten sehr viel gearbeitet, sieben Jahre lang ohne Unterbrechung! Die Brüder Phil und Boon Gould verließen die Band, weil es ihnen zu viel wurde. Sie schrieben noch für uns, waren aber keine festen Mitglieder mehr. Kurzfristig kamen Neil Conti und Paul Gendler in die Band. Dann spielten Gary Husband (Drums) und Steve Topping mit uns. Aber Steve kam nicht so zurecht mit dem Bandleben. Deshalb arbeiteten wir zeitweise auch mit Alan Murphy (Gitarre).  Es war schon eine unruhige Zeit, aber Änderungen gehören halt zum Leben.
B: Und wie kam es dann 1994 zum Split?
Auch nach den Besetzungswechseln in den Achzigern haben wir ja ohne Unterbrechung weitergearbeitet. Als dann auch noch Mike Lindup die Band verließ, dachte ich, es wäre das Beste, die Band eine Weile ruhen zu lassen und einfach zu schauen, was passiert. Nach ungefähr sechs Monaten ging ich zurück nach London, um ein paar Songs zu schreiben. Der Verlag wollte ein paar Sachen hören und meinte, ich solle ein Soloalbum machen. Das machte ich dann und ich tourte mit diesem Album dann Ende der Neunziger als Mark King Group. Dann kam Gary Husband zurück in die Band und auch mein Bruder Nathan war dabei. Als dann irgendwann auch noch Mike zurückkam, war es wieder „Level 42“. Eigentlich nicht geplant, es ist so passiert. Es kam einfach eines zum anderen.
Als dann irgendwann auch noch Mike (Lindup) zurückkam, war es wieder „Level 42“. (Foto: Alois C. Braun)
Als dann irgendwann auch noch Mike (Lindup) zurückkam, war es wieder „Level 42“. (Foto: Alois C. Braun)
B: Im Laufe der Zeit haben sich doch sicher einige Bässe bei dir zuhause angesammelt?
Ja, es sind schon eine Menge. Aber die meisten davon benutze ich zumindest von Zeit zu Zeit, um mit den verschiedenen Sounds zu experimentieren. Heute Abend spiele ich einen neuen Bass, der von Rob Green von Status für mich gebaut wurde. Es ist ein sehr schöner Bass. Wir haben ihn in den letzten fünf/sechs Jahren entwickelt und ich hoffe, dass er gut klingt.
B: 1982 gab es das Projekt „Thunderthumbs and the Toestenman“, bestehend aus dir und Mike Lindup. Wie kam es dazu?
Ich hatte damals gerade meine zukünftige Frau getroffen und wir suchten einen Platz, wo wir leben konnten. Deshalb fragte ich die Plattenfirma nach einem Vorschuss, damit wir ein Haus kaufen konnten. Sie gaben mir das Geld, wollten aber ein Album. 1982 machte die Band Pause und ich schrieb den Song „Freedom“ zusammen mit Mike, einfach, um die Sache irgendwie am Laufen zu halten. Den Song brachten wir dann als „Thunderthumbs and the Toestenman“ heraus. Zwei Jahre danach fragte die Plattenfirma nach, was denn mit dem Album wäre. Deshalb nahm ich dann meine Soloplatte „Influences“ auf. Innerhalb von zwei Wochen, das war eine sehr schnelle Sache.
B: 2010 feiert die Band 30jähriges Jubiläum. Sind da besondere Aktivitäten zu erwarten, eine große Tour, vielleicht ein Boxset?
Das Problem ist, dass es schon so viele Boxsets und Samplers gibt. Das ist uninteressant. Aber vielleicht ist das 30-Jährige eine gute Gelegenheit wieder mit einem neuen Album herauszukommen. Ehrlich gesagt, haben wir dafür überhaupt noch keine Pläne.
Mark und sein Status-Bass sind ein eingespieltes Team (Foto: Alois C. Braun)
Mark und sein Status-Bass sind ein eingespieltes Team (Foto: Alois C. Braun)
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