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1010music Nanobox Lemondrop und Fireball Test

Kompakte Desktop-Synthesizer kommen einfach nicht aus der Mode. Im Gegenteil: Sie passen zu immer mehr Setups in kleineren Heimstudios und lassen sich problemlos zu Gigs mitnehmen. Im Sampler-Bereich ist die 1010music Blackbox eines der prominentesten Beispiele – und ihre Macher haben sich einmal mehr etwas Neues einfallen lassen. Ihnen waren die Blackbox und ihr Kompagnon, die Bluebox, offenbar nicht kompakt genug, denn sie haben jetzt zwei polyphone Synths im noch kleineren nanobox-Format im Angebot: den lemondrop und den fireball. Einmal mit vierstimmiger Granular-Synthese und einmal mit achtstimmiger Wavetable-Synthese. Digitale Power im tragbaren Format also? Finden wir es heraus.

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1010music Nanobox Lemondrop und Fireball Test (Quelle: Lukas Hermann)

Details

Erster Eindruck

Meinen Doppeltest macht das identische Format der beiden Geräte auf visueller Ebene dankbar leicht. Die „Nanoboxen“ lemondrop und fireball werden beide über ein 2-Zoll-Touchdisplay gesteuert und verfügen zudem über zwei Drehencoder und vier Buttons. Mit dem Home-Button gelangt man zur Haupt-Presetansicht, die Pfeiltasten machen Menüs zugänglich und mit dem Listen-Button navigiert man durch Unterseiten der einzelnen Sektionen der Klangerzeugung.

Fotostrecke: 2 Bilder Die beiden „nanoboxen“ von 1010music haben denselben Formfaktor … (Foto: Lukas Hermann)

Auch ihre I/O ist gleich: MIDI In/Out, Clock In/Out – alles in Form von 3,5-mm-Klinkenanschlüssen – sowie je einen microSD-Slot und einen USB-C-Anschluss für die Stromversorgung. Es wird zwar kein Netzteil mitgeliefert, aber ein USB-C-auf-USB-A-Kabel. Ein MIDI-Adapter sowie eine microSD-Karte für WAV-Dateien und Presets sind ebenfalls dabei. Mit Strom kann man die nanoboxen mithilfe typischer Smartphone-Netzteile, oder – im Studio – über einen USB-Port am Computer versorgen. Letzteres funktioniert allerdings leider nicht wirklich, denn es entsteht eine hörbare Brummschleife, wenn die Geräte via USB und Audiokabel mit dem Rechner und dem Interface verbunden sind – lieber ein separates Netzteil verwenden! Eine Batterie für mobilen Betrieb haben die zwei Synths nicht, aber mit einer Powerbank laufen sie gut.

Bedienung und Klangerzeugung

Schließt man das USB-C-Kabel an die Stromversorgung an, schalten sich die Geräte direkt ein; wie schon bei der Bluebox und der Blackbox gibt es leider keinen Ein-/Aus-Schalter. Begrüßt wird der geneigte Musiker mit besagtem Hauptbildschirm: Oben steht der Name des aktuellen Presets, darunter sind die zwei Hauptoszillatoren des jeweiligen Synths zu sehen. Noch einen Abschnitt weiter unten werden die anderen Elemente der Synth-Architektur angezeigt: Zwei Filter, zwei Hüllkurven, zwei LFOs, ein Modulationssequenzer und zwei Effekte (Modulation bzw. Delay/Reverb). Ein schöner Zug: Werden ihre Parameter moduliert, gibt es hier zum besseren Verständnis auch kleine Animationen in Form von beweglichen Linien.

Fotostrecke: 2 Bilder Über die Hauptansicht gelangt man zu den einzelnen Elementen der Klangerzeugung. (Foto: Lukas Hermann)

Drückt man vom Hauptfenster aus auf die linke Pfeiltaste, erscheinen die globalen Einstellungen. Hier kann der MIDI-Kanal eingestellt, der Master-Kompressor aktiviert und auch die Lautstärke des Synths eingestellt werden. Auch für Letztere gibt es keinen dedizierten Regler, was den Einsatz bei Performances etwas erschwert. 

Hands-On-Modulation

Zwei Sonderansichten für die Hands-On-Bedienung gibt es zudem noch: Durch zweimaliges Drücken auf die Home-Taste erscheint ein X-/Y-Pad für touchbasierte Modulation – und über den Listenbutton erreicht man auch ein rudimentäres On-Screen-„Keyboard“ mit Pads für einzelne Noten. An die Kombination aus Touch- und Buttonsteuerung gewöhnt man sich trotz dieser vielen Optionen schnell.

Die Oszillatoren

Damit nun zum großen Unterschied: Den beiden Oszillatortypen von fireball und lemondrop. Beide laden als Klangquellen Samples, nur sind dies beim fireball Wavetables und beim lemondrop beliebige Sounds als Basis für Granularsynthese. Eine breite Auswahl ist in Form von Presets und Samples auf den SD-Karten der Synths beim Kauf vorhanden und es ist sehr leicht, eigene über den Computer hinzuzufügen. Dann ist das Erstellen eigener Presets von Grund auf möglich: Einfach vom Hauptbildschirm aus auf einen der beiden Oszillatoren tippen und über den Text am oberen Rand das Sample austauschen – schon entsteht ein komplett neuer Sound.

Fotostrecke: 2 Bilder Beim fireball können zwei Wavetables …

Die Implementierung der beiden Syntheseformen hat Profi-Niveau: Der fireball erlaubt komplexe Modulation der Wavetable-Position und kann die beiden Wellen einzeln verstimmen. Einzig eine horizontale Modulation der Wavetables ist nicht möglich, aber vielleicht kommt dies ja noch mit einem Firmware-Update. Am lemondrop gibt es noch mehr Optionen zur Oszillator-Manipulation: Für komplexe granulare Texturen können die Häufigkeit („Density“) der Grains, der Bereich ihrer Extraktion („Window“), zufällige Modulation außerhalb dieses Bereichs („Jitter“), ein Wiedergabemodus, die Stereo-Postion, Detuning und ein tonales Pattern im Oktav- oder Quintabstand eingestellt werden. Die Spezial-Oszillatoren werden außerdem bei beiden Synths durch einen dritten Virtual-Analog-Oszillator ergänzt, der etwa eine Suboszillator-Welle oder ein wenig Textur durch Rauschen beitragen kann. Dadurch wird eine breite Palette an Sounds möglich.

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Praxis

1010music fireball und lemondrop im Einsatz

Bereits ein schneller Durchgang durch die vielen hochwertigen Presets der zwei Soundboxen zeigt, was die beiden Geräte jeweils gut können: Der fireball, den wir uns zuerst anhören wollen, produziert tolle Leads, ziemlich passable Bässe sowie klassisch-digitale Wavetable-Pads.

Audiobeispiele 1010music fireball

Audio Samples
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1010music fireball: Sparklies 1010music fireball: Voxy 1010music fireball: Stepper 1010music fireball: Tapped Bottles 1010music fireball: Tibet 1010music fireball: Shangria Detune 1010music fireball: Brite Bells 1010music fireball: Synchro Boinks

Interaktiv trotz kompakter Bauweise

Beim Spielen der Presets macht sich der Touchscreen als Performance-Tool schnell nützlich: Nicht nur sind die X-/Y-Parameter des Touchpads bei Presets direkt auf spannende Parameter wie die Wavetable-Position oder die Graingröße geroutet, auch die zwei Filter lassen sich mit dem Finger manipulieren. Die Tiefpass- und Hochpassmodi klingen zwar absolut digital, doch gleichen das durch ihre Spielbarkeit aus. So schnell wie an den 1010music nanoboxen habe ich bisher selten Resonanzspitzen in einen Patch hinein- und wieder hinausmodulieren können. 

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Die Filter können mit dem Finger frei positioniert und ‚performt‘ werden. (Quelle: Lukas Hermann)

Und apropos Modulation: Analysiert man die Presets ein wenig genauer, merkt man, wie viele Modulationsoptionen im fireball und im lemondrop stecken. Modulierbare Parameter werden in den Listen über Vierecke neben den Bezeichnungen indiziert – sind sie eingefärbt, ist ein LFO, eine Hüllkurve oder der Sequenzer auf sie geroutet. Die genauen Einstellungen tauchen dann mit einem Druck auf die rechte Pfeiltaste auf. Als Modulationsquelle können in diesen Menüs auch MIDI-CCs eingestellt werden. 

Fotostrecke: 2 Bilder Zwei LFOs und eine freie ADSR-Hüllkurve stehen zur Modulation bereit … (Foto: Lukas Hermann)

Leider sind die LFOs und die Hüllkurven nicht so interaktiv wie die Filter-Sektion. Attack, Decay, Sustain und Release müssen umständlich über die beiden Drehencoder eingestellt werden – vermutlich wäre das auf dem kleinen Display via Touch auch zu fummelig. Aber die Rate und die Auslenkung der LFOs hätte ich gern mit dem Finger definieren können. So käme man der Modulation buchstäblich näher … naja, vielleicht in einem kommenden Update.
Soundtechnisch reichen die zwei LFOs, die ADSR-Hüllkurven und der Sequenzer definitiv aus, um kreative Patches zu erstellen – unter anderem weil auch die Effekte moduliert werden können. Sie haben es so schon in sich, gerade der Chorus und der Reverb werten Pads und Leads ordentlich auf. Und mit LFO-Modulation auf Parameter wie das Reverb-Damping oder die Modulationsgeschwindigkeit machen sie noch mehr Spaß. Gerade dank solcher Tricks kommen aus dem granularen lemondrop spannende FX- und Atmo-Sounds sowie akustisch angehauchte Klänge mit typisch granularem Eigencharakter:

Audiobeispiele 1010music lemondrop

Audio Samples
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1010music lemondrop: TauZyowwee 1010music lemondrop: Fairly Light 1010music lemondrop: Music of the Tubes 1010music lemondrop: ShimmerSauce 1010music lemondrop: Chatty Robots 1010music lemondrop: Shimmery Celeste 1010music lemondrop: Saw + FX

Einziges Manko der Effekte: Weil es nur zwei Slots gibt und der erste für Modulationseffekte und der zweite für zeitbasierte reserviert ist, gibt es keine Möglichkeit, parallel ein Delay und einen Reverb zu nutzen. Für den Einsatz in Ambient-Sets bedeutet das deutlich weniger klangliche Flexibilität.

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Leider können in den Effekten Delays und Reverbs nicht kombiniert werden. (Quelle: Lukas Hermann)

FX-Processing mit lemondrop und fireball

Was dafür umso mehr Freude speziell am lemondrop bereitet, ist die Option, Sounds über den Line-Eingang für die Verwendung in Patches nutzen zu können. Dies macht die „Live-Input“-Option der granularen Oszillatoren möglich. Dadurch wird der Granularsynth zu einem tollen Sounddesign-Gadget für unterwegs: Einfach ein iPhone, iPad oder einen Line-fähigen Fieldrecorder anschließen und unterwegs mit Powerbanks auf Soundjagd gehen. Der lemondrop macht es möglich. Über die Line-Thru-Einstellung des Systems kann bei beiden Geräten übrigens auch externes Audio in die Effekte geroutet werden, wodurch sie als eigenständige Effektgeräte in größeren Setups einsetzbar sind.

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Fazit

Wofür sind die kleinen Synths nun am besten geeignet? Ich meine: 1010musics fireball und lemondrop sind dank ihrer Portabilität ideale Synths für Live-Setups – Martin Stimming etwa hat den lemondrop aktuell auf Tour dabei. Und auch in kleinen Heimstudios machen sie sich als flexible Soundgeneratoren und FX-Boxen gut, vorausgesetzt man hat einen MIDI-Controller und die passenden Kabel. Einmal angeschlossen überzeugen sie direkt mit hochwertigem Sound, intuitiver Touch-Bedienung vieler Parameter und einfacher Anpassung der Presets. Die vielen Modulationsoptionen und der Sample- bzw. Wavetable-Import ermöglichen sehr kreatives Sounddesign.
Dann ist da aber der Preis: 449 Euro sind für das, was die Synth-Engines leisten, eigentlich absolut angemessen. Nur wollen das Kunststoffgehäuse und die mitunter etwas umständliche Menüstruktur nicht ganz dazu passen. Die Synths wirken nicht billig, aber werfen doch Fragen der Stabilität und generellen Nützlichkeit auf. Obwohl der Sound hervorragend ist, werden sich wohl leider viele Käufer mit der Kosten-Nutzen-Rechnung schwertun.
Denn: Wer die Geräte nur im Studio nutzt, hat andere Optionen. Schaut man sich am Beispiel des fireballs die Konkurrenz an, sieht man, dass er aktuell zwar der günstigste dedizierte Desktop-Wavetablesynth auf dem Markt ist, die zweitgünstigste Option, der Argon8 von Modal Electronics, schlägt allerdings mit nur 530 Euro zu Buche – und ist mit seinen vielen Drehreglern und der zugehörigen iPad-App klar besser für den Studioeinsatz geeignet. Wer nun seinen nächsten Synth im Rucksack mitnehmen und dafür rund 450 Euro ausgeben kann bzw. will, hat mit den beiden Geräten zwei tolle Optionen zur Auswahl. Ich garantiere: Sie leisten mehr, als sie vielleicht zu Beginn den Anschein haben. Nur daran denken, immer ein separates Netzteil mitzunehmen, sonst brummt es gerne mal!

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Features 1010music nanobox lemondrop

  • Polyphoner Granular-Synthesizer
  • Kompaktes Desktop-Design
  • 2 Granulatoren und ein zusätzlicher Oszillator
  • 4-stimmige Polyphonie
  • 2 Multimode-Filter, 2 Hüllkurven, 2 LFOs und ein Modulationssequenzer
  • Steuerbar via MIDI für Klangmanipulationen in Echtzeit
  • 6 Effekte: Flanger, Distortion, Chorus, Phaser (FX1), Delay und Reverb (FX2)
  • Mit 2″ Touchscreen
  • 2 Drehregler und 4 Bedientaster
  • Über 100 Presets und WAV-Dateien (auf der im Lieferumfang enthaltenen microSD-Karte)
  • WAV-Import via microSD-Karte möglich
  • Stromversorgung via USB-C-Anschluss
  • 1 MIDI In/Out: 3,5 mm Klinke
  • 1 Clock In: 3,5 mm Klinke
  • 1 Line In/Out: 3,5 mm Klinke
  • 1 USB-C-Anschluss
  • 1 microSD-Kartensteckplatz
  • Abmessungen (B x T x H): ca. 95 x 76 x 38 mm
  • Gewicht: 112 g
  • Inkl. USB-C auf USB-A-Kabel, MIDI-Adapter, microSD-Karte, Schnellstart-Anleitung

Features 1010music nanobox fireball

  • Kompaktes Desktop-Design
  • 2 Wavetables und ein zusätzlicher Oszillator
  • 8-stimmige Polyphonie
  • 2 Multimode-Filter, 2 Hüllkurven, 2 LFOs und ein Modulationssequenzer
  • Steuerbar via MIDI für Klangmanipulationen in Echtzeit
  • 6 Effekte: Flanger, Distortion, Chorus, Phaser (FX1), Delay und Reverb (FX2)
  • Mit 2″ Touchscreen
  • 2 Drehregler und 4 Bedientaster
  • Über 100 Presets und WAV-Dateien (auf der im Lieferumfang enthaltenen microSD-Karte)
  • WAV-Import via microSD-Karte möglich
  • Stromversorgung via USB-C-Anschluss
  • 1 MIDI In/Out: 3,5 mm Klinke
  • 1 Clock In: 3,5 mm Klinke
  • 1 Line In/Out: 3,5 mm Klinke
  • 1 USB-C-Anschluss
  • 1 microSD-Kartensteckplatz
  • Abmessungen (B x T x H): ca. 95 x 76 x 38 mm
  • Gewicht: 112 g
  • Inkl. USB-C auf USB-A-Kabel, MIDI-Adapter, microSD-Karte, Schnellstart-Anleitung

PREISE

  • 1010music nanobox lemondrop: Ca. 449 €*
  • 1010music nanobox fireball: Ca. 449 €*

*(Straßenpreise am 08.03.2022)

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