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Neo Instruments Mini Vent Test

Der Neo Instruments Mini Vent im bonedo-Test  –  Hinter Neo Instruments steht der Entwickler und Mastermind Guido Kirsch, der in der Studio- und Keyboardszene schon lange kein Unbekannter mehr ist. Als Gründer von Access Music entwickelte er zusammen mit Christoph Kemper den legendären Virus Synthesizer. Nach der Trennung von Access Music gründete er 2007 seine eigene Firma Neo Instruments. Wegen der Unzulänglichkeiten gängiger Leslie-Simulatoren begann er mit der Entwicklung eines Gerätes, das den Klang eines Leslie 122 möglichst originalgetreu wiedergeben sollte. So entstand nach zwei Jahren schließlich der Ventilator, der sehr komplexe Vorgänger des Mini Vent.


Wer sich mit dem Thema Leslie schon einmal beschäftigt hat, der weiß, dass es sich bei diesen Lautsprechersystemen um bleischwere und kühlschrankgroße Teile handelt, die nur schwer zu transportieren sind. Dementsprechend dürften sich rückengeplagte Liebhaber dieses klassischen Sounds über eine handliche Leslie-Variante freuen. Ob das Mini Vent, das sich in erster Linie an Gitarristen wendet, den Sound und den Charme des Klassikers wirklich anständig simuliert, haben wir für euch herausgefunden.
Für die Keyboardfraktion gibt es eine speziell auf Orgelsounds abgestimmte Variante des mini Vent! Hier geht’s zum Test.

Details

Was ist überhaupt ein Leslie?

Ein klassisches Lesliekabinett ist im Prinzip ein Zweiwege-Lautsprechersystem mit getrennten Lautsprechern für den Bass und Hochtonbereich. So weit nichts Neues, aber beide Frequenzbereiche werden mittels rotierender Lautsprecher in den Raum abgegeben.
Der Obertonbereich besteht aus einem sich horizontal drehenden Doppelhorn, bei dem nur ein Horn aktiv ist, während das zweite als Gegengewicht dient. Im Bassbereich arbeitet ein nach unten fest montierter Lautsprecher, dessen Schall mittels einer sich drehenden Umlenkbox beeinflusst wird. Durch das Herumwirbeln des Schalls entsteht eine natürliche Modulation der Tonhöhe. Dieser Effekt nennt sich nach seinem Entdecker Christian Doppler auch „Dopplereffekt“. Doppler selbst war Mathematiker und Physiker und hatte mit Musik nichts am Hut. Zu seinen Lebzeiten gab es weder Lautsprecher noch elektrisch betriebene Musikinstrumente. Das erste Experiment zum Dopplereffekt mit Schallwellen wurde 1845 mit mehreren Trompetern auf einem mit 70 km/h fahrenden Zug gemacht. Einen ähnlichen Effekt hört man, wenn ein Feuerwehrauto mit aktiviertem Martinshorn vorbeirauscht. So lange sich der Wagen nähert, scheint der Ton des Martinshorns immer höher zu werden, sobald er sich entfernt, immer tiefer. So ähnlich muss man sich auch die Arbeitsweise eines Lesliekabinetts mit rotierenden Lautsprechern vorstellen, auch hier bewegt sich die Schallquelle im Verhältnis zum Hörer.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Mini Vent kommt auf den ersten Blick eher wie ein Leslie-Controller ru00fcber

Konzept und Aufbau

Der Mini Vent von Neo Instruments ist die abgespeckte Version des Vorgängers, dem Ventilator, besitzt aber im Gegensatz zu diesem keine Regler. Der Lesliesound ist hier fest einprogrammiert und kann im Nachhinein nicht verändert werden – das Pedal ähnelt auf den ersten Blick eher einem Lesliecontroller als einer kompletten Effekteinheit. Auf der Oberseite befinden sich zwei Fußtaster, einmal für den True Bypass und zum anderen für die Slow/Fast-Funktion mit den dazugehörigen LEDs. Ein- und Ausgänge in Form dreier Klinkenbuchsen findet man an der Front, hier geht es mono rein und entweder mono oder stereo wieder raus. Es stehen zwei Presets zur Verfügung, die mit dem kleinen Taster zwischen der Eingangs- und den beiden Ausgangsbuchsen angewählt werden. Preset A bietet den Lesliesound ohne Speakersimulation, eine Einstellung, die sich beim Einsatz am Gitarrenamp anbietet. Das zweite Preset imitiert den Frequenzgang eines Lesliekabinetts und klingt zusammen mit dem Gitarrenspeaker zu indirekt. Dafür eignet sich diese Einstellung sehr gut zum  direkten Aufnehmen von cleanen und leicht angezerrten Sounds im Studio. Schließlich bietet das Pedal eine integrierte Zerrstufe, die den Sound bei Bedarf leicht anraut.
Aber auch Keyboarder, die ihren Sound direkt zur PA schicken wollen, kommen hier voll auf ihre Kosten. Für die Anpassung an sehr leistungsstarke Pickups, ein Keyboard oder eine Orgel steht im Inneren des Gehäuses ein Jumper zu Verfügung, der ab Werk gebrückt und so auf „High Gain“ eingestellt ist. Der Anzerrungsgrad lässt sich für jedes der beiden Presets in fünf Stufen vorprogrammieren. Als kleine Extrawurst benötigt der Mini Vent auf dem Pedalboard ein (beigelegtes) 12 Volt DC Netzteil.

Fotostrecke: 5 Bilder Zwei Fuu00dfschalter reichen als Bedienelemente
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Praxis

Man hat im Grunde genommen drei Möglichkeiten, mit dem Mini Vent zu arbeiten. Die erste Möglichkeit sieht vor, das Gerät live oder im Studio direkt stereo mit dem Audiointerface bzw. dem Mischpult zu verbinden. Live sehe ich diese Variante am ehesten bei Organisten, die ohne (Kühlschrank)-Leslie angereist sind und die interne Speakersimulation des Mini Vent dazu nutzen, einen fetten und bei Bedarf angezerrten Lesliesound zu Verfügung zu haben. Bei meinen ersten Versuchen habe ich das Gerät zwischen Gitarre und Apogee Wandler angeschlossen und einige Soundbeispiele in Stereo aufgenommen. Beide Presets liefern sehr gute Ergebnisse, wobei sich die beiden Sounds vor allem in ihrer Direktheit unterscheiden. Preset A arbeitet ohne Speakersimulation und liefert einen sehr weichen, chorusartigen Cleansound.

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Preset A Direkt Clean

Während man mit dem ersten Preset einen sehr weichen Sound erhält, bietet die Speakersimulation von Preset B das Gefühl, über ein mikrofoniertes Lesliekabinett zu spielen. Der Sound ist eckiger und hat diesen röhrigen, knurrigen Lesliesound. Im folgenden Audiobeispiel habe ich den internen Jumper auf Low Gain gestellt, wodurch das Pedal meiner Meinung nach insgesamt weicher klingt.

Audio Samples
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Preset B Direkt Low Gain

Im High Gain Setting legt der Mini Vent eine Schippe mehr Schmutz auf die Waage, auch da zeigt sich der Sound immer noch sehr authentisch. Eine wirklich böse Verzerrung bekommt man übrigens nicht hin, schließlich ist auch ein richtiges Leslie keine Metal-Schleuder, sondern geht über AC 30 Anzerrungen nicht hinaus.

Audio Samples
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Preset B Direkt High Gain

Die zweite Möglichkeit, den Mini Vent zu nutzen, liegt im Einschleifweg des Gitarrenverstärkers. Hier sollte man die Speakersimulation weglassen und Preset A aktivieren, weil es sonst zu indirekt und muffig klingt. Obwohl das Pedal dabei im Mono-Modus arbeitet, klingt es immer noch nach Leslie und nicht nach Vibe. Im Gegensatz zum Vibe eignet sich der Mini Vent besser hinter der Verzerrung, weil der Sound so natürlicher klingt, denn auch bei einem echten Leslie wird die Verzerrung durch die integrierte Röhrenendstufe erzeugt und nicht durch die Speaker. Im nächsten Audiobeispiel hört ihr einen cleanen Amp mit eingeschleiftem Mini Vent.

Audio Samples
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Preset A Einschleifweg Clean

Selbst mit High Gain Einstellungen bleibt der Ton immer klassisch und tendiert nie zum Metal. Mich hat der Sound irgendwie an Peter Frampton erinnert, denn neben Legenden wie David Gilmour und Eric Clapton hat auch er meist ein Leslie mit auf der Bühne.

Audio Samples
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Preset A Einschleifweg High Gain

Die dritte Möglichkeit ist das Vorschalten des Mini Vent vor den Gitarrenverstärker. Dort gefällt mir der Sound besonders gut mit einem leicht angezerrten Amp, es bleibt sehr authentisch, obwohl der Klang etwas von seiner dreidimensionalen Tiefe einbüßt. Er eignet sich gut für Gilmour-artige Pickings, die sich fast schon wie ein Mantra anhören. Man muss aber aufpassen, dass man hier nicht zu viel Verzerrung in die Vorstufe des Amps dreht, sonst wird das Ganze zu kratzig.

Audio Samples
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Preset A vor angezerrtem Amp

Im letzten Audiobeispiel habe ich den Mini Vent vor den stark verzerrten Gitarrenamp gehängt. Die hohe Verzerrung bekommt in dieser Konstellation einen leicht glasigen Charakter und erinnert an ein Zwischending von Phaser, Flanger und Leslie. Der Sound wirkt wild und unberechenbar, was man gut bei experimentellen und leicht kaputten Soli einsetzen kann. Obwohl mir diese Variante am wenigsten gefällt, dürfte sie für alle, die auf der Suche nach neuen Sounds sind, sehr interessant sein.

Audio Samples
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Preset A vor High Gain Amp
Einer der besten seiner Art, der Neo Mini Vent.
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Fazit

Der Mini Vent ist einer der besten Leslie-Simulatoren, die ich bisher gespielt habe. Weil er sich speziell an Gitarristen wendet, findet der Bodentreter im Verzerrerformat auf allen Pedalboards problemlos Platz. Er bietet neben sehr authentischen Leslie-Klängen je nach Platzierung in der Effektkette unterschiedliche Soundvariationen. Ich hatte den meisten Spaß mit leicht angezerrten Settings, wobei die interne Speakersimulation im Studio schon verdammt nah am Original ist. Nicht nur die Fans von Gilmour und Frampton kommen hier auf ihre Kosten, auch abgedrehte Sounds à la Soundgarden lassen sich gut nachbauen. Wer auf der Suche nach einem wirklich guten Rotary Cabinet Simulator ist, sollte den Mini Vent unbedingt anspielen.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sound
  • Verarbeitung
  • Authentizität
Contra
Artikelbild
Neo Instruments Mini Vent Test
Für 259,00€ bei
Facts
  • Nachbildung eines Leslie 122
  • Gehäuseformat: Bodengerät
  • 2 schaltbare Presets
  • True Bypass
  • Intern abrufbarer Rotor Stop
  • Zuschaltbarer Drive
  • Anschlüsse: 1 x In, 2 x Out (6,3 mm Klinkenbuchsen)
  • Signalverarbeitung: 32 Bit SHARC DSP
  • Analog Digital Wandlung: 48khz, 24 Bit
  • Digital Analog Wandlung: 48khz, 24 Bit
  • Rauschpegel: 80 dBA
  • Eingangsempfindlichkeit: -10 dBV (Hi), 0 dBV (Lo)
  • Eingangswiderstand: 1MOhm
  • Ausgangspegel: +6 dBV
  • Ausgangswiderstand: 100 Ohm
  • Empfohlener Anschlusswert: 10 KOhm oder mehr
  • Inkl. 12 Volt DC Netzteil
  • Preis: 349,00 Euro (UVP)
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Profilbild von Kajot

Kajot sagt:

#1 - 17.08.2016 um 16:17 Uhr

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Das Teil scheint allen anderen Leslie-Simulationen tatsächlich deutlich überlegen zu sein, ersetzen kann sie es aber nicht. Erstens ist es ein gewaltiger Unterschied, ob das Orgelsignal mit der Simulation über eine Stereo-Abhöre läuft oder über ein richtiges Leslie, das - Achtung: Keyboarder (!) - gefälligst auf der Bühne zu stehen hat, damit man den Sound genießen kann. Wenn der FOH-Mann dann sagt, dass es hinter die Bühne muss, da das immer so gemacht wird, schlagt ihm vor, den Drummer und Sänger auch gleich dahin zu versetzen, denn auch deren akustische Existenz ist von Mikros abhängig. Und wenn er dann die Basstrommel mit 1 Mikro, womöglich noch einem Kickdrum-Mikro abnehmen will, dann erzählt ihm, dass gerade da unten bis 800 Hz der Sound gemacht wird und dass eine Mono-Abnahme nicht in Frage kommt. - Mit anderen Worten: Kauft Euch selbst 4 gute Mikros und fertig. - Der zweite Punkt sind die originalen Leslie-Lautsprecher. Die sind alles andere als hochwertig, aber sie können aus jedem mittelprächtigen Hammond-Imitat eine sehr gut klingende Orgel machen. Ich bezweifle, ob der Ventilator das auch kann. Eine Berücksichtigung im Test wäre vorteilhaft gewesen. - Konkrete Kritipukte am Ventilator: Wenn ein originales Leslie von Stop auf Slow geht, scheinen die Obertöne irgendwie geboostet zu werden. Das fehlt hier. Und dann läuft er mir bei Fast zu schnell und das Hochlaufen auf Fast geht mir auch zu schnell, da das eigentlich der reizvollste Effekt ist. Da man das bei dem Mini nicht einstellen kann. würde ich ihm einen Minuspunkt geben und den kleinen Mehrpreis auf den großen Bruder ignorieren. - Tipp an den Autor: Man kann die Geschwindigkeit zwar nur in 3 Stufen variieren, aber man kann das Horn so beschweren, dass das Hochfahren länger dauert. Ich habe mal ein Leslie gesehen, bei dem der Besitzer die beiden Horn-Diffusoren mit Gips vollgepappt hat und diese Einlage mit Gaffa vorne abgeklebt hat. So weit würde ich allerdings nicht gehen ....

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Irfan Oeksuez sagt:

#2 - 07.09.2018 um 06:14 Uhr

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Hallo,
vielen Dank für diesen Test! Ich habe nach diesem Test und speziell, nachdem ich die Audiofiles gehört hatte, den minivent II gekauft. Aber ich bin ernüchtert: Den Sound, den ihr in euren Audiofiles aus dem Pedal heraus bekommt, habe ich nicht nachbilden können. Speziell der fantastische Klang im Slow/Lo-Modus in euren Audiofiles kann ich partout nicht herauskitzeln. MEINE BITTE: Könntet ihr die Parametereinstellungen mitteilen, damit ich auch die Einstellung in eurem Test nachbilden kann. Das waere mir sehr wichtig. Wenn ihr die Zeit und Musse habt, bitte an irfanoksu@gmail.com.
Vielen herzlichen Dank im Voraus!

Profilbild von Irfan Oeksuez

Irfan Oeksuez sagt:

#3 - 07.09.2018 um 06:15 Uhr

0

Sorry, ich habe meine E-Mail-Adresse falsch angegeben, es muss heissen:
irfanoksuz@gmail.com

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