Gothic Musik kann sich seit einigen Jahren an einem kleinen Revival erfreuen. Bands wie „Boy Harsher“ oder „Kontravoid“ genießen immer größere Beliebtheit und verstecken dabei nicht ihre Einflüsse der Pioniere der 80er Jahre. Den richtigen Industrial und Darkwave Synthesizer zu finden kann schnell überfordern, da die Musik von Authentizität im Klang und der Performance lebt.

In diesem Artikel wird euch eine Auswahl von 7 Synthesizern präsentiert, mit denen ihr den Industrial und Wave Sound authentisch produzieren könnt. Dabei wird versucht, sowohl die verschiedenen Einsatzbereiche, als auch verschiedene Budget-Größen der Nutzenden zu berücksichtigen.
Yamaha Reface DX
Spätestens seit Trent Reznor (Nine Inch Nails) nicht so pfleglich mit seinem DX7 umgegangen ist, war klar, dass FM-Synths mehr können als softe E-Pianos. 2015 stellte Yamaha mit seinem Reface DX eine Neuauflage der in den 80ern sehr beliebten FM Synth Reihe vor. Vier Operatoren in 12 verschiedenen Algorithmen laden ein, snappy Basslines oder noisy Percussions zu synthetisieren. Durch die 8-stimmige Polyphonie sind aber auch Pads und Streicher kein Problem. Zwei FX Slots mit einer Auswahl aus 7 Effekten bieten genug Möglichkeiten, deinen Patch weiter zu verfeinern. Wem FM-Synhese zu kompliziert erscheint, kann auf Sysex Patch Libraries im Netz zurückgreifen und so die Sounds Anderer spielen. Eine Sache soll jedoch gesagt sein: „Happy little accidents“ sind gerade im Industrial Bereich ein vielversprechendes Konzept.

Mit dem reface DX hat Yamaha einen ultra-kompakten FM-Synthesizer vorgestellt. Alles zum Mini-DX7 im Test!
Roland Juno X
Da die Juno X u.A. eine Emulation der legendären Roland Synths Juno 106/60 darstellt, lassen sich mit diesem Synth zahlreiche „Genre-Standards“ reproduzieren. Die Polyphonie verleitet zu warmen Streichern, welche durch den klassischen Juno Chorus zum Leben erweckt werden. Aber auch kühle Bässe à la „Lebanon Hanover“ sind schnell gepatched. Durch die sanften Filter (HPF/LPF) findet sich dieser Synthesizer weniger im Industrial Bereich als in den melancholischen Tiefen des Darkwave. Ein komplexer Arpeggiator erschafft träumerische Melodien oder rhythmische Plucks auf Knopfdruck. Die breite Effekt-Sektion ermöglicht Aufnahme-fertige Sounds, die wenig Nachbearbeitung benötigen. Der Synth ist einfach und intuitiv zu bedienen, was ihn gerade für Einsteiger*innen attraktiv macht.

Der Roland Juno-X ist ein Performance-Synthesizer, der Tradition und Fortschritt verbindet – wir hatten ihn im Test.
Waldorf Iridium
Der Iridium stellt mit seiner Ausstattung bei weitem den komplexesten Synthesizer
auf dieser Liste dar. Bei jedem der drei Oscillatoren kann man aus 5 verschiedenen
Betriebsmodi auswählen. Mit dabei sind unter anderem Wavetable, Granular
Sampler und ein interessanter Modus namens Kernel, der eine Version
von FM Synthese liefert. Diese sind 16-stimmig polyphon anspielbar und der Klang
lässt sich durch jeweils 6 LFOs und Hüllenkurven modulieren. Diese Ladung an
Funktionen ermöglicht Patches, die sich fernab von klassischer Synthese
wiederfinden. Klänge, die sich zwischen digitalem Weltuntergang und flimmerndem Albtraum bewegen, sind Markenzeichen des Iridiums. Ob diese nun im Bass, Pad oder Lead Format kommen ist ihm relativ egal. Zusammen mit den 5 Master FX Slots hat man alles, um seinem Song den nötigen Touch Dystopie zu verleihen.

Der mächtige hybride Waldorf Quantum kommt nun in Form des Iridium einer digitalen Desktop-Variante mit vielen Neuerungen und einem günstigeren Preis. Wir haben den Neuankömmling getestet.
Korg MS 20 Mini
Der erste Mono-Synth dieses Berichtes kommt in der Form einer saftigen Bass und
Noise Maschine, die vor allem die EBM Veteranen unter euch glücklich stimmen
wird. Der MS20 ist semimodular, was heißt, dass man die interne Verschaltung der
verschiedenen Elemente, wie z.B. Filterfunktionen, aufheben oder neu anordnen
kann. Das ermöglicht Klangexperimente, welche sich freier bewegen als bei nicht
modularen Synths. Die beiden aggressiven Filter (HPF/LPF) lassen den MS20 schön
dreckig und roh klingen. In Kombi mit einem Sequenzer (z.B. dem Korg SQ1) sind
Basslinien im Stil von „Nitzer Ebb“ oder den „Krupps“ fix eingespielt. Ein nicht zu
unterschätzendes Feature ist der „External Signal Processor“. Hiermit lassen sich
externe Audioquellen (z.B. Samples) sowohl als Audio- als auch als
Modulationsquelle nutzen. Der Preamp des ESPs kann den MS20 aber auch
die externen Signale bis aufs Maximum verzerren. Das macht den Synthesizer attraktiv für die härteren Gangarten von Darkwave und Industrial macht.

Die Katze ist aus dem Sack: Der Korg MS20 mini wird tatsächlich gebaut. Einer der legendärsten Synthesizer erlebt seine Wiedergeburt – und zwar voll analog.
Behringer Odyssey
Dieser Synthesizer ist ein Nachbau des gleichnamigen 70s Synth der Firma Arp. Somit ist auch diese monophone bzw. duophone Maschine perfekt für den Bassbereichdeines Industrial Songs. In der Szene wurde der Synth u.A. durch Kompositionen von „DAF“ bekannt. Hier liefert er meist monotone, rhythmische Basslines, die durch ihre aggressive Fülle an Obertönen oft an Gitarrenriffs erinnern. Es ist ein simpler subtraktiver Synthesizer, der durch die Harmonie aus Oscillatoren, Filtern (3 verschiedene Modi) und den snappy Hüllenkurven eine Fülle an Sound erschafft. Der Overdrive sorgt für die oft benötigte Härte; in Kombination mit den integrierten Effekten lassen sich jedoch auch sanfte Leads und FX Sounds programmieren. Der eingebaute 32 Step Sequencer ist super praktisch für das Schreiben von Basslinien. Der Odyssey ist kein Alleskönner, jedoch erreicht mit ihm einen Bassound wie man ihn aus vielen EBM Kompositionen kennt.

Der Behringer Odyssey ist das zweite analoge Remake des Arp Odyssey, eines der begehrtesten Synthesizer der 1970er Jahre. Wir haben uns den Nachbau einmal genau angesehen.
Moog DFAM
Dieser recht neue (2018) Synth der Pioniere Moog war ursprünglich als Percussion
und Drum Synthesizer gedacht. Beim Spielen mit dem semimodularen Gerät wird
jedoch klar, dass diese Grenze schnell überschritten wird. Die beiden Oscillatoren
können durch einen 8 Step Sequencer angespielt werden und schnell entsteht eine
simple Bassline. Wird jetzt noch ein bisschen FM Modulation hinzugegeben und die
extrem schnelle Hüllenkurve arbeitet, landet man umgehend bei metallisch
klingenden Percussion Sounds. Die 24 Patchpunkte bieten die Möglichkeit, den
Sound weiter zu verzerren und zu verfremden. Der „Drummer From Another Mother“ ist ein extrem spaßiges und kreatives Tool und um seine Rhythmussektion, sowohl im Bass als auch in den Drums, auszubauen.

Da „drummer from another mother“ recht sperrig ist, nennt Moog seinen neuen Synthesizer auch offiziell DFAM. Und das klingt auch ein wenig nach Percussion Synthesizer, oder?
Korg Electribe Sampler
Die Musik der Industrial Pioniere um „Front 242“ wäre ohne Sampler so nicht
entstanden. Zwar nutzen sie auch Synthesizer wie die oben genannten, jedoch
waren es gut ausgewählte und bearbeitete Samples, die den Klang maßgeblich
geschaffen haben. Der Electribe Sampler bietet mit max. 270 Sek. Samplelänge und
999 Sampleslots mehr als genug Raum, seine gesammelten Schnipsel unterzubringen. Aufgenommen werden kann durch einen 3,5mm Stereo-Klinkeneingang oder man lädt seine Samples über eine SD Karte. Bearbeitungsmöglichkeiten wie Slicing oder Pitch Shifting ermöglichen das
Individualisieren der Aufnahme. Der finale Schliff kann durch die umfangreiche
Effekt-Sektion hinzufügt werden. Die Samples können über die 16 Pads angespielt
werden, was ihn interessant für Live Situationen macht, jedoch kann diesen Part
auch ein 64 Step Sequencer übernehmen.

Korg hat kostenlose Software Updates für Electribe und Electribe Sampler veröffentlicht. Außerdem gibt es beide nun auch in blau.
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass wir uns mit Genres beschäftigen, die
durch ihre individuelle Atmosphäre an Charakter gewinnen, was in einer ziemlich
weit gefächerten Auswahl an Instrumenten endet. Dies ist jedoch nur eine Auswahl
und sowohl ein harter EBM Sound als auch die kalten Gefilde des Darkwaves
können mit einer Vielzahl an Synths erreicht werden. Wichtig ist und bleibt die
Ü̈bersetzung eines echten Gefühls.