Ujam Virtual Pianist Vogue Test

Ujam hat sich auf Plugins spezialisiert, die mit wenigen Aktionen an Maus und Tastatur zu mixfertigen Elemente in der DAW verhelfen. Der Hersteller stellt virtuelle Player für Drums, Bass, Guitar, Synth oder Strings bereit. Schon länger war zu erwarten, dass er auch das Piano virtualisieren und nutzerfreundlich aufbereiten wird.

UJam Virtual Pianist Vogue: Main.
Der Ujam Virtual Pianist ist ein praktisches Instant Piano für Pop und Romantik: sehr einfach zu bedienen und klanglich souverän. Ein neuer Player mit Zukunft.

Nun ist es endlich soweit: Der Virtual Pianist erobert die Bühne und bringt das Modul „Vogue“ mit, das sich zeitlose Pop-Hymnen auf die Partitur-Fahne schreibt. Natürlich gibt es schon ähnliche Player wie etwa Toontrack EZKeys oder Native Instruments Piano Colors, Ujam besinnt sich aber konsequent aufs eigene Konzept. Zwar empfiehlt Ujam den Virtual Pianist als Mitmusiker von Virtual Bassist Royal und Virtual Drummer Solid, doch kann auch solo ebenso viel Spaß damit haben.

Details

Konzertflügel auf Multieffekt und Ambience

Ujam präsentiert den Virtual Pianist in einem skalierbaren und ästhetischen GUI, das sich für die meisten User von selbst erklärt. Ein wichtiges Detail zuerst: Das Plugin unterscheidet zwischen Player und Instrument. Mit dieser Aufteilung lassen sich erfahrene Tastenspieler von den virtuellen Phrasen inspirieren, um danach selber mit den internen Pianoklängen spielen. Die Zielgruppe ist also größer, als man zunächst vermutet, und berücksichtigt auch Musiker, die virtuelle Player eigentlich gar nicht mögen und lieber selber performen.

UJam Virtual Pianist Vogue: Klang.
Für Klangcharakter und räumliche Effekte ist beim Ujam Virtual Pianist gesorgt. Eine detaillierte Programmierung ist aus konzeptionellen Gründen nicht vorgesehen.

Unter „Character“ wählt man eine bestimmte Klangeigenschaft. Der Ujam Virtual Pianist sieht diese Einstellungen vor: Emotion, Ballad, Concert, Power und Plastic. Die Praxis klingt tatsächlich auch so, wie die jeweilige Bezeichnung suggeriert. Wer möchte, blendet den Pianoklang zusätzlich zwischen „Dark“ und „Light“ – der Regler erlaubt kreative „Piano Sweeps“ für die elektronische Popmusik. Schließlich hält der Virtual Pianist noch eine zweiteilige Effektabteilung bereit. Hier kommen der hauseigene Multi-Effekt „Finisher“ sowie ein Ambiente-Effekt mit jeweils 30 Presets zum Einsatz – die Intensität der beiden Effekte ist dosierbar. Eine weitreichende Parametrisierung für Instrument und Effekte ist nicht vorgesehen – ganz nach der Philosophie Ujams: schnelle und direkte musikalische Ergebnisse.

Der Player – ein musikalischer Ansatz

Wir switchen nun zum Player: Er gibt auf Wunsch 180 Phrasen und 150 Fills in 30 verschiedenen Stilrichtungen dynamisch spielbar wieder. Die 30 Styles bewegen sich in einem größeren Tempobereich (von 78 bis 164 bpm). Von der sentimentalen Ballade bis zur schwungvollen Rhythmik ist einiges vertreten, das Timingverhalten ist frei justierbar. 

Sehr praktisch: Keyboarder können ihre Akkorde sowohl frei auf der Tastatur probieren (mit Feeling einer Begleitautomatik) als auch „Play in Key“ verwenden. Was vor allem ungeübte Musiker erfreut: Per Ein-Finger-Spiel erzeugen sie einfache und auch durchaus raffinierte Akkordfolgen in einer zuvor bestimmten Tonart. Dabei nehmen die beiden Handräder direkten Einfluss auf die Performance des virtuellen Pianisten. Das Pitchbending-Rad verändert die Anschlagdynamik (Velocity) spontan, während das Modulationsrad die Anzahl der gespielten Noten (Busyness) variiert. 

Die unteren weißen Tasten eines Fünf-Oktaven-Keyboards bestimmen auch die Arrangement-Dichte und die Variation der Phrasen, während die schwarzen Tasten passende Fills abrufen. Der Ujam Virtual Pianist ist also kein Baukasten für kopflastige Konstruktionen, sondern ein erfreulich angenehmes Performance-Instrument – wie wir auch in der Praxis erfahren haben.

UJam Virtual Pianist Vogue: Player.
Spielen und spielen lassen: Der UJam Virtual Pianist ist für viele praktische Herangehensweisen offen. Wenige Eingaben reichen bereits für virtuos anmutende Piano-Tracks.

Praxis

Was spielt der Virtual Pianist Vogue?

Selbstverständlich knüpfen wir uns die Factory Presets vor. Die Kategorien lassen bereits erahnen, in welchen Gefilden sich „The Big-Stage Entertainer“ von Ujam wohlfühlt: „Soft & Dark“, „Strong & Bright“, „Pads & Atmosphere“ und „Experimental & Remixed“. Unser Eindruck: Ujam hat die vielfältige Pop-Piano-Literatur gründlich studiert. Zwischen perlenden Arpeggien, melodischen Durchgängen und synkopischen Begleitungen kommt ein wohliges Piano-Feeling auf. Teilweise dringt eine Virtuosität durch, die auch selbst sehr erfahrene Player begeistert. Die Muster könnten von bekannten Titeln stammen, imitieren aber keinesfalls bekannte Klassiker wie „Fallin’“ oder „Bohemian Rhapsody“. Der Schwerpunkt liegt auf Pop, Rock und Romantik mit Anleihen aus Klassik und Filmmusik und einigen effektvollen Remix-Zugaben.

UJam Virtual Pianist Vogue: Browser.
Die mitgelieferte Library inspiriert klanglich wie musikalisch. Wer mag, erstellt eigene Presets und speichert sie auch gleich.

Wie klingt der Player?

Der Virtual Pianist Vogue liefert quasi produktionsfertigen Sound. Wer einen mechanisch hämmernden „Klavierautomaten“ befürchtet, darf getrost aufatmen: Die meisten Klavierphrasen wirken dynamisch und emotional. Einige sind aber bewusst auf „Sequencing“ getrimmt und passen so besser in elektronische Tracks. Die Effekte schaffen eine passende Atmosphäre, auch wenn sie manchmal etwas zu dick auftragen. Das lässt sich aber später beim Mixing schnell ändern. Der Pianosound selbst ist nicht besonders variantenreich. Man kann weder ein Yamaha-CP-Flügel noch ein drahtiges House-Piano nachladen. Das betrachte ich aber nicht als wirkliches Manko – Hersteller Ujam sitzt sicherlich schon an der Planung weiterer Sounds und Styles.

Wo liegen die Stärken?

Objektiv gesehen: Eine wesentliche Stärke von Virtual Pianist ist das schnelle, individuelle Erstellen beflügelnder Pianopassagen. Man kann mit einem Finger klassische Phrasen abfeuern, wie mit einer Begleitautomatik spielen oder die MIDI-Phrasen ins Arrangier-Fenster der DAW ziehen und dort bearbeiten. Dieses Plugins macht Spaß und präsentiert sich letztlich als äußerst produktiv.

Was die klanglichen Vorzüge betrifft, wird es verschiedene Meinungen geben. Für meinen Geschmack sind vor allem die sphärischen und filigranen Pianos das beste Argument, um sich mit Virtual Pianist zu beschäftigen. Ich nenne das Plugin „The Flying Piano“ und sehe den Einsatz von Mainstream-Produktionen – von der Popballade über HipHop oder Chillout bis hin zu Rock oder Trance. Ein konkreteres Bild zu den klanglichen Eigenschaften geben die Audio-Demos. Wir haben einige unserer Favoriten unter den Presets ausgewählt und die Hörbeispiele erstaunlich schnell produzieren können. Im letzten Demo lassen wir den Virtual Pianist zusammen mit dem Virtual Bassist Royal und dem Virtual Drummer Solid ein Playback spielen.

Audio Samples
0:00
02 UJam Virtual Pianist Preset „Pop O Matic“ 03 UJam Virtual Pianist Preset „Clock Is Ticking“ 04 UJam Virtual Pianist Preset „A Light In Sight“ 05 UJam Virtual Pianist Preset „The Cheesy Ballad“ 07 UJam Virtual Pianist Preset „Floating” 08 UJam Virtual Pianist Preset „Occupied Gentleman“ 09 UJam Virtual Pianist zusammen mit Virtual Bassist und Virtual Drummer

Fazit

Der Virtual Pianist Vogue ist ein gelungener Start in die neue Serie von Ujam. Er kombiniert moderne Klavierphrasen mit überwiegend softeren und sphärischen Sounds, die sich gut in Pop-Arrangements einfügen. Das Besondere ist der praktische musikalische Ansatz, durch den das tolle Plugin einen Spagat schafft: Nicht-Pianisten kommen schnell an mixfertige Piano-Phrasen heran, während sich routinierte Tastenakrobaten inspirieren lassen und mit den geschmackvollen Sounds auch selbst performen können – ein stimmiges Konzept!

Pianistische Grüße nach Bremen: Wir freuen uns schon auf die Fortsetzung des virtuellen Pianisten. Wie wäre es mit „Felt Piano“, „LoFi“ und „Cinematic“? Das Ujam-Team überrascht uns bestimmt noch mit weiteren spannenden Themen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Moderner, überzeugender Klang
  • Dynamische Klavierphrasen
  • Sounds flexibel anspielbar
  • Gute musikalische Inspiration
  • Ansprechendes GUI
Contra
  • kein Contra
Artikelbild
Ujam Virtual Pianist Vogue Test
Hot or Not
?
Thumbnail Ujam Pianist

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • dreadbox Artemis Sound Demo (no talking)
  • Arturia Astrolab 88 Review - Arturia's Flagship Stage Keyboard
  • Moog Messenger Sound Demo with Custom Presets