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Ueberschall Score-FX & Soundscapes Test

Egal, ob es jetzt darum geht, dass eine zahlenmäßig unterlegene Kleingruppe gegen eine machtvolle Armee anstürmt oder jemand herausfindet, dass er von der Partnerin mit psychoaktiven Substanzen vergiftet wurde, um an das Erbe zu gelangen – Filmmusik und Effekte sind zu einem großen Prozentsatz dafür verantwortlich, dass sich das visuell Wahrgenommene auch emotional beim Zuschauer richtig einklinkt. Das gilt nicht minder im Bereich der Computerspiele. Ein mächtiges Arsenal produktionsfertiger Klangtexturen verspricht die Firma Ueberschall mit ihrer Score-FX- und Soundscapes-Library zu liefern.

Auch für die Computerwelt sind passende Musik- und Klanguntermalung entscheidend für die empfundene Spieltiefe. Wir haben getestet, ob das gelieferte Material von Ueberschall in der Lage ist, einem die Haare zu Berge stehen zu lassen – und wenn ja, ob im Guten oder Schlechten.

DETAILS

Im Gegensatz zur recht jungen Soundscapes-Library kann man die Score-FX als gut abgehangen bezeichnen, denn die Erstveröffentlichung dieser Kollektion datiert auf das Jahr 2008. Damals wurde sie allerdings zusammen mit dem Liquid-Player ausgeliefert. Nun, im Jahr 2012 angekommen hat man sich bei Ueberschall entschlossen, auf den hauseigenen Elastik Player zu wechseln und das Produkt noch einmal runderneuert zu relaunchen. Die Motivation dahinter ist allerdings teilweise der blanken Not geschuldet, da es sich offenbar als ziemlich kniffliges Unterfangen darstellte, den in Zusammenarbeit mit Celemony entwickelten Liquid-Player auf 64-Bit zu portieren. Gut also, dass man mit Zplane-Development einen zweiten Kooperationspartner an der Hand hat, dessen Elastik Player in seiner Zweier-Version bestens mit der größeren Wortbreite zurechtkommt.
Grundsätzlich ist die ganze Player-Geschichte für den Endverbraucher ein zweischneidiges Schwert. Denn den unbestreitbaren Vorteilen wie integrierte Such- und Navigationsfunktionen, den teilweise mächtigen und gut klingenden Timestretch- und Pitchshift-Algorithmen und dem oft sehr praxistauglichen Bedienkonzept steht die Tatsache entgegen, dass man letztlich immer mit einem Plugin arbeitet und nicht direkt innerhalb der DAW. Das Ansinnen der Hersteller ist dabei klar: Letztlich versucht man dem Kunden, durch den Mehrwert eines Players, die bittere Pille der quasi „Verdongelung“ mit der Software schmackhaft zu machen. Denn ein großer, ungeschützter Ordner mit Audiodateien ist in den unendlichen Weiten des Internets schneller kopiert, als mancher „Urheberrecht“ sagen kann – wohingegen ein Player, der über die Registrierung der Sounds wacht, ein Mindestmaß an (vermeintlichem) Kopierschutz bietet. Letztlich hat man bei Ueberschall aber offenbar doch ein Herz für alle User, die es bevorzugen, mit den internen Schnitt- und Effektmöglichkeiten ihrer lieb gewonnen DAW zu arbeiten und hält dafür ein Hintertürchen offen – doch dazu später mehr.
Installation

Entsprechend gestaltet sich die Inbetriebnahme der Libraries als dreiteiliger Prozess: Zunächst gilt es, den Elastik Player zu installieren. Dann, ihm die gewünschten Klangbibliotheken unterzuschieben und schlussendlich sie zu aktivieren. Die Software ist sowohl für PC als auch für Mac erhältlich und arbeitet mit der Microsoft Welt ab Windows XP, mit dem Apfel-Imperium ab Mac OS X 10.5 aufwärts zusammen. Das Archiv mit der Playersoftware ist mit seinen knapp vierzig gepackten Megabyte schnell geladen und wahlweise als VST, RTAS oder Stand-Alone-Applikation installiert, wobei der eigentlich Player mit schlanken sechs Megabyte auskommt – der Rest ist Demomaterial. Score-FX mit seinen umfänglichen 6,3 Gigabyte wurden im Fall der Downloadversion in vier, Soundscapes in zwei Einzelarchive unterteilt.
Als unschön – allerdings ohne Auswirkung auf das Punktkonto – ist zu bemerken, dass sich während der Installation auf Windows-Rechnern, die Dialoge von Elastik und der Visual-Laufzeitumgebung überlagern. Im unwahrscheinlichen Fall, dass eine der beiden Installationsroutinen „einfriert“, muss man dann nämlich mühsam versuchen, an das dahinter liegende Fenster zu kommen. In unserem Test war das glücklicherweise nicht erforderlich und die Installation lief anstandslos bis zum glücklichen Ende durch.

Fotostrecke: 10 Bilder Und los geht’s

Soundbänke
… macht man dem Elastik 2 auf zweierlei Arten bekannt: Entweder man navigiert über das Setup-Menü zum Punkt „Add Soundbank“ oder man zieht die entsprechende Elastik-Datei einfach auf das Programmfenster. Die Elastik-Datei wird dabei nicht in einen speziellen Programmordner kopiert, sondern verbleibt da, wo man sie herunter geladen hat. In meinem Test fiel mir nach dem Import auf, dass sich die Datei noch auf der C-Platte befindet, ich aber alle Audiodateien bevorzugt auf der zweiten Festplatte halte. Also, File verschoben und siehe da: Ein einfaches Neu-Zuweisen des Pfades genügt, damit der Player wieder zufrieden ist. Und mehr noch: Auch die Aktivierung bleibt erhalten – sehr gut. Das Aktivieren der Soundbänke ist online, wie auch (glücklicherweise) offline möglich. Wer meine Testberichte kennt, dürfte wissen, dass ich persönlich ein strenggläubiger Verfechter des Internetzugang-freien Audio-PCs bin (das hat u.a. mit der Trennung von Beruf und Freizeit aber auch mit Datensicherheit und Performance zu tun) und schon mal einen halben Minuspunkt vergebe, wenn eine Offline-Registrierung nicht möglich ist. Im Fall Überschall geht das jedoch problemlos über das bewährte Activation-Request/Response-Prozedere und sobald man die entsprechende Datei auf das Elastik-Fenster gezogen hat, ist die zugehörige Klangbibliothek freigeschaltet. Jetzt geht’s rundDer Elastik 2 Player in der hier getesteten 2.0.9er 64-Bit-Version bleibt dem Prinzip seiner Vorgänger treu: Es gibt zwei Modi, den Browser und das so genannte „Loopeye“ in dem das aktuell wiedergegeben Sample in radialer Wellenformdarstellung angezeigt wird. 

Browser- und Loopeye-Modus sind immer im Blick
Browser- und Loopeye-Modus sind immer im Blick

Darunter residiert in beiden Modi eine sechs Oktaven umfassende Klaviatur (C1 – B6) auf der Samples nach Belieben abgelegt, verschoben und gruppiert werden können und die auch für das chromatische Spielen und das Abfeuern von Sample-Slices dient. Über die Jahre wurde der simplen Audioschleuder eine Vielzahl von Zusatzfunktionen spendiert. Das beginnt bei einer einfachen Attack/Release-Hüllkurve, Panorama-, Reverse- und Pitch-Einstellungen bis hin zur sequenzierten Formant-, Resample- und Filter-Steuerung. Besonders mit den Letztgenannten lässt sich dem Klangmaterial noch einmal gehörig auf die Pelle rücken, was gerade bei rhythmischen Audioschleifen einiges an klanglichem Entdeckungspotenzial bereithält. Dergestalt bearbeitete Samples, aber auch die Rohdateien können mit einem Mausklick in einen Export-Ordner verfrachtet werden – direktes Drag’n’Drop in die DAW funktioniert zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, steht aber ganz oben auf meiner Update-Wunschliste.

Fotostrecke: 2 Bilder Parameteränderungen werden radial im wählbaren metrischen Raster eingezeichnet
Audio Samples
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Drumsampler: Erst im Original, dann bearbeitet

Positiv ist auch hervorzuheben ist, dass der Player grundsätzlich immer temposynchron mit dem gastgebenden Host arbeitet. Jedes eingefügte Sample wird so augenblicklich und in hervorragender Audioqualität angepasst. Das wiederum prädestiniert den Player, den ich – wie ich im Praxisteil noch darlegen werde – nicht unbedingt für ideal im Zusammenhang mit Filmmusik halte, dann doch stellenweise und je nach Qualität der internen Algorithmen der verwendeten DAW, für den Einsatz bei Beschleunigungen oder Verlangsamungen in der Musik.
Wer sich gar nicht mit der Arbeitsweise und dem Bedienprinzip des Elastik anfreunden kann (und das dürfte im Fall der hier vorgestellten Libraries gar nicht mal unwahrscheinlich sein), hat die Möglichkeit, über das Setup-Menü die Funktion „Export WAV“ aufzurufen und damit die ausgewählte Bibliothek komplett als Audio-Rohdaten inklusive Ordnerstruktur zu exportieren – dafür gibt es einen halben Pluspunkt.

Fotostrecke: 2 Bilder Wer sich mit dem Elastik 2 Player gar nicht anfreunden kann, hat die Möglichkeit, komplette Libraries zu exportieren

Score-FX

Score-FX umfasst 28 Construction Kits und darüber hinaus 954 Accents und Hits, 198 Beds und 362 Rhythm Phrases, die dank der kompletten Verschlagwortung der Library sehr schnell auffindbar und thematisch kombinierbar sind. Die Sounds und Kompositionen stammen aus der Feder von Ilya Kaplan, einem kanadischen Komponisten und Sounddesigner der hörbar gute Arbeit geleistet hat. Grundsätzlich ist der Gesamtklang der Library als elektronisch, teilweise als elektroakustisch zu bezeichnen. Wer also auf der Suche nach einem natürlichen, symphonischen oder auch akustischen Klangkörper ist, darf an dieser Stelle ohne Punktabzug weiter scrollen. Um zu verdeutlichen, wovon ich rede, hören wir einfach mal in drei Construction-Kits rein:

Audio Samples
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Kit: Can’t choose the door Kit: The Orcs are comming Kit: When all is lost

Noch deutlicher wird der klangliche Tenor, der eher im Bereich der elektronischen Klangerzeugung liegt, wenn man sich die Beispiele aus den Kategorien Accents anhört, die entsprechende Gruppennamen wie Answer, Creature, Brassy oder auch Low und Mysterious tragen:

Audio Samples
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Accents: Concern Accents: Pleasing

Auch die etwas längeren Passagen – Beds genannt, sind mit Kategorien wie Scary, Dark, Drony, Mystery Question und Sad eindeutig bezeichnet:

Audio Samples
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Beds: Dark fallen friend Beds: Grim future
 Beds: Living string

Das alles klingt inspiriert, hochwertig und produktionsfertig – dürfte allerdings ob seiner eher elektronischen, tendenziell etwas düsteren, manchmal auch futuristischen Ausrichtung für bestimmte Produktionen nicht infrage kommen. Ungeeignet halte ich die Library für den Einsatz bei Spots für Hersteller von Frühstückszerealien, die auf die ökologisch einwandfreie Qualität ihres Korns abzielen wollen, ebenso wie für Filmbeiträge, die sich mit der intakten Fauna Finnlands beschäftigen. Auch Hersteller von kindgerechten Computerspielen, ebenso wie Produzenten von Werbespots für Banken, Körperpflegeprodukte und Bausparkassen, dürfte hier wohl nicht fündig werden. Anders sieht es aus, wenn es darum geht, beispielsweise die Vorzüge eines muskulösen KFZ anzupreisen, das zunächst nur dadurch erkennbar ist, dass sich sein gleißend blaues Xenon-Licht durch mysteriös wabernde Nebelschwaden fräst. Auch in interstellaren, tiefenpsychologischen oder unterseeischen Abgründen, gerne auch in Verbindung mit Monstern, Hexen oder Zombies – ersatzweise auch eine zur Hälfte wahnsinnig gewordene Mannschaft – kann die Library punkten. Und klar, dass das auch bestens in Computerspielen funktioniert.


Soundscapes
Klanglich in ähnlichen Gefilden angesiedelt und daher auch als sinnvoller Counterpart zu Score-FX zu sehen, ist die von Marc Steinmeier produzierte Library „Soundscapes“. Der Fokus liegt auf kompletten Kompositionen, die in 24 Construction Kits bereitgestellt werden. Jede dieser Kompositionen ist in Intro/Outro (beinhaltet die passende Intros und Outros), Main Kit (beinhaltet den Hauptteil mit all seinen Sounds und Themen) und Drum Shots (beinhaltet die Single-Shots und bietet dadurch die Möglichkeit eigene Drum-Variationen zu erstellen) aufgeteilt. Intro, Outro und Main Kit liegen wiederum komplett als Einzelspuren vor, was – hat man ein thematisch passendes Kit gefunden – umfassende Möglichkeiten offen hält, um eigene Variationen des Stückes zu konstruieren. Hören wir auch hier mal in drei Beispiele rein:

Audio Samples
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28 Days Later
 Babylon
 Hydrotoxic

Die klangliche und thematische Ausrichtung dürfte klar geworden sein: Die ganze Sache spielt irgendwo in der Zukunft, in einem verlassenen Raumschiff, vielleicht auch in einem kontaminierten Labor oder einer nebeligen Felsenlandschaft, vielleicht aber auch in einem Tempel einer längst untergegangenen Zivilisation – der in manchen Stücken hörbare vokale Ethno-Einschlag macht das auf jeden Fall möglich. Manche Tracks dürften auch in einem Chillout-Areal nicht unangenehm auffallen. Dabei liefert Soundscapes im Vergleich zu Score-FX die kräftigeren, emotionaleren Melodie- und Harmonieverläufe – was naturgemäß den Wiedererkennungswert steigert. Sein Pendant bleibt da etwas diffuser und wirkt dadurch etwas weniger schnell „verbraucht“. Hier noch ein Beispiel für einen Main-Part inklusiver einer Auswahl von dazugehörigen Einzelspuren:

Audio Samples
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