Der Psych-Rock lebt, aber nicht ganz so, wie wir ihn kennen. Innerhalb weniger Wochen hat eine Band namens The Velvet Sundown fast 500.000 monatliche Hörer auf Spotify erreicht. Jedoch gibt es Problem: Diese Band ist nicht echt. Ihr Sound, ihre Namen, ihre Gesichter, sogar ihre Texte sind das reine Ergebnis künstlicher Intelligenz.

Mit zwei Alben innerhalb von zwei Wochen, Floating On Echoes (5. Juni) und Dust And Silence (20. Juni), stieg die Band scheinbar aus dem Nichts in die Algorithmen der großen Streamingdienste ein. Wer sich durch die verträumten Mellotron-Klänge, schwebenden Gitarren und kosmischen Hallräume hört, könnte meinen, es handle sich um eine neu entdeckte Perle aus den frühen 70ern. Doch diese Nostalgie ist ein Fake.
Band ohne Biografie
Auf dem offiziellen Spotify-Profil der Band gibt es weder Songwriter-Credits noch Produzentennamen. Dort steht lediglich: “Written, performed and produced by The Velvet Sundown.” Die Band besteht angeblich aus Gabe Farrow (Gesang, Mellotron), Lennie West (Gitarre), Milo Rains (Bass/Synthesizer) und Orion “Rio” Del Mar (Percussion) – Namen, die klingen, als hätte sich ein Vintage-Rock-Fan ein Traumquartett gebastelt.
Auf ihren Social-Media-Accounts teilt die Band Fotos ihrer Studioarbeiten, Live-Auftritten und Albencovern, ganz als wären sie eine echte Band. Natürlich sind auch diese Bilder KI-generiert, wobei von KI hier nie die Rede ist.
Die Bandbiografie wirkt wie eine Parodie auf psychedelische PR-Texte: „The Velvet Sundown versuchen nicht, die Vergangenheit wiederzubeleben – sie schreiben sie neu. Sie klingen wie die Erinnerung an eine Zeit, die es nie gegeben hat… und doch fühlt sie sich seltsam real an.“
KI-Musik ohne Kennzeichnungspflicht
Technisch möglich wird dieses Projekt durch Plattformen wie DistroKid, die es Künstlern und Künstlerinnen (oder eben Algorithmen) ermöglichen, Musik unkompliziert auf Streamingdienste zu bringen. Auf Spotify, Apple Music und Amazon Music sind die Songs frei zugänglich, während Deezer zumindest darauf hinweist, dass einige Titel „möglicherweise mit künstlicher Intelligenz erstellt wurden“. Laut einem Bericht des französischen Dienstes sind derzeit rund 18 % aller täglich hochgeladenen Tracks vollständig KI-generiert, Tendenz stark steigend.
Während Spotify keine generative KI-Musik verbietet, ist der Einsatz von Bots zum Streamen verboten. Ob die hohen Hörerzahlen der Velvet Sundown authentisch oder künstlich aufgebläht sind, lässt sich aktuell schwer überprüfen. Einige Nutzer berichten jedoch, dass Songs der Band auf echten Nutzer-Playlists landen und von der Empfehlungen der Plattform gepusht werden.
Kreative Zukunft oder synthetische Täuschung?
Mit Acts wie Timbalands KI-Künstlerin TaTa und der Gründung von KI-Labels wie Stage Zero wird klar: Der Musikmarkt steht an einem Wendepunkt. Wo früher Stimmen, Visionen und Geschichten hinter einer Band standen, reichen heute ein paar gut trainierte Modelle und ein bisschen Nostalgie-Ästhetik.
Mittlerweile lässt sich KI-Musik kaum noch von echten Liedern unterscheiden und die Algorithmen passen sich jeden Tag an. The Velvet Sundown (bzw. wer auch immer hinter der Band steht) profitieren von dieser Entwicklung und klingen dabei erschreckend gut.