TC Electronic RH450, RS210 und RS212 Test

Fotostrecke: 2 Bilder Das Bild zeigt das “alte” Design des RH450 – hier noch mit dem Namen Rebel Head auf dem Frontpanel.

Von Anfang an zeichnete sich die dänische Firma TC Electronic durch ihr innovatives Produktdesign und die mutige Umsetzung von Ideen aus. Viele Effekte der Firma gelten bis heute als unübertroffen, wie zum Beispiel der TC-Chorus Bodeneffekt mit seinen hervorragenden Klangeigenschaften und dem integrierten Netzteil oder der 1986 erschienene TC 2290 im 19“ Rackformat – eine Kombination aus Delay und Modulationseffekt, bei dem sich erstmals die Effekte anschlagsdynamisch steuern und mischen ließen. Auch der revolutionäre 1128, ein analoger, voll programmierbarer 28-Band-Equalizer im 19“ Format aus dem Jahr 1988, der sowohl grafisch als auch parametrisch zu bedienen war, 100 Speicherplätze bot, und mit Frequenzanalyser und Feedbacksuppressor damals wie heute eine absolute Ausnahmeerscheinung darstellt.

Die Produkte aus dem Norden sorgten zum Zeitpunkt ihres Erscheinens immer wieder für große Aufmerksamkeit und für nachhaltigen Erfolg über viele Jahre. Die Kernkompetenz von TC lag bevorzugt im Signalprocessing, also bei Effekten, Equalizern, Interfaces oder Plug-Ins, aber nie im Bau von Instrumentalverstärkern und Boxensystemen. Dass nun ausgerechnet TC den Markt mit einem neuen Bassverstärker beglückt, kommt zwar völlig unerwartet, aber passt bei genauem Hinsehen durchaus zum Image der Firma. Denn es gehört zum Selbstverständnis der Produktdesigner, dass man sich grundsätzlich erst einmal radikal vom Bekannten wegbewegt. „Zero based thinking“ ist angesagt, das Gehirn wird quasi auf „Reset“ und Denkmechanismen neu zusammengeschaltet. Und was dabei herausgekommen ist, das verdient durchaus seinen rebellischen Namen, denn der TC Rebel Head 450 mit den RS210 und RS212 Speakercabinets bietet durchaus Bemerkenswertes.

Details

Die Verpackung macht’s?

Es mag etwas befremdlich wirken, wenn ein Test mit der Verpackung des Testgerätes beginnt, denn normalerweise ist die auch nicht unbedingt der Rede wert. Aber was ist bei TC schon normal?
Offensichtlich hat dort jemand darüber nachgedacht, dass der Kauf eines hochwertigen Produktes bereits mit der Wertigkeit der Verpackung beginnt. Natürlich werden der RH450 und die Boxen auch in Kartons verschickt, allerdings in sehr hochwertigen, stabilen und mit diversen Innenwandverstärkungen und Eckpolsterungen bestückten. Schon beim Auspacken hat man das gute Gefühl, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben. Hier ist ein Hersteller am Werk, der nicht nur eindeutiges Interesse daran hat, dass die Ware den Empfänger unbeschadet erreicht, sondern der sich auch auf Marketing und Psychologie versteht.

Topteil RH450

Vorderseite

Nein, den Netztrafo hat man nicht vergessen. Trotzdem sind es nur leichte vier Kilogramm, die der Rebelhead auf die Waage bringt und seine Maße gleichen mit 275 x 290 x 66mm lediglich denen eines üppigen Bildbandes über die Schönheiten des dänischen Hochgebirges. Ein typischer Fall also für die Fronttasche eines großzügigen Gigbags oder eine Laptoptasche, wobei TC natürlich auch selbst eine trendige Option im Angebot hat.

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Nun, das Konzept leicht und klein haben auch andere Hersteller für sich entdeckt – bekanntlich geht es auch noch leichter. Forschen wir deshalb weiter nach expliziten Neuerungen.Die Oberfläche des Aluminiumgussgehäuses ist per Sandstrahl mattiert und wirkt allein deshalb schon recht edel, zum anderen aber zusätzlich durch seine Form. Dort, wo man normalerweise Ecken und Kanten erwartet, präsentiert der TC450 Kurven und Rundungen. Besonders gelungen ist die Integration des Tragegriffs auf der linken Seite. In seiner Gehäuseaussparung hat man designtechnisch apart ein schwarzes Lochblech als Kühlöffnung integriert. Auf der rechten Seite befinden sich kleine Schienen, die als Standhilfe dienen, wenn man das Topteil hochkant abstellt. Dieses kurze rechte und etwas dunklere Gehäuseteil steht fest, während sich der Rest nach dem Lösen von Schrauben einfach vom Rahmen abziehen lässt und das Innenleben freigibt.Eine transparent-rote Acrylplatte bedeckt die Front und trägt die Beschriftung für die Funktion der darauf befindlichen Anschlüsse, Regler und Druckschalter.
Die vielen LEDs, die sich dahinter befinden, treten erst nach dem Einschalten des RH450 zutage, signalisieren dann aber das volle Potential des Amps. Hierzu mehr im eigentlichen Test.Erfreulich einfach zeigt sich der Aufbau des Frontpanels:Links die Eingangsbuchse, ausgelegt sowohl für passive wie aktive Bässe, deren Pegel mit dem rechts daneben liegenden Gainregler angeglichen wird. Eine Peak-LED zeigt den optimalen Eingangspegel an. Neben dem Gainregler besitzen auch andere eine Doppelfunktion, die per Shift-Taste aktiviert wird. Die Primärfunktion jedes Reglers ist in weißer Schrift angegeben, die Sekundärfunktion mit aktivierter Shift-Taste wird unterhalb der weißen Schrift in Orange dargestellt. So findet man unter der Aufschrift des ersten Reglers „Gain“ in Orange die Aufschrift Spectracomp™. Das heißt, der Gainregler dient auch der Justierung des integrierten Multiband-Kompressors. Jedes Potentiometer mit Ausnahme des Master-Potis ist in seiner Stellung und Funktion in einem von drei möglichen Presets abspeicherbar. Um seinen eingestellten Wert und dessen Funktion darzustellen, ist jedes Poti von einem LED-Kranz umgeben. Dabei kann man als Grundregel ausgeben: Alles, was leuchtet, ist speicherbar. Dies geschieht mittels dreier Memory-Taster, die über den vier Klangregel-Potis liegen.Vier Frequenzbereiche können angehoben und abgesenkt werden. Diese 4-Band-Klangregelung arbeitet bei Bedarf auch semiparametrisch, denn die vier Regler für Lo, Lo-Mid, Hi-Mid und Treble sind mit der Sekundärfunktion „Center“ belegt. Mit aktivierter Shift Taste lässt sich für jeden der vier Klangregel-Potis die Basisfrequenz frei wählen, was einer Parametrik mit fest eingestellter Bandbreite (Q-Faktor) entspricht (Semiparametrik). Auch diese veränderbare Basisfrequenz ist in den drei Presets individuell abspeicherbar, variabel in jedem Preset. Folgende Tabelle zeigt die werkseitig voreingestellte Basisfrequenz jedes Reglers und den wählbaren Frequenzumfang, der zur Verfügung steht:  

TC_RH450_GD_070709KORR

Das folgende Audiobeispiel zeigt die Wirkungsweise der Klangregelung, beginnend mit den Bässen, dann den tiefen Mitten, den hohen Mitten und schließlich den Höhen, wobei zuerst die Frequenzen abgesenkt und dann angehoben werden. Zu hören sind die werkseitig eingestellten Basisfrequenzen in der vorangehenden Tabelle.

Audio Samples
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Beispiel 1: EQ All

Neben den drei Memorytasten befindet sich die Shift-Taste zur Aktivierung sämtlicher Sekundärfunktionen. Rechts daneben liegt der Mute-Taster zum Stummschalten des Ausgangssignals. Aktiviert man ihn, blinkt er mittels grüner LED. Darunter liegt der „Tubetone™“ Regler. Diese Funktion simuliert einen stufenlos regelbaren Röhrenschaltkreis. Die Sekundärfunktion dieses Potis ist „Preset Level“, mit dem sich die Lautstärkeverhältnisse der drei abspeicherbaren Presets angleichen und abspeichern lassen, ohne den Gainregler oder Masterregler verstellen zu müssen.

Last, but not least befindet sich noch ein 6,3mm Stereoklinken-Kopfhörerausgang rechts neben dem Masterlevel Regler. Sobald ein Kopfhörer angeschlossen wird, werden die Boxenausgänge des Verstärkers stummgeschaltet.

TC Front alt big

Nahezu unsichtbar, aber trotzdem ein großartiges Feature ist das integrierte automatische Stimmgerät, das unabhängig von der Aktivierung des Mute-Schalters permanent aktiv und sehr deutlich ablesbar ist. Der Basis-Referenzton des Tuners ist wählbar und wird automatisch gespeichert; 440 Hz sind werkseitig voreingestellt. Zur Veränderung des Referenztons hält man beim Einschalten die Mute-Taste, danach kann mit dem Bassregler der voreingestellte Ton in 1 Hz Schritten auf- und abwärts verschoben werden. Jede LED symbolisiert dabei ein Hertz. Diese Funktion wird man selten benötigen, aber die Möglichkeit der Kalibrierung wird jeder dankbar annehmen, der beispielsweise mit Orchestern oder Streicherensembles arbeitet.

Rückseite

Die Rückseite des RH450 wirkt ebenfalls funktionell, klar und aufgeräumt. Rechts außen finden wir den XLR DI-Ausgang, dessen Signal man per Schalter wahlweise vor oder hinter der Klangregelung entnehmen kann. Dazu kommt ein XLR 24 Bit/96 kHz Digitalausgang im AES/EBU Format als direkte Schnittstelle zu einem Digitalinterface oder Harddiskrecording-System. Mittels eines XLR auf Cinch-Adapter lässt sich auch eine S/PDIF Schnittstelle ansteuern.

Neben einem seriellen Mono-Einschleifweg verfügt der Amp auch über einen Stereo Aux-In „rehearse“ Cinch Eingang, an den sich beispielsweise ein mp3 Player oder eine Drummaschine anschließen lässt, sodass man über das Topteil üben kann. Da dieses auch problemlos ohne Lautsprecher betrieben werden kann, hat man die Möglichkeit, mit Bass und Playback über den Kopfhörerausgang des RH450 zu üben, wo immer eine Steckdose in der Nähe ist. Ein Miniklinke/Cinch-Adapterkabel ist bereits im Lieferumfang enthalten.

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Der Lautsprecheranschluss des RH450 besteht aus einer Speakon/Klinke Kombibuchse; das heißt, auch herkömmliche 6,3 mm Lautsprecherkabel mit Klinkenstecker finden hier Verwendung. Da der RH450 nur eine einzige Anschlussbuchse besitzt, müssen bei Verwendung mehrerer Boxen diese jeweils per Linkausgang parallel miteinander verkabelt werden. Bei nahezu allen neueren Modellen der meisten Hersteller sind solche Anschlüsse vorhanden. Bei älteren Boxen kann es unter Umständen problematisch werden. Die minimale Impedanz beträgt vier Ohm. Kurioserweise lassen sich laut TC bis zu drei beliebige TC-Boxen miteinander kombinieren. Zur Auswahl stehen die hier getesteten RS210 und RS212; neu zur Produktpalette hinzugekommen ist die RS410, die, wie die Bezeichnung bereits vermuten lässt, 4 x 10“ Speaker beinhaltet und bis 600 Watt belastbar ist. Damit ist man beim Aufbau und in der Anwendung extrem variabel, sowohl was Platzbedarf als auch Leistung anbelangt.

Zuguterletzt ist die neben dem Lautsprecheranschluss liegende 5-polige Buchse für den optional erhältlichen Fußschalter RC4 zu erwähnen, und natürlich Netzanschluss und -schalter. Das integrierte Schaltnetzteil ist auf 100 bis 240 Volt Wechselstrom ausgelegt und erkennt die Spannung automatisch – kein manuelles Umschalten oder Austausch von Sicherungen ist angesagt, geht es in andere Länder. Ein Standard-Kaltgeräteanschluss am Topteil garantiert auch Stressfreiheit bezüglich anderer Steckerformate im Ausland. Einfach ein Kaltgerätekabel vor Ort verwenden und alles ist gut.

RS210 & RS212

Beide Boxen sind mit lediglich 356 mm extrem schmal. Hochkant gestellt ergeben sie einen schmalen, aber nicht unstabilen Turm, in der liegenden Variante lassen sich auch drei Boxen übereinanderstapeln. In beliebiger Kombination mit der ebenfalls verfügbaren RS 410 ergeben sich Varianten wie:

4 x 10“ + 2 x 12“;
10 x 10“
6 x 10“
6 x 12“
4 x 10“ + 4 x 12“,
Und so weiter.

Fotostrecke: 3 Bilder

Die Basiskonstruktionen der RS210 und RS212 sind ähnlich. Beide sind gleich breit und hoch, die 212 ist jedoch 156 mm tiefer und auch etwas schwerer. Beide Boxen sind bis 400 Watt belastbar und mit jeweils einem Lautsprecherpaar der Firma Eminence mit dual-konzentrischen Lautsprechern bestückt, die passiv-regelbare Hochtöner beinhalten.

Das Gehäuse besteht aus festem, 18 mm starkem Sperrholz mit abgerundeten Hartholzecken. Die Oberfläche ist rau und rutschfest, wirkt aber auch kratzempfindlich. Ebenso sind Kanten und Ecken nicht zusätzlich geschützt und dürften im normalen Musikeralltag schnell die ersten Gebrauchsspuren davontragen. TC bietet daher schwarze Kunststoff-Schutzhüllen als Zubehör an, deren Anschaffung sich auch dringend empfiehlt. Für den Touralltag gibt es auch voll ausgestattete Flightcases zu erwerben.

Geschützt werden die Lautsprecher durch massive, schwarze, resonanzstabile Metallgitter, die sechsfach verschraubt sind. An den Seiten befinden sich Griffmulden mit Tragegriffen. Da die Boxen schmal sind, lassen sie sich recht komfortabel tragen, auch wenn sie mit 21 Kg (RS210) und 24 Kg (RS212) nicht gerade superleicht sind. Trägt man sie alleine, wirken die scharfen Kanten an Vorder- und Rückseite etwas unangenehm, genauso wie die raue, rutschfeste Oberfläche, die sich sofort an der Kleidung festhängt. Auch hier empfiehlt sich also die Verwendung der optionalen Kunststoffhüllen.

Die rückseitigen Anschlüsse sind bei allen Boxen identisch. Jeweils zwei Speakon- und zwei Klinkenbuchsen stehen bereit, eine davon als Signal-Eingang, die andere als paralleler Ausgang zur nächsten Box.

Daneben befindet sich der Regler für die passiven Hochtöner der Eminence-Lautsprechern, mit dem sich deren Lautstärke stufenlos regeln lässt.

Für einen besseren Wirkungsgrad der Tiefbässe besitzen beide Boxen Bassreflexöffnungen auf der Rückseite, die RS210 eine, die RS212 zwei.

Praxis

Anschalten und Ruhe! In diesem Fall ist es durchaus positiv zu bewerten, dass direkt nach dem Einschalten schon etwas fehlt, was man nicht unbedingt vermisst: das Rauschen.
Bassisten sind wie du und ich und mögen es wie die meisten Menschen möglichst unkompliziert. Deshalb werden die Mehrheit von ihnen auch hier begeistert sein, denn der eingestöpselte Bass klingt ohne Dreh an irgendeinem Knopf schon linear absolut brauchbar.

Die Eingangsempfindlichkeit ist ruckzuck eingestellt: Während man Leersaiten spielt und einen Maximalpegel liefert, dreht man den Gainregler so lange nach rechts, bis die Clip-LED aufleuchtet. Dann kann man sich bereits dem Gesamtsound widmen. Der wird bestimmt durch die 4-Band-Klangregelung, den integrierten Kompressor und den Tubesound-Regler. Alles läuft dabei absolut intuitiv ab. Das Ohr hat also unabgelenkt stets die Möglichkeit, direkt zu entscheiden, was gewollt ist. Ist ein Sound gefunden, so kann er ganz einfach auf einem der drei Memory-Speicherplätze abgelegt werden, indem man den anvisierten Memoryknopf für etwa zwei Sekunden drückt. Durch einfaches Betätigen einer der drei Memory-Knöpfe werden die dort abgelegten Sounds wieder abgerufen. Hat man die Shifttaste gedrückt und nimmt keine weiteren Veränderungen vor, so kehrt der Verstärker automatisch nach 20 Sekunden in den Normalmodus zurück.

TC Front von oben

Gehen wir nun etwas mehr ins Detail. Zunächst hören wir einen passiven Jazzbass in einem Mischverhältnis aus vier Signalen, die Klangregelung bleibt hierbei linear:
1)    DI
2)    Raum Mikro
3)    RS210 mit Shure SM57 Mikro
4)    RS212 mit Shure SM57 Mikro

Audio Samples
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Beispiel 2: Passiv, All Signals

Nun alle Signalquellen einzeln:

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Beispiel 2 Line Beispiel 2 Room

In den nächsten beiden Beispielen hört wir einen aktiven Bass, in diesem Fall einen Gibson RD Artist. Kristallklar bringt der RH450 alle Noten gleichmäßig hervor, die Höhenstruktur des Aktivsounds bleibt voll erhalten, obwohl die Höhen am Verstärker nicht angehoben wurden. Trotz der Klarheit wirkt der Sound nicht steril.

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Beispiel 3 Aktiv Beispiel 4 Aktiv

Das folgende Beispiel zeigt nun drei unterschiedliche passive Bässe (Jazzbass), die über den RH450 mit beiden Boxen eingespielt wurden. Zwischendurch setzt ein Slap-Bass ein. Hier wurden die oberen Mitten bei 800 Hz abgesenkt und der Spectracomp™ kam zum Einsatz.

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Beispiel 5 Passiv

Der Spectracomp™ ist ein Multibandkompressor, der im Gegensatz zu herkömmlichen Kompressoren, die das Gesamtsignal über die komplette Frequenzbreite beeinflussen, frequenzabhängig arbeitet. Das heißt, tiefe Töne auf der H- oder E-Saite werden stärker komprimiert als hohe Töne auf der D- oder G-Saite – daraus resultiert eine ausgewogenere Kompression. Bislang konnten mich eingebaute Kompressoren in Bassverstärkern und Bassvorstufen nicht wirklich beeindrucken. Stets hatte ich das Gefühl, der Sound würde eher verlieren als zu gewinnen. Man sollte natürlich nicht von einem Kompressor, der lediglich ein Zusatzfeature in einer Bassvorstufe ist, Qualitäten erwarten, die ein Studiokompressor in der Preisklasse von mehreren Tausend Euro leistet. Beim integrierten Spectracomp™ im TC RH450 verhält sich das allerdings tatsächlich etwas anders. Zum ersten Mal erlebe ich einen Onboard-Kompressor, der nicht pumpt, der den Sound nicht schmälert und nicht unmusikalisch klingt. Zudem verfügt der Spectracomp™ über eine gut justierte automatische Gain-Kompensation. Normalerweise reduziert sich der Ausgangslevel, wenn man einen integrierten Kompressor in den Signalweg regelt. Diesen Verlust muss man in der Mastersektion des Verstärkers wieder aufholen, denn keiner der integrierten Kompressoren verfügt über eine Vollausstattung mit regelbaren Parametern wie Threshold, Attackzeit, Releasezeit und Gain-Makeup. Deshalb ist bei solchen integrierten Lösungen oft nur ein bescheidener Kompromiss das Ergebnis, der nicht selten damit endet, dass man den Kompressor lieber gleich ausgeschaltet lässt. Da der Spectracomp™ beim Hinzuregeln den Levelverlust kontinuierlich ausgleicht und für einen stabilen Pegel sorgt, kann man sehr gut die Wirkung der Kompression beurteilen.

Der "Kleine" ist bestens ausgestattet
Der “Kleine” ist bestens ausgestattet

Im nächsten Beispiel hört man noch einmal deutlicher, wie unauffällig und doch wirksam der Spectracomp™ arbeitet.

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Beispiel 6 Compressed Slap

Der nächste Punkt auf der Liste ist das integrierte Feature „Tubetone™“. Fast schon zwanghaft wirkt es heutzutage, dass in jeden Transistorverstärker eine Röhrensimulation gehören muss oder der Vorstufe gleich eine Röhre eingepflanzt wird – oft genug mit zweifelhaftem Ergebnis. Den wenigsten gelingt es dabei, auch nur annähernd an den Sound eines Vollröhrenverstärkers heranzukommen. Ein Grund dafür ist, dass die meisten Simulationen lediglich vor der Klangregelung ansetzen, aber ein echter Vollröhrenamp im Sound nicht unwesentlich von der Klangregelung selbst sowie deren Auswirkungen auf die Endstufenperformance beeinflusst wird. Genau diesen Prozess hat man versucht, beim TC RH450 nachzuempfinden und ich muss zugeben, dass das Ergebnis absolut überzeugend klingt. Man hat nie das Gefühl, einer billigen Simulation auf den Leim zu gehen, sondern hört deutlich die Zunahme an angenehmen Obertönen und harmonischer Verzerrung, im Extrem bis zu hörbaren Verzerrungen, die auch im Bassbereich gerne eingesetzt werden.

Im folgenden Audiobeispiel hört man deutlich den rockigen Röhrencharakter, eingespielt mit einem passiven Jazzbass auf dem Halstonabnehmer.

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Beispiel 7 Tube Rock

Da durch die unterschiedlichen Regelkomponenten EQ, Kompressor und Tube-Simulation Pegelunterschiede zwischen den drei speicherbaren Presets entstehen können, die man nicht über den Input-Gainregler ausgleichen möchte, gibt es im Shiftmodus als Sekundärfunktion des Spectracomp™-Reglers die Funktion „Preset Level“. Hier lassen sich die Presetlautstärken aufeinander abstimmen und abspeichern.

Zuguterletzt widmen wir uns einem nicht unwesentlichen Faktor: Was gibt die Anlage nun her? Die Angabe von 450 Watt mutet nicht gerade leise an, aber auch nicht extrem laut. Hier sind wird dann auch ganz schnell wieder bei der allseits beliebten Frage nach dem subjektiven Lautstärkeempfinden und den obskuren Wattangaben der Hersteller, wo schon mal ein 200-Watt-Röhrenverstärker lauter erscheint als ein 1400-Watt-Transistorverstärker. TC Electronic hat sich auch diesem Phänomen gewidmet und geforscht. Dabei ist man mit dem TC Active Power Management™ angeblich der Lösung nahe gekommen. Transistorverstärker erzeugen üblicherweise im Clippingbereich eine unangenehme Verzerrung, die vor allem im dynamischen Anfangsbereich eines Bass-Signals auftritt, dem sogenannten Peaklevel. Um diese unangenehmen Zerrungen zu vermeiden, muss die Gesamtleistung der Transistorendstufe sehr hoch angesetzt werden. Das menschliche Lautstärkeempfinden orientiert sich jedoch mehr an der Ausklingphase eines Bass-Signals als an der Peak-Anfangsphase. Röhrenverstärker komprimieren im Sättigungsbereich das Anfangssignal auf sehr harmonische Weise nach unten, wirken aber in der Ausklingphase dafür um so lauter. Der Grund liegt darin, dass sie dafür genau so viel Energie brauchen wie ein Transistorverstärker, der aber einen großen Teil seiner Leistung lediglich für die klare Wiedergabe des Peaksignals benötigt. Der TC RH450 verhält sich nahe dem Clippingbereich aufgrund seiner Schaltung jedoch nicht wie ein Transistorverstärker, sondern verarbeitet das Signal, wie es ein Röhrenverstärker tun würde. Das Resultat ist eine wesentlich effektivere Leistungsausnutzung und ein subjektiv höheres Lautstärkeempfinden.

Wie auch immer, der Zwerg ist in der Tat unglaublich laut, ohne jemals spürbar in unangenehmes Clipping zu fahren, und darum geht es auf den Bühnen dieser Welt.

Heute mit einer Bassanlage beeindrucken zu wollen, die innovativer sein soll als alles andere, scheint ziemlich vermessen zu sein. Und doch schafft TC Electronic mit dem RH450 gerade das Unmögliche. Ein Basstopteil, vier Kilo leicht, im Mini-Laptopformat und ansprechendem Design, mit einer Sammlung wirklich nützlicher Features wie Multibandkompression, 4-Band EQ mit frei wählbarer Centerfrequenz, einer regelbaren Röhrensimulation, digitalem 24-Bit Ausgang, integriertem Stimmgerät, weltweit stromkompatibles Schaltnetzteil, ausgeklügelter Schutzschaltung gegen Überhitzung und Kurzschluss, enormer Lautstärke und überzeugendem Sound. Und alle Einstellungen per Knopfdruck auf drei Presets abspeicherbar. Einzig und alleine ein zweiter Eingang mit separater Mute-Funktion würde wahrscheinlich vielen aktuellen Gegebenheiten entgegenkommen, aber es muss ja noch Platz für Upgrades geben.

Die Boxen RS210 und RS212 liefern trotz ihrer kleineren Maße einen satten Basston mit präziser Ansprache und guter Definition im Grundtonbereich. Größe und Gewicht machen sie bequem transportabel. Die RS212 bietet dabei ein satteres Bassfundament, in Kombination ergänzen sich beide Boxen hervorragend. Hervorragend ist auch die Variabilität im Aufbau. So kann man bis zu 3 Boxen parallel betreiben und quer übereinanderstapeln. In Verbindung mit der aktuell erschienenen RS410 sind auch größte Bühnen kein Problem für diese Anlage. Die Beschichtung der Boxen ist ziemlich kratzempfindlich und die Ecken und Kanten sind nicht extra geschützt, was die Verwendung von separat erhältlichen Schutzhüllen nötig macht.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Kompakte Größe und geringes Gewicht
  • hohe Leistung
  • integrierter Multiband Kompressor mit automatischer Gain Kompensation
  • hervorragende Röhrensimulation
  • Sounds auf drei Presets speicherbar
  • integriertes Stimmgerät
  • intuitive Bedienung
  • 4-Band EQ mit frei wählbarer Center-Frequenz (Semiparametrik)
  • Speaker Out Speakon/Klinke Kombi-Buchse
  • Digitaler AES/EBU Ausgang (S/PDIF kompatibel)
  • Stereo Aux Eingang Cinch zum Anschluss von mp3-Player, Metronom, etc.
  • innovatives Design
  • sehr variables Boxenkonzept
Contra
  • Boxenoberfläche sehr kratzempfindlich
  • Boxen-Gehäusekanten und -Ecken nicht geschützt und anfällig für Beschädigung
Artikelbild
TC Electronic RH450, RS210 und RS212 Test
Für 525,00€ bei
TC front schraeg gross
Technische Daten
  • RH450
  • Eingangsbereich
  • Eingangsanschluss 6,3 mm-Buchse
  • Eingangsimpedanz 1 MOhm / 100 pF
  • Gain-Bereich -96 bis 32 dB
  • Klangregelung
  • Bässe Mittenfrequenz: 280 Hz (Ber.: 71 bis 1120 Hz,
  • Anhebung: +15/-24 dB)
  • Untere Mitten Mittenfrequenz: 400 Hz (Ber.: 100 bis 1600
  • Hz, Anhebung: +15/-24 dB)
  • Obere Mitten Mittenfrequenz: 800 Hz (Ber.: 200 bis 3150
  • Hz, Anhebung: +15/-24 dB)
  • Höhen-Mittenfrequenz: 1600 Hz (Ber.: 400 bis 6300
  • Hz, Anhebung: +12/-24 dB)
  • TubeTone 0 bis 12, Röhrenverstärker-Emulation
  • SpectraComp Spektrale Kompression, drei Frequenzbänder
  • Presetpegel -12 bis 0 dB Pegelabsenkung
  • Drei Speicherplätze für Werte aller Bedienelemente an der Vorderseite
  • (ohne Taste MUTE und Master-Pegel)
  • Tuner: Chromatisch, permanent aktiv
  • Tuner-Einstellbereich: A0 (27,5 Hz) bis E5 (659,26 Hz)
  • Stummschaltung (Mute): Schaltet Lautsprecher-, Kopfhörer- und symmetrischen
  • Ausgang stumm
  • Ausgangspegel
  • Kopfhörerausgang: Kopfhörerverstärker in Studioqualität
  • Impedanz: 40 bis 600 Ohm
  • Netzstromversorgung: Universell – 100 bis 240 V, 50/60 Hz
  • (80 W bei 1/8-Leistung)
  • Lautsprecherausgang: Kombibuchse (Speakon/6,3 mm Klinke)
  • Nennleistung: 450 W (800 W Spitze)
  • Symmetrischer Ausgang: Transformator-symmetrische XLR-Anschlüsse,
  • Pre/Post-Vorverstärker
  • Max. Ausgangsleistung: +0 dBu
  • Optimaler Lastwiderstand: 600 Ohm
  • Vorverstärker-Ausgang: 6,3 mm-Klinkenbuchse, symmetrischer
  • Ausgang, maximaler Ausgangspegel = +8 dBu
  • Leistungsverstärker-Eingang: 6,3 mm-Klinkenbuchse, symmetrischer
  • Eingang, Impedanz = 10 kOhm, maximaler
  • Eingangspegel = +8 dBu
  • Zusätzlicher Eingang (AUX) Cinch, linker/rechter Eingang, geeignet für iPod®
  • Digitaler Ausgang für Aufnahmen XLR symmetrisch, AES/EBU (24 Bit)
  • Anschluss für Fernbedienung DIN (5 Kontakte), abgeschirmtes Kabel
  • Abmessungen 275 x 290 x 66 mm
  • Gewicht 4 kg
  • Ausführung: Druckgegossenes und sandgestrahltes Aluminiumgehäuse.
  • Preis: 1.130,- Euro UVP
  • Boxen
  • RS210 & RS212
  • Impedanz 8 Ohm
  • 400 Watt
  • Spezielle Eminence-US-Treiber, regulierbar
  • (Modell 210: 2 x 10″, Modell 212: 2 x 12″)
  • Duale konzentrische Hochtonlautsprecher (33 mm
  • Eminence-Aluminiumschwingspulentreiber)
  • 2 x Klinken und 2 x Speakon Eingang/Link Ausgang
  • Gehäuse aus 18 mm Sperrholz
  • Abgerundete Hartholzecken
  • Rutschfreie Oberfläche (Zweifach-Komponenten)
  • Reflexöffnung
  • Metallabdeckung
  • Rückseitige Anschlüsse
  • Abmessungen, Gewicht und Preise
  • RS210: B x H x T: 356 x 664 x 356 mm
  • Gewicht: 21 kg
  • Preis: 517,- Euro UVP
  • RS212: B x H x T: 356 x 664 x 500 mm
  • Gewicht: 24 kg
  • Preis: 690,- Euro UVP
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Profilbild von Robert Lindmaier

Robert Lindmaier sagt:

#1 - 17.07.2015 um 05:17 Uhr

0

Eines verstehe ich nicht: Wenn der Amp min. 4 Ohm LS-Last verlangt, wieso kann man 3 x 8 Ohm anschließen? Das ergibt doch rund 2,7 Ohm ...

    Profilbild von Oliver (Bonedo Red. Bass)

    Oliver (Bonedo Red. Bass) sagt:

    #1.1 - 17.07.2015 um 18:51 Uhr

    0

    Gute Frage Robert !
    Transistoramps verhalten sich bezüglich Impedanzanpassung toleranter als Röhrenverstärker. Der RH 450 kann auch bis 2,7 Ohm betrieben werden. Der Grund warum TC Electronic in den Spezifikationen 4 Ohm als minimale Impedanz angiebt betrifft die Betriebssicherheit, auch bei der Verwendung mit Boxen anderer Hersteller.Die Impedanz von Lautsprechern ist nicht durchgehend konstant, sondern fluktuiert durch Faktoren wie Frequenzen und Eigenresonanz während der Wiedergabe. Auch die Boxenbauweise übt einen Einfluss aus (weil sie wiederum das Lautsprecherverhalten beeinflusst). Die Betriebssicherheit, bzw. Konstantheit des Betriebs des RH450 ist mit drei TC Boxen von TC Electronic getestet und daher auch gewährleistet. Bei anderen Boxen besteht die theoretische Möglichkeit, dass die Impedanz bei drei parallel geschalteten 8 Ohm Boxen während der Belastung noch weiter und länger unter 2,7 Ohm fallen könnte. Auch dadurch würde der Amp keinen Schaden nehmen, aber die Schutzschaltung könnte häufig einsetzen und das würde den Betrieb faktisch behindern oder sogar nutzlos machen.Liebe GrüsseOliver - BONEDO Red. Bass

    Antwort auf #1 von Robert Lindmaier

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