SPL Transpressor 1080 Test

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Neologismen, also Wortneuschöpfungen, werden von vielen Unternehmen gerne verwendet, um den Sonderstatus von Produkten entweder zu unterstreichen oder vorzugaukeln. Es lohnt sich immer, die Bestandteile dieser Begriffe genauer zu untersuchen. Was bei einer Schuhverkäufer-Einzelhandelskette namens “Bioline” und Waschmittel namens “Megaperls” noch ordentlich absurd ist, könnte beim vorliegenden “Transpressor” durchaus seine Berechtigung besitzen. Im Grunde ist es klar: “Trans” vom Transient Designer und “-pressor” vom Kompressor. Doch genauer: Die Vorsilbe “Trans” bedeutet „hindurch“ und „herüber“, “-press” bedeutet „drücken“, „quetschen“. Endungen mit “-tor”, von der hier nur die letzten beiden Buchstaben benutzt werden (“Transpresstor” klänge echt irgendwie panne), sind vor allem dank Terminator und Plagiator bekannt. Eigentlich wird damit ein eine Tätigkeit ausübender Mensch oder eine Maschine gemeint, doch hat der schauspielernde, kraftmeiernde Österreicher (der “Gouvernator”) mit seinen Filmchen der Bedeutung noch eine eiserne Entschlossenheit und Übermacht hinzugefügt. SPL bescheren uns also den “Durchdrückmacher”. Hm, ok. Irgendwie müssen Geräte ja heißen, vielleicht hätte es ja auch einfach “1080” getan. Dennoch wird der eingangs beschriebene Sonderstatus damit tatsächlich verdeutlicht. Nun sind wir ja keine Germanisten oder Etymologen, sondern Tontechniker oder Musiker. Also schmeißen wir doch einen genaueren Blick auf die Funktionsweise des Geräts. Wie sieht es also mit dem Sonderstatus aus?

Das 19”/1HE-Gehäuse erklärt auf seiner Frontplatte, dass nicht nur Wörter zusammengefügt, sondern auch Funktionen unterschiedlicher Geräte in einem vereint werden. Ganz links sind zwei Regler (Attack und Sustain) zu erkennen, die mit dem Begriff “Transient Designer” zusammengefasst werden, rechts davon befindet sich eine Kompressor-Einheit, die mit den üblichen Reglern Threshold, Ratio, Attack, Release und Make-Up(-Gain) ausgestattet ist. Der analog arbeitende Transpressor ist demnach eine Kombination zweier Dynamikgeräte, eines Kompressors und des von SPL entwickelten, sehr beliebten und häufig kopierten Hüllkurvengeräts. Doch der Reihe nach: Ein Transient-Designer ist ein System, welches Anstieg und Abfall eines Signals steiler oder flacher gestalten kann. Ein wesentlicher Unterschied zu Kompressoren & Co ist, dass dies unabhängig vom Pegel geschieht. Mit dem Attack-Regler beispielsweise lässt sich eine zu knackige Bassdrum weicher oder eine zu verwaschene Snare schärfer machen. Andererseits ist es auch möglich, mit dem zweiten Regler Signale “kürzer” oder “länger” zu machen, um etwa auf die Reaktion des Raums auf ein Signal Einfluss zu nehmen. Die einfache Bedienung war es unter anderem, die den SPL Transient Designer so beliebt gemacht hat: Mit zwei Reglern wird alles eingestellt, wobei die 12-Uhr-Stellung neutrales Verhalten bedeutet, ein Drehen nach links die Zeit jeweils verkürzt, ein Drehen nach rechts die Zeit verlängert.

Die sicherlich bekannten Bedienelemente des VCA-Kompressors wurden von mir schon aufgelistet, sofern es sich um Potis gehandelt hat. Zwischen Attack und Release hat es sich ein von innen beleuchtbarer Schalter gemütlich gemacht, der den simplen Namen “Auto” trägt. Mit Kraftfahrzeugen hat er bekanntlich nichts zu tun, er ermöglicht die materialabhängige Steuerung der Zeitparameter. In den Detektorweg kann bei Bedarf ein dreipoliges Tiefpassfilter bei 100 oder 540 Hz geschaltet werden. Zudem kann ein Bandpass verwendet werden, wenn zum Beispiel der Bassdrum nicht zu viel Gewichtung für die Kompression gegeben werden will.
Sich auch mal unterordnen zu können ist nicht nur in der Band wichtig, liebe Gitarristen: Der einkanalige Transpressor kann über eine RJ45-Buchse für den Stereobetrieb gelinkt werden, von mehrkanaligem Einsatz ist im Handbuch allerdings nicht die Rede. Wie es bei vernünftigen Kompressoren Usus ist, verfügt auch der SPL über die Möglichkeit, die Kompression von einem externen Signal über den Sidechain regeln zu lassen. Ebenfalls zu einem Kompressor gehört die Möglichkeit, Eingangspegel und Pegelreduktion kontrollieren zu können. Dies geschieht beim Transpressor mittels zweier zehnsegmentiger LED-Ketten.

Das Blockdiagramm gibt Aufschluss über die genaue Funktionsweise des Parallel-Reglers. Hier wird das gesamte effektierte Signal mit dem Eingangssignal gemischt. Die Möglichkeit, dass nur der Kompressor in diesem „New-York-Modus“ bearbeitet wird, besteht nicht – leider! Neben der Möglichkeit, die Transienten- und die Kompressor-Einheit unabhängig mit Bypass ins künstliche Koma zu versetzen, kann der User mit einem simplen “Comp Pre”-Schalter die Reihenfolge der beiden Bearbeitungsschritte beeinflussen. In schlechter Manier vieler amerikanischer und japanischer Geräte verfügt der SPL-Proband über keinen Netzschalter auf der Frontplatte. Dafür findet sich dieser auf der Rückseite direkt neben dem glücklicherweise eingebauten Netzteil.

Für einen einkanaligen Prozessor ist hier hinten einiges los: Spannungswahlschalter und Sicherung schließen sich dem Kaltgeräteanschluss an. Bei Bedarf kann ein Ground Lift geschaltet werden. Eingangsseitig kann das Gerät symmetrisch über eine Stereoklinken- oder XLR-Buchse beschickt werden. Wo das professionelle Studiolevel +4 dBu nicht verfügbar ist, kann mit einem Druckschalter auf -10 dBV geschaltet werden. Der Sidechain-Input ist unbalanced, der Link/Slave-Anschluss unüblicherweise als RJ45 ausgeführt. Der Grund dafür wird sein, dass SPL es damit ermöglichen, auch Drucktasterstellungen wie “TD On” gemeinsam zu schalten. Einer der beiden parallelen XLR-Outputs hat ein kleines Brüderchen in Form einer symmetrischen Stereoklinken-Buchse mit auf den Weg bekommen.

“Vorne” und “Hinten” des Transpressors wurden eingehend beschrieben, jetzt möchte ich mich dem nicht unwichtigen “Dazwischen” widmen. SPL verwendet bei beiden Bearbeitungsstufen eine Doppel-VCA-Technik, welche zusammen mit schlauer Masseführung und OP-Amps von Burr-Brown für einen möglichst störungsfreien Sound sorgen soll. Die -3dB-Punkte werden mit 10 Hz und 200 kHz angegeben, der Dynamikumfang (ohne A-Filterung) liegt bei insgesamt 112,5 dB. Schöne Zahlen, doch gibt es Wichtigeres. Deswegen schalte ich jetzt auf “All Systems Go!”, kippe einige Signale in den Input und höre mir an, was der SPL damit so anzustellen vermag.

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