Spitfire Audio Albion Collection Test

Albion One

Grundlage von Albion One ist ein 109-Musiker-Ensemble. Es wird also episch. Artikulatorisch bleibt es im Orchester bei den Grundlagen: lang, kurz, Tremolo, Pizzicato, das war‘s. Auch die Percussions sind groß angelegt, klingen aber schön erdig, mächtig und cineastisch, und dabei nicht auf Hochglanz poliert, das gefällt mir gut. Richtig Gas geben die Brunel Loops und die Stephenson’s Steam Band. Beide Kategorien kommen mit etlichen Unterordnern und Patches. Spätestens hier wird klar, wessen Geistes Kind diese Library ist. Es geht um fetten, epischen Hybridsound mit warmer Grundierung, bei dem das Orchester eher als satter Farbton, denn als filigraner Organismus verstanden wird. Das macht Spaß und gerade da, wo Spitfire in die Vollen geht und mit Zerre und Warps das Material komplett durch den Wolf dreht, wird es ausgesprochen unterhaltsam – wenn allerdings auch immer und ausschließlich groß.

Das Mutterschiff der Collection: Albion One
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Albion One: Brass Albion One: Brunel Loops Albion One: Darwin Percussion Ensemble Albion One: Stephensonu2019s Steam Band Albion One: Strings Albion One: Winds

Albion III Iceni

Die Iceni waren ein keltischer Volksstamm in den heutigen Grafschaften Nor- und Suffolk. Erste Assoziation meinerseits: rau und kriegerisch. Aber vielleicht bin ich auch zu sehr durch das Cover der Library beeinflusst. Jedenfalls: Hier geht es ums orchestrale Low End. Dementsprechend gibt es nur tiefes Holz, tiefes Blech und tiefe Streicher. Artikulatorisch bleibt es schlank: lang, kurz, Feierabend. Die Bläser bringen noch ein paar Rips und FX mit, aber das war es dann auch. Die Percussion ist ebenfalls tief angesiedelt. Was diese Library speziell macht, sind wieder Stephenson’s Steam Band und die Brunel Loops. Bei beiden geht es elektronisch, dreckig und verzerrt zur Sache, allerdings auf eine Art, die sich perfekt in das orchestrale Klangbild einfügt. Die Namensassoziation wird also eingelöst, die ganze Library klingt hart, düster und dreckig, allerdings auf eine schöne Art. Von allen Libraries aus der Collection ist das hier vermutlich meine liebste, insbesondere wegen der elektronischen Komponenten.

Orchestrales Low End und harte Elektronik: Albion III Iceni
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Albion III Iceni: Brass Albion III Iceni: Brunel Loops Albion III Iceni: Darwin Percussion Ensemble Albion III Iceni: Stephensonu2019s Steam Band Albion III Iceni: Strings Albion III Iceni: Woods

Albion IV Uist

Uist ist eine schottische Inselkette, die zu den äußeren Hebriden gehört. Was das mit der Library zu tun hat, sei mal dahingestellt, denn hier geht es experimentell und aleatorisch (zufällig) zu. Als einzige Library bietet Uist weder Percussion, noch Brunel Loops, noch Stephenson’s Steam Band. Es gibt nur Orchester, das allerdings en masse. Dem Motto „Zufall und Experiment“ entsprechend gestalten sich die Patches. Holz, Blech und Streicher sind in high und low aufgeteilt und innerhalb dieser Aufteilung werden geboten: lange Noten, tonale und atonale Phrasen, tonale und atonale Texturen, tonale Stings und Stabs. Klanglich ist das, wie bisher alles, allererste Güte, aber es bleibt die Frage, wie viel man damit alleine anfangen kann?
Uist ist die bisher einzige Library, bei der ich es mir nicht recht vorstellen kann, allein mit ihr ein ganzes Stück zu produzieren. Es sei denn, es soll nahezu ausschließlich aus Effekten bestehen. Womit Uist auch treffend beschrieben wäre: Es ist eine Orchester-FX-Library. Obwohl sie nicht mit dutzenden Steam Band Patches kommt, liefert sie doch die eDNA Engine. Innerhalb der Engine stehen verschiedene Pads zur Auswahl, die sich miteinander kombinieren lassen. Was diese Pads mit den Orchesteraufnahmen zu tun haben, erschließt sich mir zwar nicht, sie fügen sich aber dennoch passgenau ins Klangbild ein.

Albion IV Uist: orchestrale aleatorische und atonale Effekte
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Albion IV Uist: Brass High Albion IV Uist: Brass Low Albion IV Uist: Stephensons Steam eDNA Albion IV Uist: Strings High Albion IV Uist: Strings Low Albion IV Uist: Woods High Albion IV Uist: Woods Low

Albion V Tundra

Tundra (Kältesteppe) klingt genauso wie es der Name suggeriert; still, karg, kühl, weit. Hier dreht sich zum ersten Mal das Verhältnis um: Brunel und Stephenson treten in den Hintergrund und sind eher schmückendes Beiwerk, der eigentlich Effekt wird durch neuartige Artikulationen des Orchesters erzielt. Zwar gibt es auch hier wieder nur die recht grobe Einteilung in hoch und tief, aber die Spieltechniken sind teilweise singulär. So gibt es zum Beispiel bei den Streichern die Artikulationen Frozen, Air and Ice und Gypsy. Von allen dreien habe ich keine Ahnung, was sie genau sind und worin die spieltechnische Anweisung besteht.
Bei Holz und Blech finden sich Patches wie Granular Flutters, Hollow, Multiphonics, Slight Bends. Alles ist tendenziell leise, verändert sich organisch, bildet seltsame Cluster und leichte Verstimmungen. Das ist gleichermaßen schön wie außergewöhnlich. Diese Library klingt wirklich wie eine karge Landschaft. Auch die Percussion bleibt dezent und gedämpft. Brunel und Stephenson haben wieder einiges im Angebot. Da es ja immer um ein Gesamtklangbild der Library geht, liefern auch die beiden hier eher dezentere Sachen als in den bisherigen Libraries. Wer sich mit Tundra näher beschäftigen möchte: Hier geht es zum ausführlichen Bonedo-Test.

Albion Tundra: leise, karg, weit.
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Albion V Tundra: Brass High Albion V Tundra: Brass Low Albion V Tundra: Brunel Loops Albion V Tundra: Darwins Percussion Albion V Tundra: Stephensonu2019s Steam Band Albion V Tundra: Strings High Albion V Tundra: Strings Low Albion V Tundra: Vral Grid Albion V Tundra: Woods High Albion V Tundra: Woods Low

Albion NEO

War bei Albion One epische Größe das Programm, so widmet sich Albion NEO dem gegenteiligen Konzept: Kammerorchester. Der Soundgedanke lässt sich ganz gut mit intim, hybrid und zeitgenössisch beschreiben. Dieses Konzept wird von verschiedenen Seiten angegangen. Es geht los mit der Besetzung, die insbesondere bei den Bläsern bemerkenswert ist. Das Holz besteht aus zwei Flöten, zwei Klarinetten und zwei Saxophonen. Das sorgt für einen warmen, intimen und originellen Sound. Beim Blech verhält es sich ähnlich: Hier kommen zwei Hörner, zwei Flügelhörner, zwei Euphonien und eine Posaune zum Einsatz, eine ebenfalls unorthodoxe Kombination.
Weiter geht es mit den Artikulationen, die bei den Streichern eine solide Mischung aus altbewährten (lang, kurz, pizz., con sordino) und neueren Spieltechniken bilden (long pulses, long slow detune). Ebenso verhält es sich bei den Bläsern (long and short vs. long detune, long hollow, long pulses.) Percussion gibt es bei Albion NEO nicht, dafür aber Segla Textures. Was Segla Textures zu Segla Textures macht, verrät Spitfire Audio nicht. Es handelt sich jedenfalls um eDNA-Patches, die in den Kategorien Electronic und Organic präsentiert werden. Brunel und Stephenson sind ebenfalls wieder mit von der Partie, wobei Stephenson seine Patches in Electronic und Neoclassic vorsortiert. Rein massetechnisch wird wieder reichlich geboten und klanglich ist und bleibt alles A-Klasse. Ein markantes Extra dieser Library ist das Harmonium. Zwei Register wurden aufgenommen und es wurden freundlicherweise auch noch sechs Warped-Patches erstellt. Das ist eine willkommene Erweiterung, denn gut aufgenommene Harmonien sind generell schwer zu kriegen.

Die Antipode zu Albion One: das kammermusikalische Albin NEO
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Albion Neo: Brass Albion Neo: Brunel Loops Albion Neo: Harmonium Albion Neo: Segla Textures Albion Neo: Stephensonu2019s Steam Band Albion Neo: Strings A Albion Neo: Strings B Albion Neo: Woods
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