(Foto: Soniccouture / EP73 Deconstructed… Ein 1973er Rhodes Mark I mal ganz anders)
Nachdem der britische Softwarehersteller Soniccouture mit „The Canterbury Suitcase“ erst vor Kurzem einen Coup gelandet hat, widmen wir uns in diesem Test, dem schon länger erhältlichen „EP73 Deconstructed“ desselben Herstellers. Warum es sich dabei keineswegs um ein Konkurrenzprodukt im eigenen Hause handelt, erfahrt ihr hier.
Das EP73 Decontructed geht im Gegensatz zu den meisten im Markt erhältlichen Rhodes-Librarys, einen ganz anderen Weg. Der Fokus liegt hier nicht in der Präsentation von authentischem Sound und großem Dynamikumfang, vielmehr gibt sich EP73 Deconstructed spielerisch und experimentell, mit vielen Samples, die man in dieser Form von einem Rhodes wohl noch nie gehört hat.
Details
Bei dem aufgenommenen Instrument handelt es sich um ein Mark I aus dem Baujahr 1973. Übrigens: Zu diesem Zeitpunkt gehörte die Firma von Harold Rhodes noch zu CBS bzw. Leo Fender. Daher auch der Name: Fender Rhodes. Soniccouture hat sich ausgefallene Samplingtechniken einfallen lassen, um EP73 Deconstructed zu realisieren. Insgesamt stehen dem Anwender mit dieser Bibliothek fünf verschiedene Libraries zur Verfügung, die sich mit den folgenden Inhalten befassen: Keyboard, Bowed, Mallets, Plucked und SFX.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Keyboard”)
In EP73 Deconstructed setzt sich das Keyboard-Signal aus drei Quellen zusammen: Das direkte Output-Signal des Instruments, ein Kontakt-Mikrofon, welches an die momentan gesampelte Tonebar angeklemmt wurde sowie ein Kondensator-Mikrofon. Die Idee dahinter ist, den Sound räumlicher werden zu lassen und mechanische Geräusche einzufangen, die zwar vom Spieler gehört werden, allerdings nicht über die Tonabnehmer des Instruments übertragen werden.
„Bowed“ steht für „Gestrichen“. Die Sounddesigner von Sonniccouture haben sich also eine Art Geigenbogen gefertigt und damit über die Tines (=Klangstäbe) gestrichen.
Die „Plugged“ Samples entstanden, indem sie die Tines mit einem Gitarren Plektrum angezupft haben.
Mit Hilfe eines kleinen Hammers, mit dem u. a. die Tines angeschlagen wurden, kreierten sie den Mallet-Sound.
SFX bezeichnet abschließend noch eine ganze Kollektion ausgefallener Sampling-Ideen. Bilder und weitere Informationen darüber findet ihr im Handbuch. Ein Blick dort hinein, lohnt sich in jeden Fall.
Die Library steht nach dem Online-Kauf als Download bereit und belegt nach der Installation 15 GB auf eurer Festplatte. 12 Velocitylayer und drei RoundRobin-Layer bewirbt Soniccouture auf der Homepage. Der Preis für die EP73 Deconstructed Library liegt bei 119€.
EP73 Deconstructed benötigt lediglich den frei erhältlichen KONTAKT Player. Dann könnt ihr sofort loslegen.
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Praxis
Wie bereits beschrieben unterteilt sich die Library in mehrere einzelne Instrumente. Fangen wir doch beim herkömmlichen Keyboard an.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Keyboard”)
Die Keyboard-Library erlaubt es, alle drei Signale (Kondensator-) Mikrofon, Line-Out und Kontakt-Mikrofon nach Belieben zu mischen. Hören wir uns diese drei Signale einmal an:
Der Grundsound ist recht muffig und wenig dynamisch. Das typische „Barken“, das man von einem Rhodes bei hartem Anschlag erwartet, erhält man hier leider nicht. Etwas brillanter wird es, wenn man die Signale mischt. Dies ergibt dann einen sehr eigenständigen Sound, wie ihr hier hören könnt:
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EP73 Alle Signale zusammen gemixt
Die Library bietet auch die Möglichkeit, das Line-Out Signal und das Signal des Kontakt-Mikrofons zu sättigen bzw. zu verzerren. Dies resultiert in einem etwas dynamischeren Sound und Spielgefühl. Das das Soundergebnis allerdings nichts mehr mit einem Rhodes zu tun hat, hört ihr hier:
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Saturation”)
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EP73 Line-Out und Kontaktmikrofon Signal mit Saturation
Weitere Funktionen sind ein Filter und eine ADSR Hüllkurve, die wahlweise auf das Filter, oder auf die Lautstärke gelegt werden können. Key Off- sowie Pedal-Samples lassen sich natürlich zusätzlich im Volumen steuern.
Apropos Pedal: Spiele ich einen Akkord und drücke dabei das Pedal, lasse danach sowohl die Tasten als auch das Pedal los und drücke das Pedal nochmals, so höre ich die ausklingenden Töne des Akkords weiterhin. Bei einer Akkord-Folge kann das dann recht seltsam klingen. Dieses Phänomen lässt sich beheben, in dem man den Resonance-Regler für das Pedal ganz nach links dreht und somit abschaltet.
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EP73 Problematischer Pedalsound
Die Effektsektion wartet mit keinen großen Überraschungen auf. Neben einer Amp-Simulation inkl. Kompressor findet man hier die Rhodes-typischen Effekte: Auto-Wah, Auto-Pan, Chorus, Phaser, Delay und Reverb.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Effekte”)
Die Presetverwaltung finde ich nicht gelungen. Allerdings kenne ich das bereits auch von anderen Libraries. Während beim neuen „The Canterbury Suitcase“ Presets als Snapshopt aufgerufen werden können, muss man bei „EP73 Deconstructed“ das Instrument schließen und ein neues “.nki-File” aufrufen. Das macht das Durchsteppen der Presetsounds recht aufwändig.
Die Bowed-Library der EP Deconstructed Bibliothek geht in eine ganz andere Richtung. Durch die experimentelle Sampling-Technik – die Tines wurden mit einem Bogen „gestrichen“ – ergeben sich eindrucksvolle atmosphärische Sounds, die sich selbst mit einem Synthesizer wohl nur schwer kreieren lassen.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Bowed”)
Dieser Sound erinnert mich an „Singing Glass“, und klingt so, als wenn man mit einem angefeuchteten Finger über den Rand eines Glases streicht. Hört selbst:
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EP73 Singing Glass
Interessant ist auch die Glissando-Option. Mit dem Modulationsrad lässt sich das dann wunderbar steuern.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Glissando”)
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EP73 Glissando
Etwas spielerischer wird es wieder, wenn wir uns die Mallet-Library anhören.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Mallets”)
Es gab früher eine sogenannte „Dyn-My-Piano“-Modifikation für das Fender Rhodes. Dieser sehr umfangreiche Umbau des Instruments ermöglichte es dem Spieler unter anderem, die Position der Hämmer in Echtzeit zu ändern. Und genau an diesen Sound erinnert mich die Mallet-Library.
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EP73 MalletEP73 Mother of Pearl
Einen ähnlichen Klang erzeugt die Plucked-Library.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Plucked”)
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EP73 Plucked
Im Reiter „Options“ findet man eine wirklich sehr interessante Funktion: Den Strummer. Mit Hilfe des Modulationsrads kann man jetzt Harfen-ähnliche Effekte erzeugen. Man hält einen Ton oder Akkord gedrückt, bewegt das Modulationsrad und schon perlen die Töne nur so dahin.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 deconstructed “Strummer”)
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EP73 Strumming
Die SFX-Library macht ihrem Namen alle Ehre. Hier findet man jede Menge Glissandi und abgefahrene Sounds. Auf jeder Taste ist dafür ein Sample abgelegt. Durch einen Klick auf „Focus“ wird das zuletzt gespielte Sample auf die ganze Tastatur gemappt.
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “SFX”)
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EP73 SFX 1EP73 SFX 2EP73 SFX 3
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Fazit
Die EP73 Deconstructed Library vermittelt schnell den Eindruck, dass sie nicht für den klassischen Rhodesspieler an sich, sondern eher für den ambitionierten Sound Designer entwickelt wurde. Der Keyboard-Sound erscheint in meinen Ohren relativ leblos und die Töne zueinander klingen sehr unterschiedlich. Ich vermute, dass dieses Rhodes vor dem Sampling keinen Service genossen hat. Das Handbuch behauptet da allerdings etwas anderes. Wenn man sich jedoch von diesem Aspekt löst, und sich die anderen Parts inmitten der EP73 Deconstructed Bibliothek anhört, entfaltet sich das eigentliche Potenzial dieser Library. Die gebotenen Sounds lassen sich wunderbar als Effekte in Songs integrieren und gerade mit der Bowed-Library kann man recht schöne Klangwelten bauen.
Dennoch: Für mich als Rhodesspieler bietet die EP73 Deconstructed leider zu wenig, was Soniccouture jedoch mit ihrem „The Canterbury Suitcase“ (unter dem Link geht es zum Test) vollends wieder wett macht. Beide Libraries zusammen, ergeben eine eindrucksvolle Konstellation aus tollem Rhodes-Sound und schönen Effekten.
PRO
Umfangreiche, noch nie gehörte Samples
Fünf eigenständige Librarys in einem Paket
Ideal für Sound Designer
Handbuch mit tollen Background-Informationen
CONTRA
Rhodes-Enthusiasten kommen zu kurz
Mitunter “lebloser” Sound
Preset-Verwaltung ungünstig gelöst
(Screenshot: Christian Radtke / EP73 Deconstructed “Keyboard”)
FEATURES
24 Bit 44.1khz Mono Samples 15 GB große Bibliothek (8 GB mit Kontakt NCW Kompression) Mehr als 13,700 Samples 12 Velocity Layers 3 Round Robin Layers (nur Keyboard-Samples) 5 einzigartige Rhodes Instrumente: Bowed, SFX, Plucked, Keyboard, Mallets Benutzerdefinierter Velocitykurven-Setup Mikrofon, Line, Kontaktmikrofon-Kanäle + Pedal Resonanz (nur Keyboard-Samples) 120 Presets Kontakt Player kompatibel
SYTEMANFORDERUNGEN
Windows 7 oder höher (neueste Service Pack, 32/64 Bit), Intel Core Duo oder AMD AthlonTM 64 X2, 4 GB RAM (6 GB RAM empfohlen)
Mac: OS X 10.9 oder höher, Intel Core 2 Duo, 4 GB RAM
Benötigt KONTAKT 5 oder KONTAKT 5 PLAYER Version 5.6.8 oder höher PREIS
119,00 €
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