Sire Marcus Miller V3 Test

V7, P7, V9, V3 – langsam aber sicher muss man wirklich aufpassen, dass man nicht die Übersicht darüber verliert, was die südkoreanische Company alles für uns Bassisten/innen im Angebot hat. Während der V7 so etwas wie den Standard und die “goldene Mitte” darstellt, orientiert sich die V9-Serie an den Kunden mit dem Wunsch nach edler Nobelbass-Optik. Auch preislich liegt sie etwas höher. Der neue V3 geht nun in die andere Richtung und ist abermals spürbar günstiger als der beliebte V7. Dieser war ja das Erstlingswerk der Kooperation von Sire mit Bass-Superstar Marcus Miller und fand weltweit sehr schnell Anklang in der Welt der Tieftöner. Bisher glänzten alle Sire-Modelle mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Frage ist, ob sich das abermals beim V3 fortsetzt und an welchen Stellen im Vergleich zu V7 und V9 gespart wurde. Hat dies nur Einfluss auf Optik und mögliche Optionen oder auch auf den Klang? Wir werden sehen!

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Details

So, wo also wurde denn nun der Rotstift angesetzt? Zunächst fällt beim Blick auf die Webseite auf, dass der V3 lediglich in einer einzigen Holzkombination zu haben ist: Mahagoni-Korpus mit Ahorn-Hals und ein Griffbrett aus Rosewood (Palisander). Das Reduzieren der Optionen, die dem Kunden zur Auswahl stehen, ist bekanntlich ein sehr effektives Mittel, um zu sparen, ohne dass man an die Substanz des Instruments geht. Ebenfalls begrenzt ist die Farbauswahl: Weiß, Schwarz, Rot und Sunburst. Mir liegen heute ein Viersaiter in Sunburst und ein Fünfsaiter in Rot vor.
Auch mit bloßem Auge zu erkennen ist im Vergleich zu V7 und V9 das Fehlen der Blockinlays und des Griffbrett-Bindings. Dies ist natürlich problemlos zu verschmerzen und ohne Einfluss auf den Klang oder die Bespielbarkeit. Beim ersten Test stelle ich fest, dass der Hals mit einem hauchdünnen matten Finish versehen ist. Im Vergleich dazu besitzen die anderen Serien eine Hochglanz-Lackierung, die großzügig aufgetragen wurde. Ich muss ehrlich gestehen, dass mir das Finish des V3 sogar besser gefällt – es geht in Richtung Öl und Wachs, und man spürt geradezu das Holz des Halses durch das dünne Finish. Aber das ist natürlich Geschmackssache – widerstandsfähiger (und daher auch teurer) ist sicher die Hochglanz-Variante.

Fotostrecke: 3 Bilder Obwohl nur in festgelegten Farben und einer einzigen Holzkombination erhältlich …

Der letzte Punkt, der mir auffällt, sind die ab Werk aufgezogenen Saiten. Beim V7 und V9 stammen sie von der renommierten Marke D’Addario, beim V3 ist es ein No-Name-Produkt. Ganz ehrlich: die Dinger taugen nichts! Die gute Nachricht: Saiten sind Verschleißteile, und in der Regel wechselt man ohnehin bald nach Erwerb auf seine Lieblingsmarke und -Stärke. Folglich ist auch hier kein wirklich nennenswerter Kritikpunkt zu entdecken!
Aber betrachten wir die Details der beiden V3-Bässe einmal etwas genauer. Den Mahagoni-Korpus habe ich ja schon erwähnt. Diese Tatsache lässt mich aufhorchen, denn Mahagoni gilt ja gemeinhin nicht gerade als günstiges Holz. Es ist sehr dicht in der Struktur und findet daher bei nicht gerade wenigen Nobelbässen Verwendung.
Die Ahornhälse mit den Griffbrettern aus Palisander bieten dem Spieler 20 Bünde, und anstelle von Block Inlays wie beim V7 und V9 gibt es hier “nur” Pearl Dots für die Orientierung am Griffbrett.

Fotostrecke: 3 Bilder Für die Bodies kommt – untypisch für Jazz-Bässe – Mahagoni zur Anwendung.

Bei der Hardware war Sire bisher ja äußerst kreativ bei der Namensgebung. Die Tonabnehmer der V7 und V9 heißen z.B. “Marcus Super Jazz Singlecoils”, die Tuner “Premium Open Gear” usw. Da diese selbstbewusste Benennung der Hardware beim V3 teilweise ausbleibt, kann man davon ausgehen, dass hier auch Einsparungspotenzial gesehen wurde. Die Stimmmechaniken bleiben namenlos (zumindest laut Webseite), die Brücke orientiert sich am bekannten Vintage-Blechwinkel und ist dadurch deutlich weniger massiv als beim V7 und beim V9. Sie bietet aber immerhin die Möglichkeit, die Saiten von hinten durch die Brücke oder durch den Korpus ziehen (String Through Body), was in dieser Preisklasse keineswegs häufig vorkommt.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Tuning Pegs (Stimmechaniken) der V3s sind “namenlose” Vertreter, …

Die Pickups nennen sich “Marcus Standard Jazz Singlecoils”, was auf eine einfachere Variante der “Marcus Super Jazz Singlecoils” hindeutet. Die Heritage 3-Band Elektronik hingegen ist identisch mit den Elektroniken der höherwertigen Serien. Dieser Preamp hält umfangreiche Möglichkeiten bereit. Man kann den V3 natürlich als passiven Jazz Bass betreiben: Im Passivmodus stehen ein Volume-, ein Balance-Regler und eine passive Tonblende (die auch im Aktiv-Modus weiterhin funktioniert), zur Verfügung.
Per Kippschalter kommt die Elektronik mit ins Spiel. “Aktiviert” hat man Zugriff auf einen Bass-, Höhen- und einen parametrischer Mitten-Regler – via Doppelstock-Poti lässt sich hier stufenlos die Frequenz wählen, welche man anheben oder absenken möchte. Die Elektronik arbeitet mit 18 Volt und ermöglicht dementsprechend kräftige Anhebungen ohne jegliche Verzerrung.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Tonabnehmer der erstaunlich preisgünstigen V3-Bässe …

Die schiere Anzahl der Regler, die sich auf die Control Plate drängeln, machen die Handhabung etwas fummelig für die Finger. Das ist aber sicher ein kleiner Preis für so viel Flexibilität. Ein Sache, welche ich bei Tests der V7-, P7- oder V9-Bässe bemängelte, war das Mitdrehen der Doppelstock-Potis: bewegt man den oberen Regler, drehte sich der untere leider nicht selten leicht mit – oder umgekehrt. Diese “Krankheit” wurde leider auch in der V3-Serie übernommen. Man muss natürlich fairerweise einen Blick auf das Preisschild werfen, wenn man auf diesem Niveau meckert. Allerdings wurde dieser Punkt bereits in mehreren Tests angesprochen und mittlerweile hätte man dieses Problem bei Sire eigentlich ruhig mal in den Griff bekommen können.
Dafür ist die Verarbeitung beider Sire MM V3-Bässe wirklich makellos! Das sind wir mittlerweile von den Koreanern gewohnt und ich habe es schon fast erwartet, allerdings ist es angesichts des Preises der V3-Bässe nach wie vor bemerkenswert. Selbst das Entlangfahren mit den Fingern an der Griffbrettkante konnte keinerlei überstehende Bundstäbchen entlarven.

Die für sehr kleines Geld gebotene Qualität dieser Sire-Instrumente ist einfach bemerkenswert!
Die für sehr kleines Geld gebotene Qualität dieser Sire-Instrumente ist einfach bemerkenswert!

Praxis

Als ich im Vorfeld des Tests auf dem Specs-Sheet des V3 den Mahagoni-Korpus entdeckte, hatte ich sofort den Verdacht, dass ich es sicher mit etwas “Übergewicht” zu tun bekommen würde. Schließlich ist Mahagoni ein auffallend dichtes Hartholz. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall: der Viersaiter wiegt nur 3,9 kg, der Fünfsaiter 4,1 kg. Damit sind diese Bass-Brüder die leichtesten Kandidaten, die ich bisher von Sire testen durfte! Diese erfreuliche Nachricht hat aber an anderer Stelle wieder ihren Preis, denn beide neigen zur Kopflastigkeit. Diese Eigenart findet sich aber konstruktionsbedingt bei nahezu jedem Jazz Bass – auch bei deutlich teureren Exemplaren. Und: Am Gurt hängend fällt die Kopflastigkeit wirklich kaum mehr ins Gewicht!
Das Halsprofil des Fünfsaiters würde ich als “D” bezeichnen, der Viersaiter hat eine Tendenz zum “C”. Die Saitenlage wurde ab Werk sehr komfortabel und die beiden V3s lassen sich über das ganze Griffbrett nahezu ohne Nebengeräusche bespielen. Insgesamt haben wir es mit der vertrauten und allseits beliebten Haptik typischer Jazz-Bässe zu tun – hier wird man an keiner Stelle unangenehm überrascht!

Beide Sires bieten die altbekannte typische Jazz-Bass-Haptik.
Beide Sires bieten die altbekannte typische Jazz-Bass-Haptik.

Im rein akustischen Test offenbart sich bereits das in den Mitten sehr präsente und charakterstarke Mahagoni. Der akustische Ton besitzt eine solide Substanz und ist über das ganze Griffbrett hinweg sehr ausgewogen. Die V3s sind sicher keine Meister der Transparenz, der Auflösung und des Sustains, aber verlangt das wirklich jemand in dieser Preisklasse? Gemessen am Preis ist es vielmehr absolut erstaunlich, mit was die V3s aufwarten. Für die alltägliche Groovearbeit in einer Band eignen sie sich ohne Frage hervorragend. Und nicht vergessen: Mit besseren Saiten ist natürlich noch ein deutliches Upgrade zu erwarten!

Ausgewogener, mittenstarker Klang über das gesamte Griffbrett!
Ausgewogener, mittenstarker Klang über das gesamte Griffbrett!

Beginnen wir für die Klangbeispiele im Passiv-Modus: die ersten Beispiele sind ein Finger- und ein Slapgroove mit beiden Tonabnehmer und geöffneter Höhenblende:

Audio Samples
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Passivbetrieb, beide Pickups, Fingergroove Passivbetrieb, beide Pickups, Slapgroove

Hier hört ihr den Bridge-Pickup alleine; die Höhenblende ist zu 50% geschlossen:

Audio Samples
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Passivbetrieb, Stegpickup, Höhenblende: 50%

Nun der Hals-Tonabnehmer mit komplett geschlossener Tonblende:

Audio Samples
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Passivbetrieb, Halspickup, Höhenblende geschlossen

Aktiviert man per Kippschalter die Heritage 3-Band Elektronik, so ergeben sich zahlreiche Optionen, den Sound noch den eigenen Wünsche entsprechend zu optimieren. Hier noch einmal die beiden ersten Grooves mit beiden Pickups und etwas Equalizer:

Audio Samples
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Aktiv, Fingergroove, Bass: + 20%, Treble: + 20% Aktiv, Slapgroove, Bass: + 20%, Mid: – 50%, Treble: + 20%
Die Sire-Instrumente werden in Deutschland exklusiv über das Musikhaus Thomann vertrieben.
Die Sire-Instrumente werden in Deutschland exklusiv über das Musikhaus Thomann vertrieben.

Bei diesem Groove mit beiden Pickups kommen alle drei Bänder zum Einsatz. Außerdem möchte ich hier auch einmal die tiefe Saite des Fünfsaiters featuren, damit ihr einen guten Eindruck von ihrem Sound bekommt:

Audio Samples
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Aktiv, beide Pickups, Bass: + 20%, Mid: – 50%, Treble: + 10%

Für diesen Reggae habe ich den Equalizer extremer genutzt. Auch hier kam die tiefe Saite des Fünfers zum Einsatz:

Audio Samples
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Passiv, Reggae, Bass: + 20%, Mid: -100%, Treble: 0%

Für mich wird schnell klar: Auch die beiden V3s liefern das, was man sich von einem Jazz Bass erhofft. Und das aufgrund der Mahagoni-Bodies sogar mit einem eigenständigen Charakter im Mittenbereich. Für meine Ohren empfehlen sich die beiden deshalb vor allem für Fingerstyle-Spieler. Der Ton an sich ist natürlich nicht so kultiviert und definiert wie bei der V9-Serie mit Ebenholz-Griffbrett. Auch bei der B-Saite des Fünfsaiters muss man mit kleinen Abstrichen rechnen. Aber immerhin: der V3 kostet ja auch weniger als die Hälfte des V9! Mit neuen und guten Saiten schließt sich diese Lücke sicher noch etwas weiter. An Flexibilität steht er seinen größeren Brüdern dank der identischen Elektronik in nichts nach.

Erstaunlich, was für eine tolle Qualität hier zu solch attraktiven Preisen geboten wird!
Erstaunlich, was für eine tolle Qualität hier zu solch attraktiven Preisen geboten wird!

Fazit

So langsam muss ich mir wirklich verwundert die Augen reiben. Nachdem eigentlich in jedem Testbericht zu Sire-Bässen (egal in welchen Medium!) ausdrücklich das tolle Verhältnis von Preis und Leistung gelobt wurde, hat es Sire geschafft, abermals eine Schippe drauf zu legen. Im Vergleich zum Standard V7 sind die V3s noch einmal spürbar günstiger. Gespart wurde aber an den richtigen Stellen, welche nicht oder kaum an die Substanz des Instruments gehen. Auf Block Inlays, Binding, Hochglanz-Finish des Halses, große Farbauswahl etc. kann der budgetbewusste Käufer sicher ohne weiteres verzichten. Die V3s kommen dadurch natürlich optisch etwas schlichter daher, aber dafür bleiben sie absolut solide und alltagstaugliche Instrumente für jede Stilistik mit der bekannten Flexibilität dank des 3-Band-Preamps. Bespielbarkeit und Verarbeitung sind nach wie vor tadellos und die gebotenen Sounds für diese Preisklasse ausgezeichnet. Zudem besitzen aufgrund des Mahagoni-Bodies einen eigenständigen Charakter, mit dem sie sich besonders für Fingerstyle-Spieler empfehlen. Was will man mehr? Für den aufgerufenen Preis sind die Sire MM V3s sicher auch für ambitionierte Einsteiger interessant.

Pro:
  • authentische Jazz-Bass-Sounds
  • hohe Flexibilität in Verbindung mit Elektronik
  • tolle Verarbeitung
  • sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • eigener, leicht mittenbetonter Charakter aufgrund der Mahagoni-Bodies
  • geringes Gewicht
Contra:
  • mitdrehende Doppelstock-Potis
  • Werkssaiten nicht sehr hochwertig
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Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Sire
  • Modell: MM V3 Vier- und Fünfsaiter
  • Herstellungsland: Indonesien
  • Mensur: 34 Zoll, Longscale
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: geschraubt, Ahorn
  • Griffbrett: Ebenholz, 20 Bünde
  • Hardware: Sire
  • Tonabnehmer: 2 x Sire Marcus Standard Jazz Single Coils
  • Elektronik: Sire Marcus Heritage 3
  • Sattel: 38 mm (Viersaiter), 45 mm (Fünfsaiter)
  • 18V-Stromversorgung
  • Gewicht: ca. 3,9 kg (Viersaiter), ca. 4,1 kg (Fünfsaiter)
  • Preis: 275,- Euro (Viersaiter), 349,- Euro (Fünfsaiter) (Ladenpreise im Juni 2018)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • authentische Jazz-Bass-Sounds
  • hohe Flexibilität in Verbindung mit Elektronik
  • tolle Verarbeitung
  • sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • eigener, leicht mittenbetonter Charakter aufgrund der Mahagoni-Bodies
  • geringes Gewicht
Contra
  • mitdrehende Doppelstock-Potis
  • Werkssaiten nicht sehr hochwertig
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Sire Marcus Miller V3 Test
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