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Roland BK-9 Test

Praxis

Sounds

Das BK-9 bietet vier auf der Tastatur spielbare Parts: Upper 1 und 2, Lower sowie Manual Bass. Der Splitpunkt ist selbstverständlich einstellbar, allerdings nur über das Display und Datenrad und nicht mal eben schnell durch Drücken der gewünschten Taste. Für den Lower-Part gibt es eine Hold-Funktion, wodurch die Streicherfläche liegen bleiben kann, während man mit der linken Hand ein paar Knöpfe drückt. Leider gibt es dafür keinen Taster auf dem Panel – „Hold“ lässt sich nur im Menü mit den Performance-Einstellungen an- und abschalten.
Was die Klangfarben angeht, kann man aus dem Vollen schöpfen: Über 1700 Sounds und 70 Drumkits liegen im Speicher. Damit ist das BK-9 trotz seines vergleichsweise günstigen Preises auf Augenhöhe mit den Oberklasse-Boliden wie dem Yamaha Tyros oder dem Korg Pa-3X, zumindest was die Zahl angeht. Und auch klanglich kann es in vielen Bereichen mithalten. Besonders hervorzuheben sind die 22 SuperNATURAL-Klänge, die je nach Instrument erweiterte Möglichkeiten bieten. So kann man bei einem SuperNATURAL-Flügelsound klangliche Facetten wie Saitenresonanzen und Hammergeräusche im Detail einstellen, während die Bläser- und Gitarrenklänge verschiedene Spielweisen und Artikulationen mitbringen. Diese werden entweder automatisch eingefügt (beispielsweise ein „Hochrutschen“ auf der Gitarrensaite beim Spielen eines Intervalls von einer Sekunde) oder lassen sich mit den Tastern links von der Tastatur aktivieren (je nach Sound z.B. staccato, Flageolett oder Bläser-typische „Falls“). Auch auf den Pitch/Modulations-Hebel reagieren die SuperNATURAL-Klänge auf eine besonders auf den jeweiligen Sound abgestimmte Weise. So lässt sich bei Bläserklängen mit der Modulation die Dynamik und Klangfarbe steuern und das Pitchbending bildet das charakteristische Verhalten des Instruments ab.
Die Flügelklänge gefallen mir recht gut. Auch die E-Pianos können überzeugen, hier ist Roland traditionell vergleichsweise gut aufgestellt. Die SuperNATURAL-Bläser machen ebenfalls einen guten Eindruck und ermöglichen eine lebendige Performance.  

Audio Samples
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SuperNATURAL Grand Piano 1 SuperNATURAL Pure Vintage EP 1 SuperNATURAL Old Hammer EP SuperNATURAL Alto

Die 22 SuperNATURAL-Sounds sind ganz klar das Highlight im riesigen Klangangebot des BK-9. Leider decken sie nur recht wenige Instrumente ab, so gibt es beispielsweise nur ein einziges SN-Saxophon, nämlich das Alt. Für ein Tenorsax muss man auf einen konventionellen Sound zurückgreifen. Der Wunsch nach mehr solchen Klängen stellt sich recht schnell ein. Aber auch die restlichen Sounds des BK-9 können größtenteils überzeugen und sind stilistisch breit aufgestellt. Erfreulich finde ich das große Angebot an charakterstarken Synth-Sounds. Vor allem die zahlreichen Pads aller Couleur – ebenfalls traditionell eine Roland-Spezialität – sind über jeden Zweifel erhaben.  

Audio Samples
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Full Strings Film Octaves Acoustic Bros Hurtling Guitar JP Haunting Thick Matrix Lone Prophat

Die „Harmonic Bars“ Zugriegelorgel des BK-9 basiert auf Rolands „Virtual Tonewheel“-Technik und ist für mein Empfinden die beste, die es derzeit in einem Arrangerkeyboard gibt. Mittels der als Drawbars fungierenden Fader ist der gewünschte Sound schnell eingestellt und kann live angepasst werden. Etwas fummeliger ist die Kontrolle der Percussion, Chorus/Vibrato und weiterer Parameter, für die man per Datenrad im Display herumnavigieren muss. Einige dieser Settings kann man aber auf die Knöpfe links von der Tastatur legen, wenn man sie häufig braucht. Im „Organ Commons“-Menü lässt sich alles bis ins Detail einstellen: Hier findet man nicht nur Settings für die An- und Abschwellzeiten und die Stereobreite der Leslie-Simulation (getrennt für Horn und Woofer), verschiedene Verstärkermodelle und EQ-Bänder, sondern sogar auch die Möglichkeit, den Mikrofonabstand individuell zu regeln. Soundmäßig finde ich die Orgel für ein Entertainer-Keyboard absolut angemessen und sehr brauchbar – sogar der Overdrive klingt OK. Sehr schön!

Audio Samples
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Harmonic Bars: Drawbars Harmonic Bars: Overdrive
Hinter den "Harmonic Bars" verbirgt sich eine voll ausgestattete Hammond-Simulation
Hinter den “Harmonic Bars” verbirgt sich eine voll ausgestattete Hammond-Simulation

Effekte

Die Effektabteilung des BK-9 lässt keine Wünsche offen. Neben den globalen Send-Effekten Hall (12 Typen) und Chorus (6 Typen) gibt es fünf Multieffektprozessoren. Davon sind drei für die Begleitspuren reserviert, während zwei den Keyboard-Parts zugewiesen werden können. Sie bieten 84 Effekttypen und -Kombinationen, worunter neben Standards wie Delays und Modulationseffekten unter anderem auch die VK-Lesliesimulation, ein Amp-Simulator und einige interessante Lofi-Effekte zu finden sind. Hinzu kommen getrennte Master-Kompressoren und EQs für die Begleitspuren und die Keyboard-Parts. Roland-typisch lassen sich die Effekte in vielen Parametern einstellen und klingen sehr gut.  

Begleitautomatik

Die 540 Begleitrhythmen des BK-9 lassen stilistisch keine Wünsche offen. Von Pop/Rock über Jazz, Country, Standardtänze, Latin und Schlager bis hin zu exotischen Grooves aus aller Welt ist alles dabei. Die stilsicher programmierten Rhythmen wurden laut Roland neu gemastert, was in Verbindung mit den knackigen Drums zu einem sehr druckvollen und durchsetzungsfähigen Arranger-Sound führt. Sogar die Dance- und Hip-Hop-Rhythmen sind einigermaßen modern und so brauchbar, wie sie aus einer Begleitautomatik eben kommen können. Auch der deutsche Markt wurde mit volkstümlicher Schunkel-Gemütlichkeit und zahlreichen Schlager-Beats besonders bedacht. Einige Styles zitieren bestimmte Songklassiker (siehe Audiobeispiele), wodurch sie recht authentische Darbietungen dieser Titel ermöglichen. Für andere Songs sind sie dann meist weniger zu gebrauchen. Besonders die längsten Intros und Endings sind in manchen Fällen schon fast zuviel des Guten.
Alle Styles verfügen über vier Variationen mit jeweils eigenen Fills, Intros und Endings. Hinzu kommen vier One-Touch-Settings, die auf Knopfdruck passende Klänge bereitstellen und sich auch gemeinsam mit den Variationen umschalten lassen. Auch die Erstellung eigener One-Touch-Settings ist möglich. Der Music Assistant hält über 1000 vorprogrammierte Registrierungen für populäre Songs bereit. Auch hier wurde an die deutsche Kundschaft gedacht: Neben Klassikern aus der gesamten Popgeschichte findet man hier auch zahlreiche Hits zum Beispiel von Udo Jürgens oder Andrea Berg. In vielen Fällen wird der Sound des Originals ganz gut getroffen, aber einige Einträge wirken auch etwas wahllos.
Ein kleiner Schwachpunkt des Arrangers sind die Gitarrensounds, die oftmals etwas künstlich wirken und in Sound und Ausdruck leider nicht ganz mit dem Angebot der Konkurrenz mithalten können. Auch auf die in vielen Rhythmen vorkommenden „Uuh“- und „Duh“-Chöre könnte ich verzichten. Wie bei den kleineren BK-Modellen fehlt zudem leider ein Knopf, um die Begleitspuren bei Bedarf schnell auszuschalten und nur die Drums weiterlaufen zu lassen. Diese Funktion („Arranger Chord On/Off“) lässt sich zwar bei Bedarf auf einen der Taster „S1-4“ oder auf ein Pedal legen. Ein eigener Knopf wäre aber besser gewesen.
Wenn unter den Rhythmen des BK-9 doch nichts Passendes zu finden ist, kann man entweder weitere Styles im STL-Format vom USB-Stick abspielen oder aber den Rhythm Composer anwerfen. Der erlaubt es, Rhythmen komplett selbst zu programmieren, mitsamt allen Begleitspuren, Variationen, Intros, Endings und so weiter. Mit etwas Geschick kann man sich auf diese Weise sehr individuelle Begleitungen basteln.
Hier hört ihr einige Beispiele für die Rhythmen des BK-9. Der Ablauf ist jeweils Intro 4 -> alle 4 Variationen -> Ending 4.  

Audio Samples
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Joe’s Rock Angel Beat Countdown Rock Lovely Ballad Blue Boogie Survive Disco Club House Good Rap Blue Eyes Band Jive Steamtrain Country That’s Mambo

Bedienung

An die beiden Displays muss man sich zunächst etwas gewöhnen, dann aber geht die Bedienung flott von der Hand. Das linke Display zeigt zumeist die Gesamtübersicht über die gewählten Klänge, den Rhythmus, Tempo und so weiter. Sie bleibt im normalen Spielbetrieb auch sichtbar, während man im anderen Display durch Menüs navigiert und Detaileinstellungen vornimmt. In komplexeren Editier-Situationen, so zum Beispiel für die “Harmonic Bars” oder bei der Benutzung des Sequencers, kommen beide Displays kombiniert zum Einsatz. Die Navigation selbst ist wegen der fehlenden Cursor-Taster nicht ganz ohne Tücken. Man „scrollt“ mit dem Value-Rad durch das Display von Wert zu Wert, selektiert den gewünschten Parameter per Druck auf das Rad und kann dann den Wert einstellen. Vor allem bei grafisch gestalteten Menüs wie der „Harmonic Bars“-Seite ist nicht immer gut zu erkennen, wo man sich gerade befindet. Hinzu kommt, dass das eigentlich schön präzise arbeitende Value-Rad beim Drücken gern noch einen Wert weiterspringt, wenn man nicht aufpasst. Hier hätte ich mir eigene Taster für den Cursor und „Enter“ gewünscht. Auch sind die Listen von Klängen, Rhythmen und vor allem der Music Assistant ziemlich lang geraten. Wenn man nicht ganz genau weiß, was man sucht und es daher nicht per direkter numerischer Eingabe auswählen kann, muss man viel scrollen.
Davon abgesehen, kann aber eigentlich nichts schief gehen. Auf vielen Seiten gibt es ein kontextabhängiges Menü, das die wichtigsten Funktionen sehr schnell erreichbar macht, und eine Hilfefunktion. Der Mixer lässt sich über einen eigenen Taster schnell aufrufen und mit den Fadern komfortabel bedienen. Viele praktische Details erleichtern den Umgang. So lassen sich für die vier Parts (Upper 1 + 2, Lower, M Bass) separate Lieblingslisten von jeweils bis zu 10 Sounds anlegen, die man dann ohne viel Suchen schnell parat hat. Gut finde ich auch den „Balance“-Drehregler, mit dem das Verhältnis von Begleitung zu Tastaturparts unkompliziert eingestellt werden kann. Ein weiteres durchdachtes Detail ist die Filterfunktion Performance Hold, mit der einzelne Elemente einer Performance wie zum Beispiel der Rhythmus beim Wechsel ausgespart werden können. Sie lässt sich durch verschiedene Shortcut-Tasten auch spontan aktivieren.

Fotostrecke: 3 Bilder Das “Performance Edit”-Menü ist die Schaltzentrale für viele Feineinstellungen

Aufnahme- und Wiedergabefunktionen

Das BK-9 kann selbstverständlich MIDI-Files von einem USB-Stick abspielen. Dabei können auch Lyrics angezeigt werden – entweder im Display oder auf einem externen Monitor. Auch für MIDI-Aufnahmen ist das Keyboard mit dem vergleichsweise komfortablen 16-Spur-Sequencer gut gerüstet. Hier kann man umfangreiche Arrangements erstellen und bearbeiten, wobei ein Keyboard-Sequencer einer Computerlösung in Sachen Komfort und Übersicht natürlich nicht das Wasser reichen kann.
Sehr praktisch ist die Audio-Aufnahmefunktion, die WAV-Files direkt auf dem USB-Stick erzeugt. Dabei ist es auch möglich, die Signale von den Line- und Mikrofoneingängen aufzunehmen. Sie ist sehr einfach zu bedienen: Record-Knopf drücken, spielen, Stop drücken, Aufnahme benennen, speichern, fertig. Alle Audiobeispiele in diesem Test wurden auf diese Weise erzeugt. Umgekehrt kann das BK-9 auch Audio-Dateien abspielen (WAV, MP3 oder KAR), wobei bei der Wiedergabe entsprechend ausgestatteter Files auch hier eine Liedtextanzeige möglich ist – allerdings nur auf dem externen Bildschirm. Mit der „Center Cancel“-Funktion kann man versuchen, die Gesangsstimme zu entfernen. Das ist sehr abhängig vom Ausgangsmaterial und funktioniert „so naja“, um es diplomatisch auszudrücken. Auch das Tempo von Audiodateien kann bei der Wiedergabe geändert werden, was in gewissen Grenzen gut klappt. In Verbindung mit dem Mikrofoneingang wird das BK-9 mit Audiowiedergabe, Center Cancel und Textanzeige zur Karaoke-Zentrale.

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