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Neo Instruments Ventilator Test

Details

Der Windmacher aus Fulda besticht durch sein schlichtes, in anthrazit-orange gehaltenes Äußeres. Der eine oder andere hätte sich hier vielleicht in Verneigung vor dem Original etwas mehr Vintage gewünscht. Aber die moderne Eleganz des Ventilators ist sicherlich keine schlechte Wahl, zumal, wenn das Gerät nicht am Boden, sondern in Griffhöhe die Keyboardburg zieren soll – ein Platz, an dem man sich Gothic-Monster à la Rotosphere eher nicht vorstellen möchte.

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Das Bedienungspaneel wartet zunächst mit zwei Metalltastern auf, wie man sie von Stompboxen kennt. Der rechte dient zum Umschalten zwischen langsamer und schneller Drehgeschwindigkeit des Leslies, der linke eröffnet die Vorteile eines True Bypass. Flankiert werden beide Treter von LEDs, die zum Bypass-Zustand und zu den Drehgeschwindigkeiten von Bass- und Hochtonlautsprechern ein optisches Feedback geben.

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Besonders ins Auge aber fallen die fünf komplett versenkten Potis, mit deren Hilfe man einen umfangreichen und effektiven Zugriff auf verschiedene wichtige Parameter hat. So lassen sich die Gesamtgeschwindigkeit der Rotoren, die Anlaufgeschwindigkeit, die Balance zwischen Tief- und Hochtöner, die Verzerrung sowie die Distanz des Mikrofons zum Leslie komfortabel einstellen, wobei meist die mittlere Position der Regler die Standardwerte des simulierten 122ers darstellt. Während Steuerungsmöglichkeiten bezüglich der Drehgeschwindigkeit nicht so sehr verwundern, bieten die anderen Parameter überraschend nuancierte Möglichkeiten, den Sound auf physikalisch realitätsnahe Weise zu beeinflussen. Den Balance-Regler beispielsweise, der das Verhältnis zwischen der Lautstärke von Hochtönern und Basslautsprecher regelt, kann man sehr gut für EQ-Aufgaben verwenden, indem man ihn zum Beispiel in Richtung Hochtöner dreht und somit die Bassanteile des Sounds verringert – oder eben umgekehrt. Mit dem einstellbaren virtuellen Mikrofonabstand wiederum ändert sich die Amplitude der Modulation, der Hörer rückt im Grunde vom Leslie weg, was den Effekt weniger intensiv erscheinen lässt. Über den Drive-Regler mischt sich eine simulierte Röhrenzerre ein, die man beim Original dadurch erreicht, dass man dem Leslie ordentlich Pegel liefert. Fein geduckt in die Sicherheit des Aludruckgussgehäuses lassen sich die Potis gut bedienen, sind aber, besonders beim Bodeneinsatz, perfekt geschützt vor unerwünschtem Verstellen.

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Anschlussseitig wird man auf der Rückseite erwartungsgemäß von einem Mono-In und Stereo-Out in Klinkenausführung begrüßt. Auf den Wunschzettel für eine 2.0 Version des Ventilator notieren wir zart mit Bleistift einen Stereo-In, der sich natürlich im modernen Keyboard-Setup noch etwas besser macht. Allerdings verrät ein Blick in einen Zusatz zur Bedienungsanleitung, dass dieser Wunsch auch heute schon erfüllbar ist: Mit ein wenig Basteleinsatz lässt sich nämlich der Mono-In in einen Stereo-In verwandeln, sodass man mithilfe eines Y-Kabels auch schicke Stereo-Pianosounds ohne Verlust durchschleifen kann. Auch jetzt schon ein echtes Plus ist eine weitere Klinke zum Anschluss eines Remote-Schalters. So lässt sich der Ventilator zusätzlich über einen Halfmoon-Schalter (wie bei einer Original-Hammond) oder externe Fußschalter bedienen. Dadurch entsteht nicht nur die Möglichkeit, die Geschwindigkeit der Rotoren ferngesteuert umzuschalten, sondern diese sogar ganz stoppen.

Die Praxistauglichkeit des Ventilator wird durch zwei Druckschalter abgerundet, die man ebenfalls auf der Rückseite findet. Mit Lo/Hi kann die Eingangsempfindlichkeit geregelt werden, sodass man bei Instrumenten mit schwachem Pegel dennoch auf eine optimale Signalstärke kommt. Wer’s allerdings übertreibt, bekommt die Quittung in Gestalt einer roten Overload-LED. Eine ziemlich feine Sache verbirgt sich schließlich hinter einem Schalter mit der Beschriftung Key/Git. Da das Original-Leslie ja nicht nur als Effekt dient, sondern eine veritable Verstärkung darstellt, hat man dem Ventilator auch eine Amp-Simulation gegönnt, die den Frequenzgang des Holzkabinetts abbildet. Für Gitarristen, die den Effekt auf ihr Stressbrett packen und das Signal noch einmal durch einen Amp schicken, hieße dies, de facto zwei Verstärker hintereinander zu haben – was in der Regel nicht gewünscht sein wird. Deshalb kann man über besagten Schalter die Amp-Simulation des Ventilator einfach ausschalten.

Bei der Verarbeitung hat Neo Instruments keine Kompromisse gemacht. Alles ist extrem robust und hochwertig. Das Ding hat man gerne in der Hand, und es dürfte selbst unter den Füßen des grobschlächtigsten Gitarristen eine gute Figur machen. Im Innern des Ventilator werkelt übrigens nach Angaben des Herstellers so viel Rechenpower wie andernorts auf die Simulation einer ganzen B3 mit Leslie verwandt wird. Was uns endlich zur entscheidenden Frage führt: Wie klingt’s denn jetzt?

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M Ernst sagt:

#1 - 09.01.2012 um 04:47 Uhr

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Bisher habe ich meine B3 natürlich über 122er oder 147er gespielt. Und in kleinen Räumen und im Studio ist das auch weiter meine erste Wahl. Aber in letzter Zeit Nutzer ich den Neo Ventilator auf der Bühne. Da ich in der großen Besetzung meine Orgel mehr aus dem Monitor als aus dem Leslie höre, hat der Neo die Nase vorn:
- weniger unkontrollierbarer Lärm auf der Bühne
- die Kollegen können die Lautstärke des Orgelsounds selbst bestimmen
- der FOH hat die Orgel jetzt unter Kontrolle
- sogar für mich ist die B3 so lauter (kein Feedback mehr, keine Klangeinbußen durch Frequenz- Basteleien wg. Feedback)
- der Sound ist irgendwie definierter
- Distortion perfekt unter KontrolleWenn ich bei "kleinen" Gigs anstelle der B3 mit der XK-3c unterwegs bin, rettet der Neo Ventilator mir den Abend ;-)

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