Kurzweil Mark-Pro ONE i S Test

Das Kurzweil Mark-Pro ONEi S i S ist ein klassisches Einsteiger Stagepiano. Neu ist seine Mobilität, denn bisher gab es das Gerät nur in der schweren Digital-Piano Ausführung mit wuchtigem Holzständer für den Heimgebrauch. Nun aber kann man mit der “S-Ausgabe” auch fröhlich Gigs bestreiten, oder häufiger mal Umziehen.

Die Firma Kurzweil ist bekannt für erstklassige Sounds, gerade im Piano Sektor. Das Mark-Pro ONEi S bietet aber neben den Flügel und E-Piano-Emulationen auch eine ganze Reihe von Klängen, die in einem Stagepiano dieser Kategorie eher überraschen. Ebenso überraschend ist die Bedienung, für die die Kurzweil-Designer nur ganze sechs Taster und kein Display (!) vorgesehen haben. Man darf gespannt sein, wie das funktionieren soll!

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Kurzweil Mark-Pro ONEi S

Details

Außen
Dem ungewöhnlichen Bedienkonzept entsprechend präsentiert sich das äußere Erscheinungsbild des Mark-Pro ONEi S eher schlicht. Das dunkelblaue Gehäuse beherbergt links und rechts auf der Frontseite zwei Lautsprecher. Diese haben mit 2x 15 Watt schön viel Power – fürs Wohnzimmer allemal ausreichend.

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In der Mitte zentriert und abgesetzt auf grauem Hintergrund befinden sich sechs Taster und ein Volumenregler. Fehlt noch der recht große Schriftzug mit dem Firmennamen – das ist alles, was von der Front zu berichten wäre. So viel Minimalismus sieht man selten! Gewichtsmäßig erfüllt das Mark-Pro mit knappen 20 kg seine Bestimmung als transportables Stagepiano im ausreichenden Maße.

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Tastatur
Die Tastatur gehört eher zu den etwas schwerer gewichteten, fühlt sich aber insgesamt recht gut an. Sie ist voll transponierbar, nur splitten kann man leider nicht. Allein ein paar Presetklänge sind werkseitig schon mit einem Tastatursplit für zwei verschiedene Klänge versehen. Mehr Flexibilität bietet sich jedoch in Sachen Anschlagsdynamik: in sieben Stufen von leicht bis schwer kann man die Velocity dem eigenen Spiel anpassen.

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Anschlüsse
Die Anschlüsse fallen ebenfalls recht überschaubar aus. Auf der Vorderseite findet man zwei Kopfhörer-Ausgänge, hinten gibt es einen Anschluss für ein Sustain Fußpedal (im Lieferumfang enthalten), einen USB-Anschluss, der den MIDI-In und Out ersetzt, und einen Stereo-Cinch-Ausgang sowie Eingang. Über den Eingang lassen sich externe Soundquellen anschließen, praktisch beispielsweise für Playbacks, die dann ebenfalls aus den Boxen schallen.

Rückseitige Anschlüsse
Rückseitige Anschlüsse

Klangerzeugung und Bedienung
Das Kurzweil Mark-Pro ONEi S  ist 64-fach polyphon und bietet 64 verschiedene Sounds, was für ein Piano dieser Kategorie eine ganze Menge ist. Eine Besonderheit stellt die Bedienung und das Auswählen dieser Sounds dar. Das Ganze findet nämlich nicht nur über die spärlichen sechs Taster, sondern in erster Linie über die Klaviatur statt. Dabei ist jeder Klang einer Taste zwischen C1 und D#6 zugeordnet. Bei gehaltenem Piano/Voice Button kann man also per Klaviertaste ein Preset anwählen.

Effekte
Genauso funktioniert auch die Steuerung der Effekte. Zur Verfügung stehen zehn verschiedene Halltypen und zehn andere Effekte (Chorus, Flanger, Delay, Distortion und Compressor). Gleichzeitig nutzbar sind  jeweils ein Halltyp und ein anderer Effekt. Die Effekte können jeweils anteilig dazugemischt werden, sind ansonsten jedoch nicht editierbar. Die Halleffekttypen klingen erwartungsgemäß gut, die anderen Effekte sind ebenfalls in Ordnung, machen aber auf Grund ihrer Uneditierbarkeit eher einen holzschnittartigen Eindruck. Aber klar: Für ein „schnell-mal-anzerren“ vom Rhodes reicht es allemal.

Layer
Übrigens lassen sich insgesamt zwei Sounds per Layer-Funktion gleichzeitig spielen. Dazu hält man einfach den Layer-Button gedrückt und wählt per Klaviatur den gewünschten Layersound an. Die Lautstärke des Sounds lässt sich natürlich ebenfalls regeln.

Weitere Features
Als weiteres Feature bietet das Mark-Pro ONEi S ein Metronom. Dieses beherrscht vier Taktarten. Außerdem gibt es eine Rhythmusmaschine mit 20 verschiedenen Rhythmen, bekannt aus Funk und Fernsehen, zu denen sich spielen und jammen lässt. Zu Übungszwecken, wie es so schön heißt, kann man sein eigenes Spiel auch aufnehmen. Dafür steht ein Einspur-Sequenzer zur Verfügung. Leider ist die Aufnahme nach dem Ausschalten des Gerätes gelöscht. Eine Speichermöglichkeit gibt es nicht. Für den, der lieber hört statt spielt, sind die 53 Demosongs an Bord. Eine Möglichkeit zu Übungszwecken zu den Demosongs zu spielen, etwa wie beim Yamaha P-140, ist nicht vorhanden.

Der optional erhältliche Ständer
Der optional erhältliche Ständer

Praxis

Spartanisches Bedienkonzept

Sehr verstörend empfand ich das Fehlen von gewohnten Bedienelementen. Bei der Soundanwahl hilft einem keinerlei Beschriftung oder Display. Man muss sich also merken auf welcher Taste welcher Klang liegt – bei 64 Sounds für eine Livesituation völlig unpraktikabel. Funktionieren mag das höchstens, wenn man beispielsweise auf einen Klaviersound festgelegt ist und nur einmal im Monat einen Streichersound braucht. Auch wenn ich grundsätzlich ein Freund des Minimal-Designs bin – hier geht es zu sehr auf Kosten der Bedienbarkeit. Spätestens beim Einstellen von Hallanteilen oder beim Tuning ist man ohne Display völlig aufgeschmissen. Und so ist es notwendig, ständig die Bedienungsanleitung (oder einen Spickzettel) parat zu haben, da es einfach schwierig ist sich zu merken, ob der Distortion-Effekt jetzt auf der Taste F7 oder G7 liegt. Okay, Keyboarder mit einem fotografischen Gedächtnis könnten das vielleicht anders sehen …

Klänge
Stürzen wir uns auf die angebotenen Presetsounds: Zunächst gibt es acht verschiedene akustische Pianos, die sich vor allem in ihrer Brillanz und der Härte des Klangs voneinander unterscheiden. Abgesehen vom klanglich eindeutigen Ragtime- und Hardrock Piano erscheinen die übrigen Pianosounds ein wenig abgedunkelt. Es klingt ein bisschen, als stünde das Klavier hinter einem Vorhang, und das erzeugt einen angenehmen, intimen „Nicht-High-End“-Eindruck. Angesichts des Preises sehen wir von fehlenden Dingen wie Keyoff-Samples oder Hammer-Noises einmal ab. Allerdings gibt es ein dickes Minus für die Dynamik. Denn selbst beim vorsichtigsten Anschlag wird eine gewisse Mindestlautstärke der Töne abgerufen, etwa so als würde ein starker Kompressor die leisen Töne verhindern. Das macht nuanciertes Spiel in zwei bis dreifachen pianissimo Passagen nahezu unmöglich.

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Stereo Grand

Weiterhin gibt es acht Rhodes und Wurlitzer-Sounds, einige mit Effekten angereichert, was unterm Strich eine schöne Auswahl ergibt. Für ein Stagepiano klingen die Sounds ungewohnt funky. Die Orgeln wiederum fallen da enorm ab, an denen muss man sich nicht lange aufhalten. Viel schöner wird es bei den Streichern. Natürlich gibt es nur eine sehr kleine Auswahl, aber die ist absolut einsetzbar!

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Studio Rhodes Filmstrings

Die elektronischen Synthiesounds überraschen im Stagepiano Kontext irgendwie. Zwar klingen sie teilweise nicht schlecht, sind aber weder durch Filter, sonstige Modulationen oder einen Pitch-Bend zu formen und wirken dadurch ein bisschen Fehl am Platz. Der Einsatzbereich von Chorklängen ist mir grundsätzlich nicht klar. Spaß haben kann man mit ihnen allerdings (siehe Soundbeispiel: Scatman). Und zu guter Letzt gibt es Gitarren und Bässe in ordentlicher Qualität, sowie ein paar unvermeidbare Drumssets.

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Solar Lead Scatman Acoustic Guitar

FAZIT

In den Kategorien Tastatur und Klaviersounds bietet das Kurzweil Mark-Pro ONEi S ein gutes Preis/Leistungsverhältnis. Die Klangqualität, insbesondere auch der E-Piano Sounds, ist gut, und mit 64 Presets findet man überraschend viele Klänge in diesem Stagepiano (mehr als beispielsweise im preislich vergleichbaren P-85 von Yamaha).

Die Steuerung sämtlicher Parameter einschließlich der Presetanwahl über die Tastatur ist allerdings sehr gewöhnungsbedürftig bzw. unübersichtlich. Für den Live-Einsatz daher nur Keyboardern mit fotografischem Gedächtnis zu empfehlen. Die Dynamik im Pianissimo Bereich wird den Ansprüchen eines klassischen Pianisten nicht genügen, auch wenn die Velocity in sieben verschiedenen Stufen anpassbar ist. Für Pop Anforderungen ist sie andererseits aber völlig akzeptabel.

Die leistungsstarken internen Boxen sind ein deutlicher Mehrwert gegenüber Yamahas P-85 oder dem SP2 /SP2 X aus eigenem Hause. Wer eine etwas leichter gewichtete Tastatur bevorzugt, könnte sich alternativ auch einmal Korgs SP-250 anschauen. Ansonsten machen das klassische Design, die guten Piano-Klänge und eine passable Tastatur das Mark-Pro ONEi S zu einem soliden, verlockenden Einsteiger-Modell. Wer einen einfachen, tragbaren Klavierersatz sucht und nicht allzu viel Geld ausgeben möchte, ist mit dem neuen kleinen Schwarzen von Kurzweil nicht schlecht beraten!

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Gute Piano und E-Piano Sounds
  • Relativ viele Presetklänge
  • Passable Tastatur und Lautsprecher
Contra
  • Bedienung gewöhnungsbedürftig bzw. unübersichtlich
Artikelbild
Kurzweil Mark-Pro ONE i S Test
Kurzweil Mark-Pro ONEi S
Kurzweil Mark-Pro ONEi S
Technische Daten
  • • 88 gewichtete Tasten
  • • 64-fach polyphon
  • • 64 Presetsounds (mit 10 Halltypen und 10 diversen Effekten)
  • • Metronom
  • • 20 Begleit-Rhythmen
  • • Einspur-Sequenzer
  • • Anschlüsse: 2x Kopfhörer, Stereo-Out, Stereo-In, Sustainpedal, USB
  • • Im Lieferumfang enthalten: Sustainpedal
  • • Maße: 1310 x 360 x 115 (B x T x H in mm)
  • • Gewicht: 19,7 kg
  • • UVP: 1069 €
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