Korg microKORG S Test

Der Korg microKORG S ist das neueste Kapitel einer unglaublichen Erfolgsstory: Seit sage und schreibe vierzehn Jahren gibt es den virtuell-analogen Kompakt-Synthesizer mit Vocoder nun schon – alle Achtung, das darf man einen Klassiker nennen! Selbst die zwischenzeitlich erschienenen microKORG XL und microKORG XL+ konnten dem Dauerbrenner nichts anhaben. Das neue Modell mit dem Zusatz S im Namen orientiert sich nun wieder am ursprünglichen microKORG und ist ein behutsames Facelift, das dennoch mit einigen signifikanten Details aufwartet.

Der microKORG S ist das neueste Kapitel der unglaublichen Erfolgsstory des microKORG
Der microKORG S ist das neueste Kapitel der unglaublichen Erfolgsstory des microKORG


Zuallererst fallen natürlich die creme-weiße Gehäusefarbe und die hellen Holzseitenteile auf. Die erstmals bei einem microKORG eingebauten Lautsprecher sind äußerlich nicht zu sehen, sie sind unter der Bedienoberfläche angeordnet. Weitere Neuerungen sind der um 128 Plätze erweiterte Programmspeicher (davon 64 neue Werkspresets, 64 freie Plätze) und ein Favorite Mode, der eine besonders schnelle Auswahl von bis zu acht Lieblingssounds ermöglicht. Die Klangerzeugung selbst hat sich nicht verändert, weshalb ich dazu auch die Lektüre unseres ausführlichen Korg microKORG Tests empfehle. In diesem Test werde ich mich auf die Neuheiten konzentrieren und den Klang der eingebauten Lautsprecher untersuchen.

Details

In seinem weißen Äußeren sieht der microKORG S wirklich ungewohnt aus, aber ganz schön schick! Sein Facelift lässt ihn im Vergleich zum Grundmodell edler und freundlicher wirken. Die Farbgebung erinnert mich irgendwie auch an weiße Schokolade … Im Lieferumfang sind ein weißes Schwanenhalsmikrofon, ein 9V Netzeil und ein Quickstart Guide als Faltblatt enthalten.
Abgesehen von der Farbe hat sich auf dem Bedienfeld kaum etwas verändert. Wie beim Ur-microKORG gibt es ein LC-Display, neun Drehknöpfe und 15 Taster mit Leuchtfunktion. Die einstellbaren Klangparameter sind in Tabellenform aufgedruckt und werden mit den beiden großen Drehselektoren zur Bearbeitung ausgewählt. Links neben den 37 anschlagdynamischen Minitasten sind die Pitch- und Modwheels platziert, ebenfalls in Miniaturgröße.

Fotostrecke: 5 Bilder Aufgefrischter Klassiker: Der microKORG S ist cremeweiß.

Auch auf der Rückseite ist alles wie beim microKORG: Stromversorgung, An/Aus-Knopf, MIDI-Trio (Thru/Out/In), Audio-Eingang für Line-Signale (inkl. Input Regler), Audio-Eingang für das Schwanenhalsmikrofon oder ein anderes Mikrofon (inkl. Level-Regler), Audioausgang L(mono)-R, Kopfhörerausgang (stereo) und eine Schraube, mit der man den microKORG S bei Bedarf erden kann, um Brummgeräusche zu eliminieren. Schade, dass Korg dieses Facelift nicht dazu genutzt hat, um dem microKORG S endlich einen Anschluss für ein Sustainpedal zu spendieren. Er fehlt nach wie vor und auch auf die USB-Buchse muss man weiterhin verzichten.
(Tipp: Wie man das Problem des fehlenden Sustainpedal-Eingangs löst, könnt ihr in unserem Workshop microKORG XL Tuning nachlesen!)

Fotostrecke: 5 Bilder Bei den Anschlüssen gibt es keine Überraschungen.

Klangerzeugung
Als virtuell-analoger Synthesizer bildet der microKORG S die Klangerzeugung analoger Synthesizer (mit subtrakiver Synthese) digital nach. Die zwei Oszillatoren liefern nicht nur klassische Wellenformen wie Sägezahn-, Dreick-, Sinus- und Pulswelle, sondern auch Rauschen, einen Typ namens „Vox“ und weitere 64 digitale DWGS-Waves aus dem Korg DW8000. Unter den Letztgenannten befinden sich auch elektronische Orgelklänge, E-Pianos, Clavinets, Glocken und Vermischtes aus der Schublade „typisch Digitales“, sodass der microKORG S nicht auf reine Synthesizer-Klänge beschränkt ist. Die Nachbildungen der Orgeln und E-Pianos sind nicht gerade superrealistisch im Sinne moderner Sample-basierter Instrumente. In einem elektronischen Kontext betrachtet sind sie aber musikalisch sehr gut einsetzbar. Die üppige Ausstattung der Oszillator-Sektion macht den microKORG S zu einem vielseitigen Instrument. Die maximale Polyphonie beträgt nach wie vor vier Stimmen. Wer mehr möchte, sollte einen Blick auf den microKORG XL+ werfen. 

Fotostrecke: 4 Bilder Die vierstimmige Klangerzeugung bietet zwei Oszillatoren.

Auch das Multimodefilter hat einiges zu bieten und kann als 24dB Tiefpass, 12dB Tiefpass, 12 dB Bandpass oder 12 dB Hochpass arbeiten. Mit je einer Filter- und VCA-Hüllkurve sowie zwei LFOs bekommt man Bewegung in die Klänge. Als Effekte stehen ein Delay (Stereo, Cross oder L-R) und ein Modulationseffekt (Phaser, Ensemble oder Chorus/Flanger) bereit. Ein weiteres mächtiges Feature ist der Arpeggiator mit sechs Laufmodi, den man bei Bedarf per MIDI Clock zu einer externen Quelle synchronisieren kann. Auch als Taktgeber für die zwei LFOs und das Delay des microKORG S kann der Arpeggiator herangezogen werden. Leider gibt es aber nach wie vor keinen Tap-Tempo-Knopf.
Nicht zu vergessen der Vocoder, für dessen Einsatz das Schwanenhalsmikro mitgeliefert wird. Er verfügt über acht Bänder und ermöglicht ohne viel Schnickschnack die typischen Stimmverfremdungen. Es ist jedoch auch möglich, ein eigenes Mikrofon zu verwenden. Sowohl dynamische als auch Kondensatormikrofone lassen sich anschließen, wofür der microKORG S zwei verschiedene Eingangsbuchsen bereithält.

Praxis

Als erster microKORG verfügt der microKORG S über eingebaute Lautsprecher. Sie wurden unter der Bedienoberfläche platziert und sind von außen nicht zu sehen. Gut versteckt verrichtet hier ein 2:1 System seinen Dienst, also ein Basslautsprecher (mono) und zwei Lautsprecher für das obere Frequenzspektrum (stereo).

Das 2.1 Lautsprechersystem des microKORG S (Bild: zur Verfügung gestellt von Korg)
Das 2.1 Lautsprechersystem des microKORG S (Bild: zur Verfügung gestellt von Korg)

Kommen wir aber zur Frage der Fragen dieses Tests: Wie klingen die eingebauten Lautsprecher? Zuerst einmal war ich war überrascht, wie laut sie sind. Bei Sounds mit höherem Bassanteil kommen sie jedoch an ihre Grenzen und fangen an zu zerren, wenn man den Lautstärkeregler weiter als die 12-Uhr-Stellung aufreißt. Und Bassfrequenzen werden hier auch nicht wirklich übertragen. Wie auch, bei so kleinen Speakern. Das Stereoklangbild ist über die eingebauten Boxen aber erkennbar, gerade auch wenn man das Stereo- oder L-R Delay einsetzt. Der Holztisch, auf dem der microKORG S während des Tests stand, brummte oft leicht mit und auch in meinen Fingerspitzen konnte ich ein leichtes Vibrieren der Tasten wahrnehmen. Ein durchaus ungewohntes Gefühl bei einem Synthesizer!
Die eingebauten Speaker können die Klänge des Synthesizers nicht in ihrem gesamten Spektrum wiedergeben und klingen wesentlich nasaler und bassärmer. Die „Studiobrillanzen“ und der tiefe Wumms untenrum – durchaus Bestandteile vieler Klänge des microKORG S – fehlen, wenn sie über die internen Boxen wiedergegeben werden. Trotzdem muss ich sagen, der Sound bekommt auf diese Weise etwas angenehm Rotziges, Lo-Fi-mäßiges, eine Klangwelt, die auf jeden Fall meinen Geschmacksnerv trifft und die ich als inspirierend empfinde. Für eine Performance vor Publikum sind die Lautsprecher ganz bestimmt nichts, aber um im Tourbus, im Backstage-Bereich, am Küchentisch oder im Park mal kurz ein paar Ideen zu probieren oder zu präsentieren, sind sie eine willkommene Zugabe. Nicht zuletzt, weil der Synthesizer mit Batterien betrieben werden kann und somit nicht immer eine Steckdose in Reichweite benötigt. Die Lautsprecher lassen sich über die Edit-Matrix abschalten und sind immer abgeschaltet, wenn ein Stecker im Kopfhörerausgang steckt.
Bei einigen der folgenden Hörbeispiele habe ich die Klänge doppelt aufgenommen: per Audioausgang über Kabel und parallel mit zwei Mikrofonen über die eingebauten Lausprecher. (Aufnahme mit zwei Großmembran-Mikrofonen in 1m Abstand über dem microKORG S)

Audio Samples
0:00
Bass (Line Out) Bass (Lautsprecher) Deep Bass (Line Out) Deep Bass (Lautsprecher halbe / volle Lautstärke) Strings Delay (Line Out) Strings Delay (Lautsprecher halbe Lautstärke) Filter Bass Layer Pad Stutter Pad Wurli Vocoder

Von der Farbgebung, den Lautsprechern und den zusätzlichen Speicherplätzen einmal abgesehen, ist fast alles beim Alten geblieben. Das betrifft die Stärken und Schwächen des Vorgängers gleichermaßen. Klar, an einem Mini-Synth ist alles mini, wer große Hände hat und mehr an Klaviertasten gewöhnt ist, dürfte hier eine Eingewöhnungsphase benötigen. Aber es funktioniert. Die Anschlagdynamik der Minitasten reagiert ganz ordentlich, Aftertouch gibt es leider nicht. Die neue Favorite-Funktion kann in Live-Situationen eine große Hilfe sein, wenn man innerhalb eines Songs schnell zwischen Sounds umschalten muss. Der Favoritenspeicher ist aber andererseits auf wenige acht Plätze begrenzt.
Das Schwanenhalsmikrofon reagiert relativ sensibel auf die Dynamik der Stimme und funktioniert gut, um aus dem Stand gute Vocoder-Klänge zu erschaffen. Der Hals des Mikrofons ist jedoch alles andere als starr und das Mikro neigt dazu, einem vor der Nase herum zu tanzen. Live würde ich einem alternativen Mikrofon mit Stativ den Vorzug geben. Die Anschlüsse dafür bietet der microKORG S.

Fazit

Mit dem microKORG S ist Korg eine freundliche, fast edel wirkende Variante des Klassikers gelungen. Die 128 zusätzlichen Speicherplätze dürften eifrige Klangschrauber erfreuen und die Favoriten-Funktion verbessert die Klanganwahl im Live-Betrieb. Die eingebauten Lautsprecher klingen eher nasal und mittig und verzerren bei höheren Lautstärken, besonders bei Klängen mit höherem Bassanteil. Ich bewerte diese Lo-Fi-Klangeigenschaften der Boxen jedoch nicht unbedingt negativ, denn für mein Empfinden verleihen sie dem microKORG S eine angenehm rotzig-charmante Note, die ich als inspirierend empfinde. Für (mobile) Songwriting-Sessions sollte ihre Lautstärke ausreichen, für alles andere gibt es den Line Out. Die Konstruktion ist total solide, allein der mitgelieferte Schwanenhals ist mir zu labberig. Schade ist allerdings, dass das Facelift nicht genutzt wurde, um dem microKORG S einen Sustainpedal-Anschluss und einen Tap-Tempo-Taster zu spendieren – beides Features, die schon bei der Originalversion von vielen vermisst wurden. Und, mal Hand auf’s Herz: Ist es noch zeitgemäß, im Jahr 2016 einen Synthesizer ohne USB-Anschluss herauszubringen? Da der microKORG S jedoch preislich in der Budget-Klasse spielt, will ich die Kirche mal im Dorf lassen. Wie den ursprünglichen microKORG kann man ihn rund heraus empfehlen, als sympathisches Einsteiger-Instrument genauso wie als professionell einsetzbaren Synthesizer mit großem Sound für kleines Geld. Wer die eingebauten Lautsprecher nicht braucht, der wähle besser den Ur-microKORG und spare dabei noch ein paar Euros.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • guter und vielseitiger Klang
  • mehr Speicherplätze
  • Favoriten-Funktion
  • eingebaute Lautsprecher (mit LoFi Klang)
  • schickes Äußeres
  • solide Konstruktion
  • Vocoder
  • Arpeggiator
Contra
  • kein Sustainpedal-Anschluss
  • kein USB-Anschluss
  • kein Tap Tempo

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