Anzeige

Kawai ES110 Test

Mit dem neuen Kawai ES110 schickt der japanische Hersteller ein neues Einsteiger-Digitalpiano auf den Markt. Dabei lautet das Credo genau wie beim Vorgängermodell Kawai ES100: die Basics müssen stimmen! Ein Digitalpiano braucht eben vor allem einen guten Klang, eine gute Tastatur und nach Möglichkeit auch ein geringes Gewicht. Genau das bietet das Kawai ES110, welches sich durch einen optional erhältlichen Unterbau und einer Dreifach-Pedaleinheit auch in ein schickes „Wohnzimmer-Piano“ verwandeln lässt. Zu den wichtigsten Neuerungen des Kawai ES110 zählen eine neue Tastatur, mehr Einstellmöglichkeiten bei der Klangerzeugung und eine Bluetooth-MIDI-Schnittstelle. Letztere ermöglicht über eine dazugehörige App auch eine komfortablere Bedienung des Instruments per Tablet oder Smartphone.

Das Kawai ES110 Digitalpiano löst das beliebte ES100 ab.
Das Kawai ES110 Digitalpiano löst das beliebte ES100 ab.


Wieviel Piano bekommt man eigentlich heutzutage für kleines Geld? Diese Frage höre ich häufig, werde ich doch nicht selten nach einer Empfehlung für ein Einsteiger-Piano gefragt. Dabei stelle ich immer wieder fest, wie hoch die Anforderungen an Einsteiger-Modelle geworden sind, obwohl man gleichzeitig möglichst wenig Geld ausgeben möchte. Ein gute Tastatur und ein guter Klang sind ein absolutes Muss. Eingebaute Lautsprecher sollte es haben. Und leicht sein, wenn es auch mal transportiert werden soll. Gerade im Einsteiger-Bereich kommt es also vor allem auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis an. Mit einem Straßenpreis von derzeit etwa 690 Euro kostet das ES110 ungefähr soviel, wie man momentan wohl mindestens für ein brauchbares Instrument ausgeben sollte. Dennoch macht es mitnichten einen billigen Eindruck. Es sieht zwar recht schnörkellos und sehr schlicht aus, gefällt mir aber gerade eben deshalb besonders gut. Schauen wir uns das Piano also etwas genauer an! 

Details

Gehäuse

In einem schwarzen Kunststoffgehäuse präsentiert sich das Kawai ES110, welches durch seine geringe Tiefe von nur ca. 28 cm eine schlanke Figur macht. Obwohl es wie die meisten Pianos dieser Preisklasse ein vollständig aus Plastik gefertigtes Gehäuse besitzt, bin ich erstaunt, wie robust und wertig es erscheint. Das Design des Kawai ES110 hat sich gegenüber dem Vorgänger nicht geändert und hinterlässt nicht nur deshalb einen positiven Eindruck. Durch die leicht abgerundete Oberfläche und die geschwungenen Seiten bekommt das kompakte Piano einen modernen Touch. Auffällig ist der lange Schlitz auf der Oberseite, welcher zum Einen das Aufstecken der mitgelieferten Notenhalterung ermöglicht und andererseits eine Öffnung für die beiden Lautsprecher darstellt. Neben der schwarzen Ausführung gibt es das Kawai ES110 auch in einer weißen Variante (Kawai ES110 W). Mit einem optional erhältlichen Unterbau und einer Dreifach-Pedaleinheit lässt es sich zu einem vollwertigen Heimpiano aufrüsten.
Hervorzuheben ist das geringe Gewicht von nur 12 kg, wodurch das ES110 leicht zu transportieren ist und durchaus auch als Stagepiano eingesetzt werden kann. Gegenüber dem Vorgängermodell wurden satte 3 kg an Gewicht eingespart, was hauptsächlich der neuen, leichteren Tastatur zu verdanken ist.

Fotostrecke: 5 Bilder Am Design des Kawai ES110 hat sich gegenüber dem Vorgänger nichts geändert.

Bedienfeld

Das Bedienfeld des Kawai ES110 ist sehr überschaubar und findet links auf der Oberseite seinen Platz. Neben einem Volume-Fader reichen acht Drucktaster zur Bedienung sowie zum Ein- und Ausschalten des Pianos aus. Tiefergehende Einstellungen können dann noch durch Kombinationen der Bedienknöpfe und bestimmten Tasten der Klaviatur vorgenommen werden, oder aber mittels der dazugehörigen App (dazu später mehr). Ein Display gibt es nicht. Design-Liebhaber werden sich eventuell daran erfreuen, dass die Tastatur-Zusatzfunktionen nicht auf dem Gehäuse aufgedruckt sind. Für die schnelle Bedienung hingegen ist das etwas hinderlich, denn wer beispielsweise Effekte, MIDI-Einstellungen oder Dämpfergeräusche verändern möchte, muss dafür stets ins Handbuch schauen. Nichtsdestotrotz ist das sparsame Bedienfeld mit den wichtigsten Funktionen ausgestattet und ermöglicht ein schnelles Wechseln zwischen den acht Piano-Sounds, fünf E-Pianos sowie sechs weiteren Klängen. Daneben können mit den Tastern Rec und Play/Stop Songs aufgenommen und abgespielt werden sowie Klavierübungen über den „Lesson-Modus“ aufgerufen werden.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Bedienfeld des Kawai ES110 ist nur mit den nötigsten Knöpfen ausgestattet.

Anschlüsse

Gleich zwei Kopfhöreranschlüsse befinden sich auf der Vorderseite des Pianos und ermöglichen damit auch gleichzeitiges Hören von beispielsweise Lehrer und Schüler in der Musikschule. Die eingebauten Lautsprecher werden bei eingestecktem Kopfhörer stumm geschaltet. Rückseitig befinden sich neben dem Netzteilanschluss Buchsen für MIDI In/Out sowie ein Line-Out (2x 6,3mm Klinke) und eine Anschlussmöglichkeit für das mitgelieferte Haltepedal, das das Halbpedalspiel unterstützt. Besonders der Line-Out ist eine erfreuliche Neuerung im Vergleich zum Vorgänger, denn jetzt kann man das ES110 ganz einfach mit Klinkenkabeln beispielsweise mit einer Beschallungsanlage verbinden und braucht keine Adapter mehr. Das steigert die Bühnentauglichkeit des Pianos. Einen USB-Anschluss, den wir schon beim Vorgängermodell vermisst haben, gibt es auch beim ES110 nicht, allerdings kann die neue Bluetooth-MIDI-Funktion hier zumindest teilweise Abhilfe schaffen. 

Fotostrecke: 4 Bilder Bei den Anschlüssen gibt es eine Verbesserung im Vergleich zum Vorgänger.

Bluetooth MIDI

Eine echte Neuerung ist die eingebaute Bluetooth-MIDI-Schnittstelle, die sich über eine Tastenkombination einschalten lässt. Mit dieser Funktion lässt sich das Kawai ES110 mit kompatiblen Geräten verbinden, um MIDI-Befehle kabellos zu übertragen. Interessant ist diese Funktion auch in Verbindung mit der von Kawai frei verfügbaren App „Virtual Technician“, welche das genaue Justieren von Intonation, Hammer- und Dämpfergeräusche etc. über das iPad ermöglicht. Leider ist die App bisher nur mit dem iPad kompatibel, iPhone-Besitzer bleiben außen vor. Eine Android-Version ist angekündigt, aber bisher noch nicht verfügbar.

Lautsprecher

Im Vergleich zum Vorgängermodell Kawai ES100 werden beim ES110 laut Hersteller neue Rundlautsprecher verbaut, welche auf der Unterseite des Gehäuses zu finden sind. Sie strahlen nach unten ab, klingen durch eine Öffnung auf der Oberseite aber dennoch recht direkt und definiert. Mit einer Verstärkungsleistung von 2x 7 Watt erzeugt das Kawai ES110 übrigens eine recht beachtliche Lautstärke und einen recht vollen Klang. Natürlich sollte man hier keine Höchstleistungen erwarten, zum Üben und für den Heimbetrieb sind die Lautsprecher aber vollkommen ausreichend. Für den Fall, dass das Kawai ES110 auf einem Stativ oder Tisch steht, kann man mit dem eingebauten „Speaker EQ“ genau wie beim Vorgänger den Klang entsprechend anpassen. Die Lautsprecher können übrigens auch über die Kombination der Function-Taste und C#7 ausgeschaltet werden, etwa bei der Verwendung des Line-Ausgangs auf der Bühne.

Anzeige

Praxis

Klang

Fangen wir doch direkt da an, wo es wirklich interessant wird: mit dem Klang des Kawai ES110. Acht Klänge stehen in der Piano-Sektion zur Verfügung und können durch mehrfaches Drücken des Piano-Tasters durchgesteppt werden. Das erste Preset „Concert Grand 1“ greift dabei auf Samples des Kawai EX Flügels zurück, wobei jede der 88 Tasten einzeln gesampelt wurde. Hören wir uns das Ergebnis an.

Audio Samples
0:00
Concert Grand (Vergleichs-MIDI-File) Concert Grand 2 (Vergleichs-MIDI-File) Concert Grand 2 Studio Grand 2 (Vergleichs-MIDI-File) Rock Piano Modern Piano

Das klingt wirklich sehr gut! Alle Pianosounds klingen ausgewogen und lassen sich sehr dynamisch spielen. Die Bässe klingen – typisch für Kawai-Pianos – sehr druckvoll und bei lautem Spiel zeigt auch der Diskant seine „Zähne“. Mit 192 Stimmen reicht die Polyphonie auch für beherztes Akkordspiel mit viel Pedaleinsatz.

Audio Samples
0:00
Alle regelbaren Nebengeräusche auf Maximum

Erfreulich ist auch, dass es im Vergleich zum Vorgänger nun möglich ist, gezielt auf Nebengeräusche und Resonanzen von Hammermechanik, Saiten und Dämpfer einzuwirken. Auch die Beschaffenheit der Hammerköpfe (Intonation) kann angepasst werden. Leider gibt es für die Einstellungen meist nur drei Stufen (normal, schwach und sehr stark). Dennoch ist das ein nettes Feature und in dieser Preisklasse selten. Im folgenden Hörbeispiel habe ich alle Geräusche angehoben, damit man den Effekt deutlich hört. Die Intonation habe ich auf „Dynamic“ gestellt, d.h. bei leisem Spiel klingt der Flügel dann dumpfer und im Gegensatz dazu bei ausdrucksstarkem Spiel noch etwas heller. Aus meiner Sicht ginge das bestimmt auch noch extremer und für meinen Geschmack dürften die Nebengeräusche gerne immer so laut sein, aber das ist natürlich Geschmackssache. Mit einem iPad lassen sich diese Einstellungen auch über die schon erwähnte Kawai-App „Virtual Technician“ vornehmen, was die Bedienung erheblich erleichtert.

Weitere Sounds

Natürlich dürfen die typischen Vertreter aus der E-Piano-Sektion, wie etwa ein Rhodes, Wurlitzer Piano und DX-E-Piano nicht fehlen. Daneben verstecken sich unter „Others“ auch noch weitere Sounds wie Streicher oder Vibraphon, die man in einem Digitalpiano z.B. für Split- und Layersounds verwenden kann. Die Auswahl fällt hier im Gegensatz zu manchen Konkurrenten zwar etwas kleiner aus, allerdings reicht das Angebot aus meiner Sicht vollkommen. Gerade der Klang der E-Pianos ist für ein Digitalpiano wirklich gut und braucht sich nicht hinter so manchen Workstations und Keyboards zu verstecken.

Audio Samples
0:00
Rhodes Wurlitzer DX E-Piano Hammond-Orgel Kirchenorgel

Tastatur

Den größten Anteil am erfreulich geringen Gewicht hat vermutlich die neue Tastatur des Kawai ES110. Mit der neuen „Responsive Hammer Compact Action” Tastatur verbaut Kawai eine neue, kompakte Hammermechanik mit neuer Sensorik. Die Tastatur macht mir schon beim ersten Anspielen richtig Spaß! Für die Einsteiger-Klasse ist das ES110 hier sehr gut ausgestattet. Die graduierte Gewichtung ist – so kennt man es bei Kawai – etwas schwergängiger als bei anderen Pianos, lässt sich aber trotzdem sehr präzise spielen. Im Diskant ist der Anschlag wie bei einem Flügel etwas leichter als im Bassbereich. Im Übrigen kommt die Tastatur ohne Federn aus und ist – trotz der kompakten Maße des Pianos – einer Flügeltastatur schon sehr ähnlich. Mir persönlich fehlt ein deutlich spürbarer Druckpunkt, der höherklassigen Digitalpianos vorbehalten bleibt. Das ist aber Kritik auf hohem Niveau – ingesamt ist die Tastatur sehr gelungen und lädt zum beherzten Spielen und Üben ein.

Weitere Funktionen

Natürlich lassen sich mit dem Kawai ES110 auch zwei Sounds schichten oder aber auf der Tastatur in zwei Bereiche aufteilen. Wie beim Vorgänger ist der Splitpunkt leider nicht veränderbar. Das Lautstärkeverhältnis der beiden Klänge kann jedoch angepasst werden.
Neben einem eingebauten Metronom verfügt das Kawai ES110 noch über einen integrierten Recorder, welcher bis zu drei Musikstücke als MIDI-Daten speichert. Daneben ermöglicht die Lesson-Funktion das Üben einiger vorprogrammierter Musikstücke.
Ebenso wie beim Vorgänger gibt es auch hier vier Speicherplätze für Registrierungen zum Sichern der persönlichen Lieblingseinstellungen. Vier Plätze sind nicht üppig, reichen aber für das übliche Einsatzprofil eines Digitalpianos in der Regel aus.

Speaker EQ

Wegen der nach unten strahlenden Lautsprecher hängt der Klang des Kawai ES110 ein wenig davon ab, ob das Piano auf einem Stativ oder einem Tisch aufgestellt wird. Mit dem Speaker EQ, der über die drei EQ-Presets „Normal“, „Table“ und „Off“ verfügt, kann dies ansatzweise ausgeglichen werden. Im Grunde werden beim „Table EQ“ die Bässe ein wenig abgesenkt und die Höhen dafür etwas angehoben. Um den Effekt der drei EQ-Einstellungen zu veranschaulichen, habe ich drei kurze Hörbeispiele aufgenommen. Der eingestellte EQ betrifft nämlich auch den Line-Ausgang, welcher hier für die Klangbeispiele verwendet wurde.

Audio Samples
0:00
Table EQ aus Table EQ Stativ Table EQ Tisch

Bedienung

Die Grundfunktionen des Kawai ES110 werden über die Taster bedient, was sehr einfach vonstatten geht. Wer tiefer einsteigen möchte, sollte die wichtigsten Tastenkombinationen aus Function-Taster und Klaviatur am besten auswändig lernen, denn sonst muss man wegen der fehlenden Beschriftung häufig in die Anleitung schauen. Wahrscheinlich wurde aus Design-Gründen darauf verzichtet, die Funktionen auf das Gehäuse zu drucken. Am komfortabelsten ist die Bedienung, wenn man über ein iPad verfügt, da die „Virtual Technician“ App die vielen Klangparameter sehr einfach zugänglich macht. Allerdings ist diese Möglichkeit bisher Besitzern des Apple-Tablets vorbehalten. Hoffentlich bessert Kawai hier bald nach und macht die App auch für andere Mobilgeräte verfügbar.

Anzeige

Fazit

Das Kawai ES110 ist ein empfehlenswertes Einsteiger-Digitalpiano mit gutem Klang und einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis. Gerade durch den guten Flügelklang und die neue, sehr gut abgestimmte Tastatur kann es auf voller Länge überzeugen. Durch den optional erhältlichen Unterbau und die eingebauten Lautsprecher eignet es sich nicht nur als transportables Stagepiano, sondern auch als Heimpiano fürs Wohnzimmer. Erfreulicherweise wurden einige Features des Vorgängermodells verbessert und so finden wir hier nun auch einen Line-Out-Ausgang sowie etwas tiefergehende Einstellmöglichkeiten für Resonanzen und Intonation der Flügelklänge, die sich in Verbindung mit der neuen Bluetooth MIDI Schnittstelle auch über eine dazugehörige App vornehmen lassen. Wer ein schlichtes, solides Einsteiger-Digitalpiano für zu Hause oder unterwegs sucht, ist beim Kawai ES110 genau richtig.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr guter Pianoklang
  • sehr gute Tastatur
  • regelbare Nebengeräusche
  • Bluetooth MIDI Schnittstelle
  • Virtual Technician App
  • Stereo Line Ausgang
  • kompakt und leicht
Contra
  • komplizierte Bedienung vieler Zusatzfunktionen wegen fehlender Beschriftung
  • kein USB-Anschluss
Artikelbild
Kawai ES110 Test
Für 575,00€ bei
Das Kawai ES110 ist ein empfehlenswertes Kompakt-Digitalpiano für Einsteiger.
Das Kawai ES110 ist ein empfehlenswertes Kompakt-Digitalpiano für Einsteiger.
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.