Unser nächster Hagstrom-Testkandidat stammt aus der „F-Serie“, die man – geht man von ihrer Korpusform und dem Shaping der Cutaways aus – als Kreuzung zwischen SG und Strat beschreiben könnte. Die Gitarren dieser Serie unterscheiden sich primär in ihren jeweiligen Tonabnehmer-Bestückungen: 20er und 200er Reihe haben zwei Pickups, die beiden 300er Modelle sind – ihr ahnt es schon – mit drei Pickups ausgestattet. Dabei geht die 300er mit ihren drei Singlecoils in Richtung Classic-Strat. Bei der F301 hat sich noch ein Humbucker in die Stegposition eingeschlichen.
Unser Testmodell, die F200P, ist eine Art „Zwischending“. Sind die anderen beiden „2er“ Modelle (F20, F200) mit Custom 60 Humbuckern bestückt, kommt diese Gitarre mit zwei H-90 Singlecoils. So viel sei nur am Rande zur F-Serie erwähnt: Jetzt stürzen wir uns ins Vergnügen und werden der F200P mal gehörig auf den Zahn fühlen.
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Details
Korpus Wer jetzt ein dünnes Brettchen á la Gibson SG erwartet, der liegt daneben, denn die F200P kommt mit einem 40 mm dicken Mahagoni-Korpus in komplett schwarzem Finish (Black Gloss), ist alternativ aber auch in Beige (Cream) zu haben. Das Instrument hat zwei leicht versetzte Cutaways, die spitz zulaufen. Die Übergänge zu den Zargen sind komplett abgerundet, sodass sich die Gitarre extrem gut am Körper ihres jeweiligen Users anzuschmiegen weiß. Pickups, Regler und Schalter befinden sich auf dem dreischichtigen Perloid-Schlagbrett, das mehr als die Hälfte der Korpusfläche einnimmt. Lediglich die Eingangsbuchse im Strat-Style hat man nicht auf dem Schlagbrett platziert, sie befindet sich neben dem Tone-Regler direkt auf der Korpus-Oberseite. Die F200P ist mit dem Hagstrom Full Contact Tremolo FCS-1 ausgestattet. Hierbei handelt es sich um ein Standard-Tremolo, das auf dem Korpus aufliegt und rückseitig mit zwei Federn befestigt ist. Nach oben kann also nicht tremoliert werden, dafür sind aber spontane Downtunings kein großes Problem. Das Tremolo selbst lässt sich bis zur kompletten Entspannung der Saiten herunterdrücken. Der Hebel sitzt etwas locker in der Kunststoffhülse, aber glücklicherweise ist das Teil mit einer Inbus-Schraube schnell zu justieren. Was etwas negativ auffällt, ist das Nebengeräusch, wenn man den Hebel loslässt – dann knallt der Steg nämlich gegen den Korpus und die Pickups übertragen das Geräusch. Kein Problem, wenn man in Zimmerlautstärke spielt, aber bei Bühnenlautstärke und Verzerrung wird es problematisch. Zudem werden die Federn bei heftiger Betätigung in Schwingung versetzt und geben auch noch ihren Senf dazu. Am Steg kann jeder einzelne Reiter per Inbus-Schlüssel in der Höhe verstellt werden, eine Kreuzschlitz-Schraube justiert die Oktavreinheit. Die Gurtpins sind im SG-Stil angebracht, einer an der Zarge und der andere auf der Rückseite am Hals/Korpus-Übergang.
Pickups Die beiden Pickups hören auf den Namen H-90, der auch schon die Richtung anzeigt, in die es geht. Als Vorlage dienen die legendären P-90 Tonabnehmer, Single-Coil-Pickups mit höherer Ausgangsleistung und einer transparenten dynamischen Ansprache. Die Tonabnehmer befinden sich unter schwarzen Kunststoffkappen (35 x 85 mm), die in der Mitte mit zwei Kreuzschlitzschrauben befestigt sind und hier auch in der Höhe verstellt werden können. Die Hagstrom-Designer haben die beiden Tonabnehmer etwas mehr in Richtung Korpusmitte gerückt. So hat der Hals-Pickup einen Abstand von ca. 20 mm zum 21. Bund, der Bridge-Pickup befindet sich etwa 27 mm von der Saitenauflage entfernt. Mit dem Dreifach-Schalter sind die Kombinationen Hals-, Steg- und beide Pickups „synchron“ möglich. An Regelmöglichkeiten stehen je einmal Volume und Tone zur Verfügung.
Hals Die F200P kommt mit einer geleimten Hals-Korpus-Konstruktion. Für den Hals hat man Nato-Holz ausgewählt, eine Holzart der Johannisbrotgewächse aus Südamerika, die dem Mahagoni sehr ähnlich, aber wesentlich preisgünstiger ist. Das Griffbrett (628mm Mensur) besteht, wie bei allen neuen Hagstom-Modellen, aus Resinator-Wood, das mit gutem Sustainverhalten und großer Stabilität aufwarten kann. Den Rest erledigt der H-Expander Halsstellstab, mit dem sich die Halskrümmung sehr exakt und vor allem dauerhaft einstellen lässt. Ein witterungsbedingtes Verziehen des Halses sollte so weitestgehend ausgeschlossen werden, was gerade bei Instrumenten, die oft auf Reisen gehen und starken Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, von Vorteil ist. Auf dem Griffbrett befinden sich 21 Medium-Frets, die gut poliert und ausgerichtet ein komfortables Spiel mit sauberer Intonation und butterweichen Bendings ermöglichen. Hals und Saitenlage sind ab Werk sehr gut eingestellt. Die Saitenlage würde ich als „medium“ bezeichnen, man kann entspannt greifen, und die Saiten beginnen auch nicht zu schnarren, wenn man eine etwas härtere Gangart wählt. Sehr gut! Das Standard D-Halsprofil liegt gut in der Hand, und auch das Spiel in den hohen Lagen gestaltet sich problemlos, der 21. Bund kann ohne großes Handverbiegen erreicht werden. Wie alle neuen Hagstrom-Gitarren kommt auch unser Testmodell mit einem GraphTech-Sattel, bestehend aus einem Verbundstoff mit Teflon, sodass bei Bendings und dem Einsatz des Tremolo-Hebels die Saiten glatt über den Sattel laufen und nicht hängenbleiben. Weiter geht es mit den Hagstrom-Mechaniken im alten Baustil, die sich an beiden Seiten der Kopfplatte neidergelassen haben. Auch hier nichts Negatives, die 18:1-Übertragung funktioniert einwandfrei, es gibt keine Hänger beim Drehen oder tote Punkte. Die Kopfplatte selbst kommt in edlem Design mit Binding an der Kante und einem Perlmutt-Inlay in der Mitte, dem Schriftzug oben und der Abdeckplatte für den Halsstellstab unten. Die Kopfplatte ist etwas kleiner (18 cm hoch) als zum Beispiel die der Swede-Modelle (20 cm Höhe).
Jetzt aber ran an den Speck! Damit ihr die unterschiedlichen Gitarren aus dem Hagstrom-Testmarathon optimal vergleichen könnt, haben wir die Instrumente in verschiedenen Disziplinen getestet und auch die Hörbeispiele bei allen Gitarren mit denselben Amps und identischen Einstellungen aufgenommen.
Clean Wir beginnen wie immer mit den braven Sounds und hören uns die drei Pickup-Kombinationen über einen clean eingestellten Amp an, um einen Überblick über den Grundsound und Pegel der Gitarre zu erhalten. Grundsätzlich haben die Pickups schon gut Feuer, der Amp ist bei einer Clean-Einstellung schon fast am Limit – der Zerrsound schaut bereits um die Ecke. Der Hals-Pickup liefert einen sehr warmen Sound mit dicken Bässen, beim Steg hat man das Gefühl, dass der Pegel bei Clean-Sounds etwas nachlässt, was aber wohl eher daran liegt, dass hier weniger Bassanteile im Spiel sind und diese Kombination nicht so „fundamental“ aus den Speakern donnert. Wählt man beide Pickups in der mittleren Position des Pickup-Schalters, bekommt man einen schönen knackigen Zwischenpositions-Sound, mit dem man im Clean-Bereich gute Funky-Rhythms abfeuern kann.
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Clean 1Clean 2Clean 3
Crunch Der Amp wird gewechselt und es geht eine Spur „dreckiger“ zur Sache. Bei einem leicht angezerrten Amp-Sound liefert die Gitarre einen sehr brillanten Ton mit ausgesprochen vielen Klangfarben. Jedes Detail wird übertragen. Allein der Winkel des Picks beim Anschlag färbt schon den Ton – und so soll das auch sein! Eine transparente Tonwiedergabe also, mit der man natürlich extrem viel Persönlichkeit ins Spiel bringen kann. Der Halspickup hat ausreichend Höhen und klingt schön schmatzig, während der Steg-Pickup bei hartem Anschlag richtig bissig und aggressiv werden kann. Das ist aber in diesem Fall als positiv zu bewerten.
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Crunch 1Crunch 2
Bei gewissen Anschlägen stören allerdings die Pickup-Schrauben, die etwas aus den Tonabnehmern herausstehen. Schlägt man genau an dieser Stelle an, bleibt man ab und zu hängen. Sehr positiv fallen die Oberton-Eigenschaften auf: Zum einen kippt der Ton beim Ausklingen gerne mal (auf angenehme Art) in die Oktave, zum anderen spricht die Gitarre sehr gut auf Artificial Harmonics an, die mit dem Pick erzeugt werden.
Mid Gain Dank der leistungsstarken H-90 Pickups kann man der F200P auch ein typisches Powerchord-Brett entlocken. Das Nebengeräuschverhalten ist für diese Tonabnehmerkategorie recht gering. Was aber ein wenig nervt, ist das Mitschwingen der Tremolofedern, die besonders durch das tiefe E in Schwingung versetzt werden und dann in einem etwas höheren E mitschwingen. Ich weiß, ich bin jetzt extrem pingelig, denn auf der Bühne ist das nicht so dramatisch, aber im Studio kann man so etwas nicht gebrauchen. Ein Taschentuch in der Federkammer kann hier aber für Abhilfe sorgen. Die Verzerrung ist körnig mit ausreichend oberen Mitten. Die Höhen kommen hier stärker raus und klingen in diesem Zusammenhang schon leicht kratzig. Um dies zu glätten, müsste man am Amp die Höhen etwas zurücknehmen.
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Mid Gain
Dynamische Ansprache und Wiedergabe Um es vorwegzunehmen: Erstklassig! Die Dynamik ist einwandfrei. Man kann mit dem Anschlag (wenn es der verwendete Amp zulässt) die Verzerrung in vielen Stufen steuern. Im folgenden Beispiel habe ich bei jedem Durchgang des Riffs härter angeschlagen – und die Gitarre hat genau das an den Amp weitergegeben. Leise Töne werden nicht angehoben und laute Anschläge nicht durch die Pickups gedämpft. Entsprechend verändert sich der Verzerrungsgrad am Verstärker dynamisch.
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Dyna Pick
Regelweg des Volume-Potis Auch hier gibt es keine Beanstandungen. Der Ton ist bei einer Einstellung des Potis auf 3 fast clean, bei 10 gibt es das volle Brett, vorausgesetzt natürlich, dass der Amp entsprechend voreingestellt ist. Die Verzerrung steigt übrigens linear an. Man kann mit dem Volume-Poti die Zwischenstufen sehr feinfühlig steuern. Dem pingeligen Erbsenzähler fällt dennoch ein kleiner „Mangel“ auf: Die Regler sind recht schwergängig. Will man mit dem kleinen Finger der rechten Hand drehen oder Fade-Ins erzeugen, wird das schon extrem kraftaufwendig. Ich persönlich bevorzuge am Instrument etwas leichtgängigere Potis.
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Dyna Poti
Tone-Regler Der Tonregler senkt die Höhen ab ca. 2 kHz stark ab, sodass auch damit eine Vielfalt an Sounds erzeugt werden kann.
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Tone
Metal-Sound Metal- und Single-Coil-Gitarre ist schon fast ein Widerspruch in sich, aber die H-90 pfeffern ordnungsgemäß, und mit dem hohen Output lässt sich auch ein vernünftiger Metalsound zurechtschrauben. Allerdings ist diese Disziplin nicht die stärkste der F200P, denn bei hohem Gain und der entsprechenden Lautstärke auf der Bühne und im Proberaum hat man doch mit erhöhter Einstreuung über die Pickups zu kämpfen.
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Metal
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Die F200P überzeugt vor allem durch die sehr guten H-90 Pickups. Hier gibt es Dynamik und Klangübertragung in bester Qualität – optimale Voraussetzung, den persönlichen Stil perfekt über den Amp ans Publikum weiterzureichen. Optik und Bespielbarkeit des Instrumentes sind sehr gut, ab Werk sind Saitenlage und Halskrümmung perfekt eingestellt und dank des H-Expander-Halsstellstabs und dem starken Resinator-Holz auch bei Witterungs- und Temperatureinflüssen stabil. Die einzige Sache, die ich irgendwann austauschen oder modifizieren würde, sind die Tremolofedern, denn diese schwingen zu laut mit. Ansonsten hat man mit der F200P ein sehr gutes Instrument mit eigenem Charakter und gutem Ton, das sich besonders bei Crunch- und Mid-Gain-Sounds hervorhebt.
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