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Hagstrom Retroscape H III SB Test

Mitte der 20er Jahre gründete Albin Hagström seinen Betrieb in Älvdalen, einem Ort in der Provinz Dalarnas Iän. Wen es dorthin verschlägt, der hat die Gelegenheit, das Hagström-Museum zu besuchen, in dem Akkordeons und Gitarren aus der Firmengeschichte ausgestellt werden. Anfangs waren es nämlich tatsächlich vorwiegend Akkordeons, in den 40er Jahren kamen auch akustische Gitarren ins Sortiment. Ab 1958 bot man schließlich die ersten elektrischen Gitarren an. Und das nicht ohne Erfolg. Obwohl die Firma später weitestgehend in Vergessenheit geriet, gab es in den 60er und 70er Jahren viele berühmte Hagstrom-Spieler. Bei ABBA waren es vielleicht auch patriotische Gründe, aber auch David Bowie, Cat Stevens, Frank Zappa, Brian Ferry, Steve Hacket bevorzugten die schwedischen Instrumente.

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Es gibt sogar ein Foto, das Jimi Hendrix bei einer Studiosession mit dem Modell H8 zeigt, einem der ersten achtsaitigen Bässe. Damals präsentierte sich auch Elvis Presley bei seinem legendären Comeback im TV-Special von 1968 in Memphis mit der Hagstrom Viking II, die wie eine Adaption der ES 335 mit geschraubtem Fenderstyle-Hals aussah.
Unsere Testkandidatin, die Retroscape H III SB, hatte ihren Ursprung 1965, eine Double-Cut-Gitarre mit drei Singlecoil-Pickups und einer ausladenden Schaltergalerie.

Details

Der Hals

Bei der Neuauflage der Hagstrom H III hat man sich im Großen und Ganzen an den historischen Bauplänen orientiert. Im Gegensatz zum Urmodell ist der verschraubte Hals der Neuauflage allerdings mit einer kräftigen C-Form gesegnet. Das bringt nicht nur klangliche Vorteile mit sich, es dient auch der Stabilität. Apropos Stabilität: Die neuen Hagstrom-Gitarren verfügen über einen sogenannten H-Expander-Halsstab, der laut Hersteller nicht nur für eine große Festigkeit sorgt, sondern auch gleichzeitig sustainfördernd sein soll. Der Hals ist mit 22 modernen Medium-Jumbo-Bünden ausgestattet und besitzt ein 15″ Griffbrettradius – Bendings bis in die höchsten Lagen sind also problemlos möglich. Der Hals besteht aus Ahorn und ist mit einem aufgeleimten Griffbrett aus sogenanntem Resinator-Holz bestückt. Dabei handelt es sich um einzelne Schichten von Holzblättern, die unter Vakuumverschluss miteinander verleimt werden und eine erheblich höhere Dichte und Stabilität aufweisen sollen als übliches Tonholz. Der daraus resultierende Klang wird mit dem von Ebenholz verglichen. Die Mechaniken stammen aus eigenem Hause und arbeiten mit einer Übersetzung von 15:1. Sie sind leichtgängig und präzise, wobei auf dieses Instrument meiner Meinung nach eigentlich Locking Tuner gehören. An den Tuningproblemen, an denen in erster Linie das Tremolo schuld ist, ändert dann auch der schwarze GraphTech-Sattel nichts.

Fotostrecke: 5 Bilder 22 Bünde zieren den Ahornhals mit aufgeleimtem Resinatorholz-Griffbrett.

Der Korpus

Der Korpus der Hagstrom III erinnert wegen der beiden Hörner an eine Mischform aus SG und Stratocaster, wobei die Affinität zu Fender eindeutig überwiegt, denn die Gitarre ist wie die Vorlage aus den 60ern mit drei Singlecoils bestückt. Die Schaltung hat mit der einer Stratocaster jedoch nichts zu tun. Einzig der verchromte Buchsentopf erinnert an den kalifornischen Evergreen. Die elektronische Schaltung ist völlig eigenständig und für damalige Verhältnisse absolut außergewöhnlich.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Hagström Retroscape Modelle orientieren sich in Sound und Optik…

Neben einem einzelnen Poti für die Masterlautstärke gibt es hier sage und schreibe sieben Schalter. Oberhalb des Halstonabnehmers sitzt ein On-Off-Schalter, der die Gitarre bei Bedarf stummschaltet. Obwohl man das zwar auch mit dem Volumepoti machen könnte, hat man hier der Tradition Tribut gezollt und sich an die Vorlage aus dem vorherigen Jahrhundert gehalten. Die einzelnen Pickups lassen sich separat ein- bzw. ausschalten und auch hier kommt kein Mucks aus dem guten Stück, wenn sich alle Schalter in der OFF-Position befinden. Die drei verbleibenden Schalter aktivieren einen Basscut, einen Rhythmusmodus sowie eine massive Höhenbeschneidungen.

Fotostrecke: 7 Bilder Die Gitarre ist mit drei C-Spin Ceramic Single Coil Pickups bestückt.

Die gesamte Hardware ist verchromt und passt optisch sehr gut zur Sunburstlackierung. Die Saitenhalterung erinnert entfernt an eine Jazzmaster-Konstruktion. Hier kommt eine Roller-Bridge in Kombination mit einer Tremoloeinheit mit Messerkantenhalterung zum Einsatz. Der einsteckbare Tremoloarm kann mit einer Schraube fixiert werden.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Hagstrom Vintage Tremar Tremolo ist freischwebend eingestellt.
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Profilbild von Peter W.

Peter W. sagt:

#1 - 06.08.2023 um 21:38 Uhr

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Ich war neugierig auf die Gitarre,weil ich das alte Original aus den 1960er Jahren habe. Das Griffbrett ist griffiger und kräftiger als das Original und bis in hohe Lagen gut bespielbar.Elektronik ist wertig und funktioniert gut.Sounds sind fantastisch mit viel Twang und Knack in den Basssaiten und absolut brauchbar. Die Stimmung wird besser gehalten als bei so manchem namhafteren Hersteller auch dank Rollerbridge. Der ganz grosse Minuspunkt ist der Tremoloarm,der total schlackrig und wackelig ist .Die Halteschraube ist bei der Betätigung total überfordert und kann nicht dauerhaft fest arretiert werden. Der Saiten-und Federwiderstand sind konstruktionsbedingt hoch. Ich habe die Gitarre nur behalten da ich das Tremolo durch das alte ersetzen konnte.Die Originaltremolohalterung ist Schrott.Ich frag mich warum das keine Erwähnung im Review fand.

    Profilbild von Peter W.

    Peter W. sagt:

    #1.1 - 06.08.2023 um 21:50 Uhr

    0

    Weil ich es ein bisschen verwirrend geschrieben habe,das Tremolo aus der 60er Jahre Hagstrom ist am Tremoloarm und mit Schraube stabiler als von der Retroscape.Ich habe dies in die Retro eingebaut.

    Antwort auf #1 von Peter W.

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Mortadelo sagt:

#2 - 29.11.2023 um 11:42 Uhr

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Das mit dem Tremolo kann ich bestätigen, absolut suboptimal gelöst. Man kann den Tremoloarm allerdings schon arretieren. Dazu muss man minutenlang fummeln, bis man das Gewinde gefunden hat und dann kann man es mit einem 50cent Stück zudrehen. Da schlabbert zwar nichts wie oben erwähnt, aber der Jammerhaken ist absolut schwergängig und steht irgendwie immer im Weg. Macht keinen Spaß das Ding. Ansonsten ist die Gitarre, typisch Hagström, absolut genial und Top-Qualität. Wer Sixties-Sound mag, viel Twang und den entspr. Look mag, kann hier nichts falsch machen.

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