Anzeige

Erica Synths Black System III Test

Erica Synths war in den letzten pandemiebelasteten Monaten trotz aller Schwierigkeiten sehr aktiv und hat an neuen Modulen für Eurorack-Systeme gewerkelt. Den Black Sequencer, das neue Flaggschiff der schwarzen Modulreihe aus Lettland, haben wir bereits getestet. Er bildet auch das Kernstück des neuen Black System III, das nach dem ursprünglichen Black System nun in die dritte Runde geht. Mit seinem edelschwarzen Look, einem hochwertigen Case und einer gezielten Auswahl an Klangerzeugern, Modulationsquellen und Effekten ist es eine Komplettlösung für das Studio wie für Live-Performances – besonders für die Bereiche Techno und Ambient. Neben dem Black Sequencer sind noch weitere neue Erica Synths-Produkte mit an Bord, etwa der Black Joystick2 zur Hands-On-Parametermodulation. Welche Sounds mit dem modularen Synthesizer möglich sind und was sich mit ihnen musikalisch anstellen lässt, das haben wir in unserem Test mit großer Patchfreude herausgefunden.

Erica_Synths_Black_System_III_TEASER Bild
Erica Synths Black System III Test

Details

Fakten und Daten

Das Erica Synths Black System III ist ein Eurorack-System mit 16 Modulen in einem robusten Metallkoffer. Der ist mit Deckel 55 cm breit, 18 cm hoch und 30 cm tief. Die Breite entspricht in Eurorack-Maßen 2x 104 TE; verbaute Module können bis zu 65 mm tief sein. Die integrierten Erica Synths-Module sind in dem Case mit hochwertigem Tragegriff aus Gummi vormontiert und werden über das mitgelieferte Netzkabel mit Strom versorgt. 30 Patchkabel in unterschiedlichen Längen befinden sich ebenfalls im Lieferumfang. Das System erlaubt das Patchen mehrerer kompletter Synth-Stimmen und einzelne Elemente können bei Bedarf durch andere Module ersetzt werden. 

Fotostrecke: 5 Bilder Das Erica Synths Black System III in unterschiedlichen Ansichten: Von schräg links …,

Überblick: Die enthaltenen Module

Mit an Bord sind als ‚eigentliche’ Klangerzeuger drei Oszillatoren: Ein Black Wavetable VCO und zwei Black VCO2. Ihre Wellenformen können entweder mit dem Black Multimode VCF oder dem Black LPG (Low-Pass-Gate) gefiltert und dank zweier Black Quad VCA2 Module in der Lautstärke kontrolliert werden. 

Fotostrecke: 2 Bilder Insgesamt drei Oszillatoren sind Teil des Black System III.

Für Modulation stehen neben dem erwähnten Black Joystick2 noch ein Black EG Modul für Hüllkurven und der Black Modulator für LFOs und Co. bereit. Letzterer kann in Audiofrequenz schwingen und so eine vierte Klanggrundlage liefern. Effekte steuern am Ende der Signalkette(n) das Black Stereo Delay mit Endlos-Feedback für Karplus-Strong-Synthese und das Multieffekt-Modul Black Hole DSP2 bei. 
Tipp: Über die Parameter der insgesamt 24 Effekte des Black Hole DSP2 gibt die iOS-Synth Modes App einen konzisen Überblick – eine sehr nützliche Anschaffung, auch für die Nutzung anderer Module, etwa von Expert Sleepers oder Make Noise.

04_Black_System_DSP2 Bild
Das Erica Synths Black Hole DSP2 bietet insgesamt 24 Effekttypen.

Gesteuert wird das komplette Klangarsenal wie erwähnt vom Black Sequencer. Das Resultat wird über das Black Output Modul mit Line-Pegel in Stereo an Mischpulte oder Interfaces und über einen separaten Ausgang an Kopfhörer ausgegeben. Komplettiert wird das System vom Black Mixer/Splitter und den Black CV Tools zur gezielten Verarbeitung von Audio und Steuerspannungen.

Layout: Wo findet man was?

Ausgenommen vom Black Hole DSP2 sitzen die Audiomodule in der oberen Reihe – vom Oszillator über das Filter bis hin zum Delay-Effekt und schließlich dem Line-Ausgang. So kommen sich Patchkabel tendenziell weniger in die Quere und die Modulationsquellen, vor allem der Joystick unten links sowie der Sequenzer sind gut zugänglich. Auch die beiden Quad VCAs zur Amplitudensteuerung sind intelligent auf beide Reihen verteilt. So kann es problemlos wilder werden, was das Modulieren angeht.

05_Black_System_III_unpatched Bild
Die Module des Erica Synths Black System III sind sehr intelligent angeordnet.

MIDI und Clock

Externe MIDI-Steuerung des Systems macht ebenfalls der Black Sequencer möglich, in dessen Lieferumfang ein entsprechender Adapter beiliegt. Er bestimmt in der Regel auch die Clock der Patches, die über das „Mix/Split“-Modul in derselben Reihe vervielfacht werden kann. 

Fotostrecke: 2 Bilder Der Black Sequencer im Black System III übernimmt viele Aufgaben, darunter auch die externe MIDI-Steuerung des Systems und die Clock der Patches.

Und was hat das Black System III nicht zu bieten? Nun, einiges, so fehlen Sample-Player und Drum-Module, welche Erica Synths in deren zweiten großen System, dem Techno System, untergebracht hat. Statt auf einen komplexen Oszillator im Buchla-Stil plus Wavefolder setzt Erica Synths auf die Flexibilität dreier einzelner Oszillatoren – und damit speziell auf die digitale Synthese des Wavetable VCO. Basteln lässt sich ein Complex Oscillator (ohne Waveshaper) bei Bedarf immer noch mit den beiden analogen VCOs. Ebenso sucht man beliebte Utility-Module wie Clock Divider oder Switches vergebens, und das, obwohl das Case sogar im Vergleich mit seinem Vorgänger etwas breiter geworden ist.
Der Grund für die ‚Einschränkungen‘ wird bei der Verwendung aber glücklicherweise schnell verständlich: Das Black System III ist komplett auf kreatives, polyphones Sounddesign und die fixe Generierung interessanter melodischer Sequenzen zugeschnitten. Für eine vollständige Performance mit ihm braucht es natürlich noch externe Drummachines oder andere Gerätschaften, dann wird das Black System III der Star jeder Show.

Anzeige

Praxis

Klang: Viel Bass – und noch mehr Biss

Was man Beim Patchen des Black System III gleich feststellen kann ist der mit herausragender Bauqualität gepaarte Sound der Klangquellen. Die zwei Black VCO2s mit ihren integrierten Pulsbreiten- oder (Super-)Saw-Modulationsoptionen klingen alleine schon richtig fett. Wird der Wavetable VCO mit seinen kreischenden Wellenbänken hinzugemischt, setzt sich das System in jedem Mix problemlos durch. Das analoge Multimode-Filter mit Drive-Schaltkreis kann das Signal saturieren, aber auch weicher erklingen lassen, was es sehr flexibel macht.

Audio Samples
0:00
Analoge FM und Bandpassfilter

Die weiteren Möglichkeiten zur Artikulation von Modulationssignalen und Sequenzen liegen im Low Pass Gate und dem Hüllkurven-Generator. Letzterer ist leider der einzige seiner Art im Black System III. Wer mehr Envelopes als die eine ADSR-Hüllkurve und ihre invertierte Fassung will, muss welche über den Black Sequenzer generieren, was etwas umständlich sein kann, dafür dann aber speicherbar ist. Ein Nachteil birgt in der Modularwelt oft einen Vorteil an anderer Stelle.

06_Black_System_III_EG_LPG Bild

Hinter Filter und VCA kommen in ‚klassischen‘ Patches mit dem Black System III noch die beiden Stereo-Effekte zum Einsatz. Beide sind digital: Das Black Stereo Delay und der digitale Multieffekt Black Hole DSP2. Letzterer macht vor allem als Reverb Eindruck (unbedingt das Programm 15 ausprobieren!), bietet aber auch ordentliche Verzerrungen, da dessen Sample-Rate reduziert werden und alle Parameter – drei pro Effekt-Algorithmus – moduliert werden können. In den Mixer geschickt, kann man die Ergebnisse im Stereofeld verteilen. Das Black System III ermöglicht so alles, angefangen bei fetten Mono-Bässen im klassischen subtraktiven Stil bis hin zu hin- und herfliegenden Stereo-Leads mit komplexer Modulation.

Audio Samples
0:00
Black Hole DSP2 Crush-Effekt

Alles in Bewegung

Bewegung ist übrigens das Stichwort für das zweite große Qualitätsmerkmal des Systems: Es verfügt über eine sehr ausgewogene Balance aus Klangerzeugung und Modulation. Es gibt in diesem Bereich, wie bei den Oszillatoren, eine klare Arbeitsteilung: Der Black Sequencer ist mit seinen vier Modulationsspuren, die er neben seinen vier Melodie-Tracks bietet, für rhythmische Modulation und Hüllkurven zuständig. Nutzt man daneben noch den Black Joystick und den Black Modulator – der für Texturen auch Rauschen ausgibt – ist parallel freiere Klangbewegung drin. Und: Beide Modulationsarten lassen sich dank der Quad VCAs und der CV Tools für Abschwächung und Offset leicht steuern und kombinieren. 

Erica_Synths_Black_System_III_015_FIN Bild

Konstruktive Lösungen für den Live-Einsatz

Viele weitere Vorzüge liegen darüber hinaus im Detail. So sind die wichtigsten Drehgeber für Performances (Filter-Cutoff, Delay-Zeit, Modulator-Geschwindigkeit etc.) größer und dadurch einfacher zu drehen. Außerdem werden beim Patchen schnell ‚Modul-Paarungen‘ offenbar, die passend horizontal oder vertikal positioniert sind. Für rhythmische Effektmodulationen liegen etwa die Mod-Ausgänge des Black Sequencers und die vielen CV-Eingänge des Black Stereo Delays schön eng beieinander. Auch die direkt übereinander angeordneten Oszillator- und Joystick-Module ergeben eine schöne Kombination: Wer will nicht gern mit einer fließenden Handbewegung sowohl durch Wavetables morphen als auch analoge Pulsbreitenmodulation durchführen? Nur stört es beim Patchen öfters, dass dem Case wenige kurze Kabel beigelegt sind. Auf ein paar der ultralangen Strippen, die deutlich länger sind als das Black System III breit ist, hätte Erica Synths hingegen gut verzichten können.

Audio Samples
0:00
Sequenz mit PWM

Für Performances bietet das Black System III dennoch eine ideale Mischung aus Speicherbarkeit und Unberechenbarkeit. Man kann nahezu endlos viele Sequenzen oder gar ganze Songs auf dem Black Sequencer sichern und Modulationspattern mit dem Joystick für später aufzeichnen. Ebenso behält der Black Hole DSP den zuletzt aktivierten Effekt und seine Einstellungen auch nach dem Ausschalten für das nächste Mal im digitalen Kopf. 

07_Black_System_III_schraeg Bild

Und es ist ein Klacks, Sequenzen mit neuen Kombinationen aus Klangerzeugern und Modulationssignalen aufzufrischen. Einfach einen neuen Wavetable am Black Wavetable VCO einstellen, die Oszillatoren mit dem nützlichen Oktavschalter anders justieren und den Modulator-Sync (de-)aktivieren – schon entsteht ein neuer Sound. Das hilft beim Generieren neuer musikalischer Ideen, insbesondere zusammen mit der spaßigen „Magic“-Funktion des Black Sequencers, die einzelne Parameter des aktiven Patterns einmal durch die Mangel nimmt.

Erica_Synths_Black_System_III_032_FIN Bild

Einzelhighlights: Das Stereo Delay und der Joystick

Ich selbst habe mich beim Testen des Systems vor allem in zwei Module verguckt. Von einem hätte ich das kaum erwartet, vom Stereo Delay. Es erschien mir zunächst als viel zu groß für das, was es kann. Falsch gedacht: Es steckt mehr in diesem Teil, als die Frontplatte vermuten lässt. Nicht nur lassen sich mit den beiden Modi („Digital“ oder „Tape“) einzigartige Delaylinien erzeugen, es hat auch noch ein enorm musikalisches Feedback. In dieser Kategorie nimmt es das Black Stereo Delay sogar mit meinem bisherigen Favoriten auf, dem Make Noise Mimeophon. Moduliert man das Erica-Effektgerät gekonnt, sind allein mit diesem Modul komplexe Texturen aus Karplus-Strong-Sounds, rauschendem Feedback und trockenen Eingangssignalen drin. Mit der Möglichkeit, über die Buttons „Hold“ und „Add“ mehrere Sounds nacheinander in den Delaybuffer zu schieben, wird es sogar zu einem Pseudo-Looper, der live ideal für Breaks und Drops ist, wenn man denn in Techno zu Hause ist.

08_Black_System_III_Delay Bild

Für den Black Joystick, meinen zweiten Favoriten, gilt auch, dass er deutlich mehr Funktionen ermöglicht, als sein Panel zunächst verrät. Dafür muss man sich zwar ein paar Tastenkombinationen merken – Handbuch lesen! –, dafür können seine vier Kanäle anschließend so gut wie alles: Der Joystick kann für manuelle Gates, als Drone-Oszillator, Sample & Hold oder FM-Modulator genutzt werden. Jeder Patch, der von ihm ausgeht, wird garantiert einzigartig – wie man in den letzten beiden Klangbeispielen gut hört.

09_Black_System_III_Joystick Bild
Audio Samples
0:00
Wavetable-Morphing via Joystick Wavetable VCO + Black Stereo Delay

Erica Synths Black System III Sound Demo (no talking)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Anzeige

Fazit

Der Name Erica Synths steht für Top-Qualität. Das Black System III zeigt keine Schwachstelle, alle Module finden in Patches immer ihren Platz. Mit drei Oszillatoren und einem speicherbaren Sequenzer mit vier Spuren sind abwechslungsreiche und rekonstruierbare Live-Performances kein Problem. Das wertige Case mit festsitzendem Deckel und robuster Ummantelung macht in dieser Hinsicht direkt nach dem Auspacken klar: Mich kann man überall hin mitnehmen, ich gehe nicht kaputt. Im Studio macht das System auch eine tolle Figur. Es kommen dort vor allem die beiden hervorragenden Effekte zur Geltung, das Black Hole DSP2 und das Black Stereo Delay. Einzig die Notwendigkeit von insgesamt acht VCAs erschloss sich uns in diesem Fall nur bedingt. Natürlich sind sie für polyphone Patches brauchbar, dennoch fanden sich selten genug Steuerspannungen für sie. Entweder fehlte es an Eingangs- oder an Modulationssignalen – da es ja nur ein Hüllkurven- und ein LFO-Modul gibt.
Das jedoch ist Meckern auf sehr hohem Niveau bei einem Eurorack-System, das auf so engem Raum subtraktive, Wavetable-, FM-, AM- und Karplus-Strong-Synthese plus Dynamikmodulation im West- wie Eastcoast-Stil bietet. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass es alles direkt auf Line-Level bringt und sich auch mit Kopfhörern nutzen lässt. Natürlich hat das alles einen stolzen Preis, der gegenüber dem Preis einzelner Module leider nur knapp 250 Euro niedriger ist. Da will man ungern Kompromisse machen müssen, was sich allerdings nicht vermeiden lässt. Aber wem eines der verbauten Module nach einigen Wochen oder Monaten nicht passt, der hat ja immer die Option, es auszutauschen. Ob es dann jedoch noch Sinn ergibt, ein Komplettsystem eines bestimmten Herstellers zu erwerben, muss jeder selbst entscheiden. Was wir aber sicher sagen können ist: Erica Synths hat eine klare Sound-, Design- und Musikphilosophie – und das Black System III ist deren bislang eindrucksvollste Manifestation. Daher gibt es auch die volle Punktzahl: fünf von fünf Sternen.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Flexibles Eurorack-System für alle Genres
  • Kreativ einsetzbare Effektmodule
  • Hochwertige Verarbeitung
  • Robustes und Tour-fähiges Case
Contra
  • Keins
Artikelbild
Erica Synths Black System III Test
Für 4.479,00€ bei
Erica_Synths_Black_System_III_TEASER Bild
Erica Synths Black System III Test
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.