In Worms, einem beschaulichen Städtchen am Rhein, ist der Tube Amp Doctor ansässig. Gerade bei den Liebhabern von Röhrenamps und Gitarristen, die gerne an Röhrenamps herumschrauben, ist der Name Tube Amp Doctor ein Begriff. Hier gibt es alles, was das Amp-Bastler-Herz begehrt: Röhren, Amp-Bausätze und vieles mehr. Wer jetzt an billige Hobbythek-Bausätze und -Bauteile denkt, der liegt allerdings komplett daneben, denn hier findet das Gegenteil statt. Was beim Tube Amp Doctor über den Ladentisch wandert, hat durchweg Boutique-Status.
Neben den Bausätzen für Amps und Boxen werden auch ein paar fertige Teile angeboten, darunter ein Power Soak mit dem Namen Silencer. Der steht zum Test bereit und wir werden prüfen, ob er seinen Namen mit Recht und Würde trägt.
Gehäuse/Optik Der Silencer kommt in einem mit schwarzem Vinyl überzogenen Holzgehäuse, bei dem auf der Oberseite Kühlrippen zur Wärmeabfuhr angebracht sind. Das Chassis besteht aus schwarzem Stahlblech mit Bedienelementen auf der Vorder- und Anschlüssen auf der Rückseite. Der Silencer steht rutschfest auf vier Gummifüßen und macht auch sonst einen sehr robusten Eindruck – für den harten Einsatz auf der Bühne sehe ich keine Probleme.
Vorderseite Die Front ist mit zwei Chickenhead-Reglern ausgestattet, wobei der linke als Drehschalter ausgeführt ist, mit dem man die Leistungsreduktion einstellen kann. Die Absenkung der Lautstärke geschieht dort in zehn verschiedenen Schritten. Bei Full wird die normale Ampleistung abgegeben, das Signal wird nicht beeinflusst. Bei der gegenüberliegenden Einstellung Load ist das Gegenteil der Fall, es wird nichts mehr herausgegeben, der Silencer arbeitet jetzt als Lastwiderstand und ein Amp kann damit gefahrlos ohne Box betrieben werden. Dazwischen befinden sich acht Stufen der Leistungsreduktion von -2 bis -16 dB. Es geht natürlich noch leiser, denn bei der Einstellung -16 ist der Fine-Regler aktiv, mit dem sich die Leistung noch weiter drosseln lässt, und zwar stufenlos. Das ist eine sehr sinnvolle und komfortable Regelmöglichkeit, mit der man wirklich absolut akkurat die Lautstärke des Amps einstellen kann. Aber es warten noch einige Fein-Einstellmöglichkeiten. Zwei kleine Dreifachschalter sorgen für Bite (Anhebung der hohen Frequenzen) und Punch (Anhebung der tiefen Frequenzen). Sind diese Schalter in der mittleren Position, wird der Klang nicht beeinflusst, bei Bite werden in der unteren Stellung (Low) nur die Höhen angehoben. In der oberen Position (High) werden die Höhen und die oberen Mitten geboostet. Beim Punch-Schalter ist das ähnlich, hier werden in der Stellung Low nur die Bässe angehoben, in der Position High Bässe und tiefen Mitten. Damit auch nichts anbrennen kann, gibt es auf der Vorderseite des Silencers eine kleine rote LED, die dann leuchtet, wenn die Maximalleistung erreicht ist. Bei der 2Ω Version ist das bei 75 Watt, die restlichen vertragen 150 Watt. Das sollte prinzipiell ausreichen.
Rückseite Sämtliche Anschlüsse finden wir auf der Rückseite. Links ist der Eingang, der mit dem Speaker-Ausgang des Amps verbunden wird. Außerdem zwei Lautsprecherausgänge, deren Gesamtimpedanz mit der jeweiligen Version des Silencers übereinstimmen muss. Auf der rechten Seite gibt es weitere Ausgänge, nämlich einen regelbaren Line-Out zum Ansteuern von Effektgeräten oder zusätzlichen Endstufen und einen F.A.N.T.A. (Frequency Adapted Natural Tone Accessory) Out, also einen frequenzkorrigierten Ausgang. Hier kann man über die symmetrische XLR-Buchse ein Mischpult direkt ansteuern. Die Einstellungen von Bite und Punch haben auf dieses Signal keine Auswirkung.
Jetzt geht es ans Eingemachte, zuerst muss der Silencer in der Recording-Disziplin zeigen, was er kann. Oft ist es einfach nicht möglich, einen Amp im Aufnahmeraum voll aufzudrehen, weil vielleicht keine vollständige Isolation möglich ist oder beim Rest der Mannschaft eine dreistündige Recording-Session mit brüllendem Marshall nicht unbedingt zu den unverzichtbaren Highlights gehört.
Power Soak Folgendes Equipment ist in dieser Signalfolge für den Test am Start:
Gitarre
Amp
Silencer
Speaker
Mikrofon
Rec. Preamp
Gibson SG
Marshall SLP 100
–
Marshall 4×12 mit Greenbacks
CAD E-100
Neve 8801
Ich habe für diesen Test die übliche Aufnahmesituation gewählt, bei der sich Gitarrist und Topteil im Regieraum befinden und die Box gut isoliert im Aufnahmeraum steht, damit man über die Lautsprecher der Regie ausschließlich den Recording-Sound hört. Der Marshall besitzt kein Master Volume und liefert satte 100 Watt, das bedeutet, dass ein normal verzerrter Sound erst dann erreicht wird, wenn die Lautstärke schon sehr hoch ist. Ich habe den Volume-Regler des Amps auf 15 Uhr eingestellt und im Aufnahmeraum in einem Meter Abstand von der Box einen Schallpegel von 100 dB gemessen. Geht man etwas zurück, wird es unwesentlich leiser. Hier ist natürlich ein Power Soak wie der Silencer vonnöten. Zu allererst hören wir genau hin, ob allein der Anschluss des Silencers einen wesentlichen Klangunterschied bewirkt, zumal dabei ja schon in der Full-Einstellung das Signal umgeleitet wird – mal schauen, ob es auch tatsächlich so ist. Das Ergebnis, zuerst ohne, dann mit Silencer im Full-Modus.
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No SilencerSilencer
Den Klangunterschied kann man als verschwindend gering bezeichnen. Was sich jetzt aber schon stark bemerkbar macht, ist das Geräusch des Lüfters, der immer dann aktiv wird, wenn man spielt. Bei einer etwas höheren Abhörlautstärke, die man ja als Gitarrist beim Einspielen benötigt (ich zumindest), fällt das weniger ins Gewicht. Auf der Bühne wird das im Bandgefüge überhaupt nicht wahrgenommen.
Wichtig ist natürlich, dass sich der Klang beim Reduzieren der Lautstärke nicht grundlegend verändert, und das wollen wir uns jetzt etwas genauer anschauen. Ich habe dasselbe Riff immer mit unterschiedlichen Einstellungen am Silencer aufgenommen. Der Amp blieb unverändert und den fehlenden Pegel habe ich mit Nachregeln am Gainregler des Recording-Preamps ausgeglichen. Hier ist das Ergebnis aller möglichen Absenkungsstufen.
Je höher die Reduktion, desto stärker ist ein Soundunterschied hörbar. Dieser hält sich jedoch meiner Meinung nach in einem absolut erträglichen Rahmen und sollte auf keinen Fall negativ bewertet werden.
Man kann aber beim Silencer den Sound auch noch etwas aufpeppen. Gerade bei den hohen Reduktionseinstellungen gehen etwas Höhen verloren und er verliert durch die reduzierte Lautstärke auch an Druck. Dem kann man entgegenwirken, indem man die Höhen, Mitten und Bässe mit den Punch- und Bite-Schaltern bearbeitet.
Zum Vergleich hört ihr zuerst das Originalsignal mit einer Dämpfung von -12dB, dann einmal den Bite Regler in Low-, dann in High-Position.
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– 12 dB Normal– 12 dB Bite Low– 12 dB Bite High
Hier lässt sich schon der Sound etwas spitzer gestalten, mir persönlich gefällt die Variante High am besten, weil da auch noch ein Schuss obere Mitten hinzukommt. Der Klang ist homogener und durchsetzungsfähiger.
Wenn man jetzt noch etwas Druck von unten benötigt, kann man den Punch-Regler auf Low einstellen. Jetzt werden die tiefen Bässe geboostet, der Klang erhält mehr Macht. Hier die Kombination Bite-High und Punch-Low.
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Bite & Punch
Der -16 Modus lässt sich zusätzlich mit dem Fine Regler nachjustieren und den großen Krawallkasten aus England auf Radioweckerlautstärke reduzieren. Und so klingt es, wenn der Fine-Regler auf 9 Uhr steht.
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– 16 dB Fine
Klar, im Vergleich zum voll aufgedrehten Amp hat man hier Klangeinbußen, aber ohne den Silencer wäre ein solcher Sound bei dieser geringen Lautstärke nicht machbar – der Soundunterschied bleibt absolut im Rahmen. Ein solcher Klang ist im Mix immer noch besser zu bearbeiten als mancher mit Speaker Simulator. Speaker Simulator Wo wir gerade dabei sind, ein Speaker Simulator mit dem wunderbaren Namen F.A.N.T.A. ist auch an Bord. Auch der wird selbstverständlich unter die Lupe genommen. Der Lautsprecher-Box (und den Nachbarn) habe ich für diesen Vorgang mal eine Ruhepause gegönnt, es geht vom Silencer direkt in den Recording-Preamp und dann auf die Festplatte. So sieht der Signalweg jetzt aus:
Gitarre
Amp
Silencer
Rec. Preamp
Gibson SG
Marshall SLP 100
über F.A.N.T.A. Out
Neve 8801
Das Signal am Speakersimulator-Ausgang kann nicht mehr im Klang beeinflusst werden, Bite und Punch reagieren hier nicht. Ihr hört zum direkten Vergleich zuerst das Signal mit dem Mikrofon abgenommen und dann das Gleiche über den Speakersimulator-Ausgang.
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MicFANTA
Der frequenzkorrigierte Klang ist etwas dumpfer, die Höhen werden ab 4 kHz recht linear abgeschnitten. Allerdings muss man dazu sagen, dass ja auch jedes Mikrofon anders klingt, daher sollte man den Vergleich auch nicht absolut sehen. Auf jeden Fall ist der Sound für Aufnahmen und Bühne brauchbar, mit einem zusätzlichen EQ kann das Ganze dann noch etwas aufgewertet werden.
Der Silencer kann aus einem Elefanten eine Mücke machen, vor der man trotzdem noch großen Respekt haben sollte. Sehr feinfühlig lässt sich der Leistungspegel eines Amps reduzieren, ohne dass dabei große Soundverluste zu befürchten sind. Ganz normal ist, dass beim Herunterpegeln immer etwas Dynamik verloren geht, aber ein voll aufgedrehter 100-Watt-Amp kann noch in Zimmerlautstärke mit guter Verzerrung und einem guten Spielgefühl bearbeitet werden. Der Klang lässt sich mit den beiden Schaltern Bite und Punch gerade bei höherer Reduktion noch etwas im Detail korrigieren. Die Bedienung über die beiden Regler auf der Vorderseite ist sehr ansprechend gelöst und der Speakersimulator erzeugt einen brauchbaren Recordingsound. Die Ausstattung mit einem regelbaren Line-Ausgang und der Möglichkeit, zwei Boxen anzuschließen, kann ebenfalls punkten, lediglich bei extrem leisen Wohnzimmersounds stört das Lüftergeräusch ein wenig. Ansonsten kann ich den Silencer als Power Soak absolut empfehlen.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Bedienung
Sehr genaue Einstellung der Leistungsreduktion
Sound
Anschluss von zwei Boxen möglich
Load-Funktion – Der Amp kann auch ohne Box betrieben werden
Also für fast 400.-€ bekommt man schon einen guten kleinen Studioamp ! Den kann man auch noch mit dem Preampout an den Marshall als Booster hängen...klingt besser als jede Loadbox.Oder gleich den PALMER PDI-03L8 - kostet auch nicht mehr...))
Ich habe das Teil seit 3,5 Jahren an einem 2205 in Betrieb. Der Master ist immer voll auf. Der Amp kann endlich mal atmen. Es ist einfach göttlich das Teil und jeden Cent Wert. Den Lüfter habe ich aber erst vor ca. 2 Monaten zu Hause das erste mal wahrgenommen.
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Sebastian sagt:
#1 - 25.06.2011 um 23:46 Uhr
Super ausführlicher Test. Großartiger Artikel!
Volker sagt:
#2 - 01.11.2011 um 21:04 Uhr
dem schließe ich mich an, klasse Hörbeispiele, vielen Dank!
audiolandstudio sagt:
#3 - 07.12.2011 um 00:21 Uhr
Also für fast 400.-€ bekommt man schon einen guten kleinen Studioamp ! Den kann man auch noch mit dem Preampout an den Marshall als Booster hängen...klingt besser als jede Loadbox.Oder gleich den PALMER PDI-03L8 -
kostet auch nicht mehr...))
stephan sagt:
#4 - 20.04.2012 um 16:57 Uhr
Großartiger Test. Damit kann man wirklich mal was anfangen. In Zeiten des online-shoppings eine echte Entscheidungshilfe.
martin sagt:
#5 - 07.07.2014 um 00:16 Uhr
Ich habe das Teil seit 3,5 Jahren an einem 2205 in Betrieb. Der Master ist immer voll auf. Der Amp kann endlich mal atmen. Es ist einfach göttlich das Teil und jeden Cent Wert. Den Lüfter habe ich aber erst vor ca. 2 Monaten zu Hause das erste mal wahrgenommen.