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Traynor K4 Test

Auch wenn der verwendete Amp für die meisten Keyboarder in Bezug auf ihren Sound kaum eine Rolle spielen dürfte, bleibt das Thema Verstärkung dennoch ein Zentrales. Allerdings ist der Griff zum reinrassigen Keyboard-Amp dabei nicht zwingend notwendig, denn die Alternativen sind heutzutage vielfältig. Mit ihrer K-Serie schickt die kanadische Firma Traynor reinrassige Keyboard-Amps ins Rennen um die Gunst der „Tastateure“. Sie sehen auffallend gut aus, klingen amtlich und scheinen so nach Höherem zu streben, als nach einer unscheinbaren Rolle im Bühnenhintergrund. Und der von uns getestete K4 ist der König dieser Serie.

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Ginge es darum, eine Wunschliste für den idealen Keyboard-Amp zu formulieren, wäre der Bedarf an Notizpapier überschaubar. Gut klingen soll das Gerät, mit einem möglichst linearen Klangbild und einer guten Durchsetzungskraft auf der Bühne. Gerne darf es auch untenrum richtig drücken, damit z. B. fette Synth-Sounds zu ihrem Recht kommen. Sehr wesentlich sind weiterhin vielfältige, gut durchdachte Anschlussmöglichkeiten, die im besten Fall die Verwendung eines Mischpults überflüssig machen. Gutes Aussehen und solide Verarbeitung stehen natürlich immer auf dem Zettel, während gerade bei Keyboard-Amps auch danach gefragt werden muss, wie flexibel sie sich auf der Bühne positionieren lassen.Eher dünn mit Bleistift zu notieren wäre wohl eine Effektsektion. Zwar mag einem diese in Spezialsituationen gute Dienste erweisen – beispielsweise wenn der Amp auch zur Gesangsverstärkung herhalten muss -in der Regel aber sind Keyboards mit reichlich Effekten ausgestattet oder man greift ohnehin lieber zu spezialisiertem Equipment um Chorus, Reverb o. ä. zu produzieren.Wie bei allen Geräten, die von Gig zu Gig bewegt werden müssen, spielt gerade bei Amps auch das Gewicht eine Rolle. Hier zählt der gute Kompromiss zwischen durchschlagendem Sound und rückenkompatibler Dimensionierung.Insbesondere beim Thema Anschlussmöglichkeiten muss sich ein spezialisierter Keyboard-Amp gegenüber den Alternativen profilieren. Geht es ausschließlich um den Sound, machen aktive P.A.-Boxen und erstaunlicherweise auch diverse Bass-Combos ebenfalls eine sehr gute Figur.

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Details

Bei den äußeren Werten sammeln die Kanadier gleich heftig Punkte. K1, K2 und K4 überzeugen gleichermaßen mit einem deftigen Mehrschichtholz-Gehäuse, soliden Metallecken, stabilen, eingelassenen Tragegriffen und dicken Gummifüßen. Die Lautsprecher liegen geschützt hinter einem robust anmutenden, leicht nach außen gewölbten Gitter. Das Bedienpanel überzeugt mit einem aufgeräumten Design und einer zur gesamten Erscheinung passenden Metalloptik. Viele Gedanken scheint man im Hause Traynor darauf verwendet zu haben, welche Anforderungen die Positionierung auf der Bühne an einen Keyboard-Amp stellen könnte. Mit einer angeschrägten Rückseite und Gummifüßen unten und seitlich lässt sich der K4 horizontal, vertikal und als Wedge aufstellen. Sehr gut.

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Die Lautsprecherkonfiguration des K4, des größten Amps der Serie, bietet im Mitten- und Höhenbereich eine echte Stereo-Abbildung. Hierbei werden zwei Paare von 4,5″- und 2,5″-Speakern von jeweils einem 50-Watt-Verstärker angetrieben, während ein 200-Watt-Amp an einem 12″-Speaker für die (mono-summierten) Bässe sorgt. Bei der Erschließung der Möglichkeiten, die der K4 bietet, ist die in Englisch und Französisch vorliegende Bedienungsanleitung leider nur sehr beschränkt behilflich. Sie begnügt sich mit kurzen Stichworten zu den Anschlüssen und Reglern und zwingt den Anwender ansonsten dazu, sich die Details mühsam aus einem werbetextartigen Vorspann zusammenzuklauben. Manches ist schlichtweg gar nicht zu finden. Unschön.
Sehr offensichtlich ist allerdings, dass der K4 im Gegensatz zum kleinsten Amp der Serie, dem K1, beim Thema Anschlüsse keine Fragen offen lässt. Gleich 4 Kanäle sind im Angebot, wobei sich die Nummern 1 bis 3 auf der Frontseite befinden, während Channel 4 mit zwei 6,5 mm Klinkenbuchsen und einem Gain-Regler ausgestattet auf der Rückseite residiert. Er dient allerdings auch nur als Monitor-Input, sodass diese Positionierung absolut Sinn macht.

Fotostrecke: 2 Bilder Anschlüsse vorne

Prunkstück bei den Inputs ist Channel 1. Er bietet gleich zwei Stereo-Eingänge mit jeweils zwei 6,5 mm Klinken. Gain, Bässe, Mitten und Höhen sind regelbar. Für Aufsehen sorgt ein kleiner Wechselschalter mit den Beschriftungen “Solid-State” und “Twin-Tube”. Mit ihm lässt sich der Signalfluss von Channel 1 zwischen einer normalen Transistorschaltung und Röhre umschalten. Letzteres bringt die beiden 12AX7-Röhren ins Spiel, welche in der linken Ecke des Bedienpanels hinter Lüftungsschlitzen aufleuchten. Ein “Lead”-Schalter erfüllt bei Channel 1 die Funktion eines Boosters, und der “Overdrive”-Regler tut das, was seine Bezeichnung verspricht- er regelt nämlich den Grad der Verzerrung.

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Wie erwähnt, lässt einen die Bedienungsanleitung leider ziemlich im Stich, sodass man sich die Funktionsweisen der Regel zum Teil zusammenreimen muss. Dies gilt besonders für einen Wahlschalter mit der Beschriftung “Voicing”. Hierzu hilft uns das Manual mit der vielsagenden Beschreibung “A 5-position voicing selector (Bypass, Studio, Live, Piano, Organ)”. Na, vielen Dank. Offenbar sind damit verschiedene EQ-Presets gemeint. Mehr muss die Praxis zeigen.
Channel 2 verfügt ebenfalls über Regler für Gain, Bässe, Mitten und Höhen. Neben einem Stereopaar 6,5 mm Klinken bietet er auch einen symmetrischen XLR-Eingang. Channel 3 schließlich verzichtet auf einen EQ, akzeptiert neben 6,5 mm Klinke aber auch Cinch – jeweils natürlich in Stereoausführung.

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Neben den Gains der einzelnen Kanäle lässt sich auch die Gesamtlautstärke des Amps regeln. Die Ausgänge des K4 erfüllen, rückseitig gelegen, alle Wünsche. Besonders erfreulich der sogar in XLR ausgeführte Stereo-Line-Out. Weiterhin stehen ein Kopfhörerausgang und eine 6,5-mm-Klinke als Subwoofer Out zur Verfügung. (Der Subwoofer Out liefert allerdings nicht, wie man vermuten würde, ein frequenzmäßig eingeschränktes Signal, sondern praktisch die Mono-Version des Line Out). In Verbindung mit einem Groundlift-Schalter bietet einem diese Konfiguration für die Bühne wirklich alle Möglichkeiten. Schließlich lässt sich auf der Rückseite des K4 ein Fußschalter anschließen, der, ähnlich wie bei Gitarren-Amps, den Booster/Overdrive von Channel 1 ein- und ausschaltet.

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Praxis

Mit seinen 22,7 kg Gewicht gehört der K4 sicherlich nicht zu den Tragefavoriten im Keyboard-Setup. Allerdings lässt er sich, dank der zwei hervorragenden Tragegriffe, dennoch ganz gut handhaben. Ob einem der “schwere” Sound jedoch einen entsprechenden Körpereinsatz wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Für meinen Geschmack bewegt sich der Amp vom Gewicht her an der Obergrenze des Akzeptablen.
Insgesamt ist die Verarbeitung wirklich sehr gut. Man hat sofort das Gefühl, wertiges Equipment in Händen zu halten. Leider gibt es aber doch einen Makel: Die optisch akzeptablen Plastik-Potikappen sitzen teilweise etwas locker und schleifen bisweilen sogar beim Drehen über die Oberfläche des Panels. Auch wenn die Funktion davon nicht groß beeinträchtigt wird, fühlt sich das leider doch etwas billig an. Hier sollte Traynor unbedingt nachbessern – schließlich sind die Amps relativ hochpreisig.
Der Sound des K4 ist schnell beschrieben: Hervorragend. Vor allem überzeugt der Amp durch eine ziemlich ungefärbte, druckvoll-direkte Wiedergabe – genau das, was man sich von einem Keyboard-Amp wünscht. Dabei klingt der K4 keineswegs steril. Irgendwie vollbringt er das Kunststück, dass sich ein Rhodes ähnlich warm und vintagemäßig anhört wie über einen Gitarren-Amp. Gleichzeitig ist er bei Pianosounds oder harten Synths aber extrem soundtreu und liefert das gesamte Soundspektrum souverän ab. Schon der Klang des kleinsten Modells der Serie, des K1, überzeugt absolut. Der K4 hat aber mit seinem größeren Chassis, einem 12″-Speaker und mehr Leistung noch deutlich mehr im Angebot. Insbesondere die Bass-Abteilung ist extrem gut aufgestellt.
Die Stereo-Abbildung hat sicherlich enge Grenzen, wenn man bedenkt, dass die linken und rechten Speaker-Paare maximal 50 cm weit auseinanderliegen. Jedoch wird man den Amp normalerweise ohnehin meist nah bei sich haben. Und außerdem ist beim Keyboard-Monitoring schon sehr viel gewonnen, wenn überhaupt die Möglichkeit gegeben ist, den linken und rechten Kanal getrennt wiederzugeben – und nicht auf unkalkulierbare Weise summiert wird (oder gar überhaupt nur ein Kanal zu hören ist). Jedenfalls sorgen Stereo-Tremolos oder Chorus-Effekte für ein deutliches Aha-Erlebnis.
Von Haus aus ist mir der Sound von Traynors K-Serie vielleicht eine Spur zu muffig ausgelegt. Da bei Channel 1 und 2 aber für insgesamt 3 Stereo-Inputs EQs zur Verfügung stehen und man bei Channel 1 außerdem über den Voicing-Regler eingreifen kann, fällt das nicht so sehr ins Gewicht. Die 3-Band-EQs langen mit +- 15db ordentlich zu, und die Frequenzen scheinen mir ganz gut gesetzt. Tiefe Bässe und ebenfalls tiefe, angenehm schiebende Mitten wurden realisiert, während die Höhen eher von der spitzen, ungeschmeidigen Sorte sind. Das macht aber durchaus Sinn, denn man möchte mit dem EQ ja keine CD-Produktion mastern, sondern seinem Sound auf der Bühne zu Präsenz verhelfen.

Audio Samples
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EQ Bässe EQ Mitten EQ Höhen

Wie sich beim Ausprobieren zeigt, liefert der Voicing-Regler insgesamt 4 unterschiedliche EQ Presets, die Grundsounds möglich machen, die sich allein über den 3-Band-EQ nicht herstellen ließen. Wie sehr das auf der Bühne nottut, müsste ein längerer Praxistest zeigen. Schaden kann das Feature definitiv nicht. Mit den Anschlüssen des K4 sollte man bei einem normalen Bühnensetup ohne weiteren Mixer auskommen können. Wo der K1 mit einem unausgegorenen Konzept schwächelt, macht der K4 mit insgesamt 4 Stereo-Inputs, einem Stereo-Monitorkanal und dem feinen XLR-Stereo-Line-Out alles richtig. Und auch wenn wohl die wenigstens zusätzlich zu diesem schweren Amp noch einen aktiven Subwoofer mitschleppen werden, nehmen wir auch den Subwoofer-Out gerne wohlwollend zur Kenntnis.
Bei einigen Features von Channel 1 wird die Herkunft des Amps deutlich. Traynor ist nämlich vor allem für Gitarren- und Bass-Amps bekannt und gönnt dem K4 ein wenig Solo-Gitarren-Flair. Auf Knopfdruck weicht die normale Transistorschaltung einem Röhren-Preamp, der mit ein wenig mehr Wärme und etwas Röhrenkompression, allerdings auch mit deutlich weniger Pegel aufwartet. Per Tasten-Druck- oder Fußschalter lässt sich zudem in den “Lead”-Modus schalten, in dem der Sound verzerrt und das Volumen des Kanals um den Wert angehoben wird, den man mit dem entsprechenden Drehregler eingestellt hat. Booster sagt dazu der Gitarrist. Die wenigsten Keyboarder dürften daran gewöhnt sein, ein solches Feature zu benutzen. Aber vielleicht kann es bei dem einen oder anderen Rhodes-Solo ja hilfreich sein. Dreht man am Overdrive-Regler, lässt sich der Effekt zwischen einer weichen und harten Zerre stufenlos einstellen. Generell ist die Röhrenzerre relativ undramatisch, während in der Transistorvariante deutlich härter gesägt wird. Das Potential des “Overdrive”-Reglers ist vielleicht ein wenig sparsam ausgefallen, denn er hat nur sehr zurückhaltend Einfluss auf den Grad der Verzerrung. Die so erzeugten Sounds haben mit brachialen Marshall-Stacks natürlich nichts zu tun. Auch sind die Einstellmöglichkeiten recht begrenzt. Für Rhodes, Wurlitzer und Konsorten macht der Amp aber über dieses schöne Feature ein weiteres Klangfenster auf, das mir extrem gefällt.

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Rhodes angezerrt Rhodes verzerrt

Damit könnte sich der K4 durchaus als (weitaus vielseitigerer) Ersatz für einen Jazz-Chorus oder Ähnliches empfehlen. Wer mehr Flexibilität beim Distortion braucht, wird ohnehin zusätzlich zu einem Bodentreter greifen.

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Der K4 von Traynor ist mit nur ganz wenigen Abstrichen ein absolut gelungener Keyboard-Amp.Der Sound ist fantastisch und bietet auf unerklärliche Weise eine tolle Mischung aus Charakter und Gradlinigkeit. Besonders der bei vielen Keyboard-Amps schwächelnde Bass-Bereich ist ein echtes Highlight. Dank seiner durchdachten und sehr flexiblen Anschlussmöglichkeiten macht der K4 sicherlich in vielen Setups einen extra Mischer und DI-Boxen überflüssig, womit das Schwergewicht vielleicht auch die Mühen seines Transportes ein wenig kompensiert. Das Design des Kanadiers kommt schnörkellos und edel daher und dürfte sich mühelos gegen die Amps der eitlen Gitarren-Kollegen zu behaupten wissen. Dabei kann man der guten Verarbeitung durchaus Road-Tauglichkeit attestieren. Lediglich bei den Poti-Kappen wurde gepatzt und zu allzu billigen Teilen gegriffen. Der K4 kommt insgesamt meinem Ideal von einem Keyboard-Amp sehr nahe. Zwei Wermutstropfen muss man aber schlucken: ein stattliches Gewicht und mit knapp 1.000 EUR einen ebenso stattlichen Preis.

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Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr guter Sound
  • insgesamt gute Verarbeitung
  • schickes Design
  • alle Optionen bei der Bühnenpositionierung
  • sehr gute Anschlussmöglichkeiten
Contra
  • Qualität der Potikappen
  • hohes Gewicht
  • sehr schlechte, unvollständige Bedienungsanleitung
  • angemessener, aber hoher Preis
Artikelbild
Traynor K4 Test
Für 888,00€ bei
Technische Details
  • Programmbelastbarkeit: 300 W
  • Bestückung, LF 12″ / 200 W Lautsprecher
  • Bestückung, HF 2x 4,5″ / 50 W Lautsprecher und 2x 2,5″ / 50 W Hochtöner
  • Übertragungsbereich ( /-3dB) 20 – 20.000 Hz
  • Kanäle: 4 (insgesamt 5x stereo 6,5mm Klinke, 1x XLR, 1x stereo Cinch)
  • Master Lautstärkeregler
  • Eingangsempfindlichkeit Kanäle 1-2: 500mV Kanal 3: 250 mV
  • Lineausgang / Konfiguration XLR stereo (post-EQ, pre-Master),
  • Ground Lift
  • Pegel Lineausgang 1,0 Vrms
  • LED-Anzeigen Netzspannung, Übersteuerung, Lead/Overdrive
  • Schutzschaltungen Übertemperatur
  • Kopfhörerausgang 6,5 mm Stereoklinke,
  • Klinke-Ausgang für Subwoofer (ungefiltert, Mono-summiert)
  • Abmessungen (HxBxT) 50 x 59 x 39,4 cm
  • Gewicht 22,7 kg
  • Strassenpreis: ca. 1000 Euro
Kommentieren
Profilbild von Christian Schreiner

Christian Schreiner sagt:

#1 - 12.07.2016 um 21:11 Uhr

0

Hallo: Wo kriegt man in Deutschland/Österreich diesen Amp?

    Profilbild von Lasse|bonedo

    Lasse|bonedo sagt:

    #1.1 - 13.07.2016 um 09:08 Uhr

    0

    Hallo Christian,
    vielen Dank für Deine Frage! Es sieht leider so aus, als gäbe es derzeit keinen deutschen Vertrieb. Ich habe mal bei Traynor direkt angefragt. Sobald ich von denen etwas höre, melde ich mich wieder.
    Beste Grüße,
    Lasse (Redaktion bonedo)

    Antwort auf #1 von Christian Schreiner

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    +1
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